Schrankogel 3497m - der höchste "Wandertiroler"


Publiziert von alpensucht , 7. September 2012 um 22:46.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Stubaier Alpen
Tour Datum: 4 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Strecke:Gries-Vordere Sulztalalm-Amberger Hütte-Hohes Egg-Schrankogel-retour ca. 15km
Unterkunftmöglichkeiten:Amberger Hütte

Die zweite richtige Akklimatisationstour für die Weißkugel geht auch schon hoch hinaus und für den Ältesten von uns dreien wird es eine große Herausforderung: 1900Hm klingen immer hart, wenn man noch unten im Tal ist*! Um den Erfolg wahrscheinlicher zu machen, übernehme ich ca. die Hälfte seines Tagesgepäcks. In Gries startet die Tour 7:30 Uhr. Mein morgendlicher Kaffee ist ein Red Bull Cola, dessen Behälter ich an der letzten Mülltonne am Weg loswerde.
 
Bis zur Amberger Hütte bleibt man auf der Fahrstraße, von der man manche Spitzkehren über Pistengelände (Pfadspuren) gut abkürzen kann. Einer von uns läuft langsam voraus, als wir anderen beiden noch Fotos machen. Wir zwei nehmen kurz darauf eine dieser Abkürzungen und warten anschließend beinahe 10min auf unseren Kameraden. Als dieser nicht erscheint, gehen wir sehr schnell weiter, bis wir langsam denken, er könne so weit doch noch nicht gekommen sein. Wo der Karrenweg aus dem Wald tritt und die Vordere Sulztalalm (1900m) in Sicht ist, warten wir erneut, weil es hier einen guten Überblick über den hinter uns liegenden Weg gibt. Als wir wieder mit unserem dritten Mann zusammen treffen, erfahren wir, dass er kurioserweise kurz nach dem Beginn der Abkürzung unten sehr lang auf uns gewartet habe. Wir warteten also auf einander :D
 
Ab der Alm wird die Straße deutlich steiler, unser Gipfel gerät gut in Sicht mit seiner bis 40° steilen Gipfelflanke (aus dieser Perspektive). Bald um 9:20 Uhr erreichen wir die Amberger Hütte die wir einfach rechts liegen lassen. Jedoch sollte man direkt an der Hütte links über die Brücke des Sulztalbachs gehen, denn sonst wird es weiter taleinwärts schwierig hinüber zu gelangen, erst recht zur frühen Jahreszeit.
 
Erst kurze Zeit am Ufer des (reißenden) Bachs, dann links den Hang hinauf Richtung Moräne des Schwarzenbergferners (T2). Kurz unter dieser gegen 10 Uhr legen wir die erste Pause ein. Leider wird heute wegen der unsicheren Wetterlage nicht die Überschreitung Ostgrat-Normalweg möglich sein, was ich sehr bedauere. Über die Moräne geht es sehr angenehm voran, die Blicke zum Scharzenberg- und Sulztalferner werden grandioser. Nach etwa 800m Strecke zweigt der Weg am Punkt 2631m links ab von der Moräne hinauf zum Hohen Egg 2820m (T3). Nun wird der Weg zum ersten Mal steiler und an einigen Stellen gibt es eine gewisse Abrutschgefahr (Erosion).
 
Ab dem Egg (12 Uhr) bekommen wir es mit den ersten Schneefeldern zu tun. Die Wegfindung ist nicht immer ganz einfach, die Markierungen werden seltener (T4). Mir fällt es am leichtesten, solange der Schnee noch nicht zu steil ist, über diesen direkt aufzusteigen (ein sehr langgezogenes Feld zieht fast 500Hm durch die Flanke). Doch als das zu steil wird (40°+) gehe ich ins Geröll über. Es gibt meist mehrere Spuren und auch wieder einige Markierungen, die immer schön in Serpentinen aufwärts führen. Die größere Last im Rucksack wird spürbarer, der Atem schneller, der Schritt langsamer, gemächlicher – ja irgendwie meditativ! Meine beiden Bergfreunde brauchen nun deutlich oberhalb von 3000m immer wieder kleine Verschnaufpausen, die mir einige Male auch willkommen sind. Ab etwa 3200m brauchen wir auch hin und wieder die Hände, gerade wenn man mal nicht auf dem optimalen Weg ist. Alles ist hier sehr brüchig und lose, doch nie wirklich gefährlich.
 
Als wir endlich den „Vorgipfel“ (eine Gratecke mit Steinmann, die man von unten für den Gipfel halten könnte) um 13:30 Uhr erreichen, gibt es endlich festen Fels für die Hände, denn die Route verläuft nun deutlich näher, teils auch direkt auf dem relativ breiten Grat. Kurz unterhalb des Gipfelgrats, der sich vom Südwestgrat beinahe waagerecht östlich zum Gipfel zieht, müssen wir etwas heikel einige sehr weiche und steile Schneefelder queren, der Schutt darunter ist meist locker. Danach gibt es noch einige Felspassagen mit Stellen I, teils etwas ausgesetzt (Umgehung später im Jahr sicherlich östlich, rechts möglich). Der Gipfelgrat besteht erst aus Fels und einem ganz kurzen Firnstück, dann wieder kurz Fels und anschließend als furioses Finale ein herrlicher Firngrat (nicht wirklich scharf und schon gar nicht überwechtet, deshalb gehe ich zunächst noch direkt auf der Schneide, bis sich meine Kameraden beschweren wegen Gleichgewichtsproblemen :D)
 
14:40 Uhr. Und geschafft, wenn man nicht hinreichend angepasst ist, spürt man schon recht stark die „dünnere“ Luft.
 
Besonders glücklich über das Erreichte ist Bergfreund Kalle, dem ich einiges Gepäck abnahm. Er musste sich wahrhaftig hinauf kämpfen! Die Sicht ist eher bescheiden. Wenigstens die nahen Hochstubaier sind zu sehen. Es sieht so aus, als wäre vom Schlechtwetter eher der Kaunergrat betroffen. Dennoch lassen wir uns nicht viel Zeit am Gipfel.
 
Wir sind uns alle einige, dass der Schrankogel so früh im Jahr auf keinen Fall zu den „Wandergipfeln“ gerechnet werden darf: im oberen Bereich heikler Schnee auf losem Geröll zu queren und wegen des Firngrats!
 
15 Uhr beginnen wir den Abstieg. Das Abklettern dauert etwas, doch einszwei kurze Schuttrinnen lassen sich prima abfahren. Dann beginnt schon das ewig lange Schneefeld (mit wenigen kurzen Unterbrechungen) bis fast hinab zum Hohen Egg. Zuerst ist es 45° steil und ich habe statt Pickel nur zwei Stöcke dabei. Weil ich zuerst langsam in leichten Serpentinen abfahren will, rutscht der Talschuhe schneller herunter und schon liege ich da und würde nun einen rasanten Abrutsch (mit ungewissem Ausgang) erleben, hielte mich nicht der Stock auf der Bergseite, den es bis zum Kunststoffbereich in den Schnee rammt und um beinahe 90° verbiegt. Aber er hält. So gehe ich lieber erst weiter unten zurück auf den Schnee, wo es noch höchstens 40° Steigung hat.
 
Die Abfahrt strengt besonders die Oberschenkel an bei dieser Länge, geht aber viel schneller als das normale Absteigen. Es fühlt sich wirklich ähnlich wie Skifahren an und besonders das letzte Stück macht Spaß, auch wenn ich bei den letzten paar Metern auf dem Hinterteil rutsche (Kraft verschwunden). Nun gelangen wir wieder über das Egg bis zur Moräne, wo wir noch einen netten Abstecher an den kleinen See machen, um uns gehörig abzukühlen.
 
Als die Wolken nahenden Regen ankündigen beeilen wir uns zurück zur Amberger Hütte zu kommen. Doch kaum mehr als ein paar Tropfen erreichen uns. Dennoch bewegen wir uns im Laufschritt abwärts. Auf der Hütte (18:50 Uhr) gibt’s ein Skiwasser und Eis. Wir warten noch bis zum letzten unserer Gruppe. Als einige Mountainbiker mit der Nachricht eines drohenden Gewitters in die Hütte platzen, machen wir uns schnell auf, nach Gries zurück zu gelangen. Gegen 20 Uhr, wo wir fast wieder unten sind, warten wir spaßeshalber an derselben Stelle, wie Kalle heut morgen auf uns gewartet hatte. Und Gemeinsam kommen wir gegen 20:30 Uhr am Parkplatz an.
 
Nun fühlen wir uns ausreichend akklimatisiert und vorbereitet für die geplante Weißkugeltour von Melag. Nur braucht Kalle den einen Ruhetag morgen, an dem wir gemütlich klettern (Klettergarten Tumpen, Engelswand) und an den Piburger See zum Baden fahren. Der Schrankogel sollte im Frühsommer nicht als Wandergipfel angesehen werden! Das Wetter hielt doch noch bis zum Schluss und das Baden im eiskalten Wasser ist immer wieder ein Erlebnis!
Beim nächsten Besuch möchte ich den Berg überschreiten (Ostgrat-Normalweg). 

*zumindest für die meisten jenseits der 50 Jahre, die sich nicht täglich sportlich betätigen...

Tourengänger: alpensucht


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T5 I
T4+ II
T5- I
T4 WS I
16 Jun 12
Schrankogel über Hohes Eck · steindaube
T4+ I
18 Sep 12
Schrankogel über Westgrat · Kreier
T4 L I L
T4+ I

Kommentar hinzufügen»