Überschreitung der Fronalpstock-Kette


Publiziert von Bergamotte , 14. Oktober 2012 um 16:32.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:13 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Fronalpstock - Kette   CH-SZ 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2385 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Morschach, Talstation
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Muotathal, Post
Kartennummer:1172 Muotathal

Oder: "Von Morschach nach Muotathal oben durch". Grosse Teile der Schwyzer Voralpen bestehen aus sanften Hügellandschaften, beispielsweise die Alpthaler Berge, der Rossberg oder das Rigigebiet. Sie bieten meist einfache Zustiege, aber wenig alpines Flair. Deshalb und aufgrund ihrer geringen Höhe anerbieten sie sich im speziellen für die Zwischensaison und durchzogene Verhältnisse. Gleiches gilt auch für die Fronalpstock-Kette. Wie bei der Etzel-Aubrig-Kette setze ich deshalb erneut auf die Strategie "Quantität statt Qualität" - man möge mir die kleine Spöttelei verzeihen.

DIE Referenztour zum Gebiet hat Tobi letzten November absolviert, wobei sich seine Variante dem Thema "Stöcke" widmete. So musste er wohl oder übel noch Firen- und Mälchstöckli anhängen, zwei mühsame Gipfel, die ich nur allzu gerne aussen vorlasse.

Kurz vor 8:00 entlässt mich der Bus auf den menschenleeren Parkplatz bei der LSB Morschach. Nun beginnt der durchwegs steile Aufstieg Richtung Fronalpstock via Chälen (max. T4). Der Regen der letzten Tage hat den Weg nicht überall vorteilhaft hinterlassen. Trotzdem, diese Variante lässt sich durch den trittsicheren Berggänger auch bei Nässe begehen. Die Morgenstimmung hat was Beruhigendes. Die Pilze schiessen wie wild aus dem Boden und Nebelschwaden ziehen um die Alp Eu (1309m).

Nach 2:00 erreich ich den Fronalpstock (1921m), ich bin im Zeitplan. Die Hälfte der Aufstiegshöhenmeter sind bereits erledigt, streckenmässig bin ich noch nirgends. Der wohl hässlichste Berg der Zentralschweiz lädt nicht zum Verweilen ein, also ab auf die Gratautobahn Richtung Chlingenstock. Die ganze Zeit liefern sich Sonne, Wolken und Nebel spektakuläre Gefechte. Selbst an diesem durchzogenen, kühlen Herbsttag kreuze ich mehrere Dutzend Wanderer, welche sich per Sessellift zum "Chlingel" hochtransportieren liessen. Die gesamte Strecke nach dem Huser Stock (1904m) wurde durch den Regen in eine regelrechte Rutschbahn verwandelt. Vielleicht hätte ich doch nicht mit den abgelatschten Lowa losziehen sollen...

Nach 3:20 stehe ich auf dem höchsten Punkt - nicht zu verwechseln mit Höhepunkt - des Tages, dem Chlingenstock (1935m). Nervig dröhnt nebenan der Sessellift. Bei den aktuellen Verhältnissen erscheint mir eine Begehung des Chalberstöckli auf den T6-Varianten von Tobi wenig ratsam. Also Abstieg auf dem Wanderweg über den Rossboden bis ca. 1710m, wo man einfach die Runse queren kann, welche vom Chalberstöckli Sattel runterzieht. Aufsteigend ziehe ich nun in einem Bogen an die Nordflanke, das geht einfach. Erst im obersten Teil werden die Grasplanggen richtig steil, man erreicht da kurz die T5. Zuletzt wenig steil steige ich über das Grasdach auf den Gipfel des Chalberstöckli (1844m).

Im Abstieg gehe ich ca. 100m zurück gegen Norden, wo ich eine relativ einfache Variante durch die Ostflanke ins Böllenloch finde (T4). Auf ca. 1730m heisst es nun wieder auf den Grat aufsteigen (P. 1851). Das ist schwieriger als es aussieht, denn das letzte Stück ist steil, plattig, rutschig (T5). Bei weniger direkter Linie kommt man allenfalls etwas einfacher durch. Wenige Minuten später stehe ich auf dem Hengst (1890m). Nach 4:30 Marschzeit drängt sich eine erste Pause auf, ein geeignetes Plätzchen zu finden beim kalten Wind auf der Grathöhe gar nicht mal einfach.

Wegspuren führen rüber zum Lauchstock (1841m). Man verbleibt wenn immer möglich auf dem Grat, gerade heute mit der völlig durchnässten Nordflanke. In dieser rutsche ich prompt einige Meter ab, bis mich ein Sträuchlein dankenswerterweise bremst. So verspüre ich denn wenig Lust, den im Führer beschriebenen "einfachen" Weiterweg zum Sisiger Spitz zu wählen (Umgehung des Lauchstock Ostabbruchs durch die Nordflanke). Die Lösung findet sich erst auf dem Lauchstock: Dessen Südflanke bricht zwar fast senkrecht ab, besteht aber primär aus Fels und ist aufgrund der Exposition völlig trocken. So klettere ich wie Tobi ca. 20Hm ab, dank zahlreicher Legföhren kommt man m.E. mit einer T5+ durch.

Zurück auf dem Grat ziehe ich weiter Richtung Sisiger Spitz, diese Passage bildet den absoluten Höhepunkt des Tages. Man verbleibt praktisch durchgehend auf dem scharfen Grat, was auf den ersten Blick kaum möglich scheint. Doch Wildspuren weisen intelligent den Weg, welcher die T4+ nie überschreitet, aber bitte Schwindelfreiheit und Trittsicherheit mitbringen.

Auf dem Sisiger Spitz (1915m) - mit Kreuz und Buch - kommt etwas depressive Stimmung auf. Der Himmel hüllt sich in Grau, rundherum verdorrte Grasplanggen und unspektakuläre "Hügelgipfel" - eine wenig charmante, farblose Szenerie. Schwache Wegspuren führen einfach auf den nahen Driangel (1788m), der sich von Westen später durchaus eindrücklich präsentieren wird.

Da ich ich wenig Lust verspüre, im Gebiet von "Im Eigen" weglos durch feuchte Wälder zu irren, besteige ich im Gegensatz zu Tobi den Planggstock vor dem Napf. Der Aufstieg über dessen Westflanke, steile Grasplanggen mit plattgedrücktem Gras, ist anstrengend, aber unschwierig (bis T4). Langsam macht sich in meinen Beinen das Tagesprogramm bemerkbar. Auf dem Gipfel des Planggstock (1761m) befinden sich Kreuz mit Buch. Erst im Abstieg über die gleiche Route erkenne ich einen Pfad, dank welchen man im untersten Teil Grasplanggen durch angenehmere Felskraxelei ersetzen kann (T5-).

Ich ziehe rüber zum Wannentritt (1596m), einem Übergang ins Riemenstalder Tal (Goldplanggen). Von hier ersteigt man den letzten Gipfel des Tages, schwachen Wegspuren (nicht auf LK) über den Grat folgend (max. T3, meist T2). Vorsicht: Der Waldgipfel Napf (1642m) entspricht nicht dem höchsten Punkt (P. 1662), sondern befindet sich wenige Minuten weiter nordöstlich. Dort auch Kreuz und Buch. Vom Gipfel führt der Pfad weiter gegen NO, bis man die Forststrasse erreicht. Ab hier ist nun durchgehend markiert.

Um den Samstagabend doch noch in voller Länge geniessen zu können - Heimreise, Einkauf, Aufräumen, Kochen erledigt sich nicht von selbst - lege ich den Abstieg nach Muotathal im Laufschritt zurück. Erstaunlich zu was sich der Körper immer wieder motiveren lässt. Via Höch Weidli erreich ich Juchli, durch die Abendsonne in schönstes Gold getaucht - ein Moment der Versöhnung. Das Fahrsträsschen führt mich durch das einsame, grüne Tal mit seinen schmucken Bauernhäusern, via Frutt, Hellberg und Flüelen gelange ich nach Muotathal (610m), per Zufall perfekt auf den Bus getimt.


Zeiten
2:00  Fronalpstock
1:20  Huserstock - Chlingenstock
1:15  Chalberstöckli - Hengst
1:00  Lauchstock - Sisiger Spitz
1:50  Driangel - Planggstock - Napf
1:10  Muotathal (Laufschritt)

Tourengänger: Bergamotte


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Kommentare (3)


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MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 14. Oktober 2012 um 17:40
Schöne Stimmungsbilder hast Du gemacht! Ist natürlich auch eine suuuuper Gegend...;-)

LG
N&M

Bergamotte hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Oktober 2012 um 17:45
Jaja, macht uns Flachländer nur immer schön neidisch... Aber wo Ihr recht habt, habt Ihr recht.

MaeNi hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. Oktober 2012 um 17:48
:-)


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