Über den Sunnigberg aufs Nünalphorn


Publiziert von Tobi , 13. September 2012 um 22:45.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:11 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Östliche Melchtaler Alpen   CH-NW   CH-OW 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1650 m
Abstieg: 1750 m
Strecke:19km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Engelberg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Melchtal, Post

Nachdem meine *Gipfelsammeltour im Engelbergertal durch ein Gewitter jäh unterbrochen wurde, habe ich dort noch eine Rechnung offen. Diesmal habe ich etwas länger Zeit, weshalb ich auch den Grat des Sunnigbergs näher anschauen möchte. Dass ich es darüber aufs Nünalphorn schaffe, hätte ich nie gedacht.
 
Die ersten Meter in Engelberg (1000m) bis zur Talstation sind identisch zur *vorherigen Tour. Danach laufe ich am Eugenisee entlang und steige anschliessend über Eggli zum Arnibach hoch. Dort übersehe ich wohl den Abzweiger und statt den Bach zu überqueren, folge ich diesem. Nicht weiter tragisch. Denn wenn das Geniessen eines freien Tages in der Natur das Ziel ist, befindet man sich auch hier auf dem richtigen Weg. Nach einem kleinen Asphalt-Intermezzo biege ich auf die Fahrstrasse nach Stalden (1329m) ab. Alsbald befinde ich mich in einer anderen Welt: auf dem schön angelegten (und erst vor kurzem sanierten) Bergweg zur Alp Zingel (1516).
 
Trotz leichter Bewölkung ist der folgende Aufstieg schweisstreibend. Auf der Ebene des Lutersees angekommen, folge ich zunächst noch ein paar Meter dem Wanderweg. Durchatmen für den folgenden weglosen Sturm auf den Salistock (1896.3m). Herrliche Tiefblicke, aber noch mehr fasziniert mich der Blick auf die folgenden Gipfel. Routen werden studiert.
 
Nach dem weglosen Abstieg vom ersten Gipfel, wandere ich auf dem Bergweg Richtung Scheidegg. Auf etwa 1860m zweige ich in die Weide ab und versuche mich am Klein Storchen (1934m). Wildspuren weisen den Weg durch die Flanke (ca. T5). Allerdings komme ich etwas zu hoch auf dem Grat an und muss wieder einige Meter zum Gipfel absteigen. Kein wirklicher Gipfelsturm. Auch sonst mag dieser Gratbuckel weder mit seiner Schartenhöhe noch Prominenz zu überzeugen. Also auf zum grossen Bruder.
 
Auf dem Grat steige ich weiter in die Höhe. Dabei müssen einige Schwierigkeiten überwunden werden. Diese könnten wohl auch umgangen werden, so dass ein T5 nie überschritten wird. Allerdings sind Heidelbeer-Steilhänge schon ein sehr spezielles Gelände. Nach 144 Höhenmetern stehe ich auf dem Gross Storchen (2078m). Etwas komisch ist es schon, dass auf dem Grat zunächst ein noch höherer Grasbuckel überstiegen werden muss, um dem gleich hohen Scheideggstock (2078m) einen kurzen Besuch abzustatten.
 
Vom Sattel der Scheidegg kurve ich um die in der Flanke weidenden Schafe zur Stierenkehle. Dieses von Schrofen durchsetzte Grascouloir (T4) zieht sich zu meinem nächsten Gipfel - dem Stierendossen (2244m) - hoch. Über den Bockigrat (2206m) erreiche ich wieder den markierten Bergweg und folge diesem Richtung Bocki-Rotsand.
 
Kurz vor diesem Sattel steige ich über ein schon von weitem gut erkennbares Grasband mit Pfadspuren auf die erste Erhebung (Pt. 2265m) des Sunnigberggrates. Der folgende Grat ist Genuss pur: Kraxelei und Kletterei wechseln sich ständig ab. Der Fels macht einen soliden Eindruck, dies macht die Ausgesetztheit etwas leichter verdaubarer. In den grasigen Abschnitten sind fast immer Pfadspuren zu erkennen. Diese Stellen würde ich höchstens mit einem T5 bewerten. Die Kletterstellen sollen gemäss Clubführer im dritten Grad sein. Mich bringt die Kletterei allerdings nie an die Grenzen, was eher auf eine II hindeuten würde. Selbst im Abstieg fühle ich mich in den Kletterpassagen nie überfordert. Es lassen sich stets genügend Griffe und Tritte finden.
 
Genüsslich überschreite ich die Erhebungen und Einschnitte. Ohne es gross wahrzunehmen, stehe ich bald auf dem eigentlichen Gipfel des Sunnigberg (2310m). Kein Steinmann oder Kreuz markiert diesen Punkt. Warum auch? Der Sunnigberg ist mehr ein Grat des Nünalphorn, als ein wirklicher Berg mit Gipfel. Und da diese Erhebung auch nicht das eigentliche Ziel ist, sondern der Grat an sich, setzte ich meine Überschreitung unbeeindruckt fort.
 
Die letzte und zugleich höchste Erhebung des Grates wird über das Grasband auf der rechten Seite gewonnen. Von hier sieht der letzte Aufschwung zum Nünalphorn furchteinflössend aus. Ich glaube nicht daran, dass ich es da hoch schaffe. Doch wie so oft, täuscht dieser erste Eindruck aus der Ferne. Ich folge den deutlichen Pfadspuren in die Nordflanke und siehe da: Von nahem legt sich das senkrecht geglaubte Gelände doch noch etwas zurück. Die Spuren führen eine kurze Verschneidung hoch und nach links über ein Grasband zu einem Riss. Dieser führt zurück zum Grat und von dort sind die letzten Meter über die steile Grasflanke zum Gipfel schnell überwunden. Etwas überrascht aber überglücklich stehe ich auf dem Nünalphorn (2385m). Mit so wenig Gegenwehr hätte ich nicht gerechnet! Ich meine auch, dass dieser Schlussaufstieg es nur knapp aufs oberste Treppchen der T-Skala geschafft hat: deshalb nur eine T6-. Die Kletterstellen überschreiten nach meiner Meinung den zweiten Grad nicht.
 
Von Westen ziehen nun allmählich Regenwolken auf. Dementsprechend kurz fällt die Gipfelrast aus. Mein Abstieg führt über die Nünalp zur Alp Stock, dabei wird das Stäfelihörnli (1921m) im Vorbeigehen mitgenommen. Bei leichtem Nieselregen weiter über Kuhweiden zur Alp Turren und nach Melchtal (884m), wo ich mit einem kleinen Schlussspurt gerade noch das Postauto erwische.
 
 
Fazit: Noch am Morgen habe ich nicht gedacht, das ich den Sunnigberg bis zum Nünalphorn überschreiten könnte. Die mit III+ bewerteten Kletterstellen schreckten mich ab. Aber wahrscheinlich konnte ich diese Stellen geschickt umgehen und mir so den Traum der Überschreitung erfüllen. Ein fantastischer Tag in einsamem und wildem Gelände!
 

Tourengänger: Tobi


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Kommentare (4)


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roger_h hat gesagt:
Gesendet am 14. September 2012 um 10:29
Wilder Typ der Tobi :-)
Ich als Quasi-Einheimischer habe diesen Grat vom Bocki-Rotisand und Nünalphorn her schon mal begutachtet und mein geschultes Auge hat diese Tour - in der Art wie du sie gemacht hast - als nicht mit meinem Nervenkostüm vereinbar taxiert. Aber ich bin eh nicht so der Typ für T6-Touren, für mich war die Glogghüs-Rothorn-Tour in etwa die Grenze... ;-)
Gratuliere zur tollen Tour!
Gruss
Roger

Tobi hat gesagt: RE:
Gesendet am 20. September 2012 um 15:02
Auf den ersten Blick sieht der Grat echt krass aus. Oben trifft man dann aber meist auf T5-Gelände und IIer-Kletterstellen. Allerdings ist die Angelegenheit wirklich extrem ausgesetzt. Auf einem schmalen Grat mit 200 Meter Luft unter dem Hintern rumzuturnen ist eben nicht jedermanns Sache. Das können nur wirklich Trittsichere und Schwindelfreie geniessen...

Gruss Tobi

Sputnik Pro hat gesagt: *** STAUN ***
Gesendet am 14. September 2012 um 13:17
Hej Tobi,

Gratulation zur vollständigen Überschreitung des Sunnigberges. Du hast wohl im Aufstieg zum höchsten Punkt des Sunnigberges die richtige Route erwischt, wir hatten dort sicherlich eine IIIer Stelle gehabt. Was mich aber nochmehr Ersteunst ist der "leichte" Schlussaufstieg aufs Nünalphorn. Als wir auf den Sunnigberg waren dachten wir dass es dort hinauf mindestens ein III+ ist ohne Zwischensicherungsmöglichkeiten.

Genial wie du den Grat begangen hast
Gruss, Andi

Tobi hat gesagt: RE:*** STAUN ***
Gesendet am 20. September 2012 um 15:07
Sali Andi

Danke für die Gratulation!
Ob ich nun die richtige Route erwischt habe, oder ich einfach die Kletterschwierigkeiten nicht richtig einschätzen kann, ist schwer zu sagen ;-)

Wenn man vor dem Schlussaufstieg steht, sieht er in der Tat fast senkrecht aus. Aber mittendrin ist's dann doch nicht so steil. Ich würde mir diesen Abschnitt sogar im Abstieg zutrauen, was eher für ein T5+ denn T6- spricht.

Gruss Tobi


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