Der Oberreintalschrofen (2523m), ein schöner Zacken


Publiziert von kardirk , 11. November 2011 um 08:47.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:10 November 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:14km
Kartennummer:AV 4/2

Es ist doch immer wieder erstaunlich, das manche Gipfel, obwohl so hervorstechend in der Landschaft stehend, kaum Beachtung finden. Wie der Hinterreintalschrofen vor einer Woche, gehört dazu auch der Oberreintalschrofen im Wetterstein. Sowohl von Garmisch, als auch von Leutasch aus fällt seine ebenmässige trapezförmige Gestalt ins Auge und doch findet man im Netz keinerlei Infos, selbst Bilder sind eine Rarität, Höchste Zeit dem hier abzuhelfen und dem goldenen Herbst eine weitere Perle hinzuzufügen.
Start war wieder im Leutascher Gaistal, diesmal Parkplatz Stufer P2, im Spätherbst kostenfrei, sonst 4€,-.
Über den ausgewiesenen Weg zur Wettersteinhütte, wobei ich die direkte Variante über den alten Zufahrstweg wählte. 1,10h 500hm.
Weiter über den Wanderweg ins Scharnitztal und zum wunderschönen Boden, hier dann nach links Richtung Rossbergrücken. Hier ließ ich mich von einer schönen Steigspur (Gemsen) verführen sehr direkt den Hang hinaufzusteigen. Die Spuren verlieren sich oben und ich gelangte etwas mühsam über sehr steile Graspleisen auf den Rücken.
Weiter über den Rücken an die Felsen des Teufelskopfes, links gehts über eine Schlucht auf diesen, ich stieg nun aber am Rand der Felsen nach rechts und querte auf Gamswechseln bis zur Mündung der Rinne von der Oberreintalscharte, ca. 2200m.

Hier ist der Einstieg. Man steigt kurz die erste Stufe hinauf, dann aber in die Rinne rechts, die schon bald in einen kaminartigen Schluf führt. Hier weiter rechtssteigen hinaus und durch die senkrechten überaus schönen glatten plattigen Felsen steil hinauf, bis zu einem nach rechts unter senkrechten Wänden hinaufführenden ausgesetzten Band, über das man den Ausfluss eines begrünten Schuttfeldes in der SW-Flanke erreicht. ca. 100hm, bester Fels, schönster Teil der Tour.
Durchgehend II, eine Stelle auch II+.

Nun am linken Rand des Schuttfeldes hinauf. Weiter über eine erdige Rinne auf die links begrenzende Rippe, über diese weiter hinauf, dann in die links daneben hinaufleitenden plattige Rinne. Hier wird das Gelände anspruchsvoller, glatte plattige Stellen, kleingriffig, dazu überall kleinsplittriger Schutt.
Stellen I-II, etwas unangenehm.
Man steigt bis in die deutliche Scharte unterhalb eines mächtigen Turmes. Hier erfolgt nun eine Querung durch steiles schuttiges Gelände, brüchig, ca 100m, 40hm aufsteigend, zu einer weitere durch zwei kecke Türmchen gekennzeichneten weiteren Scharte.

Hinter der Scharte in eine sehr unangenehme, brüchige und geröllige Rinne, am besten zunächst über eine kurze Rippe oberhalb der Scharte, die direkt zum Gipfel führt.
I.ca. 1,30 vom Einstieg.

Auch dieser schöne Gipfel hat kein Gipfelkreuz und Buch, lediglich eine alte Holzstange ziert den Gipfelsteinman. Dafür hatte ich diesmal ein kleine Spende dabei, ein Gipfelbuch im Marmeladenglas. Bin mal gespannt, wieviele sich da demnächst eintragen werden.

Am Gipfel genoss ich eine gute halbe Stunde die schöne Aussicht, die nach N + S frei, im O von den Dreitorspitzen und Westen vom Zugspitzmassiv begrenzt wird. Klasse Tiefblick ins Oberreintalkar und Scharnitzkar, sowie zu den kühnen Kletterzacken von Scharnitz- und Schlüsselkarspitze.

Der Abstieg erfolgte über den gleichen Weg, erforderte jedoch aufgrund des sehr anspruchsvollen Geländes ein gehöriges Mass an Aufmerksamkeit und Vorsicht, insbesondere im oberen Teil, sodaß ich gut 2h dafür benötigte. Bin allerdings auch megavorsichtig abgestiegen, ein Sturz hier hat absolut tödliche Folgen, denn es geht sehr steil abwärts über gut 300-400m  senkrechte Wandfluchten, da bleibt nur was für die Geier übrig.

Bei der Querung ist zudem darauf zu achten, möglichst tief abzusteigen, da man sonst wieder auf den W-Grat kommt, der Stellen bis III+ laut AV - einzelne Steinmänner und eine gute Steigspur sind da etwas verwirrend.

In der mittleren Rinne ist das Gelände aufgrund einger plattiger Stellen mit schöner Splittauflage auch mit Vorsicht zu geniesen. Erst ab dem Schuttfeld entspannt sich die Lage. Die letzten 100hm sind dann, wenn man sich aufgrund der Ausgesetztheit mal überwunden hat, Dank des festen plattigen Felses ein Genuss - schöne Griffe und Tritte.

Über die Schuttreise unterhalb gehts dann bequem und flott zum Scharnitzboden hinab, wo man wieder auf die markierten Wanderwege trifft und in 1,30 wieder beim Auto ist.

Fazit:
Absolute megageile Abenteuertour im sehr anspruchsvollen Gelände, eine längere Passage II/II+, sonst viel I und Gehgelände. Deutlich schwerer als der Hinterreintalschrofen vor einer Woche.
Megaeinsam. *****-Tour, mit Wiederholungsanspruch.
ca. 5h aufwärts, 4h abwärts.

Keine Markierungen, nur wenige Steinmandl. Orientierungssinn und Gespür für das Gelände sind gefragt.
Im AV-Führer ist die Tour knapp und gut beschrieben.

Unbedingt Helm aufsetzten, sehr steinschlaggefährdet, besonders wenn mehrere Unterwegs sind, da man das Auslösen von Steinschlag absolut nicht verhindern kann.
Grödeln sind im losen Schutt recht hilfreich. Mit den Stöcken ist das so ne Sache, beim Klettern sind sie eher hinderlich, im Schutt und steilen Geschröff doch hilfreich.
Klettersteighandschuhe verhindert aufgerissene Hände, der Fels ist sehr scharf und rauh!

Wetter:
Absolut traumhaft für diese Tour, genau die richtige Temperatur, morgens noch um null, in der Wand dann angenehm warm.
Dürfte im Sommer nicht so zu empfehlen sein, eher Herbsttour.

Tourengänger: kardirk


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Kommentare (4)


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83_Stefan hat gesagt:
Gesendet am 11. November 2011 um 09:29
Hallo Dirk, da weiß ich ja genau, was nächstes Jahr zu tun ist. Klasse Tour, klasse Bericht - Danke!

algi hat gesagt:
Gesendet am 11. November 2011 um 11:16
Hallo Dirk,

wirklich eine vorbildliche Doku, dieses sicherlich nicht oft begangenen Weges. Die kann auch ich im nächsten Jahr bestimmt ganz gut gebrauchen.

Berg Heil und viele Grüße aus Schnaittach
Albert

Numa hat gesagt:
Gesendet am 11. November 2011 um 11:24
Whow, wirklich eine sehr coole Tour!

Schmiger hat gesagt:
Gesendet am 13. November 2020 um 18:56
Mal ein Update - die Tour heute gegangen, noch den Teufelskopf mit dran gehängt (man kann nicht minder brüchig rüber queren wenn man im Abstieg aus der langen unangenehmen Querung einfach weiter quert) und dann die Rinne von der Oberreintalscharte hinab wieder raus...

Das Marmeladenglas existiert auch noch 9 Jahre später, das Büchlein hat nur wenige gefüllte Seiten, meine Eintragung heute war Nr. 31 seit dem es oben ist ;-)


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