Parseierspitze und Gatschkopf


Publiziert von quacamozza , 28. November 2011 um 08:27.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Lechtaler Alpen
Tour Datum:25 November 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 2180 m
Strecke:Grins Schwimmbad-Gasillboden-Gasillschlucht-Grinner Ferner-Parseierspitze-Patrolscharte-Gatschkopf-Augsburger Hütte-Grins
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auf der Inntalautobahn bis Landeck-West (A 12 und S 16), an der Ausfahrt rechts Richtung Landeck, nach knapp 1 km links hoch nach Grins, dort durch den Ort (schwierige Wegfindung) zum Parkplatz Augsburger Hütte hinter dem Schwimmbad
Unterkunftmöglichkeiten:Augsburger Hütte (2289m) - Winterraum und ca. 20 Lager im Dachboden, Verpflegung bitte selber mitbringen (es gibt nur 1 Packung Nudeln)
Kartennummer:AV-Karte 3/3 Lechtaler Alpen-Parseierspitze

8 Stunden Autofahrt, 7 Stunden Nettogehzeit, halb drei aufstehen, minus 7 Grad auf der Hinfahrt, ein kurzes Zeitfenster, die Müdigkeit, meine vorherige Grippe mit hohem Fieber, dann die Frage: Was nehme ich an Equipment mit...?
Ein wahrhaft monströser Aufwand...und vieles, was mich von dieser Tour hätte abhalten können...aber was tut man nicht alles für Dreitausender, die ja alle eine lange Anfahrt von hier erfordern?
Ich hatte am Abend vorher noch mit ADI telefoniert. Seine Worte: "...also, vernünftig ist das natürlich nicht, aber wenn Du Dich gut fühlst..." Und dann der entscheidende Satz: "...andererseits...wann kannst schon mal die Parseierspitz'n am 25. November besteigen...alle 20 Jahre vielleicht?"


Meine Motivation nach dem Aufstehen war hoch, ich fühlte mich gut ausgeschlafen, und so machte mich auf den weiten Weg. Ich habe ja dieses Jahr keine großen Gipfel bestiegen. Dabei wollte ich unbedingt ein weiteres Mal auf das Bietschhorn. Auch die Kuchenspitze musste ich heuer ungeschoren lassen, da das Wetter in der Urlaubszeit immer nur einen Tag lang zuverlässig war. Noch nicht einmal der Augsburger Weg war drin...

Um es vorwegzunehmen: Es war ein gigantisches Erlebnis, ein Highlight, etwas ganz Besonderes, Ende November bei angenehmen Temperaturen und besten(!) Verhältnissen am Berg diesen Tag erleben zu dürfen. Der Gipfelblick ist unbeschreiblich. Das muss man einfach bei AKW mal erlebt haben...

Die Route ist hier auf hikr schon bestens beschrieben, so kürzlich von 83_Stefan *mit zusätzlicher Abstiegsvariante, so dass ich mich so kurz wie möglich fasse.


Zur Schwierigkeit:
Parseierspitze: II+ am Einstieg und einmal kurz in der Mitte der Flanke, sonst I und T 5
Grinner Ferner ohne Schwierigkeiten begehbar
Gasillschlucht: T 4 und passagenweise I, klettersteigähnlich ausgebaut
Gatschkopf: T 3+

Zur Ausrüstung: 
Kletterhelm unbedingt notwendig,
ansonsten nur Stöcke und die Stirnlampe wegen der Kürze der Tage (Steigeisen nahm ich vorsichtshalber mit, kamen aber nicht zum Einsatz)



Vom Parkplatz Augsburger Hütte (1085m) bei Tagesanbruch nach kurzem Frühstück im Auto um Viertel nach 7 dem breiten Fahrweg (Achtung: bei der ersten Kehre rechts weiter, nicht geradeaus) folgen, dann vorbei an einer schönen Wiese (ca. 1200m; Wegweiser) und weiter hoch zum Gasillboden (1596m; Wegweiser).

Zeitbedarf: 50 min von Grins

Links steil aufwärts, oben in grasiges Gelände. Die oben thronende, schon vom Parkplatz sichtbare Augsburger Hütte will nicht näher kommen...:-). Weiter über ein Bachbett (ca. 2200m) und an einer Aufschrift (A.H. 10 Min) vorbei bis auf eine Geländekante wenige Minuten vor der Hütte. Erstaunlicherweise fühlte ich mich immer noch gut, konnte das geplante Tempo auf die Minute einhalten. Jetzt brauchte ich aber doch eine gute Viertelstunde Pause und dabei einige Riegel und Bananen, da meine Kohlenhydratspeicher fast leer waren.

Zeitbedarf: 1 Std 40 min von Grins

Hier nach links in die Gasillschlucht. Teilweise recht mühsam über steilen Schutt (einmal war der Weg abgerutscht, ich musste daher einen Umweg in Kauf nehmen) an die Felswand und mit Seilversicherungen (T 4+) zuerst gerade, dann rechts hinaus auf das Plateau des Grinner Ferners (2740m; Wegweiser).

Zeitbedarf: 2 Std 40 min brutto von Grins


Über das unschwierige Schneefeld an den Rand der Wand und zum Einstieg. Hier war ich zunächst mal über die auftretenden Schwierigkeiten überrascht. Eine Randkluft gab's nicht, aber der rot markierte Einstiegspunkt befand sich nicht am Einstieg, sondern recht weit oben. Hmm...

Ich kletterte die plattenartige Stufe direkt in kleintrittigem, brüchigem Fels hoch, etwa 10 Meter (II+)...also, vielleicht habe ich nicht den Idealweg gefunden, aber da darf man schon fast 'ne III- vergeben. Kann mich jedenfalls nicht erinnern, bei einer IIer-Stelle schon mal so spärliche Griff- und Trittgelegenheiten gehabt zu haben.

Nun ja, danach ist der Weg bestens markiert. Steinschlaggefahr ist zwar vorhanden, aber sie hält sich in vernünftigem Rahmen, also wenn ich da an den *Kälbelespitze-Südgrat denke...es gibt jedenfalls in der Mitte noch eine kurze anspruchsvolle Stelle (II+, ebenfalls kleingriffig), an der es durch einen super engen Riss im Bogen links hinaus geht (ich ging die Stelle rechts neben dem Riss an, turnte über eine griffarme Platte - für mich ebenfalls IIIer-Gelände, im Abstieg suchte und suchte ich nach Tritten, bis ich endlich hinüberspreizen konnte.

Ansonsten ist aber die Schwierigkeit NIE höher als I, doch diese beiden Stellen sind definitv zu heftig für Nur-Wanderer. Das bekannte Smiley zeigt die 3000 Meter-Marke an, danach taucht schnell das Gipfelkreuz auf. Um 10.45 Uhr stand ich nach 3 Std 27 min brutto von Grins auf dem höchsten Berg der Nördlichen Kalkalpen, der Parseierspitze (3036m).

Ich hatte also ab jetzt massig Zeit, trotz der kurzen Tage blieb ich über eine Stunde lang oben und ließ mich von der einmaligen Fernsicht bis zum Schwarzwald(!!!) faszinieren. Zugspitze, Ortler, Ötztaler Wildspitze, Wazespitze, Tödi, Bernina, meine geliebten Allgäuer Berge im Sommerkleid, der Augsburger Weg dagegen weiß, die Wärme des schönsten Novembers, seit ich in die Berge gehe...unbeschreiblich schöne Momente nach Verbrauch von genau 3000 Kalorien.

Donnerwetter, ich war nicht alleine. Unten sah ich auf dem Grinner Ferner eine Solo-Bergsteigerin, der ich im Abstieg begegnete. Sie kam von der Memminger Hütte und hatte ebenfalls die Parseierspitze als Ziel. Zuvor kletterte ich schon ziemlich vorsichtig ab, um Steinschlag zu vermeiden.


Unten angekommen geht's einen steilen, aber unschwierigen Mergelhang hoch zur Patrolscharte (2846m; Wegweiser) und über weiteren Lechtalschutt zum Gatschkopf (2946m). Auf den letzten Metern fehlte mir dann doch ein wenig die Power: Ich spürte, dass ich noch nicht vollständig fit war. Aber es waren ja die letzten Aufwärtshöhenmeter für heute...geschafft...

Zeitbedarf: 1 Std 15 min von der Parseierspitze

Auch hier ließ ich mich neben dem Gipfelkreuz nieder und legte eine lange Pause ein. Die Verhältnisse auf dem weiteren Abstiegsweg sollten nach einer ersten Inaugenscheinnahme der Abstiegsrippe keine großen Probleme machen. Alles trocken und bestens markiert.

Immer wieder kreuzte sich mein Weg mit einer größeren Steinbockkolonie, die das Gebiet um die Augsburger Hütte in Beschlag nahm. Nach 55 min steilen Abstiegs stand ich auf der Terrasse der Augsburger Hütte (2289m), die in wunderschöner Lage hoch über dem Talboden der Sanna liegt. 

Auf einem der beiden gepflegten Holzbänke nahm ich Platz. Die Sonne wärmte so sehr, dass man sich kaum vorstellen kann, wie heiß es hier im Hochsommer wohl sein mag. Ich werde doch wohl nicht noch Ende November meine Freundin mit einem gepflegten Sonnenbrand überraschen???

Meine üppigen Zeitreserven ermöglichten eine weitere lange Pause. Außerdem inspizierte ich den Winterraum, das Dachgeschoss mit den Lagern und den Weg über die Ochsenalpe.

Doch hier war es viel zu schön, um sich gleich an den Abstieg zu machen. Ich verzichtete auf diese Variante und ließ ganz gemütlich die Minuten ins Land ziehen. Warum sollte ich weiterwandern? Ich spürte, dass in der ganzen Saison viel mehr Genuss "drin" gewesen wäre, dass diese doch eigentlich schöne Sommersaison mehr von Hektik geprägt war als ich mir das zugestehen wollte...


Für den Abstiegsweg nahm ich also den bekannten Weg zurück und war nach knapp 1 Std 20 min wieder am Auto. Grins ;-)...Grins bei Nacht habe ich jetzt gar nicht kennengelernt. Die Augsburger Hütte im letzten Abendlicht, dann noch 4 Stunden Rückfahrt. Um 21 Uhr war ich wieder zuhause. Topfit und aufgedreht. Unvernünftig?...Vielleicht schon, aber es hat sich gelohnt... 


 


 


Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (9)


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kardirk hat gesagt:
Gesendet am 28. November 2011 um 10:38
Servus,

Gratulation zu der KLasse Tour und zu deiner Kondition - die hätt ich auch mal gerne, auch ohne Grippe.


VG
Dirk
Dirk

sven86 hat gesagt:
Gesendet am 28. November 2011 um 18:59
Glückwunsch! Schöner Berglauf ;)

quacamozza hat gesagt: Nicht mehr lange...
Gesendet am 28. November 2011 um 20:32
...dann kommt Weihnachten, aber vor allem auch der olympische Marathonlauf ;-)

Nein, nein, lieber Sven, in meinem Alter kann man froh sein, wenn man überhaupt noch einigermaßen fit ist ;-) Genuss muss schon auch sein...

Vielen Dank für den Tip mit der Panoramen-Page...ich glaube, die meisten Gipfel sind richtig, ich werde das Bild nochmal intensiv studieren...wahrscheinlich dauert das alles noch ein Jahr oder so...;-)

Sportliche Grüße von Ulf

83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 28. November 2011 um 19:41
Sauguade November-Tour! Gratuliere!
Die griffarme Stelle am Einstieg kann man etwas weiter hinten mit deutlich geringeren Kletterschwierigkeiten umgehen (aber rutschig durch Schutt und Vorsicht auf die kleine Randkluft). Auch die obere Zweierstelle ist (etwas unterhalb) umgehbar - ich hab beides ausprobiert.

quacamozza hat gesagt: DANKE...
Gesendet am 28. November 2011 um 20:44
...an Dich und an ADI...ohne Euch wäre ich gar nicht losgefahren. Aber nachdem Du so rangeklotzt hast am Ende der Saison, war Dein Bericht schon ne gute Motivationsspritze...nächstes Jahr müssen wir unbedingt mal zusammen auf Tour...mit ADI hätt's ja letzte Woche fast schon geklappt...

Dass Du diese knackigen fast IIIer-Passagen so locker beschreibst...beeindruckend...

Sportliche Grüße von Ulf

83_Stefan hat gesagt: RE:DANKE...
Gesendet am 28. November 2011 um 20:47
Freut mich echt, dass der Bericht was genützt hat.
Ganz im Ernst: Ich denke, dass ich mich schon ziemlich anstrengen muss, um dir das Wasser reichen zu können!

...und gerne werde ich dein Angebot annehmen!

ADI hat gesagt:
Gesendet am 2. Dezember 2011 um 18:55
Hallo, Ulf!

Kann erst jetzt Deine schöne Tour bewundern, mein Laptop hatte den "Gschpinnerten" und war im PC-Shop.

Echt klasse, daß Du noch richtig angegriffen hast.
Klassebilder, echt stark.
Nun kannst stolz auf eine TOP-Tour bei AKW zurückblicken.

VLG vom ADI

Schmiger hat gesagt: So einen Herbst...
Gesendet am 11. Mai 2012 um 20:05
...wünschte man sich jedes Jahr ;) War selbst noch am 3. Oktober bei ähnlichen Sichtverhältnissen auf der Parseier, und just an dem Tag wo du oben warst, waren wir auf dem Widderstein + Mindelheimer KS... und auch eine Sicht bis zum Schwarzwald vom ersteren... und von der Kondition kann man natürlich nur träumen ;)

quacamozza hat gesagt: RE:So einen Herbst...
Gesendet am 28. Mai 2012 um 18:32
Hallo,

dann gratuliere ich Dir zur Parseier-Besteigung und zu den anderen wunderbaren Touren.
Anfang Oktober war's ja auch schon so schön...ach ja, die Power kann man sich innerhalb von zwei Jahren antrainieren. Ich konnte vor drei Jahren gerade mal eine halbe Stunde bergauf wandern, dann musste ich wegen Übergewicht und starkem Muskelkater aufgeben.
Ausdauersport, Ernährungsumstellung, professioneller Trainingsplan...und schon werden lange Wege viel kürzer...;-)

Sportliche Grüße von Ulf


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