Piz Palü, Ostgipfel (mit Lucky Luke)


Publiziert von schimi , 13. August 2012 um 08:04.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:19 Juli 2012
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Bernina-Gruppe   Palü-Gruppe 

Wir starten, als es noch vollkommen dunkel ist und stolpern über die wüstenhafte Schotterlandschaft rund um das Berghaus Diavolezza in Richtung Piz Trovat. Herum um den Piz Trovat ist der Weg mal felsig, mal sandig und teilweise superschmal und zugleich schräg. Nicht jeder unserer Gruppe fühlt sich hier wohl. Wahrscheinlich ist es gut, dass wir im Schein der Lampen noch nicht das ganze Ausmaß der Steilheit unter uns erkennen können.

Als wir an der Fuorcla Trovat ankommen, können wir unsere Stirnlampen ausschalten. Wir steigen hinunter zum Gletscher und passen auf, dass wir in der losen Gesteinswüste keine Geröllmassen lostreten, die auf die Leute vor und hätten fallen können.

Unten am Gletscher seilen wir an und montieren die Steigeisen. Der Gletscher ist heute sehr fest, obwohl die Nacht nicht besonders kalt war. So kommen wir gut voran in einer breiten Spur, die von den vielen Bergsteigern getreten wurde.

Zunächst ist der Gletscher fast eben. Dann geht es in Richtung Punkt 3011 sogar etwas bergab. Wir halten genügend Abstand zu den Felsen, da hier schon reichlich Material herunter gekommen ist. Es geht nun spürbar nach oben und schnell kommen wir in den Bereich der ersten Spalten und Seracs. Auf dem festen Untergrund und der guten Spur macht es uns keine Schwierigkeiten in Serpentinen die Spaltenzone zu durchwandern, obwohl diese teilweise etwas steiler ist.

Danach gibt es wieder einige hundert Meter mit flacherem Gelände, bevor wir in einen großen steileren Hang einsteigen, den wir in weiten Kurven emporsteigen. Oberhalb dessen zieht sich ein Spaltengürtel komplett über die gesamte Hangbreite. Aber dank des vielen Schnees auf dem Gletscher kommen wir auch um diese riesigen Gebilde gut herum. Die Tiefblicke in die Spalten und zwischen die Seracs sind sehr beeindruckend und ordentlich Respekt einflößend.

Wir erreichen ohne Schwierigkeiten die Schulter des Berges, wo wir eine kleine Pause einlegen. Unser Bergführer möchte nur mit zwei Personen auf den Gipfel steigen, was ich am Ende der Tour als eine sehr weise Entscheidung ansehe. Sicher sehen wir im weiteren Verlauf auch Bergführer, die fünf Personen im Schlepptau haben. Das Risiko, welches diese Bergführer eingehen wäre mir jedoch zu hoch; ist das Gelände im Gipfelbereich doch sehr steil und eindeutig kein Wandergelände mehr.

Unser Bergführer Georg nimmt Ralf und mich ans Seil, und wir steigen in den nach oben immer steiler werdenden Hang ein. Fast oben werden unsere Kehren kleiner und als wir quasi oben sind, wechseln wir auf die Südseite und entziehen uns so den Blicken unserer unten wartenden Frauen. Wir sind in der Rushhour unterwegs. Es kommen uns sehr viele Seilschaften aus der Rifugio Marco e Rosa entgegen. Das macht uns den Aufstieg nicht unbedingt leichter, denn wir müssen oft aus der Spur aussteigen, um die anderen Bergsteiger vorbeizulassen.

Wir nähern uns im Gipfelbereich nun langsam dem Grat an und unsere Spur führt einige Meter etwa 30 bis 40 cm unter dem Grat entlang, was mir die Möglichkeit bietet den Pickel als "Gehhilfe" auf dem Grat einzusetzen. So komme ich noch ganz gut zurecht, obwohl mir der starke und böige Wind in der ausgesetzten Situation schon Schwierigkeiten bereitet. Einige Schritte weiter führt die Spur dann aber direkt auf den Grat hinauf, und hier muss ich dann die Segel streichen.

Beim Losgehen auf der Schulter hatten wir die selbstverständliche Abmachung getroffen, dass wir ohne Diskussion umkehren, sobald einer dies tun möchte. Auf dem Grat war der Zeitpunkt für mich dann gekommen. Die Aufgabenstellung für die nächsten Touren ist also klar. Es müssen ein paar Grate her, die nicht ganz so steil sind, um mein Gemüt an die beidseitige Aussicht zu gewöhnen.

Wir kehren hier also um; die Gipfelhöhe haben wir sowieso erreicht und ob ich bei dem steifen Wind die 50 Meter bis zum tatsächlichen Gipfel hinübergehe oder nicht macht mir persönlich nicht viel aus; ich hoffe Ralf kann es verschmerzen. (Mich hätte es an seiner Stelle schon etwas gegrämt, aber ich hätte es natürlich akzeptiert. Und so hat es Ralf auch gemacht. Danke Ralf).

Der Rückweg hinunter zur Schulter ist für mich noch eindrücklicher als der Aufstieg. Da wir nun mit dem Gesicht nicht mehr zum Hang sondern in die freie Landschaft schauen, habe ich als Führender das ganze Panorama vor (oder besser) unter mir. Ich kann den Ausblick sehr genießen, wie es steil vor mir bergab geht. Ralf hinter mir tut sich scheinbar schwerer (Ihm ist es auf dem Grat sichtlich leichter gefallen als mir) so unterschiedlich sind die Menschen...

Kaum sind wir von dem für mich etwas prekären Grat weg, kommt mir eine Seilschaft von sechs Leuten entgegen. Als Führenden erkenne ich einen Bergführer vom Summit-Club, mit dem wir am Abend zuvor auf dem Berghaus Diavolezza noch ein Schnäpschen getrunken hatten. Er, gerade noch fünf Meter vor mir, reißt plötzlich den Pickel in meine Richtung hoch und schreit herüber: "Ich bin Lucky Luke, und habe den schnellsten Pickel im ganzen Land!" Wir lachen alle herzhaft, und gehen nach kurzem Geplauder weiter nach unten. Ein echt schräger Vogel; wir lachen noch lange und oft über ihn!

Der Abstieg über die Aufstiegsroute verläuft reibungslos. Wir beeilen uns, damit wir aus den heiklen Gletscherbrüchen raus sind, bevor der Gletscher vollkommen zum weißen Sumpf wird. Die Schritte über die Spalten hinweg werden gegen Mittag nun merklich größer und Dagmar, unsere kleinste in der Gruppe, braucht schon immer eine kleine Mut-Sekunde bevor sie mit ihren kurzen Beinen den Sprung wagt, wo mir noch ein ordentlicher Schritt gereicht hat.

Im unteren flachen und aperen Bereich des Gletschers umgehe ich noch ein paar Spalten und ernte dafür von Dagmar ein danke schön. Warum die Kleine auch springen lassen, wenn mit ein paar Metern Umweg eine spaltenfreie Umgehung möglich ist.

Nach dem Gletscher müssen wir nur noch die sandige und felsige Flanke des Piz Trovat umgehen (jetzt haben wir die Aussicht, die morgens wegen Dunkelheit fehlte); aber alle meistern die schmalen Stellen. Zurück auf dem Berghaus Diavolezza bleibt uns ein schöner Nachmittag und eine Aussicht auf die Berninagruppe, die nur noch am nächsten Tag beim Blick vom Munt Pers getoppt werden wird.

Tourengänger: schimi


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Kommentare (2)


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silberhorn hat gesagt:
Gesendet am 13. August 2012 um 18:18

Vorerst habe ich nur die Bilder eines meiner Lieblingsberge betrachtet. Vielen Danke, dass wir die fantastischen Fotos geniessen dürfen!!!

schimi hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. August 2012 um 21:40
Gerne Silberhorn; mich freuts, wenns gefällt.
Herzliche Grüße
Schimi


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