Grosses Bigerhorn (3626m), Balfrin (3796m) & Ulrichshorn (3925m)


Publiziert von أجنبي , 14. September 2012 um 11:06.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Mittelwallis
Tour Datum: 9 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Aufstieg: 1450 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Bordierhütte SAC – P. 2973 – P. 3084 – Grosses Bigerhorn – P. 3594 – P. 3783 – Balfrin – Riedpass – Ulrichshorn – Windjoch – Mischabelhütte AACZ
Zufahrt zum Ausgangspunkt:-
Zufahrt zum Ankunftspunkt:-
Unterkunftmöglichkeiten:Bordierhütte SAC bzw. Mischabelhütte AACZ
Kartennummer:LK 1:25.000: 1308 St. Niklaus, 1328 Randa (Was für eine Karte...! Da entstehen Träume...)

Wir erwarteten, dass der Sonntag der konditionell härteste Tag unserer Tour werden würde. Die Balfrin-Überschreitung mit dem Ulrichshorn als Abschluss ist recht lang, ein stetes auf und ab und nicht zu vergessen: man bewegt sich mehrheitlich oberhalb 3500m. Erholsamer Schlaf wäre also nötig gewesen...

In meinem Fall traf das Gegenteil ein. Als der Hüttenwart am Samstag meine Körpergrösse bemerkte und die „Schmalheit“ seiner Matratzen reflektierte, offerierte er uns drei statt zwei Schlafplätze. Leider reichte mir das trotzdem nicht wirklich und die nächtliche Schnarcherei steigerte meine Schlaflosigkeit. Resultat: Als wir um 2.45 Uhr geweckt wurden, hatte ich bloss etwa zwei Stunden geschlafen – und auch diese nur mit vielen Unterbrüchen. Das Wecken war mir eine Erlösung, doch bezahlte ich später für den mangelnden Schlaf.

Die Weckzeiten in der Bordierhütte sind nicht verhandelbar: 3 Uhr für Bergsteiger, 7 Uhr für Wanderer. Dies mutet im ersten Moment zwar etwas unfreundlich an, ist aber durchaus sinnvoll: Sowohl der Nadelgrat wie auch die Balfrin-Überschreitung oder eine Gletschertour auf's Ulrichshorn oder gar noch auf's Nadelhorn dauern lange und spätestens in der Mittagshitze ist man froh, früh gestartet zu sein und rechtzeitig den Gletscher verlassen zu können.

Neben dem SAC-Führer orientierten wir uns übrigens am *Bericht von Scout, *diesem von den alpinos und *dem da von Freeman. Letztgenannter Bericht und die *zusätzlichen Fotos von Bombo brachten mich übrigens neulich überhaupt erst auf diese Tour. Danke für die Inspiration! Ich schätze, meine Fotos lösen bei anderen Betrachtern Ähnliches aus...

Zurück zur Tour...: Gemeinsam mit einem deutschen Pärchen, welches zum Nadelgrat aufbrach, starteten wir um 3.45 Uhr in die Dunkelheit. Bis kurz vor P. 2973 (ja, wir wählten absichtlich den „alten“ Weg...) unterstützten Reflektoren die Wegfindung, danach halfen uns zunächst meine Erinnerungen von meinem *Ausflug auf's Kleine Bigerhorn am Vortag: Einfach über den breiten Grat hoch zu P. 3084. Danach mussten wir die Steinmänner immer wieder suchen, was in der Dunkelheit nicht ganz einfach war. Irgendwann kraxelten wir dann einfach freestyle hoch zum Buckel auf ca. 3200m, wo wir plangemäss wieder auf den Weg trafen.

Zunächst ging's nun auf dem Grat weiter, danach durch die Westflanke des Grossen Bigerhorns. Steinmänner und Wegspuren hielten uns von unnötigen Ausflügen ab. Je näher der Gipfel kam, desto steiler wurde es und desto mehr durfte gekraxelt werden. Wir erinnerten uns an Freeman's Worte, die wir ungefähr so modifizierten: „Wenn du die Lichter von Visp siehst, bist du auf dem Gipfel.“ Und zägg, plötzlich standen wir da, genau 2h nach Abmarsch bei der Bordierhütte und somit eine halbe Stunde schneller als erwartet.

Etwas langsamer gewesen zu sein hätte uns aber auch nicht gestört, denn etwas mehr Licht hätten wir für die Überschreitung des Grates zum Balfrin hinüber schon brauchen können. Zunächst tappten wir etwas im Dunkeln, was den Einstieg in die Gratkraxlerei betraf. Schnell wurde uns aber klar, dass wir direkt über den Grat weiter mussten. Nach einigem Gekraxel erreichten wir die Schlüsselstelle: eine Platte, die leichte Reibungskletterei verlangte. Wir packten das Seil aus und sicherten auf Reibung. Die Kletterei war recht einfach: Zunächst einen waagrechten Riss hinüber, dann den einzigen und daher markanten senkrechten Riss hinunter. Grundsätzlich keine grosse Sache und ohne Seil ginge es auch, aber mit der Sicherung fühlt sich's ein wenig besser an.

Da wir das Seil nun schon mal in Betrieb hatten und nicht so recht wussten, ob wir's nochmals brauchen würden oder nicht, blieben wir angeseilt. Viel langsamer kamen wir deshalb nicht voran. Unser nächstes Ziel war klar: Möglichst schnell auf den Balfrin, um dort den Sonnenaufgang bestaunen zu können. Für den Aufstieg zum Nordwestgipfel blieben wir meist auf bzw. hart am Fels (also rechts). Die Steigeisen beliessen wir dazu im Rucksack.

Das Unterfangen „Sonnenaufgang auf dem Gipfel“ misslang uns knapp, d.h. wir durften diesen wunderbaren Moment etwa fünf Minuten unterhalb des Baldfrin-Nordwestgipfels erleben. Hinter uns rötete sich das Weisshorn, neben uns Nadelhorn und Co., als um 7.10 Uhr am Lagginhorn-Südgrat die Sonne aufging. Unbeschreiblich schön war's. Wegen Momenten wie diesen klettern wir auf Berge...

Nach diesen Immer-wieder-schönen-fünf-Minuten schritten wir auf dem breiter und flacher werdenden Rücken zum Nordwestgipfel des Balfrin hoch, den wir um 7.20 Uhr erreichten. Hier an der Sonne hatten wir nun definitiv eine Pause verdient. Der Hauptgipfel schien nun recht nahe, doch eben: es war dann schon ein Stück dort rüber. Zunächst ging's über Fels hinunter in den Sattel, wo wir den wenigen vorhandenen Spuren in den Schnee folgten. Für den Aufstieg auf den Gipfel packten wir nun die Steigeisen aus – uns war etwas wohler damit. Wir folgten auch hier einer schuttigen Rippe auf der rechten Seite. Um 8.15 Uhr erreichten wir den Balfrin.

Etwas weniger genüsslich war dann der Abstieg über den Balfrin-Südgrat. Einerseits wichen wir hin und wieder vom Grat in die Westflanke ab, andererseits erschwerte reichlich vorhandener Reif die Kraxlereien und Flanken-Ausflüge. Und prompt: Irgendwann glitt ich auf einer mit Reif überzogenen Platte aus und praktizierte einen recht schmerzhaften Abgang. Resultat: Geprelltes Knie und Schienbein plus ein paar narbige Andenken an die Tour... Naja, schöne Bergtouren erfordern manchmal eine Opfergabe...

Auf dem Balfrin vertagten wir den Entscheid darüber, ob wir P. 3644 überschreiten oder umgehen wollten. Im Sattel vor P. 3644 herrschte dann Einstimmigkeit: Nichts wie weg von diesem mühsamen Grat und ab auf den Gletscher. Nach der Umgehung von P. 3644 pausierten wir um 9.40 Uhr mitten auf dem Riedpass. Uns beiden war klar: die anstehenden 400hm auf's Ulrichshorn würden uns nochmals alles abverlangen. Wir hatten schon einiges in den Beinen, ich hatte kaum geschlafen und das Knie schmerzte, da half nur eines: Durchbeissen.

Bergsteiger, die am Vortag die Balfrin-Überschreitung in umgekehrter Richtung gemacht hatten, warnten uns bereits in der Bordierhütte vor der Spur auf's Ulrichshorn: Diese war nämlich eine Abstiegsspur und daher brutal steil. Neben der Spur lag meist Triebschnee und so blieb mir an der Front also die Wahl zwischen einer steilen Spur oder Selbst-Spurerei im Triebschnee. Ich entschied mich meist für die vorhandene Spur.

Motivierend an diesem Aufstieg war das Wissen darum, dass dies der letzte Anstieg des Tages sein würde. Die Schritte waren schon recht schwer und der Aufstieg recht einfältig und -tönig. Wir waren langsam – oder zumindest fühlte es sich so an. Aber immerhin: Nach einer Stunde standen wir auf dem Ulrichshorn – alleine, wie bereits auf der ganzen Tour. Und ja: Das mit dem Bänklein stimmt! Definitiv der schönste Balkon oberhalb Saas-Fee...!

Die Pause hatten wir uns verdient. Wir waren gut im Zeitplan und liessen uns Zeit. Derweil schauten wir hinunter auf's Windjoch, wo sich zahlreiche Bergsteiger nach der Nadelhorn-Besteigung sonnten. 80 Leute sind laut Mischabel-Hüttencrew an diesem Tag zum Gipfel aufgebrochen. Beim Blick auf den Gipfelbereich kamen mir einige Zweifel auf, ob mir das nicht doch eine Nummer zu gross bzw. zu steil sein würde. Andererseits war mir klar: Wenn man müde ist und alles schmerzt, neigt man nicht gerade zu Optimismus.

Der Abstieg ins Windjoch war schnell und einfach und auch der Wind hielt sich in Grenzen. Die Flanke hinunter auf den Hohbalmgletscher war gut gespurt: Wahrhaftig eine Autobahn. An drei oder vier Stellen galt es schmale, aber tiefe Spalten zu überschreiten, wobei's ein paar Blankeis-Passagen gab. Der flache Teil des Hohbalmgletschers hingegen war perfekt eingeschneit und der Spaziergang hinüber zum Schwarzhorn eine Wohltat, obwohl die Sonne unerbittlich brannte.

Um 12.15 verliessen wir unterhalb des Schwarzhorns den Gletscher. Nun stand nach einer Pause noch der Abstieg in die Mischabelhütte an. Von oben sahen wir auf der Terrasse bereits zwei kühle Bierchen für uns bereit stehen...! Eine halbe Stunde lang war aber nochmals Konzentration gefragt und um 13 Uhr trafen wir müde, aber glücklich in der Hütte ein. Bald zeichnete sich ab, dass unser Wunsch-Szenario eintreffen würde: Kaum Leute in der Hütte und somit bloss wenige Seilschaften am nächsten Tag am Berg. Und vor allem: Viel, viel Platz zum schlafen.

So lange ich lief, kraxelte und kletterte, bemerkte ich kaum, dass ich nachts zuvor nur etwa zwei Stunden geschlafen hatte. Nun aber erschlug mich die Müdigkeit. Da Bestand grosser Nachholbedarf. Erst zum leckeren, ausgiebigen und gemütlichen Nachtessen tauchte ich wieder auf. Immerhin: Die Erholung hatte bereits eingesetzt und am nächsten Tag war ich wieder absolut fit für die *Tour auf's Nadelhorn.


Tourengänger: أجنبي


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Kommentare (2)


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Alpin_Rise hat gesagt: Weckzeit?
Gesendet am 14. September 2012 um 15:57
> Weckzeiten in der Bordierhütte sind nicht verhandelbar: 3 Uhr für Bergsteiger
Das ist doch viel zu früh für September... der Schnee wird auch nicht so schnell weich um diese Jahreszeit. In der Oberaletschhütte wird man sogar um 2 Uhr geweckt Ende August, vier Stunden Wackel in der Dunkelheit...
Warum nicht alle Hüttenwarte die Weckzeit der Jahreszeit anpassen, ist mir schleierhaft. In der Dunkelheit ist nur für Ortskundige (oder mit Spuren/Markierungen) die richtige Route leicht zu finden.
Andererseits hab ich auf Hütten auch schon für einen genug frühen Aufbruch für lange Touren kämpfen müssen (Marco e Rosa, Britannia). Dann lieber Thermosfrühstück, dafür wann ich will, ich bezahl ja auch dafür. Selbstverantwortung: jede Seilschaft muss selbst wissen, wann sie los muss, um ihre Tour in ihrem Tempo zu bewältigen. Und dann auch los können...

Tolle Fotos und schöne Tour, muss ich mir auch mal gönnen, aber dann ohne Ulrichshorn.

G, Rise

Riebmann hat gesagt: Weckzeit!
Gesendet am 10. Juli 2017 um 07:49
Super Tour! Haben wir (v.A. auch durch diesen tollen Bericht) letzte Woche gemacht.

Seit Brigitte, die neue (supercoole) Hüttenwartin oben ist, sind die Weckzeiten auf der Bordierhütte "aufgeweicht" worden. Jeder darf gehen, wann er/sie meint, dass es richtig ist, sie gibt aber auch Empfehlungen ab. Gibt halt dann Thermofrühstück, aber das ist auch reichlich und gut!


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