Auf der Piazzale von Locarno dominiert in der Bergkulisse der Pizzo di Vogorno. Ein viel bestiegener Berg. Viel bestiegen auch die etwas schwierigere und unbekanntere Cima dell’Uomo. Unbekannt jedoch der Madone, welcher in Verbindung des einten oder andern Bruders „mitgenommen“ wird.
1. Tag:
Wir schweben bequem von Monte-Carasso zur Bergstation Mornera und löffeln einen Kaffee mit mitgebrachtem Torten-Shake. Wir lassen uns vom Gutschein von Fr. 3.- auf dem Ticket der Bahn nicht irren, welcher sich nur mit Essen verrechnen lässt (paste=Mahlzeiten). Auch stören wir uns nicht, dass ein Einheitspreis uns wackere Berggänger die Talfahrt mitberechnet und der AHV-Rabatt nur während beschränkter Zeit mit Aufwand und schrägen Blicken gewährt wird.
Was uns jedoch Sorgen bereitet: DAS WETTER. Die flache Druckverteilung macht der ganzen Elite der Wetterfrösche täglich die Hölle heiss. Zwei Tage Nordföhn flüsterten sie leise quakend. Dann doch nicht. Schliesslich ergibt sich täglich Gewitter im Verlaufe des Nachmittags und während der Nacht.
Noch bei schönstem Sonnenschein lassen wir uns beim Aufstieg zur Capanna Albagno an der Sonne rösten wie am Spiess. Zum Glück einige Waldabschnitte im unteren Teil. Für den Gaggio habe ich Null Bock. Hasse die stetige Bedrohung durch einen eventuellen Wetterumbruch, welches dann auch prompt eintritt. So machen wir uns in der modernen Hütte bequem. Spaghetti Bolognese und Wunschkonzert von DRS1.
2. Tag:
05 00 Uhr Tagwache. 06 00 Uhr Abmarsch. Dem sehr gut r/w-markierten und ausgeprägten Wanderweg entlang den Flanken Richtung Bocchetta d’Erbea . Abwechselnd einige blau/weissen Markierungen. Gut so. So ist der gewissenhafte Wanderer gewarnt, dass er doch noch zum Bergsteiger avancieren könnte. Denn in den letzten hundert Metern sind einige unangenehme Abschüsse zu queren (T4). Auf dem tiefen Einschnitt der Bocchetta unverhoffter Tiefblick ins Valle di Moleno mit seinen Selbstversorgerhütten Gariss und Leis ebenfalls ein lohnendes Ziel.
Nach dem Motto „Je abe desto ufe“ etwas rutschig 50 m hinunter, dann nach links queren und auf die Bocchetta della Cima dell’Uomo hinaufsteigen. Grüezi Val Ruscada.
Immer sich an die Markierungen haltend erreichen wir den Einstieg zur Cima dell’Uomo (T4). Schlüsselstelle in den unteren 3 Metern. Ich packe sie links an und finde angenehme Tritte und Griffe. Auch rechts kann diese mit einem Spreizschritt elegant bezwungen werden. Darüber einfaches T3-Gelände bis zum Gipfel. Welche schöne Rundsicht! Trotz Wolkenspiel, oder genau deshalb, unvergesslich. Eintrag ins Gipfelbuch und nach einem Znüni und den obligaten Foto-Shots den gleichen Weg hinunter zur Schlüsselstelle. Von oben schaut diese etwas giftig aus. Sobald man sich jedoch gegen den Berg dreht, können die Tritte gut „ertastet“ werden.
Nun folgen wir dem teils ruppigen Weg zur Boccetta di Medee und angenehm hinüber zur Bocchetta Cazzane. Wichtige Wegkreuzung: 1.) Via alta Verzasca von der Borgna-Hütte zum Poncione di Piotta. 2.) Von der Borgna-Hütte zur Leis-Hütte im Valle di Moleno. 3.) Vom Uomo her wie wir gekommen sind. 4.) Zum Madone und damit auch Vogorno, wie wir weitergehen.
Weg? S……Weg! Proprio nullo! Che vergogna! Der eingezeichnete Weg ist verfallen, die Markierungen verblasst. Nun heisst es, alle Register zu ziehen: Höhenmesser, LK und Blick ins „Untergehölz“ und dennoch ein Desaster. Ich versuche erfolglos, meine Begleiterin direkt auf den Südost-Grat des Madone zu locken. Das kenne ich und geht sehr gut nördlich des „B“ von Bocc. di Cazzana, rechts eines dunkeln Felsens steil auf Schafpfaden nach links empor, später diagonal nach rechts (T3). Dieser „Schafweide“ entlang zum Pt.2222m.
Denkste! Mühsam bewegen wir uns bis unterhalb der Abschüsse des Madone und finden am tiefsten Punkt derselben tatsächlich den „markierten“ Weg, welcher immer ausgeprägter wird und sich dann doch recht angenehm auf Pt. 2222 (T3) hinaufwindet. Hier könnte man zur Bocchetta di Rognoi hinüber wechseln oder eben horizontal nach Osten zum SE-Grat(siehe oben). Nun dem auf der LK präzis angegebenen Weg (so breit wie Strassen) auf den SW-Grat, welchem man südlich bis zu einem rutschigen Kamin folgt. Markiert. Auf der rechten Seite geht’s in diesem auf Grasbüscheln hinauf und nach einer kleinen Kraxelei stehen wir auf dem Madone (T4). Kein Gipfelbuch. Und wieder Rundsicht. Auch auf die Cima dell’Uomo, welchen wir heute Morgen besucht haben oder den Pizzo di Vogorno, der morgen an der Reihe ist. Meine Begleiterin ermahnt mich wegen des aufziehenden Unwetters zum Aufbruch.
Den gleichen Weg bis unterhalb der Felsabschüsse zurück und nun verliere ich die Geduld. In Direttissima querfeldein zur Capanna Borgna SEV. Kaum angekommen beginnt es zu regnen. Angenehmster Aufenthalt mit zwei Kollegen, welche morgen die VAV machen wollen und heute wegen dem Wetter „gestrandet“ sind, und einer sympathischen und aufgestellten Familie. Ein holländisches Pärchen verzieht sich im Nebenhüttli und wurde nie mehr gesehen...und auch nicht im Hüttenbuch (?!?)
3. Tag:
05 00 Uhr Tagwache. Nordwind, wenigstens Andeutungsweise. Es könnte klappen. 06 00 Uhr Abmarsch zum Pizzo di Vogorno. Wegen den negativen Weg-Erlebnissen von gestern gehen wir auf Nummer Sicher: Auf der vor etwa 20 Jahren erstellten Strasse (welche sich heute in einem desolaten Zustand befindet) erreichen wir die Kuppe oberhalb Crapia. Hier mündet der seit drei Jahren r/w-markierte Weg von unten (Rienza) her ein. Diesen finden wir problemlos und steigen zum Pt. 2063 und weiter zum Wegweiser „Btta. di Rognoi, 2200m“, welcher sich auf 2120m befindet.
Zwischen Rot/weiss und Blau/weiss hadernd führt uns die Markierung auf sehr gut ausgeprägtem Weg zum Pizzo di Vogorno (T4). Vorerst steil empor bis unterhalb des Ostgrates, diesem beinahe horizontal entlang und in der Folge unterhalb des S-Grates über heruntergefallene Steinbrocken zum Kamin – der Schlüsselstelle des Aufstiegs: Alles schön säuberlich markiert, auch wenn Varianten rechts herum einladender sind. An der heikelsten Stelle helfen Eisenbügel den T3-Gängern ihren Standard zu halten. Zum Abschluss des Aufstieges einen steilen Rücken mit T2-Gelände. Nach diesen 140 Höhenmetern stehen wir zwischen den vielen Steinmännern im dichten Nebel. Gipfelbuch in Alu-Hülle und HIKR-Klebern. Bei Ale/Ariafina können dann auch die Gipfelfotos bestaunt werden.
Unverzüglich an den Abstieg. Beim auffälligen Wanderwegweiser nach rechts in die Westflanke des Vogorno. Heikle exponierte Passagen. So richtiges T4-Gelände dem NW-Grat entlang in ein kleines Pässchen. Weiter ruppig unterhalb des Pt. 2282 hindurch. Und nun stotzig (T3) nach Alpe Bardughé hinunter, u.a. über einen Bach, welcher bei Regen Probleme machen könnte. Petrus meint es jedoch gut mit uns. So nehmen wir gemütlich das Menü 1 ein, dazu ein üppiges Dessertbüffet mit den letzten Guetslis. Ein Blick zum Vorgorno hinauf, welcher sich immer noch in Nebel hüllt. Rundherum dennoch schönste Aussicht, so auf den Stausee und Lago.
Der Weg von Bardughé nach Vogorno ist neueren Datums und gleitet in etwas übertrieben weit ausholenden Kehren über Corte Nuovo – Sponda – Costapiana hinunter. Im oberen Teil Wald, dann riesige Königsfarn-Felder mit vielen Schmetterlingen und Blumen, um wieder angenehm im Wald des unteren Teiles zu verschwinden.
Wow! Geschafft. 1900 Höhenmeter in die Tiefe. Im Restaurant gibt’s Gazzosa und Glacé und tatsächlich:
EIN GEWALTIGES GEWITTER ENTLÄDT SICH.
Die Wetterfrosch-Elite hatte richtig vorangesagt.
Quaaaak!
P.S.: Am 16. bis 18. Juli 2012 haben wir die Sektionstour des SAC-St. Gallen bei allerschönstem Wetter durchführen können. Danke Marianne, Lilly, Jean-Pierre, Edith, Johannes, Ursula, Beatrice, Bernhard, Margrit und Markus für die wunderschönen Stunden :-))
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