Gr. Arnspitze Ostgrat und Überschreitung der Arnsp. - ein lange ersehnter Wunsch wird Wirklichkeit


Publiziert von algi , 20. November 2011 um 09:08. Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:19 November 2011
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: V- (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Mittenwald nach Leutasch bis zum Ortsteil Ahrn. Die erste Straße links abbiegen, direkt hinter der Brücke über die Leutascher Ache gibt es ein paar Parkmöglichkeiten.

Heute habe ich 3 vorbereitete Tourenvorschläge im Gepäck, und möchte mich, anhand der Bedingungen vor Ort, für die lohnenste Alternative entscheiden. Bei -6 Grad Außentemperatur wird mir diese Entscheidung sehr leicht gemacht, ich lasse das "finstere Nordwandgesicht" im Auto zurück, und setze stattdessen den "Smiley samt Brille" auf. Für die Tourenbeschreibung der klassischen Überschreitung verweise ich auf den Tourenbericht von Tef vom 11.09.2010.  Wo notwendig, habe ich diese Beschreibung ergänzt.

Ausrüstung für den Ostgrat der gr. Arnspitze:
- normale Kletterausrüstung mit einem Satz Klemmkeile und Friends für die Seilschaft
  Es gibt keine Bohr- oder geklebte Haken, das Originalmaterial der Erstbegeher ist noch vorhanden, allerdings würde ich einer 75 Jahre alten Rostgurke keinesfalls vertrauen
- bei einer Solo-Begehung sollten Kletterpatschen keinesfalls fehlen

Um 7:45 Uhr geht es wieder vom Parkplatz los, vom Hohen Sattel weht ein leichter Fallwind herab, bereits nach 10 Min. fühlen sich meine Finger wie Eiszapfen an, und die Handschuhe im Auto vergessen. Abwechselnd stecke ich meine Hände in die Hosentaschen, damit das Leben in Ihnen nicht ganz erlischt, aber bereits nach 20 Min. habe ich mich wohlig warm gelaufen. Die Forststraße zum Hohen Sattel hinauf ist ein wenig langweilig, dort oben erhasche ich einen ersten Blick auf die Arnplattenspitze und die mittl. Arnspitze. Ab dem Hohen Sattel gewinnt der Weg dann an Attraktivität, zunächst zieht er sich flach durch lichten Wald dahin, ab der großen Freifläche, oberhalb des Sattelwaldes, wird es dann teilweise auch etwas mühsam. Ich frage mich, wo kommt der ganze Schotter nur her, der Fels des Arnspitzstockes ist doch eigentlich sehr fest. Um 9:15 Uhr habe ich die Arnspitzhütte erreicht, und kann den Mittenwalder Höhenweg in voller Länge bestaunen.

Mein Hauptaugenmerk gilt jedoch dem Ostgrat der gr. Arnspitze, dessen Profil man von der Hütte gut ausmachen kann. Wie im Führer angegeben, sehe ich, oberhalb der Stelle, wo die Latschen am höchsten gegen die Wand heraufziehen, eine überhängende Wandpartie. Dort drüben muss der Einstieg liegen, ein Gamswechsel erleichter den Zustieg über das Schotterfeld ernorm. Der Einstieg befindet sich direkt oberhalb der Stelle, wo die Gamsspuren in einen kleinen Graben hinabführen. Links oben der Überhang, rechts davon setzt eine, zunächst seichte, Plattenverschneidung an, das muss es sein.
Beim "Fertigmachen" für die Kletterei schweifen meine Gedanken an die tolle Skitour duch die Steilrinne der Hasellähne, die sich direkt unter mir befindet, ab. Jetzt aber volle Konzentration, anfangs sieht es ein bisschen großsplittrig aus, aber der Fels ist fest, und führt mich an den Beginn der Verschneidung. Nun bin ich heilfroh, dass ich mich für die Sonnenseite entschieden habe, an schattigen Stellen ist der Fels eiskalt. Mit jedem Meter gefällt mir die Kletterei, und vor allem der Fels, besser. Die Plattenflucht kommt mir wie eine aufgerauhte Betonplatte vor, nur eben alles von der Natur "hergestellt". In der linken Begrenzungswand der Verschneidung sind Griffschuppen vom Wasser herausgefressen, absolut Klasse. Nach ca. 15 m Kletterei, eine Schrecksekunde, ein kopfgroßer Block, den ich von unten als Griff identifiziert habe, ist leider nur angelehnt, als ich ihn mit der rechten Hand belasten will, kommt mir das "Teil" entgegen. Glücklicherweise fällt er ins Freie, ohne mich zu berühren, aber der Puls ist erstmal auf "200", und die 3 Punkt-Regel hat sich mal wieder bewährt. Nach oben hin wird die linke Bergrenzungswand der Verschneidung splittriger, aber ich nutze die Strukturen meist nur noch zum "Drücken" und nicht zum "Ziehen". Nach ca. 3 Seillängen verläuft sich die Verschneidung dann in einer schroffigen Rinne. Linkshaltend erreiche ich den Grat, ab hier geht es in leichter Kletterei hinauf bis auf den Vorgipfel. Den abwärtsgeschichteten felsigen Gipfelgrat umgehe ich rechts durch eine Rinne, und um 10:45 Uhr stehe ich vor dem ersten Gipfelkreuz des heutigen Tages. Da das Kreuz nicht auf dem höchsten Punkt steht, gehe ich gleich weiter, und mache kurze Zeit später, bei Rundumblick, die Gipfelfotos. Vor allem der gegenüberliegende Wettersteingrat zeigt sich von seiner schönsten Seite.

Nun folgt die Überschreitung der Arnspitzen. Dieser Grat gehört mit Sicherheit mit zum Besten, was die Hausberge, vor den Toren Münchens, zu bieten haben. Der Fels ist relativ fest, und was von Weitem schwierig aussieht, löst sich bei näherer Betrachtung in Luft auf. Man kann fast immer direkt am Grat entlanglaufen, sowas habe ich bislang noch nicht oft erlebt. In die Ostseite der mittleren Arnspitze wird über ein etwas ausgesetztes, aber völlig harmloses, Felsband eingestiegen. Danach kurz über Schroffen hoch, ich benutze eine schwach ausgeprägte Rippe auf der linke Seite, um den oberen felsigen Abschnitt zu überwinden, dann rechts über den ansetzenden Grat zum schönen Gipfelkreuz der mittleren Arnspitze.
Im Abstieg über den Westgrat zum Sattel fällt nun nochmal IIer Kletterei an, sieht schwieriger aus als es ist, diese "Problemauflösungserscheinungen" begeistern immer wieder.

Zuletzt dann, über den latschenbesetzten Grat , bis unter den felsigen Gipfelaufbau der Arnplattenspitze. Hier kann man die Reibungseigenschaften seiner Schuhe optimal austesten.
Nach einer Brotzeit und einem ausgiebigen Sonnenbad, mache ich mich über den latschenbedeckten Westrücken wieder an den Abstieg nach Ahrn.

Fazit:
Obwohl ich mit der Vergabe von Sternen eher zurückhaltend bin, hier hat man es meines Erachtens mit einer Sterne-Tour ersten Ranges zu tun. Alleine wg. des Ostgrates zur gr. Arnspitze hier herauf zu laufen, würde sich wohl nicht lohnen, er ist vielmehr eine spritzige Zusatz-Option, die den eh schon positiven Gesamteindruck noch weiter verbessert.

Gruss Albert

Tourengänger: algi, Anton


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Kommentare (4)


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Imeyen hat gesagt: Klasse
Gesendet am 20. November 2011 um 14:21
Albert, spannender Bericht und gute Anregung, danke. Haben gestern bein einer Gehrenspitzen-Überschreitung insbes. die Ahrnplattspitze bewundert - sieht von dort wirklich gut aus - und viel schwieriger als sie ist.
Grüsse
Ime

Anton hat gesagt: Arnspitzen im November
Gesendet am 24. November 2011 um 22:55
Hallo Albert,
Guter Bericht, schöne Tour wie immer!! Bin leider noch nicht schlau geworden , wie ich mal ein Bild einfügen könnte.? zb Alpenrosen/Arnplattenspitze
oder uriges 00 der Arnspitzhütte, es kann Dir nicht entgangen sein.

Grüß Anton

algi hat gesagt: RE:Arnspitzen im November
Gesendet am 25. November 2011 um 07:56
Hallo Anton,
das Örtchen ist mir nicht entgangen.

Ich habe dich als Tourengänger hinzugefügt und dich für die Bildbearbeitung freigeschaltet..
Falls du möchtest, kannst du nun Bilder z.B. die Alpenrosen an der Arnplattenspitze hinzufügen ( zumindest steht es so in der Hikr-Hilfe ).

Gruss Albert

Martinausd hat gesagt: Arnspitzhütte: Säge fehlt
Gesendet am 29. November 2011 um 01:41
Wer noch nach einer Gelegenheit sucht,
anderen Bergfreunden eine Freude zu machen:
die Arnspitzhütte braucht eine neue Säge,
die alte hat fast keine Spannung mehr,
das stand jedenfalls Ende Oktober 2011 im Hüttenbuch.


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