Säntis via Chammhalden und Girenspitz NE-Grat: Der Weg war das Ziel!


Publiziert von marmotta , 9. September 2012 um 22:23.

Region: Welt » Schweiz » Appenzell
Tour Datum: 8 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-AR   CH-SG   CH-AI 
Aufstieg: 1200 m
Strecke:Schwägalp - P. 1577 - Chammhalden - Hüenerbergsattel - Girenspitz NE-Grat - Girenspitz - Säntis
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Schwägalp
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Schwägalp

Der Säntis (2501 m) ist nicht nur des Ostschweizers liebster Aussichtsberg - dank Seilbahn, Hotel- und Gastronomiebetrieben zieht der durch die hässlichen Betonbauten völlig verschandelte höchste Alpsteingipfel auch viel internationales Volk an. An schönen Sommertagen herrscht auf dem Gipfel und auf den Wanderwegen rund um den Säntis ein solcher Rummel, dass einem schon einmal das kalte Grausen kommen kann. Was bleibt, ist die einzigartige Aussicht und eine Aufstiegsvariante durch die "Nordwand", die den Alpinwanderer begeistert und ihn von den Touristenmassen weitgehend unbehelligt lässt: Der Aufstieg über die Chammhalden zum Hüenerbergsattel und von dort weiter auf den Girenspitz über dessen Nordostgrat ist längst ein Klassiker und kann jedem geübten Berggänger nur wärmstens empfohlen werden.
 
Sowohl die Route durch die Chammhalden als auch deren Fortsetzung über den Girenspitz NE-Grat sind hier bereits mehrfach und gut beschrieben (z.B. hier), daher will ich nur etwas zu den Verhältnissen und meiner Einschätzung der Schwierigkeiten schreiben.
 
Nachdem die "Flachlandhausen-Fraktion" (WoPo1961 und seine "weltbeste Begleiterin") seit Mitte dieser Woche im schönen Toggenburg gastiert, hatte sich kurzfristig eine gemeinsame Tour ergeben, für die ich natürlich gerne meine bereits geschmiedeten Wochenendpläne beiseite schob. Obschon immer noch an den Folgen seines Missgeschicks am Matterhorn laborierend, willigte der gute WoPo in meinen Vorschlag ein, auf der ihm noch unbekannten Route via Chammhalden-Girenspitz den Säntis zu besteigen. Für einmal war mir dieser ungeliebte Gipfel und vor allem die Seilbahn recht - so konnte der rekonvaleszente Bergkamerad trotz seiner Fussverletzung, die noch keine längeren Abstiege zulässt, eine alpinere Tour bestreiten.
 
Der Aufstieg von der Schwägalp über die mit orangen Markierungen versehene Chammhaldenroute ging dann auch ohne Probleme. Das Gras und die Erdtritte des steilen Pfades sind momentan sehr feucht und schmierig, Vorsicht und Konzentration sind in dem abschüssigen Gelände zwingend geboten. Durch die häufigen Begehungen (auch heute waren wieder mindestens 10 Personen auf der Route unterwegs) weisen die Felspassagen kaum lose Griffe und Tritte auf. Die "luftige Querung" ca. 80-100 Hm oberhalb des grossen Geröllbands (Gedenktafel) empfinde ich persönlich als die unangenehmste Passage, die teils spitzen und überhängenden Felsen sind an 2 sehr schmalen Stellen etwas abdrängend und der Blick in die Tiefe ist auch nicht gerade beruhigend. An solch warmen Tagen wie heute ist es in der schattigen Säntis-Nordwand übrigens schön kühl, dies gilt allerdings auch für die Felsen, so dass die Finger schon mal klamm werden können.
 
Am Hüenerbergsattel (2325 m) hat man die Wahl, entweder zum Säntisweg abzusteigen (über feines Geröll bzw. im Frühsommer Firn) oder die Alpinwanderung über den hier ansetzenden Nordostgrat zum Girenspitz (2448 m) fortzusetzen. Diesen Aufstieg hat Delta mal als "Grenzfall des Alpinwanderns" bezeichnet. Dem ist nichts hinzuzufügen: Einfaches Gehgelände auf dem Grat wechselt mit kurzen Kletterpassagen in den (drei) Felsaufschwüngen ab. Verblasste grüne Markierungen weisen die Route. Hat man das obere Wändchen zur Grathöhe des ersten Abschnitts des NE-Grats überwunden, werden wohl auch die beiden folgenden Aufschwünge keine ernsthaften Probleme mehr bereiten. Obwohl die Wand des zweiten Aufschwungs in der Draufsicht vom ersten Gratzacken aus etwas "gfürchig" aussieht, fand ich diese Passage am leichtesten, da sie erstens hervorragende Griffe und Tritte in bombenfestem Fels bietet und zweitens die Ausgesetztheit hier (aus meiner Sicht) nicht gegenwärtig ist - ganz im Gegensatz zur (dritten) Wand unter dem Gipfel, die auf einem plattigen Band von rechts nach links aufsteigend gequert wird (neuer Haken). Zwar sind die Kletterschwierigkeiten hier geringer als in den vorhergehenden Aufschwüngen, jedoch muss man die Exponiertheit (speziell an einer Stelle) ausblenden.
 
Die Kletterschwierigkeiten bewegen sich in den 3 kurzen Aufschwüngen meist im II. Grad, im ersten Wändchen wird in einem Zug kurz der untere III. Grad erreicht. Obwohl die Passagen gut abzusichern sind, wird die Route von geübten Berggängern in der Regel seilfrei begangen. Wobei ich sagen muss, dass dies dann für mich persönlich schon das Limit ist, was ich noch ungesichert gehe. Sehr angenehm fand ich, dass es zwischen den Kletterwändchen immer wieder Absätze zum Verschnaufen hat… :-)
 
Nach der Gipfelfreude auf dem Girenspitz, die wir mit 2 anderen Berggängern teilten, die den NE-Grat vor uns begangen haben (und uns so die beste Route wiesen), tauchten wir ein in den Rummel auf der Himmelsleiter, wo es (wie so oft) zu einem regelrechten Stau kam. An einigen Stellen kann man zwar über die Karstwände rechts und links der "eingezäunten" Himmelsleiter überholen, man zieht dann aber etwas blöde Blicke auf sich…
 
Nach Durchschreiten des Tunnels traf uns dann endgültig der Kultur-Schock. Das Bier im "Alten Säntis" haben wir uns dennoch schmecken lassen.
 
Wie immer war es mit meinen "Flachlandhausener" Freunden sehr nett und unterhaltsam. Danke für die Begleitung - gerne wieder!        

Tourengänger: marmotta


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Kommentare (3)


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TeamMoomin hat gesagt: Gartuliere euch
Gesendet am 9. September 2012 um 22:35
zu dieser schönen Tour, und es freut mich zu lesen bzw. sehen das es WoPo wieder besser zu eghen scheint, ja was so Schweizer Luft alles bewirken kann ;-)

Würdest du die Girenspitzpassage auch im Abstieg als machbar bezeichenen?

Lg Oli und Moomin

marmotta hat gesagt: Danke!
Gesendet am 10. September 2012 um 07:52
Ja, Bergsteigen in der Schweiz scheint für WoPo1961 tatsächlich die beste Medizin zu sein.

Grundsätzlich kann man den Girenspitz NE-Grat schon auch im Abstieg begehen - ob es Sinn macht, ist eine andere Frage. Wahrscheinlich bist Du schneller, wenn Du vom Girensattel auf dem Wanderweg zum Blau Schnee ab- und anschliessend wieder zum Hüenerbergsattel aufsteigst.

Du könntest auch noch zum Wanderweg absteigen, nachdem Du das erste Wändchen unterhalb des Gipfelkopfs abgeklettert bist. Und auch nach dem folgenden Gratabschnitt gbit es nochmals einen Möglichkeit, über Schutt einfach zum Wanderweg abzusteigen.

G.
marmotta

TeamMoomin hat gesagt: RE:Danke!
Gesendet am 10. September 2012 um 21:21
Bin bei meiner 1 August AlpsteinTour eben da genau via Wanderweg abgestiegen und dann zum Hühnerbergsattel aufgestiegen weil mir der Abstieg irgendwie nicht geheur war.
Aber im Aufstieg sieht es bei deinen Fotos echt nach einem kleinen Alpsteinleckerbissen aus. Muss ich auch mal machen.

Gruss

Oli und Moomin


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