Bergsteigen in der Alaska Range - Polychrome Peak


Publiziert von Delta Pro , 2. Juli 2012 um 09:35.

Region: Welt » United States » Alaska
Tour Datum:18 Juni 2012
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: USA 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 1430 m

Eine spannende, alpine Tour auf zwei der unzähligen, kaum je bestiegenen Gipfel Alaskas

Bergsteigen ohne Routenbeschreibung über vielleicht noch nie erklommene Grate - das mag ich! Während dies in den Alpen kaum mehr möglich ist, findet man in Alaska noch hunderte solcher Gipfel. Mit Zelt, Steigeisen und Pickel im Gepäck hatten wir die Gelegenheit uns vier Tage in den Ausläufern des Denali herumzutreiben und dabei verschiedene fantastische Bergtouren zu unternehmen, auf Gipfel, die wahrscheinlich bis heute kaum mehr als eine Handvoll Besteigungen erhalten haben.

Trekkingtouren im Denali Park sind stark reglementiert. Nur eine gewisse Anzahl Personen darf aufs Mal in die einzelnen Units, die jeweils etwa 20-30 km2 gross sind, herein. Dazu gibt es auch noch eine Jahresbeschränkung von 30 Personen. Wir konnten uns zwei Tage in der Unit 8 und einen im 7 sichern. In diesen Units marschiert man von der Parkstrasse 10-15 km durch weite Schwemmebenen bis zu schuttbedeckten Gletscherzungen, welche bis auf ca. 1300 m.ü.M. hinabreichen. Dahinter steigt das Gelände in steilen und zerklüfteten Fels- und Eisflanken bis zur Wasserscheide der Alaska Range an. Die Höhe der Gipfel beträgt knapp 2500 m, was gegen die 6000 m des Denali ein Klacks ist. Dennoch bieten die Gipfel unserer Units alpine Aufstiege und unglaubliche Weitblicke in eine vollkommen unberührte Landschaft.

Zum Basecamp (T2)
Jede Tour im Denali-Park beginnt mit der etwas mühseeligen Registrierung und dem Durchgeben der Verhaltensregeln im Park - z.B. aller Food kommt in Bärenboxen und wird in 100 m Abstand vom Zelt gelagert. Dann folgt die lange Zufahrt mit dem Parkbus bis zum Ausgangspunkt. Dabei kriegt man recht viel von der Region mit und wir können hinter sicheren Scheiben schon mal den ersten Grizzly begutachten.
Um halb zwei Uhr starten wir, schwer bepackt, in die Unit 8. Gleich zu Beginn muss der erste Fluss gequert werden, was mit Tewas tiptop geht. Der Himmel zeigt ein gewaltiges Wolkenspektakel und nur wenige Minuten später bricht das erste Gewitter mit Blitz, Donner und Graupel los. Der Regen lässt aber bald nach und wir eilen den Bergen zu, um vor dem nächsten Regenguss unser Zelt aufstellen zu können. Nach gut zwei Stunden reicht es uns. Mitten auf einer weiten, übersichtlichen Wiese errichten wir unser Lager, nur Sekunden bevor das nächste Gewitter beginnt.
Gegen Abend klart das Wetter wieder auf, wir kochen und beobachten dabei aufmerksam eine Grizzly-Familie, welche sich in ca. 200m Entfernung vergnügt. Zum Glück bemerken sie uns von selbst und gehen auf Distanz.

Lightstrike Peak (T6, WS)
Das Ziel unserer Tour ist uns am Vortag ins Auge gestochen. Ein Grat mit einer Länge von 3-4 km, welcher sich über 1000 Höhenmeter und im oberen Teil über verschiedene Türme zu einem formschönen Gipfel hinaufzieht.
Wir marschieren schon um halb fünf los - dank Mitternachtssonne ist es die ganze Nacht durch hell, die Gewitter werden auch heute wieder kommen und der Jetlag begünstigt den frühen Start zusätzlich. Durch eine Schneemulde geht es den Grizzly-Spuren nach auf den Grat. Dann über den Geröllkamm auf den Weglein der Dall-Schafe weiter. Als der lange Grat etwas abzuflachen beginnt, wird er plötzlich felsig und ausgesetzt. Der Fels ist sehr schlecht und Klettereinlagen wollen konzentriert angegangen werden. Bei einer Serie von Türmen ist dann Schluss und wir müssen den Grat verlassen. Wir queren den Gletscherkessel westlich des Grates und steigen über eine lange Schneeflanke zum Nordgrat "unseres" Berges an. Oberhalb von knapp 2000 Metern herrschen noch komplett winterliche Verhältnisse - eine geschlossene, tiefe Schneedecke, richtiges Hochtouren-Feeling. Als wir den Grat erreichen, eröffnet sich der unglaubliche Ausblick auf "den Berg", den Denali. Wie aus einer anderen Welt steht der Gipfel in den Wolken. Die wärmende Sonne ist jetzt endlich hinter den hohen Wolken erschienen. Der Weiterweg über den Schnee- und Felsgrat ist ein Genuss. Auch die steile Schneeflanke, welche sich dank gutem Trittfirn ohne Steigeisen bewältigen lässt, ist einfach nur genial! Nach rund drei Stunden Aufstieg erreichen wir den Gipfel, welchen wir sogleich "Lightstrike Peak" taufen, da scheinbar am Abend zuvor ein Blitz direkt in den Gipfel wie eine Bombe eingeschlagen hat.

Polychrome Peak (T6, ZS, II)
Das Ziel wäre eigentlich erreicht, doch der Anblick des nächsten, höheren Gipfels lässt die Herzen höher schlagen. Auf diesen Doppelgipfel, immerhin der höchste im Umkreis von einigen 10km, führt ein steiler Schnee- und Felsgrat hinauf. Einen so eindrücklichen Grat habe ich noch selten gesehen! Nix wie los!
Über Schneeflanken steigen wir in den Sattel ab und gehen den rund 400 Höhenmeter langen Grat an. Einfach bis zu einem Turm, durch eine brüchige Rinne von diesem hinab und ein paar in sich zerfallende Gratzacken umgehend arbeiten wir uns bergauf. Die Spurarbeit auf dem Grat ist anstrengend. Ohne Schnee wäre die Route wegen dem brüchigen Fels wohl jedoch eine Tortur. Im wunderschönen Sonnenlicht streben immer weiter dem Gipfel zu. Die erste richtige Schlüsselstelle ist der "Hillary Step", ein rund 10m hoher Felsaufschwung, welcher sich in extrem bröckeligem Fels erklimmen lässt. Dann weiter über die immer steilere Schneeschneide bis zu den finalen Aufschwüngen, welche wir schliesslich mit einer heiklen Querung mit Steigeisen und Seilsicherung überwinden können. Dann sind es nur noch ein paar Schritte zum E-Gipfel. Im aufkommenden Nebel steigen wir über den stark verwächteten Grat und zwei Türme auch noch zum W-Gipfel und machen uns dann schleunigst auf den Rückweg, da es schon wieder leicht zu schneien begonnen hat. Der Abstieg erfordert Konzentration, gelingt aber gut. Von der Scharte stechen wir lange Schneefelder hinunter, welche uns zum Gletscher in unserem Tal bringen. Anschliessend zurück zum Basecamp, welches wir kurz vor Beginn der Nachmittagsgewitter erreichen.



Tourengänger: Delta


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Kommentare (9)


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nprace hat gesagt: Ultra!
Gesendet am 2. Juli 2012 um 10:46
Hi Delta, Grandios was ihr dort gemacht habt! Solche Einsamkeit und Entdeckungsgeist bringt eine ganz andere Dimension in das Bergsteigen.Nur muss ich Fragen ...habt ihr absichtlich auf die Skiern verzichtet? Vermutlich aus Gewichtsgrunden oder?
Herzliche Gratulation noch mal!
Gruss
Nic

Delta Pro hat gesagt: RE:Ultra!
Gesendet am 2. Juli 2012 um 13:17
Danke!
Ja, Skis wären wirklich gut gewesen für gewisse Abschnitte. Allerdings hatte es deutlich mehr Schnee als wir vorher erwartet hatten und die Tragpassagen wären aufs Ganze gesehen doch zu gross gewesen in unserer Region.

MaeNi hat gesagt:
Gesendet am 2. Juli 2012 um 11:03
Danke für diese fantastischen Eindrücke aus Alaska, lieber Delta!

LG und gute Touren
N&M

MarkB hat gesagt: Nicht schlecht !
Gesendet am 2. Juli 2012 um 12:32
danke für die prima Info. Würde mich auch mal reizen, dort einzufallen :D
Weißt du vielleicht, wie es dort mit dem Zugang im Winter aussieht? Oder sind die Straßen dann komplett dicht? Könnte mir vorstellen, dass es zu dieser Zeit evt. kein Problem wäre, Permits zu bekommen.
schöne Grüße
-Mark

Delta Pro hat gesagt: RE:Nicht schlecht !
Gesendet am 2. Juli 2012 um 13:19
Im Winter brauchst Du zuerst 50-100 km Hundeschlitten bis zum Ausgangspunkt. In Alaska gibt's aber andere, besser zugängliche Regionen, wo Skitouren sehr lohnend sein müssen!
Gruss

MarkB hat gesagt: RE:Nicht schlecht !
Gesendet am 2. Juli 2012 um 13:35
hm, dachte ich mir. Vor allem, wenn man so einen Rekordwinter wie heuer in Alaska hat, dann braucht wohl einen Heli :D
hast auch schon jede Menge Touren gemacht, wie ich sehe. Bin ganz neu auf hikr, unsere stehen hier. Schönen Gruss!
mark

TeamMoomin hat gesagt: Fantastische Bilder!
Gesendet am 2. Juli 2012 um 12:37
und Eindrücke hast du uns da nach Hause gebracht, danke viel mals!

Lg

Oli und Moomin

xaendi hat gesagt:
Gesendet am 2. Juli 2012 um 13:49
Sehr schöne Eindrücke aus dem fernen Norden. So sehen Abenteuer aus!

Dino hat gesagt: Super!
Gesendet am 2. Juli 2012 um 15:27
Wow! Echt klasse! Genau das wäre mein Traum!

Ich war 2002 in den Polychrome Mountains im Denali NP unterwegs. Leider nur in den Tälern, denn damals fehlte mir noch die Erfahrung um auf die Gipfel zu steigen.
Die Landschaft dort ist wirklich das schönste was ich je gesehen habe. Seit dem freue ich mich auf den Tag wenn ich wieder nach AK komme. Und dann werd ich sicherlich auch höher in die Berge gehen!
Freue mich über deinen Bericht!

Gruß
Dino


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