Russland Teil 4: Pik Sella (4380m)


Publiziert von Becks , 3. August 2012 um 14:36.

Region: Welt » Russland » Kaukasus » Bezengi
Tour Datum:17 Juli 2012
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Eisklettern Schwierigkeit: WI1
Wegpunkte:
Geo-Tags: RUS 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m

17. Juli 2012:
Zur Abwechslung klingelt der Wecker schon um 3:45 Uhr, denn heute steht Pik Sella an. Nach dem Frühstück geht es bei Taschenlampenlicht den Geröllhang direkt hinter dem Biwakplatz hoch und dann weiter in nördlicher Richtung. Wegspuren hat es zwar weniger als sonst, was am Untergrund liegt, aber dank Steinmännchen biegen wir nur einmal falsch ab und müssen 2 Minuten zurückgehen. Der Weg folgt der einzig logischen Route. Links am Gletscherrand haltend, zunächst auf der Seitenmoräne, dann auf dem Gletscher selbst und am oberen Ende an einem Eisbruch ebenfalls links am Übergang zum Felsen hoch auf ein darüberliegendes Gletscherbecken. Kurz nach Sonnenaufgang stehen wir dort auf 3800m mit Blick auf die Sell NW-Wand, Dych-Tau und Kollegen. Über das apere Becken geht es dann hinüber zum Einstieg, und dann wird es etwas ernster. Neben uns befinden sich drei weitere Seilschaften im Aufstieg, und die Ausrüstung einiger sieht zumindest für mich nicht sehr angepasst aus (normale Eispickel). Zwei Seilschaften, die zur gleichen Gruppe gehören, werkeln sich ziemlich langsam das steile Eis hoch, die andere Gruppe versucht es parallel dazu rechts. Wir warten, bis sich die sechs Leute an einem Stand im Eis geballt haben und ziehen dann links daran vorbei. Die Wand hat 50° und ist blank, da eine Lawine einige Zeit zuvor die gesamte Firnauflage mitgenommen hat. Trotzdem kommen wir recht gut vorwärts und dank Sicherung am laufenden Seil benötigen wir letztendlich nur einen einzigen Stand in der Wand.
Die Gruppe ganz rechts hat Pech. Der Vorsteiger baut noch einen Stand mit Eispickel und Schraube, muss dann aber umkehren. Die Steigeisen und Schuhe sind zu weich und geben nach. Die nun vereinte Sechsertruppe wählt eine andere Methode, um die Leute mit den einfachen Eispickeln hoch zu bekommen. Ein Leiter steigt vor und baut nach 50m einen neuen Stand, der Rest hangelt sich nacheinander mit Steigklemmen am Seil hoch. Auch eine Methode, wenn auch imo sportlich nicht ganz fair.
Nach unserer ersten Seillänge flacht die Wand immer mehr ab, der eisige Untergrund weicht Trittfirn. Nachdem die letzte Schraube versenkt und wieder eingesammelt ist gehen wir ungesichert die restlichen Meter weiter und kommen so auf den Südgrat. Hier verstauen wir das Seil und folgen dann dem breiten Hang über Schnee Richtung Gipfel. An einem Übergang zum Felsen heisst es erstmals Eisen ablegen, dann nach 200m am und unterhalb des Grats im losen Fels geht es wieder hoch in den Firn. Mit Eisen an den Füssen erreichen wir nach 7 Stunden das Ziel.
Der Rückweg soll anschliessend über eine andere Route erfolgen. Schon beim Aufstieg ist uns rechts ein Felskopf aufgefallen, zu dem sich zig Spuren hinziehen, die an und für sich nur dann Sinn ergeben, wenn dort eine weitere Route heraufkommt. Auch die Sechsergruppe möchte dort runter, wie sich bei einem kurzen Gespräch herausstellt.
Und richtig, hinter dem Kopf zieht sich ein schuttiger Grat hinunter, wir finden Wegspuren und Setinmännchen. Obwohl der Hang rechts mit seinem Schnee einlädt, das Ganze rutschenderweise abzukürzen, verzichten wir darauf, denn es finden sich keine Spuren dort, was uns misstrauisch macht. Also den Grat abwärts bis zu einem Feldkopf, nach kurzer Beredeung über diesen drüber und dahinter weiter. Zunächst strebt der Weg win den Kessel zwischen unserem Grat und dem Südgrat des Pik Sellas, bricht dann aber nach 100Hm nach Süden aus, da sich unter uns ein Felsabbruch auftut - deswegen keine Spuren im Schnee.
Nach 10 Minuten ziehen wir dann doch Helme auf und warten auf die Nachfolger. Die Spuren sind weg, und jeder Schritt löst Schuttlawinen aus, bei denen bis zu Mikrowellengerätgrosse Brocken den Hang herunter rauschen. Der Hang spaltet sich in vier Rinnen, wir nehmen die linke und finden dort auch Wegspuren vor. Einige vorsichtige Mater abwärts später stehen wir letztendlich auf dem Bezengi-Gletscher. In westliche Richtung geht es am Rand entlang, wir umrunden den Ausläufer des Pik Sella Südgrats und landen nach einer letzten Querung im Geröll wieder im Camp.


Routenbeschreibung:

Aufstieg durch die NW-Wand (3A russisch):
Vom österreichischen Biwak aus erklimmt man den Moränenhang, der sich östlich vom Lager befindet und folgt ihm in Richtung Norden (Wegspuren, Steinmännchen). Am Moränenende steigt man auf den Gletscher ab und folgt diesem am linken Rand weiter aufwärts (Geröll, tw. Blockkletterei) bis zum Eisabbruch. Hier hält man sich am linken Rand und erklimmt über Schutt und Geröll das Gletscherbecken auf 3700m. Man geht von hier in einem Linksbogen, eine Spaltenzone umgehend zum Einstieg in die NW-Wand. Diese wird schräg nach rechts oben in Richtung zu einem Vorgipfel erklommen. Die Wand hat im unteren Bereich 50° Gefälle und flacht nach oben ab. Wir haben mit 50m Seillänge und 8 Schrauben einen Stand gebaut (Schraubenabstand grob 20m, 2 Schrauben im Stand). Wenn man in 40° Firn sauber und ungesichert gehen kann, reicht dies gerade so aus, lediglich die letzten 100m in 40-30° Gefälle ist die Seilschaft ungesichert unterwegs.
Vom Vorgpifel aus folgt man dem zunächst breiten, dann schmäler werdenden Grat, bis dieser in Fels übergeht. Von hier geht es ca. 150m in losem Fels weiter, wobei man sich rechts unterhalb von der Schneide auf Schuttbändern hält. Anschliessend steigt man wieder auf den Grat auf, sobald dieser in Firn übergegangen ist und folgt ihm zum finalen steileren Aufschwung (40° Firn) zum Gipfel.
 

Abstieg nach Süden (2A (?) russisch):
Vom Gipfel aus dem Grat nach Süden folgen, bis dieser in den breiten Firnhang übergeht. Hier hält man sich links und steurert einen Felskopf etwa 50-80Hm darunter an. Von dort aus zieht sich ein Weg einen breiten Schuttgrat weiter (Wegspuren, Steinmännchen), überquert einen Felskopf im Grat und dann weiter zunächst nach rechts in den Kessel zwischen dem eigenen Grat und dem Grat zum Pik Warschau/Pik Sella, dreht dann nach links und verlässt diesen Kessel wieder. Im anschliessenden steilen Hang (Schutt, Steinschlag(!)) geht es es in Fallinine abwärts. Sobald sich der Hang in mehrere Rinnen aufspaltet nutzt man die linke davon (Wegspuren), um 20Hm weiter darunter wieder in den Han zu gelangen. Über weiteren Schutt geht es hinunter bis zum Gletscher. Hier dreht man nach rechts in westliche Richtung und folgt am rechten, nördlichen Rand dem Gletscher abwärts (Bei uns tiefe Spur im Firn), verlässt bei der Moräne vom Morgen das Eis und erreicht über Geröll das Lager (5 Stunden ab Gipfel)

Ausrüstung:
2 Halbseile, Helm, 2 Eisgeräte, 8 Schrauben, Stöcke


Tourengänger: Becks


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

dominik hat gesagt: Willkommen
Gesendet am 3. August 2012 um 15:13
Ah, der Becks von den Outdoorseiten! Herzlich willkommen bei Hikr!

Gruss
Dominik (dominik_bsl)

steindaube hat gesagt: Grandiose Tour!
Gesendet am 4. August 2012 um 11:02
Vielen Dank für die tolle Beschreibung und die erstklassigen Bilder!
Matthias.

Becks hat gesagt: RE:Grandiose Tour!
Gesendet am 8. August 2012 um 13:38
Thx :) Bei fast 4000 Bildern in 2 Wochen muss aber auch etwas dabei sein, was man veröffentlichen kann.

steindaube hat gesagt: RE:Grandiose Tour!
Gesendet am 8. August 2012 um 14:19
Naja, auch bei vielen Bildern ist nicht zwangslaeufig was Brauchbares dabei. Der Fotograf spielt hier schon eine Rolle ;-)

Ich hab' auch schon mal eine "Diashow" mit 1000 Bildern ueber mich ergehen lassen bei der quasi kein akzeptables Foto dabei war. Woertliches Zitat zur Erklaerung eines dunklen Bildes ohne jede erkennbare Struktur: "Ach ja, das da ist ein Foto von dem Fliesn-Boden in der Kueche unserer Ferienwohnung...". Das Leben ist hart.


Kommentar hinzufügen»