Grünsteinumfahrung und Grünstein Normalweg (Abbruch)


Publiziert von Creativist , 18. Oktober 2012 um 16:57.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum: 4 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Unterkunftmöglichkeiten:Coburger Hütte

Am dritten Tag des Herbstausflugs zur Coburger Hütte wollten wir den Grünstein besteigen und umrunden. Es kam dann aber etwas anders als erhofft...

Als 18jähriger stand ich schon mal auf dem Grünstein, damals von einem Einheimischen geführt, welcher die Route bereits kannte. Hier musste ich lernen, dass ich mich nach 25 Jahren nur noch SEHR grob an die Route erinnern konnte.

Wir starteten bei der Coburger Hütte und gingen die Runde im Uhrzeigersinn, also zuerst zur Grünsteinscharte. Weil die Grünsteinumfahrung gerne auch als eigenständige Tour unternommen wird teile ich den Bericht einfach mal in zwei Teile. Der erste Teil ist für die Grünsteinumrundung. Wer sich für den Grünstein-Normalweg interessiert kann gleich viel weiter unten weiterlesen.


Grünsteinumfahrung:

- Landschaftlich sehr eindrucksvolle Tour rund um das Grünsteinmassiv (inklusive Marienbergspitzen und Wampeter Schrofen). Wir hatten leider kein so gutes Wetter... bei schönem Wetter noch mal um einiges schöner als es auf den Bildern wirkt.
- Von der Coburger Hütte oder dem Marienbergjoch (Sessellift) rund 1200 Hm Aufstieg und Abstieg über 4 Scharten, etwa 7-8 Stunden Zeitbedarf mit kleineren Pausen.
- Wenn man die Runde im Tal beginnt, dann wird sie entsprechend länger...
- Die Grünsteinscharte war länger als ein Jahr wegen massivem Steinschlag von der westlichen Grießspitze gesperrt, es gibt aber seit Ende September 2012 eine markierte Umgehung der alten Route (mit rund 100 Hm zusätzlichem Höhenverlust), wodurch die Grünsteinscharte nun wieder überschritten werden kann.
- Schwierigkeiten bis T3, nur wenige etwas ausgesetzte Stellen. Im Bereich der Grünsteinscharte für einige Zeit holpriges Geröll und in "der Hölle" mehrere schwach markierte Wegverläufe, sonst durchgehend gut begehbare Wege und Pfade.

Route:

1. Coburger Hütte - Grünsteinscharte (gegen Ende T3 und viel Geröll, aber nie ausgesetzt, ca. 1,5 Stunden):
Von der Coburger Hütte am Drachensee vorbei zum neuen Abzweig zur Grünsteinscharte. Mit deutlichem Höhenverlust (fast 100 Hm) westwärts bergab und dann dicht an den Felsen des Grünstein-Ostgrats durch Geröll hinauf zur Grünsteinscharte.

2. Grünsteinscharte - Hölle (die sogenannte "Höllreise", anfangs T3, dann leichter, ca. 45 Minuten)
Durch viel loses Geröll dem schwächer markierten Pfad abwärts folgen...aufgrund der sperrenden Felsen auf beiden Seiten kann man erst mal nicht viel falsch machen. Die Abzweige rechts Richtung Hölltörl sind nicht ganz leicht zu finden. Es gibt wohl sehr früh bereits eine Möglichkeit entlang der Felsen der Grünstein-Abbrüche, die macht aber nach meiner Meinung nicht viel Sinn. Besser ist es bei den ersten Latschen in Richtung des untersten Felssporns des Grünsteins zu queren und nach 100m weglosem leichten Gelände dem dann plötzlich markierten und schon aus der Entfernung sichtbaren Pfad zu folgen. Er führt direkt an den untersten Felsspornen des Grünsteins entlang Richtung Hölltörl. Wenn man ganz sicher gehen will kann man auch den Markierungen weiter abwärts folgen, ein paar mehr Höhenmeter verlieren und bis zum Abzweig im Wiesen-/Latschengelände gehen (ca. 15 Minuten länger)

3. Hölle - Hölltörl (T2, ca. 1 Stunde)
Auf gut sichtbarem Pfad erst durch Geröll, dann über eine kurze etwas steilere Stelle auf die gerölligen Grashänge oberhalb und auf das schön gelegene Hölltörl. Mit 15 Minuten Mehraufwand kann man leicht den Höllkopf (2194m) als zusätzlichen Aussichtspunkt besteigen.

4. Hölltörl - Marienbergscharte (T2, 45 Minuten)
Auf gutem Pfad zur Marienbergscharte absteigen.

5. Marienbergscharte - Abzweig zur Biberwierer Scharte (tiefster Punkt, zwei etwas ausgesetzte Passagen T3, sonst T2, etwa 1,5 Stunden)
Erst auf schönem Höhenweg mit leichtem Auf und Ab, dann eine ausgesetzte Passage im Wald (steiler Abhang unterhalb, bei Nässe rutschiges Gelände, an einer Stelle Drahtseil) und eine weitere etwas ausgesetzte Passage in einer steilen Geröllrinne kurz danach. Danach schöner Höhenweg am Schachtkopf vorbei (kann mit wenigen Minuten Mehraufwand mitgenommen werden) und hinab an den am weitesten hinabreichenden Felsen des Wampeter Schrofen vorbei zum Abzweig (tiefster Punkt)

6. Abzweig zur Biberwierer Scharte (stellenweise T3, meist T2, 1,5 Stunden)
In endlosen Serpentinen 500 Hm über gut ausgebauten Pfad hinauf, im oberen Bereich stellenweise steile Geröllhänge.

7. Biberwierer Scharte - Coburger Hüte (T2, 20 Minuten)
Sehr schöner Hochgebirgspfad, problemlos.


Grünstein (Abbruch)

Der Normalweg auf den Grünstein erfolgt von Süden durch das "Riffeltal" oder wird auch mal "Riffelrinne" genannt. Die ersten 150 Hm des Anstiegs sind ein einziges Labyrinth aus Rinnen, Pfeilern und Schrofen ohne Markierungen. Das Gelände ist abseits der leichtesten Route dabei zwar auch oft lösbar, aber entsprechend schwerer oder gefährlicher oder endet in Sackgassen. Wir haben uns mehrfach verstiegen, dabei sehr viel Zeit aufgewendet und viel Kraft verloren... am Ende hatten wir aber wenigstens einen guten Überblick über diesen Teil der Route und wir hatten letztlich auch die wohl leichteste Durchstiegsmöglichkeit gefunden.

Ich hoffe dieser Bericht hilft anderen, sich nicht zu versteigen oder auch beim Abstieg die richtige Route zu finden. Eine detaillierte Routenbeschreibung ohne Prosa folgt unten, vorab noch eine Beschreibung unseres Versuchs:

Nach dem steilen Geröllkegel standen wir am Einstieg und kletterten die ersten Meter durch die leichte Geröllrinne. Laut AV-Routenbeschreibung soll man bei einem Abzweig der rechten Rinne folgen. Nach kurzer Zeit knickt die Rinne nach links ab, während rechts plattige Felsen mit einer Rinne nicht wirklich etwas zu tun haben. Hier verstiegen wir uns das erste mal, indem wir der Rinne nach links folgten. Der nachfolgende Kessel hat keinen leichten Ausgang, die Fortsetzung der Rinne wird dahinter sehr steil (wenigstens III) und auch alle anderen Stellen die wir uns hier ansahen wirkten für uns nicht seilfrei kletterbar. Vor allem: Ich war hier irgendwo vor 25 Jahren schon mal hoch, und das konnte nicht so schwer gewesen sein. Also stiegen wir nochmal komplett ab, sogar den Geröllkegel ein Stück hinunter, um etwas mehr Übersicht zu bekommen.

Dann stiegen wir erneut ein, diesmal am Knick der Rinne nach rechts über plattige Felsen (Stelle II) und kamen ganz gut voran. Danach aber schon wieder große Fragezeichen, die nachfolgende Rinne endete in einem Mini-Kessel, aus welchem dann eine steile Rinne weiter hinaufführte. Biker ging diese hinauf (II und ausgesetzt) und ich stand wieder da und war sicher: Das kann nicht stimmen... ist zwar nicht so schwer, aber ganz schön ausgesetzt, glaube nicht dass ich hier früher hoch bin. Also kletterte ich wieder etwas ab und wich weiter nach rechts aus, wo sich dann herausstellte dass man dort über leichteres Gelände unter Umgehung einer weiteren Rinne auch den selben Punkt erreichen kann.

Wieder vereint standen wir vor dem nächsten Rätsel und ich stemmte mich eine weitere Rinne hinauf. Biker versucht rechts daneben die Felsen, bis wir endlich merkten, dass direkt wenige Meter links neben uns ein Drahtseil war... mit diesem ging es aus der Rinne heraus auf eine Schrofenterasse.

Dort wieder rätselraten... Schrofen führten nach links an eine Kante, aber wie gehts dahinter weiter ? Gerade hinauf setzte sich die Rinne fort, sah machbar aus. Bei näherer Betrachtung sah die Rinne dann doch eher nicht so machbar aus (siehe Bericht von kardirk, ihm gefiel sie im Abstieg auch überhaupt nicht...). Also doch mal links die Steilschrofen probieren... und siehe da, hinter der Ecke waren zwei Bohrhaken, vermutlich für Bergführer um Touristen hochzusichern. Wir erreichten ein Podest zwischen zwei steilen Rinnen und es musste nur noch ein Mini-Turm überklettert werden um leichteres Geröllgelände zu erreichen.

Aufgrund der ganzen Irrwege hatten wir für diese 150 Hm fast 2 Stunden benötigt. Zum Gipfel noch 350 Hm. Ein Blick auf die Uhr verriet: Noch 4 Stunden Tageslicht: Das wird ein langer Weg im Dunkeln mit Stirnlampe über die Biberwierer Scharte zurück zur Coburger Hütte. Ein Blick aufs Radarbild sah auch nicht gut aus, vielleicht noch 2 Stunden bis der erste Regen ankommt. Wir wollten auf jedem Fall vor dem Regen das Rinnenlabyrinth wieder abklettern, also setzten wir uns ein Zeitlimit: 1 Stunde noch hoch, dann Umkehr egal wie weit wir sind.

Zunächst geht es dann im Grasgehgelände zwischen den Geröllfeldern recht angenehm aufwärts, aber nach rund 100 Hm weicht man links aus und landet in sehr unangenehm rutschigen plattendurchsetztem Geröll. Auch rechts daneben über brüchige Felsen ist es nicht wirklich besser. Egal, wo man dort hochstolpert, dieser Abschnitt ist (bergauf) gar nicht spaßig. Das Gipfelkreuz kann man nun bereits öfter sehen, aber ein Felsriegel sperrt dann den Gipfel ab und man landet an einem Felssporn rund 100 Hm unter dem Gipfel. Rechts sieht das Bröselgelände nicht so schwer aus, aber zwei Steinmänner leiten einen links um den Felssporn zu einer weiteren Rinne.

Die ersten Meter geht es gut hinauf, dann kommt eine schwierigere Stelle. Diese könnte man ganz links (kleingriffig, vermutlich III) überwinden oder etwas leichter aber sehr bröselig und ausgesetzt weiter rechts. Unsere Zeit war aufgebraucht, wir entschieden uns zur Umkehr, etwa 70 Hm vor dem Gipfel. Laut dem Bericht von kardirk, der diese Rinne im Abstieg beging, folgt etwas weiter oben in eine weitere schwierige Stelle, welche er nur durch Abspringen lösen konnte. Vermutlich wäre es klüger gewesen den Steinmännern nicht zu folgen sondern am Felssporn rechts dem steilen Schuttplattengelände zu folgen... dann würde man vermutlich auf den Routenverlauf treffen, den 83_Stefan vom Vorgipfel zum Hauptgipfel beschrieben hat bei seinem Aufstieg vom Drachenkar. However, das müssen wir ein anderes Mal herausfinden.

Hinweise:
- Helm anziehen. Das Rinnensystem beginnt nicht umsonst auf dem höchsten Schuttkegel... alles was sich weiter oben löst muss hier durch. Wenn sich andere Bergsteiger im unteren Routenbereich befinden würde ich dringend raten abzuwarten. Besser auch relativ dicht zusammen klettern, bereits bei 10 Meter Abstand kann ein vom Vordermann gelöster Stein ganz schön schmerzhaft werden... wie wir erleben mussten.
- Die Angaben zur Schwierigkeit sind unter Vorbehalt, da wir kurz vor dem Gipfel wg. Zeit und Wetter umgedreht sind. Die Kletterschwierigkeiten bis dahin waren 3 kurze Stellen II. Grad, und auf längere Strecken I. Grad. Die Kletterei ist nicht sehr lang, nach dem Felsgürtel folgt sehr lange unangenehmes Gehgelände in Steilgeröll bis kurz vor dem Gipfel.
- Südanstieg in voller Sonne, entsprechend warm bei gutem Wetter


Routenbeschreibung bis zum Felsgürtel vor dem Gipfel, siehe auch Fotos:

- Vom Hölltörl zunächst anstrengend über den Geröllkegel zu dessen höchsten Punkt.
- Hier an der linken Seite Einstieg in die Rinne, welche schräg nach rechts aufwärts führt (I). Bereits nach etwa 15 Metern knickt die Rinne links ab und wird über plattige Felsen nach rechts verlassen (eine Stelle II, aber nur wenig ausgesetzt).
- Der Rinne danach (I) nicht lange folgen sondern frühzeitig nach rechts über grasdurchsetzte Schrofen (T4) in einem rechts-links-Bogen einen kleinen Geröllkessel und die Steilstufe darüber umgehen. Man befindet sich dann direkt unterhalb sehr steiler Felswände, aber linkshaltend ist ein gut gestufter Durchschlupf (Stelle II).
- Dahinter kurz der nächsten Rinne aufwärts folgen und links mit Drathseil aus der Rinne hinaus auf Schrofengelände.
- Nun nicht der nächsten Rinne gerade hoch folgen, sondern gut gestuft links hinauf über Schrofen und Felsen (erst I, dann Stelle II) zur Kante. Hinter dieser befinden sich 2 Bohrhaken.
- Jetzt leichter über Schrofen (kaum I) ein paar Meter rechts aufwärts auf den Sporn zwischen zwei Steilrinnen. Am Besten nun den Mini-Turm dahinter überklettern (I) und rechts in das Geröllfeld, Ende der Schwierigkeiten vom unteren Bereich.
- Am linken Rand des rechten Geröllfelds hinauf, bald auf grasdurchsetztes Gelände zwischen beiden Geröllströmen wechseln und gut weiter hinauf bis zum Ende des Grases (T4).
- Nun linkshaltend in steiles unangenehm rutschiges Geröll und mühsam aufwärts bis man rechtshaltend wieder zurück auf den Rücken zwischen beiden Geröllströmen steigen kann. Von hier weiter hinauf zum untersten Sporn der Gipfelfelsen (T4 und T5).
=> Ab hier sind wir nicht sicher über den günstigsten Weiterweg. Wir vermuten dass die rechte Umgehung des Felsbereiches am sinnvollsten ist und man dann direkt unter den Gipfelfelsen wieder nach links quert, um das Gipfelkreuz dann von Südwesten zu erreichen.
=> Alternativ kann man die am Einstieg mit Steinmännern markierte Steilrinne durchsteigen, diese ist an zwei Stellen vermutlich aber recht schwer.


Routenbeschreibung für den Abstieg ab dem Umkehrpunkt:

(Richtungsangaben im Sinne des Abstiegs)
- Im oberen Bereich kann man auf dem rechten Schuttstrom halbwegs gut abfahren und verliert schnell an Höhe. Weiter unten ist die Geröllschicht zu dünn und man wechselt über den Grasrücken am Besten in den linken Schuttstrom, mit welchem man sehr schnell den Sporn zwischen zwei Steilrinnen erreicht.
- Nicht in die Steilrinnen einsteigen, sondern das erste Minitürmchen abklettern (I) und dann zwischen beiden Rinnen rechtshaltend über leichtes Gelände (kaum I) einige Meter hinab, bis man zwei Bohrhaken vorfindet. Hier nun links abklettern (Stelle II, dann I) und nach dem Drahtseil Ausschau halten, welches einen dann links hinab in eine weitere Rinne führt.
- Weiter linkshaltend abklettern (I) bis man hinter der nächsten Ecke das grasdurchsetzte leichtere Gelände tiefer links erkennen kann. Um dorthin zu gelangen eine steilere Stufe nach links abklettern (Stelle II), dann das steile Gehgelände (T4) in einem Bogen hinab und vor dessen Ende rechts in eine leichte Rinne.
- Die Rinne abklettern (I) und über eine plattige Stelle (II) in die tiefere Rinne absteigen, über welche man (I) kurz danach den Geröllkegel erreicht.

Tourengänger: Creativist, Biker


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Kommentare (2)


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maxl hat gesagt:
Gesendet am 19. Oktober 2012 um 16:51
oje, das ist ja wohl ein unglaubliches Gewurschtel. Im AV-Führer klingt das so einfach...:-)
dann mal merci für die detaillierte Beschreibung...

Creativist hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. Oktober 2012 um 17:45
Wenn man die richtige Route kennt oder gleich findet, dann ist man nach 20 Minuten durch den unteren Felsbereich durch... hoffe die Beschreibung hilft dem einen oder anderen, diese gleich zu finden. Wir hatten auch das Talent, zielsicher mehrfach falsch abzubiegen.


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