Russland Teil 2: Pik Brno (П. Брно, 4110m)


Publiziert von Becks , 30. Juli 2012 um 20:39.

Region: Welt » Russland » Kaukasus » Bezengi
Tour Datum:12 Juli 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: RUS 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 1100 m
Abstieg: 1100 m
Strecke:Camp Bezengi - Mishirgi-Tal - Pik Brno
Unterkunftmöglichkeiten:Camp Bezengi

Der erste Bezengi-Besuch sollte ruhig anlaufen, da wir weder mit dem Wetter, der Schwierigkeitsskala noch der Umgebung vertraut und auch nicht akklimatisiert waren. Die Wahl für die erste Tour fiel daher auf den Pik Brno (П. Брно, 1B russische Skala, 4110m), einem Gipfel in der Kette zwischen Misses-Tau (Миссecтау)  und dem Camp.


12. Juli 2012:
Nachdem wir beim Frühstück lernten, dass die Kantine erst betreten werden darf, nachdem die Glocke geläutet hat und es keine freie Platzwahl gibt, ging es ans Packen. Da für den Brno zwei Tage angesetzt werden, kam gleich der 65L-Rucksack zum Einstaz. Zelt, Kocher, Matten sowie ein Halbseil und etwas Sicherungsmaterial für Fels und Eis kamen mit ins Gepäck.
Gegen 10 Uhr war dann Abmarsch, und zu unserer Freude entpuppte sich der Weg als sehr gut ausgetretener Bergpfad. Am ersten Biwakplatz auf 2670m trafen wir gegen 12 Uhr ein, bewunderten kurz eine Gruppe russischer Bergsteiger beim Felsübungen (mit Hammer und Haken) und wanderten dann weiter zum zweiten Biwakplatz (2880m). Nach 4 Stunden (inkl. Pause) war dieser erreicht. Zelt aufbauen, Kocher raus, der restliche Tag ging mit Wassersuche sowie dem Ablichten der neugierigen Steinböcke vorbei.

13. Juli 2012:
Um 4:00 Uhr klingelt der Wecker. Nachts gab es ein paar Tropfen Regen, aber nun ist alles wieder sternenklar und wolkenlos. Nach dem Frühstück wandern wir beim anbrechenden Tageslicht kurz vor 5:00 Uhr los und erreichen wieder über einen ausgetretenen Bergpfad kurz nach Sonnenaufgang den dritten Platz auf 3400m. Entgegen der Warnungen im Büro beschliessen wir dann, ab dort nicht über die Gletscherzunge schräg aufwärts zur Mitte hin aufzusteigen, sondern mit Helm und etwas Abstand zwischen den Leuten am rechten Felsrand über Schutt hochzulaufen. So sparen wir uns Steigeisen und Seil. Eine vernünftige Entscheidung, denn die Sonne hat den Fels oberhalb noch nicht erwärmt, man hört keinen einzigen Stein herunter poltern. Das oben anschliessende Firnbecken ist schnell durchquert, anschliessend lernen wir das kennen, was uns die weitere Zeit noch oft verfolgen wird: Schutt, allerfeinster Schutt in allen Varianten. Drei Schritte rauf, zwei runter, so geht es bis zu einer Scharte im Grat zwischen Misses-Tau und Brno auf 3900m. Ab dort über grösseren, endlich stabilen Schutt (Wegspuren am rechten Rand des breiten Grates) bis zu einem Vorgipfel. Von dort aus dann weiter, dem schmaler werdenenden Grat entlang, entweder knapp unter der Gratschneide oder 5-10m in die rechte, südlich Wand herunter folgen wir über Fels und Schnee die letzten paar hundert Meter zum Gipfelaufbau. Der Spur folgen wir weiter, testen kurz mit Stirnrunzeln einige Abzweigungen nach oben an, die jedoch alle gleich in III/IV-er Gelände führen (das soll 1B sein?). Nach einem weiteren erfolglosen Vorstoss über ein Felsband (III), an dessen Ende ich dann wieder in der Rinne lande, die Martin durch umwandern weiter unten im Schnee ohne Kletterei erreicht, finden wir uns endlich 10m unter dem Gipfel wieder am östlichen Ende des Aufbaus. Ohne Rucksäcke erklimmen wir dann ungesichert einen Kamin (lose Felsen, III+), der dirkt zum Gipfel führt. Gipfelfoto, dann geht es nach Osten, auf der Suche nach einem einfachen Abstieg. Und tatsächlich, nur 10m weiter geht es über guten Fels mit vielen Henkeln und Tritten wieder abwärts.
Der Rest verläuft ebenfalls nach Plan. Nachdem der Schutt und das Firnfeld überquert sind, durchqueren wir auch unbeschädigt die Steinschlagpassage. Gegen 12 Uhr hat sich alles aufgeheizt, nun rutscht und rumpelt doch immer mal wieder etwas dort herunter. Während Roxana und ich danach die Steigeisen ablegen, darf Martin sie anlassen. Die Sohle eines Schuhs hat sich gelöst und nur die Steigeisen verhindern, dass diese komplatt abfällt. Toller Start, die Treter müssen noch zwei Wochen halten. Zum Glück hat er noch leichte Turnschuhe im Rucksack und kann so ab Biwak 3 einen davon nutzen.
Nachdem unser Zelt dann abgebaut und der Weg runter ins Camp hinter uns gebracht ist, gibt es den ersten Gipfelwodka und ein Bier dazu.


14. Juli 2012:
Martin sucht sich einen Schuster im Camp. Ali vermittelt und wenig später ist der Schuh geflickt. Der zerbröselte Dämpfungskeil wurde herausgeschnitten und die verbliebenen Reste mit Diesel aus einem LKW-Tank aufgelöst (leider ohne Bild, denn der russische Kollege rauchte fleissig bei der Arbeit) und die Sohle dann mit Kleber und 12 Spaxschrauben wieder befestigt.
Während die Konstruktion trocknet erkunden wir die Kletterfelsen beim Camp und verbringen den Nachmittag bei Bier und Kartenstudium. Die Wahl fällt auf das eigentliche Bezengi-Tal und den beiden möglichen Camps (Tschechisches und Österreichisches Biwak), von denen aus man neben einigen schweren Bergen auch Pik Sominov (1B), Pik Freshfield (1B bzw. 3A) oder Pik Sella (2A bzw. 3A) besteigen kann.

 
Routenbeschreibung:
Vom Camp (2200m) aus folgt man einem gut ausgetretenen Bergpfad in das Mishirgi-Tal. Der Pfad folgt dabei entlang und auf der rechten Moräne. Nach etwa 1.5-2 Stunden erreicht man auf etwa 2700m einen ersten Platz, der sich für ein Biwak eignet (grosse Wiese für viele Zelte, Bach direkt am Wiesenrand).

Nach weiteren 2 Stunden ist der zweite Platz erreicht. Er liegt auf rund 2900m zwischen der Moräne und einer Felswand und bietet ebenfalls Platz für >20 Zelte (Gras/Sandunterlage, topfebener Untergrund). Die Wasserversorgung ist etwas aufwendiger, wir fanden erst in etwa 700m Entfernung Wasser am Gletscher, eine russische Gruppe entdeckte eine näher gelegenen Quelle direkt auf dem Gletscher selber.

Vom Platz aus führt der Weg zunäcchst leicht ansteigend in südliche Richtung weiter, dreht dann scharf nach NW und folgt einem Bachverlauf steil zum dritten Biwakplatz auf 3400m hoch (Bergpfad). Der dritte Biwakplatz liegt an einem kleinen See, der vom dahinter ligenenden Gletscher gespeist wird. Hier bieten sich weitere Plätze (Sand/Kiesuntergrund) für grob 10 Zelte.
Der Weg folgt dem Hang über Schutt zu einer Gletscherzunge hoch. Hier kann man entweder wie von den Bergführern empfohlen schräg nach links oben das Eis hoch (ca 30° max, meist weniger, Spalten), oder am rechten Rand am Felsen aufsteigen (Schutt, Geröll, Steinschlaggefahr). Da bei uns morgens um 7 Uhr noch alles ruhig war, entschieden wir uns für die Schuttvariante. Diese erwies sich als recht praktisch und einige Stellen unterwegs erwiesen sich als geschützte Punkte, an denen man ungefährdet Pausen einlegen konnte.

Die anschliessende ebene Firnfläche auf 3700m wird am rechten Rand durchquert, bis man am westlichen Ende des Kessels auf einen steilen Aufschwung trifft, über den man über (was sonst) Schutt in westliche Richtung zum Gipfelgrat auf ca. 3900m aufsteigt. Dem Gipfelgrat wird zunächst über Geröll zu einem Vorgipfel (ca. 4020m) und dann weiter zum Hauptgipfel über Schnee gefolgt.
Den finalen Gipfelstock umgeht man die Höhe haltend rechts bzw. südlich bis knapp vor dem östlichen Grat. Etwaige Spuren zum Gipfel sollte man ignorieren, da diese direkt in Fels (III/ IV, womöglich mehr) führen.
Am östlichen Ende steigt man kurz etwa 3m ab und folgt einer Rinne zu einem kleinen Kessel bzw. Absatz 10m unterhalb des Gipfels. Hier steigt man schräg nach rechts oben über Felsrippen (II) zum Gipfel aus.
Alternativ kann der Gipfel direkt über einen Kamin (III / III+, loses Geröll) erklommen werden.

Zeit: 4-5 Stunden ab Biwakplatz 2 (2900m) bis zum Gipfel, 3 Stunden Gipfel - Biwakplatz und 3 Stunden Biwak - Camp.

Material: Stöcke, Helm, Steigeisen, ev. Eispickel. sowie Zelt, Matte, Kocher etc für die Übernachtung.


Tourengänger: Becks


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Geodaten
 12122.gpx Track Camp2 - Brno - Bezengicamp

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