Postelwitzer Steinbrüche, Schrammsteine und Hohe Liebe


Publiziert von lainari , 17. Februar 2012 um 21:31.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum:29 Januar 2012
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4:30
Aufstieg: 480 m
Abstieg: 480 m
Strecke:15 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder S-Bahn S 1 Meißen-Schöna bis Bad Schandau
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 17 Sächsisch-Böhmische Schweiz und 1:10.000, Rolf Böhm Schrammsteine, Affensteine für Details

„Zum Guten Bier“ und „Hohe Liebe“???
 
Bevor es der Winter demnächst noch einmal allen zeigt, dass er zu Unrecht ein Schwächling gescholten wird, wollte ich heute die moderaten Minustemperaturen für eine Wandertour nutzen. Das relativ schneefreie Gelände ermöglichte es mir die Abarbeitung einer Pendenz, einen Besuch der Postelwitzer Steinbrüche einzuplanen. Um eine vollwertige Tour daraus zu machen, legte ich den Startpunkt nach Bad Schandau und fügte einen Aufstieg zur Schrammsteinaussicht hinzu. Für den Rückweg hatte ich mir mehrere Optionen offengehalten.
 
So fuhr ich am Morgen nach Bad Schandau zum Parkplatz an der Elbbrücke. Neuerdings habe ich mit Parkscheinautomaten kein Glück - heute schluckte er das Geld, verweigerte aber die Ausgabe eines Tickets. Also wieder die Parkscheibe hineingelegt und los ging es. Auf dem kombinierten Rad- und Fußweg lief ich am Elbufer flussaufwärts. Nachdem ich die Ortslage Postelwitz passiert hatte, bog ich am Abzweig nach Ostrau bergwärts ab. Am Straßenrand ging ich durch die erste Kurve und an einem kleinen Platz vorbei. Einen offiziellen Zugang zum Steinbruchpfad habe ich bis dato noch nicht in Erfahrung gebracht. Möglicherweise müsste man den anschließenden Zahnsgrund auf dem Obrigensteig verlassen und von dort aus einen Zugang finden. Ich jedoch bog im Bereich einer Mulde am Hang bergwärts ab und kam zunächst zu einer überwachsenen Halde. Hier fanden sich eine Menge verrottender Kleidungsstücke, Schuhe und Taschen, die Hinterlassenschaften reger unerlaubter Reisetätigkeit aus den Neunzigerjahren. Hatten damals die Pfade der „Reisenden“ den Weg in die Steinbrüche erleichtert, musste ich nun auf Wildwechsel zurückgreifen. Steil stieg ich den bewaldeten Hang hinauf, bis ich den Steinbruchpfad erreichte. In einem Bereich von etwa 300 Metern verläuft der Pfad relativ nah an der Bruchwand, auf eine Begehung bei Frost-Tau-Wechseln und instabilem Wetter sollte man wegen Steinschlaggefahr verzichten. Heute war dies jedoch problemlos möglich. Respektvoll schaute ich auf die hohen Wände. Zeit sich mit der einstigen Abbaumethode dem „Wand fällen“ zu beschäftigen. Zunächst höhlte man die Felsenwand an ihrem Fuß auf großer Breite bis zu 12 m tief aus und stützte den Hohlraum mit Hölzern ab. Zeigten sich Setzungen wurden die Stempel abgebrannt und die Wand fiel. Anfangs ließ man das Rohmaterial bis an die Elbe hinunterstürzen und bearbeitete es am Ufer. Nachdem man dabei bei Wehlen mit einem gewaltigen Felssturz den halben Flusslauf verschüttet hatte, wurde dies verboten. Das Rohmaterial musste dann bereits auf der Halde abgefangen und dort bearbeitet werden. Die Erzeugnisse wurden anschließend über Rutschen ins Tal befördert und verschifft. Am Rand der alten Halde und an den übriggebliebenen Fangmauern führte nun mein weiterer Weg entlang. Eine Gedenktafel erinnert hier an einen folgenschweren Unfall - am 25.01.1862 stürzte (nach fünfjähriger Vorbereitung!!!) unerwartet eine über 100 m breite und 40 m hohe Wand ab und verschüttete 24 Arbeiter, die am Fuß des Felsens in einer Hütte Pause gemacht hatten. Nach 56 Stunden fieberhafter Rettungsarbeiten konnten sie durch einen Gang lebend geborgen werden. Dem 150. Jahrestag dieses Ereignisses war jüngst auch ein Artikel im Lokalteil der „Sächsischen Zeitung“ gewidmet. Nun erreichte ich das Gelände des einstigen Gasthauses „Zum Guten Bier“. Die Materialseilbahn existiert noch, auch eine alte Terrasse scheint erkennbar zu sein. Das Gebäude dient jetzt als private Berghütte. Der Name klingt zunächst für ein Gasthaus nicht ungewöhnlich. Auch Felsen (Gute-Bier-Wände) und eine Quelle (Gutebierborn) in der Nähe tragen diesen Namen. Nun könnte man fragen: Was war zuerst, das Huhn oder das Ei? Der sächsische Kartograf Oeder benutzt auf seinem Urriss der Landesvermessung des Kurstaates Sachsen 1592/93 den Begriff „gutten Birwendt“ auf Höhe der Schrammsteine. Erich Pilz stellte in seiner Abhandlung zu den Felsenburgen der Sächsischen Schweiz einen Zusammenhang zum alten Ausdruck „gute Biwende“ = das Umgürtete her. Eine Internetrecherche ergibt auf die Schnelle die Bedeutung das Umzäunte. Die umgürteten (befestigten) Schrammsteine der Kern des böhmischen Reduits gegen die Mongolen? Spuren von Balkenfalzen, die aus der Zeit weit vor der touristischen Erschließung stammen, sollen dies bestätigen.
 
Ich lief noch ein Stück weiter und kehrte nach der zweiten alten Steinbrecherhütte zum Guten Bier zurück. Durch eine Einkerbung dahinter stieg ich nun bergwärts. An einer Verzweigung hielt ich mich links und passierte den Gutebierborn. Später traf ich auf den Elbleitenweg, ging dort nach links bis zum Großen Schrammtor. Dieses durchquerte ich und wanderte nun entgegengesetzt der ursprünglichen Laufrichtung am Fuß der Felsen entlang. Über den Wildschützensteig mit seinen Metalltreppen und Leitern erklomm ich danach die Höhe der Schrammsteine und besuchte die Schrammsteinaussicht. Das ruhige Wetter mit Sonnenschein machte den Aufenthalt hier sehr angenehm. Nur einiger Dunst trübte den Blick in die Ferne. Nach einem Becher heißen Tee stieg ich durch den Mittelwinkel ab. Auch dieser Weg weist Metalltreppen und Leitern auf. Mittlerweile sind diese umgebaut, früher lagen die Treppen mit geschlossenen Metallstufen (Riffelblech) immer relativ nah am Boden der Klüfte und Spalten, heute sind dies Gitterroste mit Handläufen die in einiger Höhe über dem Untergrund montiert sind, so dass ein Begehen bei Eis und Schnee weniger problematisch ist. Durch den Wald gelangte ich zur Wildwiese. Hier entschied ich noch einen Bogen über die Hohe Liebe zu machen. Gut ausgeschildert lief ich bergan. Einige Stufen führten mich zum Gipfel des bewaldeten Berges mit seinem Bergsteiger-Ehrenmal. Ein Ausblick in zwei Richtungen ist hier möglich. Der Name soll nach Überlieferung daher stammen, dass sich hier einst ein junges Liebespaar, das man gewaltsam trennen wollte, gemeinsam in den Abgrund stürzte. Einige Meter unterhalb des Gipfels machte ich mit Ausblick auf den Falkenstein eine Rast und stärkte mich für den Weiterweg. Danach lief ich auf dem Oberen Liebenweg abwärts. Im Verlauf traf ich auf einen aus Ortbeton gegossenen Fahrweg, den Mittleren Liebenweg. Dieser soll laut meiner Karte am Hang der Kleinen Liebe enden, der Grund seiner Anlage ist hier nicht erkennbar. Ich vermute einen Trinkwasserhochbehälter am oberen Ende des Weges, ein Absperrschieber weiter unten auf dem Weg scheint darauf hinzudeuten. Ich erreichte die Fahrstraße, die durch den Zahnsgrund heraufkommt und lief an ihrem Rand nach Ostrau hinüber.
 
Ich durchquerte die Siedlung mit den hübschen alten Holzhäusern und lief auf fallendem Weg am Hang entlang zur Bergstation des Aufzuges Ostrau. Ich warf einen Blick ins Luchsgehege und entschied mich gegen eine Fahrt mit dem Fahrstuhl. Dann ging ich am Hang weiter um anschließend nach einem Stopp am Luther-Denkmal nach Bad Schandau abzusteigen. Durch den Ort hindurch lief ich zur Elbe und dort auf dem Uferweg zum Parkplatz Elbbrücke zurück.

Tourengänger: lainari


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