Überschreitung Gr. Bigerhorn, Balfrin + Ulrichshorn


Publiziert von Scout , 18. Juli 2012 um 23:11.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:15 Juli 2012
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Zug und Bus nach Gräcchen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit Bus und Zug ab Saas Fee
Unterkunftmöglichkeiten:Bordierhütte, Mischabelhütte
Kartennummer:1308 St. Niklaus + 1328 Randa

Die Überschreitung Gr. Bigerhorn, Balfrin, Ulrichshorn ist hier auf hikr ja schon bestens (in beide Richtungen) beschrieben. Ich versuche meinen Tourenbeschrieb also kurz zu halten und beschränke mich auf persönliche Eindrücke und die aktuellen Verhältnisse.

Da der Wetterbericht sehr instabiles Wetter voraus sagte und wir trotzdem keine Lust hatten, zuhause zu bleiben, schlug ich einen Besuch der Bordierhütte vor: Auf's Gr. Bigerhorn schaffen wir's bei fast jedem Wetter, die Tour kann zur Not auch abgebrochen oder verkürzt werden und Landschaftlich ist's herrlich. Ausserdem halten sich die Schwierigkeiten in einem überschaubaren Rahmen. Also die ideale Tour für unsichere Wetterverhältnisse. 

Der erste Tag verlief nach Plan, oder sogar besser: Der morgendliche Regen war schon vorbei, als wir um kurz nach 12h in Grächen ein trafen. Im Verlauf des Aufstiegs verzogen sich dann auch die Wolken nach und nach, so dass wir auch noch in den Genuss der Aussicht kamen. 

Die Bewartung auf der Bordierhütte war, wie auch schon in andern Berichten erwähnt, tiptop.
Der Cake war sogar so gut, dass unbedingt noch ein zweites Stück her musste :-)
Etwas ungewohnt war lediglich, dass zwei fixe Weck-/Frühstückszeiten vorgegeben sind:
Frühstück um 03:00h für die Bergsteiger und um 07:00h für die Wanderer. Eigentlich hätte uns 4:00 oder 4:30h völlig gereicht, aber was soll's: ob früh oder sehr früh aufstehen, spielt auch keine Rolle.

Rückblickend war's vermutlich sogar gut, dass wir früher als geplant aufbrachen. Der Hüttenwart hat noch beim Frühstück einen schönen Tag, am Morgen etwas Nebel, aber dann immer besser, versprochen.
Da hat er sich leider gründlich getäuscht.... 

Das Frühstück war nicht nur geeignet um Energie für eine lange Tour zu tanken.
Es war auch das ruhigste, entspannteste, das ich je auf einer Hütte erlebte:
Von den zwölf Übernachtenden waren wir beide die einzigen, die nach dem Wecken durch den Hüttenwart auch tatsächlich aufstanden. Den andern war's dann doch zu früh....

(Das mit den kurzen Berichten werde ich wohl nie lernen: wir haben noch keinen Fuss vor die Hütte gesetzt und die erste Seite ist fasst schon voll.....)

Da wir früher als geplant dran waren, genossen wir das Frühstück in vollen Zügen und liessen uns auch sonst etwas mehr Zeit als sonst vor der Tour. So war's dann fast 3:40h als wir aufbrachen.

Den Aufstieg auf's Bigerhorn fanden auch wir recht anstrengend. Dank den sehr zahlreichen Steinmännchen ist er aber auch im Dunkeln mit der Stirnlampe problemlos zu finden. Einzig irgendwo in der Mitte zwischen dem Sattel P.3146 und dem Gipfel gönnten wir uns eine kurze extra Kletterei direkt am Grat, der „Weg“ verläuft weiter rechts. Die jetzt markierte Route entspricht übrigens nicht dem, was auf den aktuellsten Karten dargestellt ist: man zweigt vor P.2973 links ab und folgt dann in etwa dem Talboden bis P.3146. 

Am Gipfel war's bissig kalt. Also eine zusätzliche Schicht Kleider montiert, einen Schluck getrunken, eine Kleinigkeit gegessen und nach 10min weiter. Das Wetter war zu der Zeit noch so, wie vom Hüttenwart angekündigt: mal Nebel, mal Aufhellungen. 

Der Abschnitt vom Bigerhorn über den Vorgipfel zum Balfrin-Hauptgipfel ist ein Traum: abwechslungsreich, ästhetische Linie und grandiose Aussicht zur Mischabel + Co. (wenn nicht gerade der Nebel wieder alles verdeckt....). Der Abstieg vom Bigerhorn stellte aus meiner Sicht die Schlüsselstelle der ganzen Tour dar: das Abklettern der Platte ist eigentlich die einzige Stelle, die so etwas wie technische Schwierigkeiten (ca. II) bietet: der Rest ist Block- und „vernünftig“ steiles Firn-Gelände. Etwas erschwerend war, dass auf weiten Strecken die Steine / Felsen mit einer Raureif bzw. Dünnen Eis-Schicht überzogen waren. Spuren der Schnee- und Regenfälle vom Vortag. Neuschnee trafen wir bis zum Riedpass erstaunlicherweise jedoch keinen an. Der Firn war so hart gefroren, dass die Spuren der (einzigen!) Seilschaft des Vortags nur an wenigen Stellen zu sehen waren. Blankeis trafen wir aber auf der ganzen Tour nirgends an. 

Ab dem Balfrin verschlechterte sich das Wetter dann leider zunehmend: die Aufhellungen wurden immer seltener und in den Nebel mischte sich oft auch Schneefall. Der stärker werdende Wind machte die Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt auch nicht gemütlicher. Im Abstieg vom Balfrin machten wir (wohl wegen der fehlenden Sicht) den Fehler, zu lange den Wegspuren zu folgen. Diese führen weit unterhalb des Riedpass auf den Gletscher. Als wir dies bemerkten, bogen wir in der Flanke nach links ca. Richtung P.3644 ab. Das Gelände ist dort aber fast schon unanständig lose, was Zeit, Kraft, Nerven und in meinem Fall auch ein paar Hautfetzen an Schienbein und Knie forderte....:-( Also besser entweder am Grat bleiben oder den Spuren bis zum Gletscher folgen! 

Unterdessen waren Wetter und Sicht so schlecht, dass es für mich nicht in Frage kam, direkt Richtung N-Flanke des Ulrichshorn zu gehen. Wir hielten uns zuerst dem Grat von P.3644 entlang und anschliessen an den Abbrüchen bei P. 3561 vorbei bis in die Nähe von P.3606. Etwas weiter oben gab's dann endlich noch einmal eine Aufhellung, so dass die Orientierung wieder leichter fiel. 

Den Gipfel des Ulrichshorn haben wir dann im Whiteout um ein paar Meter verfehlt: da links am Grat stellenweise ordentliche Wächten zu erahnen waren, hielten wir uns etwas rechts davon in der Flanke. Plötzlich ging's wieder bergab..... Dass das kein Vorgipfel war realisierten wir erst auf dem Windjoch.... Der Abstieg zur Mischabelhütte war dann überraschend schnell erledigt, nicht zuletzt auch dank der gut ausgetretenen „Nadelhorn-Autobahn“. Noch eine letzte, kurze Aufhellung. Dann hielt sich der Schneefall hartnäckig. In der Hütte gönnten wir uns die erste, nennenswerte Pause nach nun doch schon gut 7h seit dem Aufbruch von der Bordierhütte. 

Um Punkt 12h verlassen wir die Hütte. Es schneit immer noch, nass..... Der obere, z.T. Klettersteig ähnliche Teil des Hüttenwegs verlangt in diesem Zustand noch einmal Konzentration und Vorsicht.

Weiter unten bessert sich das Wetter und der Weg wird auch einfacher. Das führt dazu, dass wir bereits kurz vor 14h bei den ersten Häusern von Saas Fee ankommen. Den 14:02h-Bus verpassen wir natürlich trotz der Rennerei (die Beine bedanken sich mit 2 Tagen leichtem Muskelkater....). Zum Glück wird der Bus um 14:26h auch diesen So. doppelt geführt, so erhalten auch wir trotz fehlender Reservation einen Sitzplatz und sind früher als erwartet wieder zu Hause. 

Fazit:
Wer eine relativ lange, nicht zu schwere Hochtour sucht, die ausserdem nicht überlaufen ist (Ausnahme: Abstieg ab Windjoch), wird hier reich belohnt. Ausserdem kann die Tour bei Bedarf an mehreren Stellen abgebrochen werden und ist (entsprechende Orientierungs-Fähigkeiten voraus gesetzt) auch bei mässiger bis schlechter Sicht noch zu finden.


Tourengänger: Scout


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