Das Krokodil am Bergsee und andere urbane Legenden


Publiziert von TomClancy , 30. Juli 2012 um 17:02.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:29 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettersteig Schwierigkeit: K2+ (WS+)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem PW oder dem Postauto nach cff logo Göscheneralp, Dammagletscher. Der Parkplatz beim Stausee ist kostenpflichtig (2 Fr. für zwei Stunden und nachher 50 Rp. pro Stunde). Zwei Franken Parkgebühr werden gegen Abgabe der Quittung im Bergrestaurant Dammagletscher zurückerstattet,
Unterkunftmöglichkeiten:www.sac-angenstein.ch/huetten/bergseehuette/

Leider ist der Sommer 2012 den Leuten die für ihre Unternehmungen auf das Weekend angewiesen sind, nicht sehr gewogen. So kam es, dass die geplante Wetterhornbesteigung ausfiel und eine Alternative her musste. Gelegenheit also, einigen urbanen Legenden auf den Grund zu gehen. Der Schauplatz des Geschehens ist das Gelände der Göscheneralp. Da dieser Bericht so nebenbei noch eine Hikr-Erstbeschreibung beinhaltet, habe ich noch einmal ganz sorgfältig die FAQ’s studiert, bevor ich in die Tasten gehauen habe :-)
 
Schon lange habe ich in verschiedenen Quellen von der Bergseehütte und ihrem umtriebigen Hüttenwart, Toni Fullin gelesen. Insbesondere das Krokodil oberhalb des Bergsees hatte es mir angetan. Ein Krokodil in dieser alpinen Umgebung? Das musste ich sehen. Zudem hatte ich da noch diesen Tagi-Bericht im Hinterkopf: http://www.tagesanzeiger.ch/leben/rat-und-tipps/Fuer-Wanderer-ist-die-Kuh-gefaehrlicher-als-der-Baer/story/26282589. Dieser Legende wollte ich in eigener Feldforschung ebenfalls nach gehen.
 
Gesagt, getan: so fuhr ich also mit meinem treuen Subi am Sonntagmorgen auf die Göscheneralp. Von dort führt ein leichter Hüttenanstieg (T3) zur Bergseehütte. Leider war die ganze Szenerie in dichten Nebel gehüllt. Einige absteigende Bergkameraden bewunderten meinen Optimismus, trotz dieser Wetterverhältnisse aufzusteigen. Aber eben, mir ging’s ja nicht um die Aussicht, sondern um die Forschung. Schon bald traf ich auf erste Exemplare der Gattung Bos primigenius taurus. Nun kam mir der Nebel zu gute. In meinen moosgrünen Poncho gehüllt, konnte ich mich einigen Exemplaren so weit nähern, wie es meine Sicherheit noch zuliess, um einige eindrückliche Fotos schiessen, die die Legende der meuchelnden Kuh unterstützen. Die erste Legende war also verifiziert. Aufatmend schlich ich mich Richtung Bergseehüte von dannen. Nun harrte also das Krokodil meiner. Auf der Bergseehütte angekommen, stärkte mich die Hüttenwartassistentin Trudi mit einer wohlschmeckenden Brotsuppe. Anschliessend genehmigte ich mir noch ein kleines Nickerchen, um mich für die Auseinandersetzung mit dem sagenumwobenen Krokodil zu stärken. Ein alptraumreicher Schlummer überkam mich und nach Dreiviertelstunden Hinundhergewälze hielt es mich nicht mehr auf der Hütte. Das Wetter war nicht viel besser geworden. Aber mit den aufmunternden Worten von Trudi versehen, machte ich mich auf den blau-weissen, gut markierten Weg. Nach einem markanten, roten Felsen, der von der Hütte aus sichtbar ist, steht man am Einstieg des Klettersteigs „Krokodil“ (K2/K3). Hurtig das Klettersteigzeugs montiert und in die Seile gegriffen. Ja, ich geb’s zu: es war nicht alles clean klettersteiging, was ich gemacht habe, aber das kurze Trockenwetter-Zeitfenster das mir möglicherweise zur Verfügung stand, drängte mich zur Eile. Toni Fullin hat hier ganze Arbeit geleistet. Der Klettersteig hat mir wirklich Spass gemacht. Er ist für meinen Geschmack etwas kurz geraten, aber dafür gut gelungen. Ein Drahtseil leitet einen über zwei Türme. Dabei sind zwei Zwischenabstiege zu bewältigen, was noch etwas Abwechslung in die Sache bringt. Zwischen Turm 1 und 2 gibt es einen Zwischenausstieg. Allerdings ist Turm 2 nur noch kurz. Ein allfälliger Grund für die Benutzung des Zwischenausstiegs könnte darin bestehen, dass man sich vor dem Dreiseilsteg oder der alternativen Hühnerleiter scheut. Die Seilbrücke war für mich denn auch das Element, das mein Adrenalin am meisten zum Sprudeln brachte. Zum Glück war mir inzwischen der Nebel wieder hold und ich konnte kaum zum Boden, geschweige denn weiter herum blicken. Und siehe da, schon wieder war eine Legende verifiziert: das Krokodil am Bergsee existiert, aber es hat mich unbeschadet wieder ausgespuckt. Interessanterweise ist der Klettersteig auf der ganzen Länge mit soliden Bohrhaken ausgestattet, die es erlauben steigunsichere Personen oder Kinder mit einem Seil zusätzlich zu sichern. Aufgrund der vielen Flechten auf den Felsen, dürfte die Besteigung bei Nässe um einiges mühsamer sein.
 
Nun folgte der heikelste Teil: der Wiederabstieg zur Bergseehütte führt über viel loses Geröll. Die Wegspur ist auch im Nebel anhand der zahlreichen kleineren und grösseren Steinmandli zu finden. In der Hütte angekommen, verwöhnte mich Trudi noch mit einem Teller Hörnligratin, bevor ich mich mit ihren Postkarten auf den Weg Richtung Tal machte.
 
Fazit: Der Klettersteig und die vielen anderen Attraktionen um die Bergseehütte sowie die Gastfreundschaft und die einfache, aber charmante Hütte lassen nur einen Schluss zu: ich komme wieder!
 
Nachtrag: Beinahe hätte ich heute meinen Fotoapparat verloren: Beim Auto angekommen legte ich meine Canon Powershot auf das Dach (schrei, brüll) und zog meine Turnschuhe an. Nach einem Eistee im Restaurant fuhr ich dann Richtung Tal. Beim Campingplatz im Jäntiboden wollte ich einige Fotos vom bunten Treiben machen – O schreck – meine Kamera ist weg! Vor meinem geistigen Auge tauchte der Moment auf, wo ich die Kamera aufs Dach gelegt hatte. Ich ahnte schon, was passiert war und wollte nur so schnell wie möglich wieder nach oben, um auf dem Parkplatz wenigstens die Trümmer und die Speicherkarte zu bergen. Bei Ausstieg lächelt mich meine Kamera auf dem Autodach an, wie wenn nichts gewesen wäre: urbane Legende ja oder nein?

Tourengänger: TomClancy


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Kommentare (3)


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Henrik hat gesagt: Per se datamässig
Gesendet am 31. Juli 2012 um 23:09
der im Schnitt wärmste Sommer!

> Leider ist der Sommer 2012 den Leuten die für ihre Unternehmungen auf das Weekend angewiesen sind, nicht sehr gewogen.

Bei Zeitgenossen mit Arbeitspensen um die 60% mehr oder weniger ein entspannter Sommer.

Danke für die Nebelgeschichten.

Ciao

Henrik

TomClancy hat gesagt: Gern geschehen!
Gesendet am 1. August 2012 um 13:50
Der Durchschnitt interessiert mich leider in diesem Zusammenhang nicht :-( Aber man kann ja auch dem Nebel schöne Aspekte abringen!

Gruss

TC

Felix hat gesagt:
Gesendet am 6. August 2012 um 07:49
toller Bericht - und Dankeschön für den Tipp; das Ganze merk' ich mir!
lg Felix


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