Kleiner Wilder und Rauheck


Publiziert von quacamozza , 24. Oktober 2012 um 18:28.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:22 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 2200 m
Strecke:Oberstdorf Nebelhornbahn-Oytalhaus-Käseralpe-Wildenfeldhütte-Kleiner Wilder-Wildenfeldhütte-Eissee-Rauheck-Älpelesattel-Käseralpe-Oberstdorf (22 km Bike+17 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:B 19 nach Oberstdorf und der Beschilderung zur Talstation der Nebelhornbahn folgen- an der Bahn verschiedene Parkplätze (Tagesgebühr 6 €)
Kartennummer:Topographische Karte Allgäuer Alpen 1:50 000

Der Kleiner Wilder ist ein selten besuchter, recht anspruchsvoller Gipfel. Er verlangt souveränes Steigen in brüchigem Fels bei stets hoher objektiver wie subjektiver Steinschlaggefahr. Nachdem schon ADI diesem Gipfel letztes Jahr einen Besuch abstattete, war ich nun an der Reihe.


Zur Schwierigkeit:

Einige Stellen II, sonst I und viel anspruchsvolles Gehgelände bis T 6-. An den nassen Platten am Einstieg und am steilen Aufschwung stecken Bohrhaken.

Eine weitere Schwierigkeit ist die Orientierung. Trotz vieler Steinmänner findet man nicht immer auffällige Spuren. Insbesondere in der Westflanke sollte man sich die Routenführung bereits im Aufstieg gut einprägen. Ich selber habe an zwei Stellen Steinmännchen aufgehäuft.  


Zur Ausrüstung:

Stöcke
und Kletterhelm (sehr wichtig, insbesondere bei mehreren Begehern)


Heute ging's mal zur Abwechslung mit dem Radl los. Die 11 Kilometer von der Nebelhornbahn bis zur Käseralpe habe ich zwar auch oft schon per pedes zurückgelegt, aber an einem kurzen goldenen Herbsttag will man ja schließlich nicht 4 Stunden im Tal laufen. Also schnell hoch in einer guten Stunde bis zur Käseralpe (1405m), an der ich mich heute bei geschlossener Alpe recht verlassen vorkam. Vor einigen Wochen war noch der Teufel los. Die durstigen Wanderer standen ewig vor dem Tresen...aber ein paar E-Bikes neben der Hütte deuteten doch darauf hin, dass die Alpe noch nicht ganz im Winterschlaf liegt. Die waren dann abends auch abgeholt.

Von der Käseralpe in 25 min auf breitem Weg streng aufwärts zu den beiden Wildenfeldhütten (1692m).

Kurz links, dann den roten Strichen aufwärts Richtung Wildenfeldscharte. Nach und nach wird das Gelände steiler und mühsamer. Bald verschwinden auch die Markierungen. Wie wahr...dieser Schinder ist wirklich eher was für den Abstieg. Nach 300 Höhenmetern rechts unter eine nasse Wandstufe (hier Steinmann, aber Vorsicht auf Steinschlag, spätestens ab hier Helm aufsetzen).

Möglichst zügig über die nassen, glitschigen Platten (1 BH; am oberen Rand geht's am einfachsten, die Variante drunter habe ich im Abstieg getestet, das ist heikler), danach auf Steigspuren schräg aufwärts auf eine Geländerippe, die mühsam erstiegen wird. Weiter oben nach links an die Steilstufe queren. Rechts an den Felsen befindet sich ein roter Markierungspunkt.

Links durch den Kamin (II, guter Fels, 2 BH, oben zusätzlich 1 alter SH mit Schlinge) und kurz nach rechts auf eine Geröllterrasse. Von dieser linkshaltend über Stufen aufwärts und bei Erreichen eines Schutthangs am linken Rand über Schrofen aufsteigen (eine Stelle II). Oben ist ein Steinmann in Sichtweite. Rechts unter einer schräg verlaufenden Felsmauer aufwärts steigen und nach 10 Metern diese nach links übersteigen (I-II; Steinmann in der engen Rinne). Danach in weitläufigem Gelände die Westflanke in Richtung eines spitzen Gratturms aufsteigen, nicht zu hoch Richtung Westgrat (T 5 bis T 6-).

Aus der Lücke rechts neben dem Gratturm über ein ausgesetztes Gras- und Schrofenband, das allerdings bei den heutigen guten Verhältnissen unschwierig zu begehen war (T 5), durch die Ostflanke und zuletzt über steiles Gras (T 5+) von Süden auf den Gipfel. Das Gipfelkreuz ist interessant und schon vielfach beschrieben, das Gipfelbuch immer noch "zur Restaurierung". Dass sowas aber auch länger als zwei volle Jahre braucht...vielleicht sollte man doch mal ein eigenes stiften...aber das wird dann eventuell von den "Gipfelfürsten" konfisziert...  

Zeitbedarf von der Käseralpe: 2 Std 10 min 

Auch im Abstieg verspürte ich keinen Drang, über die Direktvariante (Nordgrat) abzuklettern. Die Schwierigkeiten halten sich aber auch dort in Grenzen. 

Normalerweise wäre als logische Fortsetzung der Tour die Wildenüberschreitung über die Wildenfeldscharte zum Großen Wilden fällig gewesen. Aber zum x-ten Mal auf den Großen Wilden, dazu fehlte mir heute die Lust, zumal ich noch das letzte mir unbekannte Teilstück des Wanderweges zwischen Prinz Luitpold-Haus und Kemptner Hütte kennenlernen wollte. Also zurück zu den Wildenfeldhütten.

Zeitbedarf vom Gipfel: 1 Std 10 min

In 40 min zum Eissee (1827m) und auf weiterhin sehr gutem Weg zu einer Abzweigung auf dem Rauheckrücken (Seichereck; 2029m). Das Interessante an dem Weg ist das Ambiente. Während sich auf der anderen Talseite die Höfats stets mit wechselnden, aber immer fotogenen Ansichten zeigt, bleibt der Blick diesseits an den kecken Zacken der Höllhörner hängen. Sehr beeindruckend das Ganze! 
Etwas Puste blieb mir noch übrig, um die restlichen 350 Höhenmeter bis zum Rauheck (2384m) zu bewältigen.

Zeitbedarf vom Eissee: 50 min

Auf seinem Gipfel stand ich erst vor drei Tagen, doch zu unterschiedlichen Tageszeiten. Eine ganz andere Stimmung war's heute. Unter anderem deswegen kann ich es nicht verstehen, warum doch recht viele Leute die Philosophie vertreten, einen Gipfel nur einmal und nie wieder aufzusuchen. Für mich jedenfalls sind Berge nicht zum Abhaken da.

Locker leicht führt der Weg hinab zum Älpelesattel (1778m; 40 min vom Rauheck) und schließlich in weiteren knapp 30 min abwärts zur Käseralpe und dem Bikedepot. Nach der Trockenphase und dem Alpabtrieb präsentierte sich der Weg in hervorragendem Zustand. Das kennt man so gar nicht.

Zum Abschluss geht's in rasanter Talfahrt an manchem neidischen Wanderer vorbei nach Oberstdorf.


Fazit: Eine lohnende Gras- und Felsberg-Kombination mit wunderschönen Talblicken in unmittelbarer Nähe der Höfats.  

Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (6)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 24. Oktober 2012 um 19:38
Na da gatulier' ich doch recht herzlich zum Kleinen Wilden.
Ein etwas widerspestiger Bursche, aber doch einen Besuch wert.
Daß das GB nun schon 2 Jahre nicht oben ist ist mehr als sonderbar.......
2 Jahre, um ein GB zu restaurieren, wo haben die das hingeschickt? Nach Neu Guinea???

Hast den Tag bestens genutzt!

VLG aus München vom ADI

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 24. Oktober 2012 um 20:51
Hallo ADI,

hab vorgestern ständig an Deine Tour gedacht...mit der wahnsinnigen Steinschlaggefahr...

Immerhin war der Zettel mit Deinem Eintrag noch da, außerdem ein weiteres DIN A 4-Blatt, das bei weitem noch nicht voll ist. Also müssen wir vielleicht noch einige Zeit aufs GB verzichten?

Oder ist das Buch etwa aus dem 19. Jahrhundert und deswegen renovierungsbedürftig? Oder so interessant, dass es die Besitzer nicht mehr her geben????

Alles Gute, liebe Grüße von Ulf

Maxe hat gesagt: RE:
Gesendet am 26. Oktober 2012 um 15:28
Servus zusammen! Ich meine schon 2009 war kein Gipfelbuch oben, von daher wirds langsam wirklich Zeit ;-) Wie immer schöne Bilder von dieser klasse Tour.

Gruß, Max

hconrad hat gesagt: Gipfelkreuz Kleiner Wilder
Gesendet am 23. Februar 2013 um 07:38
Hallo quacamozza, ich find auch dass das eine einmalige Tour ist. Hast Du Dir den "geschichtlichen" Hintergrund zum Gipfelkreuz schon mal angeschaut: http://www.dav-oy.de/sektion/geschichte-kleiner-wilder.asp

In welchem Zustand war das Gipfelbuch?

Vielleicht mal auf dem Gipfel, Harry vom DAV Oy/Allgäu

quacamozza hat gesagt: RE:Gipfelkreuz Kleiner Wilder
Gesendet am 23. Februar 2013 um 12:04
Hallo Harry,

ja, den Beitrag über die Errichtung des Gipfelkreuzes habe ich gelesen. Der Hintergrund ist wie das Kreuz selber sehr interessant.

Leider, wie ich schon erwähnt hatte, befindet sich schon seit einigen Jahren kein Gipfelbuch mehr oben. Momentan sind lediglich zwei kleine Zettel vorhanden.
Also, wenn Ihr vielleicht beim nächsten Besuch ein neues GB in die Kassette legen könntet, wäre das super...ich selber werde an der Kälbelespitze auch eines stiften...

Anlässlich der Wilden-Komplett-Überschreitung werde ich sicher diesen schönen Gipfel noch einmal besuchen...

Sportliche Grüße ins schöne Allgäu von Ulf

Heidelberger Gipfelsammler Ötzi II hat gesagt: RE:Gipfelkreuz Kleiner Wilder
Gesendet am 20. Mai 2020 um 16:02
Am 18.05.20 trug ich mich als Erster im Jahr ins neue Gipfelbuch ein, in dem die ersten Einträge von 2014 stammten.


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