Ochsehorn (2912m) als Nachttour mit Wetterkapriolen und tollen Wolkenformationen


Publiziert von Mistermai , 7. Oktober 2012 um 18:07.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 7 Oktober 2012
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:Gspon - Wyssgrat - Ochsehorn - Blausee - Findlesee (Biwak) - Gspon (13km + ca. 0.5km umherirren ;-))
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Unterkunftmöglichkeiten:Biwakakakakakakak (ak ausgesprochen wie Zähneklappern)

"Es gibt Dinge, die muss man tun solange man noch jung ist" - Ein bekanntes Zitat. Dieser Bericht handelt von einer Aktion die für mich definitiv nicht zu dieser Kategorie gehört, denn ich habe mir fest vorgenommen, solche Dinge auch später noch zu tun, weil sie ganz einfach Spass machen, auch wenn die Frage nach dem Sinn schwer zu beantworten ist...

Prolog

Was tut man, wenn man eine Tagestour inkl. Hin- und Rückreise aus dem Rüebliland machen möchte, aber die Zeit ganz einfach nicht ausreicht? Naheliegend: Man macht sie einfach in der Nacht. So ähnlich ist die Idee für die folgende Tour entstanden. Der Plan war relativ simpel: Mit der letzten Verbindung ab ins Wallis und um 22:00 in Gspon starten. Die anvisierten Ziele: Wyssgrat, Ochsehorn und später Sonnenaufgang auf dem Mattwaldhorn. Dazwischen ein Biwak um ca. 3-4h zu überbrücken. Dass es am Ende etwas anders gekommen ist, lag definitiv nicht in unserem Einflussbereich, dazu aber später.
Mit meinem Bruder bestieg ich um 18:00Uhr im schönen, aber viel zu flachen Kanton Aargau den Bus. Gut 3h Später: Wir befinden uns im kleinen Gondelbähnchen von Stalden nach Gspon. Die Einheimischen die mit uns das enge Kistchen teilen, mustern uns Üsserschwytzer in Vollmontur zwar etwas kritisch, ersparen sich aber zu unserer Erleichterung kritische Fragen.
Aber eigentlich hatte ich auch gar keine kritischen Fragen erwartet, hier geschieht immer wieder Sonderbares, so wird herumerzählt dass hier schon einmal ein gewisser Eugen eine ganze Menge Höhenmeter an einem einzigen Tag abgespult hat ;-). Von solchen übermenschlichen Leistungen sind wir dann auch noch (wortwörtlich) meilenweit entfernt.


Hauptteil


Um ziemlich genau 22:00 gings dann in Gspon los. Bei 100%iger Bewölkung und damit verbundener 90%iger Dunkelheit (10% Lichtverschmutzung ahoi) stiegen wir auf, über Pisten und unter dem Skilift, hoch bis nach Mälachji. Der Bewölkung (und Klimaerwärmung) sei Dank, zog ich erst hier eine zusätzliche Schicht über mein T-Shirt an.
Danach gings immer weiter hoch über den Grat (Der Grat, der am Ende einen Gipfel hat, der wieder Grat heisst - etwas verwirrend). Das Wandern in der Dunkelheit auf einem Grat hat je einen Vor- und Nachteil: Der Vorteil ist, dass man den Weg kaum verfehlen kann, der Nachteil war, dass wir es trotzdem beinahe schafften. Dies aus den einfachen Gründen, dass im unteren Bereich nicht wirklich deutliche und teilweise ziemlich verwirrende Wegspuren durch die Gegend führen (ok, es war wirklich dunkel...), diese nicht auf der Karte eingezeichnet sind und der Grat nicht wirklich scharf war und somit Toleranzen bei der Wegfindung zuliess...

Von einigen Hikren wird beschrieben, dass der Gipfel des Wyssgrat sehr überraschend kommt und man das Kreuz erst im letzten Moment sieht. Nun in der Nacht ist dieser Effekt wohl noch ziemlich verstärkt.
Hätten wir keinen Höhenmesser mitgeführt wäre die Gefahr bestanden, dass wir vor lauter Überraschung gerade wieder rückwärts vom Grat hinunter gefallen wären.
Da auch die Lichtverschmutzung nun nur noch max. 2% ausmachte, sahen wir wirklich nichts mehr ausser das Licht der Taschenlampen und die Lichter von Visp. Immerhin konnten wir im Gipfelbuch von der tollen Aussicht lesen, die man hier haben muss. Nachdem wir dieses Gipfelbuch um einen ziemlich exotischen Beitrag erweitert hatten (Siehe Bilder) zogen wir weiter Richtung Ochsehorn.

Dazu muss man zuerst etwas absteigen und danach wieder hoch auf das Ochsehorn, hier gibt es am ehesten einige Meter im T4-Style. Zur grossen Freude aller Beteiligten begann es pünktlich zum Gipfelerfolg zu schneien. Dieses Gipfelbuch ergänzten wir wiederum um einen noch etwas exotischeren Eintrag. Ich liess mich sogar zu einer kleinen Zeichnung der Aussicht hinreissen (nun ja, dies sah dann etwa so aus: ██████████ ).
Weil uns höchstens bald die Kälte, nicht aber die Aussicht umgehauen hätte, machten wir uns ziemlich schnell mal an den Abstieg.
Wir entschieden uns gegen alle Querfeldein-Varianten und für den Normalweg übers Blauseeli zum Findletälli, wo wir ca. 3h biwakieren wollten.
Ab dieser Stelle wurde es dann ziemlich abenteuerlich. Entweder hatte der Weg etwas gegen uns oder er versteckte sich aus Spass immer wieder vor uns und wir mussten ihn mit viel Aufwand wieder suchen. Hier wären wir ohne Höhenmesser und mobilen 1500Lumen Scheinwerfer (herkömmliche Stirnlampen haben ca. 50) wohl ziemlich verloren gewesen.
Als dann auch noch faustdicker Nebel aufkam, brachte auch der beste Scheinwerfer nichts mehr, wir  blendeten uns höchstens selber, weil alles so grell weiss leuchtete um uns herum...
Irgendwann gegen 3 Uhr morgens trafen wir dann beim Findleseeli ein, wo wir unser Zelt aufbauten. Immerhin hatte es nun nur noch wenige Nebelschwaden, dafür hatte ein nett-kalter Nieselregen eingesetzt.

Die folgenden 3h brachten mir den erneuten Beweis (den 2. nach diesem *hier) dass ein 700g synthetik-Schlafsack mit Limittemperatur 10C nicht auf Temperaturen um den Nullpunkt ausgelegt ist.
Um 6h klingelte total unnötig mein Wecker (wach waren wir sowieso). Doch an einen Aufstieg aufs Mattwaldhorn, so wie es geplant gewesen wäre, war nicht zu denken: Der Regen hatte sich noch verstärkt und nur etwa 50m oberhalb des Biwaks lag Schnee.

So lagen wir weitere 2h (meist wach) im Biwak und machten uns dann an den Rückweg. Immerhin zeigten sich noch einige tolle Wolkenformationen (Siehe Bilder) und sogar ein Regenbogen. Beim Aufstehen stellten wir übrigens fest, dass wir gar nicht am Findleseeli, sondern an irgend einer ausgetrockneten Pfütze ca. 200m östlich davon biwakiert hatten ;-)

Für den Abstieg wählten wir den Weg über die Lägunde Tschuggo, bis dieser nach Süden dreht. Von da stiegen wir direkt zur Schäferhütte ab und von da über den Wanderweg zurück nach Gspon, welches wir um 10:30 erreichten. Der Abstieg war eine ziemlich rutschige Angelegenheit und wir fühlten uns bestätigt darin, das Mattwaldhorn ausgelassen zu haben.

Epilog


Keine Ahnung? Heimgefahren. Müde.

Credits


Besten Dank an SF Meteo, das unser Abenteuer durch ihre Falschprognose noch etwas abenteuerlicher machte.

Tourengänger: Mistermai


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Kommentare (5)


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eugen hat gesagt: Ochsehorn
Gesendet am 7. Oktober 2012 um 19:36
Ich habe den Bericht mit grossem Interesse gelesen - ganz schön abenteuerlich.
Danke für dieses Abenteuer aus meiner Heimat.
Gruss aus dem OVS
Eugen

akka hat gesagt:
Gesendet am 7. Oktober 2012 um 19:48
Saluti
So wie ich SF-Meteo verstanden habe, sollte es am Sonntag Vormittag im südlichen Wallis trocken werden. Daraus schloss ich, dass es in der Nacht Regen geben würde.
Ihr habt gepokert und verloren. Kein Grund, anderen die Schuld zu geben.
War aber sicherlich ein Erlebnis, von dem Ihr Euch noch in vielen Jahren fröhlich erzählen werdet. Hauptsache alle gesund...

Gruss, akka
(wahrlich auch kein Fan von Bucheli - ist aber immer noch besser als meteoblue)

Mistermai hat gesagt: RE:naja
Gesendet am 7. Oktober 2012 um 19:55
Sali akka

Zugegebenermassen ist "Komplettfalschprognose" übertrieben und ja, wir haben gepokert. Andererseits war aus den Modellen ganz klar hervorgegangen, dass die Störung nördlich des Wallis durchziehen würde und im Wallis nur gerade durch die Nacht eine Leichte-Mittlere Bewölkung aufkommen würde.

Es sollte auch nicht eine Schuldzuweisung oder so ähnlich sein. Die Credits waren auch eher humorvoll gedacht. Wir waren gut ausgerüstet (naja, bis auf meinen Schlafsack ;-)) und das Ganze hat, wie geschrieben, fun gemacht. Die Temperaturen waren sogar deutlich höher als wir erwartet hatten. Erhöhte Risiken wollten wir nicht eingehen und sind wir auch nicht. Darum haben wir auch eine risikoarme Wanderung ausgewählt.

Gruss
Mauel

tricky hat gesagt: Abenteuer
Gesendet am 8. Oktober 2012 um 08:17
Schön. Solche Erlebnisse bleiben einem länger in Erinnerung als "Normale" Wanderungen.

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 8. Oktober 2012 um 10:22
Supercoole Sache - auch wenn nicht alles so geklappt hat, wie ihrs geplant hattet. Aber genau das macht das Erlebnis so einmalig!
Gruess, Alex


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