Firmisanschneide (3491m) und Schalfkogel (3540m) - ein einsamer Genussgrat in den Ötztaler Alpen


Publiziert von felixbavaria , 20. August 2012 um 20:50. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum:17 August 2012
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS-
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 2 Tage 11:00
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PKW oder Linienbus (etwa jede Stunde von Sölden) nach Obergurgl. Beschränkte Parkgelegenheiten an der Straße nördlich des Ortseingangs. Im Ort nur wenige und kostenpflichtige Parkplätze (bis zu 5 € / Tag).
Kartennummer:AV Karte Ötztaler Alpen / Gurgl

Vom Ramolhaus in den Ötztaler Alpen bieten sich nicht allzu viele Gipfelziele - viele Gäste wählen dann auch die Hütte als Ziel der Unternehmung, was wegen der schönen Aussicht und der freundlichen Bewartung mit exzellentem Essen eine äußerst lohnende, unschwierige Wanderung darstellt.

Und wer zu einem Gipfel aufbricht, wählt meist ein oder mehrere Ramolkögel oder den Hinteren Spiegelkogel. Der weite Weg zum Schalfkogel wird deutlich seltener unternommen, so dass man selbst bei AKW alleine auf dem Gipfel stehen kann. Erst recht gilt das für die Firmisanschneide - ein Berg für Individualisten, wie es so schön heißt.

Die Tour wird zweckmäßigerweise mit Übernachtung auf dem Ramolhaus unternommen. Dieses ist von Obergurgl auf bezeichnetem, unschwierigen Steig zu erreichen. Wie oben erwähnt ist für reine Bergwanderer bereits dies eine lohnende Unternehmung.

Vom Ramolhaus geht's dann am nächsten Tag zum weithin sichtbaren Spiegeljoch. Dazu folgt man ganz kurz dem Hüttenweg nach Obergurgl und dann den Steinmännern, die in ein Schuttkar leiten, wo der Normalweg vom Ramolhaus zum Schalfkogel entlanggeht. Man verlässt diese Route allerdings nach rechts und wühlt sich den Schutthang bis zu einer Felsstufe empor, die an geeigneter Stelle durchstiegen wird (I). Oberhalb der Felsstufe geht es weiter im Schutt, deutlich nach S querend, bis unterhalb des Spiegeljochs. Dieses wird über brüchige, steile Schrofen oder rechts daneben über steile Felsen (I+) erreicht.

Am Joch beginnt dann der eigentliche Gratgenuss. In meist festem Fels geht es immer am Grat über einen Vorgipfel (3390m) zur Firmisanschneide (3491m, GK + durchweichtes GB). Allzu scharfe Türme können etwas unterhalb in der O-Flanke unschwierig umgangen werden.

Auch beim Abstieg über den S-Grat der Firmisanschneide bleibt man immer am Grat oder leicht unterhalb in der W-Flanke. Der Abstieg ist etwas brüchiger als der Anstieg. Die hier extrem brüchige O-Flanke ist zu meiden!

Schließlich erreicht man in einigem Auf und Ab über Graterhebungen (auch hier tendenziell immer oben bleiben) das Firmisanjoch (3287m), wo die Route mit dem Normalweg vom Ramolhaus zusammentrifft.

Nun auf guten Trittspuren über den Felsgrat (der AVF spricht von Umgehen der Aufschwünge, das ist Blödsinn!) auf einen Vorgipfel (Stellen I) und südlich wieder hinab (I). Man betritt nun den übergletscherten Gipfelgrat des Schalfkogels. Dieser führt zunehmend steiler an einen letzten Felsaufschwung heran, der aber völlig harmlos ist.

Der Abstieg erfolgt mit der gebotenen Vorsicht auf gleicher Route zum Firmisanjoch. Von dort folgt man noch kurz den Spuren zur namenlosen Graterhebung (P. 3300m), hält sich jedoch vorher rechts und quert deren schottrigen Ostpfeiler. Je nach Jahreszeit trifft man dort auf deutliche Begehungsspuren, die zu einer "Seenplatte" leiten. Die teils steilen Firnfelder dort werden zweckmäßig umgangen. Bald trifft man auf Steinmänner, die über Moränenrücken der ehemaligen Gletscher in einigem Auf und Ab zurück zum Ramolhaus leiten.

Schwierigkeiten:

Hüttenweg zum Ramolhaus: T2+.
Aufstieg zum Spiegeljoch: T4 (bei günstiger Routenwahl).
Überschreitung der Firmisanschneide: T4+, I (teils ausgesetzt).
Gipfelanstieg zum Schalfkogel: T4-, I für die Felspassagen, WS- für die kurze Gletscherpassage.
Abstieg und Rückkehr zum Ramolhaus: T4.

Fazit/Hinweise:

- Eine großartige, eher wenig begangene Bergtour in den Ötztaler Alpen, die weniger den Hochtouristen als vielmehr den "Alpinwanderer" fordert.
- Steigeisen und Pickel gehören jedoch in jedem Fall mit in den Rucksack. Bei aperen Verhältnissen sind sie am Gipfelgrat des Schalfkogels dringend nötig!
- Die Länge der Tour darf nicht unterschätzt werden! Abgesehen von bedingt genießbarem Gletscherwasser am Rückweg vom Schalfkogel gibt es keine Möglichkeit, Wasservorräte aufzufüllen. Im Hochsommer wird man auf den staubtrockenen Graten regelrecht durchgegrillt.
- Sowohl die Schwierigkeit als auch die Routenführung auf der Route Ramolhaus - Firmisanjoch sind je nach Verhältnissen unterschiedlich (pfadlose Schrofen, Blockgelände, Gletscherschliff, steiler Firn - alles dabei). Gespür fürs Gelände ist insbesondere hier ein Muss!
- Die Orientierung ist unserer Meinung nach in der beschriebenen Richtung einfacher.

Link zur Tour des Folgetags: *Großer Ramolkogel (3550 m) - Höchster des Ramolkamms.

Tourengänger: felixbavaria, 83_Stefan


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Kommentare (6)


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sven86 hat gesagt:
Gesendet am 21. August 2012 um 09:38
Eine schöne Individualisten-Alpinwander-Hochtour habt ihr da gemacht, starke Bilder, Gratulation!

felixbavaria hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. August 2012 um 17:53
Vielen Dank! Die Ötztaler könnten Dir auch gefallen, auch aufgrund des Gletscherrückgangs gibt es zahlreiche "Wanderberge" über 3000m. Und ist aus dem Westen Deutschlands auch nicht sooo weit zu fahren.

sven86 hat gesagt: RE:
Gesendet am 22. August 2012 um 13:36
Naja, für die höheren Ziele reicht erstmal die nähere Silvretta, auch wenn dort wegen der stärkeren Vergletscherung 3000er nicht ohne weiteres machbar sind. CH ist bei dem Preisniveau ja leider keine wirkliche Alternative. Aber auch so gibt es noch genug interessante Berge :)

VG, Sven

ADI hat gesagt:
Gesendet am 21. August 2012 um 22:50
guat g'macht, Buam!
Super Tour, ***** Wetter, klasse Buidln!
Gratulation!

felixbavaria hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. August 2012 um 23:43
Danke ADI!

Haben deinen GB-Eintrag auf der Firmisanschneide gesehen. Einer der wenigen, der noch lesbar ist :(

VG!

Felix

Kaiserblic hat gesagt: mächtige Tour
Gesendet am 23. August 2013 um 22:40
Bin die Tour gestern gegangen vom Ramolhaus aus. Der Zustieg zum Spiegeljoch ist hinsichtlich der Wegfindung Glückssache. Ich habe den Grat zwischen Spiegeljoch und Hinterem Spiegelkogel erreicht, über viel Schutt und mit leichten Klettereinlagen, zumindest war es sehr einsam. Meine Frage nach dem sinnvollsten Weg ins Spiegeljoch hat der Hüttenwirt vom Ramolhaus so beantwortet: Da geht doch keiner! Den Weg musst Du Dir selbst suchen.
Am Grat war es dann sehr schön zu gehen, der Fels von der Festigkeit her meist akzeptabel. Im gesamten Gratverlauf vom Spiegeljoch über die Firmisanschneid zum Firmisanjoch und dann weiter zum Schalfkogel sollte man sich immer am Grat bewegen und nicht in die Ostflanke abdrängen lassen, auch wenn manchmal vermeintliche Spuren dorthin zeigen. Ich habe mich mehrmals verleiten lassen, diesen vermeintlichen Spuren zu folgen, was entweder den Rückzug veranlasste oder mit "heiklen" Klettereien im brüchigen Fels verbunden war, um wieder auf den Grat zurück zu kommen. Am Eis vor dem Gipfel des Schalfkogels waren gestern Steigeisen nötig, zum Teil war Blankeis.
Den Rückweg sollte man entweder über den Gletscher wählen, was bei entsprechenden Verhältnissen die einfachere Variante ist. Wenn man den Rückweg über den Grat bis zum Firmisanjoch wählt, sollte man sich nicht verleiten lassen, bereits bei der ersten Grateinsenkung den Weg nach unten zu wählen. Das ist noch nicht das Firmisanjoch und führt beim Abstieg auf den Gletscher in sehr brüchiges und gefährliches Gelände. Also noch weiter über den Grat leicht aufwärts und dann in das Firmisanjoch und dann nach unten.
Die Tour ist schon ziemlich anstrengend und setzt gute Kondition, Orientierungsvermögen und Beherrschung des II. Grades im Klettern voraus. Wenn dann das Wetter passt, sind dem Bergsteigergenuss keine Grenzen gesetzt. Ich war bei bestem Wetter unterwegs und habe auf der gesamten Tour nur einen einzelnen Tourengeher getroffen, der im Abstieg vom Schalfkogel war. Ansonsten Einsamkeit pur und das während der Ferienzeit und bei besten Bedingungen. Also auf jeden Fall lohnenswert mit fantastischen Aussichten bis zur Bernina.


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