Muot da Munt (2385 m), Piz Tgietschen (2926 m) und Piz Posta Biala (3074 m)


Publiziert von PStraub , 1. November 2011 um 07:45.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:31 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Bifertengruppe 
Aufstieg: 1500 m
Kartennummer:1213

Vor gut zwei Jahren habe ich die westliche Seite der Alp da Glivers näher angeschaut, heute sollte es die östliche sein. Den Schnee hatte ich zwar in die Tourenplanung einbezogen, aber nicht konsequent genug ..
 
Den Muot da Munt erreicht man von Trun aus auf markierten Bergwegen. Leider gibt die Online-Karte das Netz der Wege dort oben nur mangelhaft wieder, eine ganze Reihe sind dort nicht eingetragen. Der Muot da Munt ist ein ausgezeichneter und leicht erreichbarer (T2) Aussichtspunkt.
 
Von hier aus hatte ich geplant, dem Hang - etwa die Höhe haltend - zur Fuorcla Posta Biala zu folgen. Das Gelände ist zwar stellenweise echt steil, aber wer dem Gemsen-Instinkt vertraut, kommt da gut durch. Gemsen hassen Schutthalden und weichen ihnen aus, wenn sie können. Darauf hatte ich vertraut. Dass dort oben jedoch an den kritischeren Stellen richtige Wegspuren zu finden sind, hätte ich doch nicht erwartet. Das bewegt sich zwischen T3 und T5 an ein paar heikleren Stellen.
Gemsen hats reichlich dort. Ich konnte dort zuschauen, wie sich die rammligen Böcke kreuz und quer durchs Gelände hetzen.
 
Auf ungefähr 2600 m erreiche ich die Schutthalde, die sich von der Fuorcla Posta Biala herunter zieht. Der Schutt hier ist schneebedeckt und der Schnee ist griffig und trägt. Der Aufstieg zur Passhöhe ist also fast geschenkt.
 
Am Grat bläst ein bissiger Wind, ich bin froh, Handschuhe dabei zu haben. Der Aufsteig zum Piz Tgietschen folgt dem Blockgrat und ist - trotz Schnee - allenfalls ein T4. Die vielleicht 20 m vom unscheinbaren Gipfel hinten hinunter muss man etwas aufpassen, dann steht man auf dem Südostgrat des Piz Posta Biala. Diesem zu folgen wäre das Einfachste, aber hier hats jetzt doch entschieden zu viel Schnee und Eis auf den Blöcken.
Also traversiere ich den Hang zu einem markanten Couloir, wo ich auf einfachere Verhältnisse hoffe. Die gut 300 m sind eine Plage. Der Schnee ist in mehreren Schichten vereist, trägt aber nicht. Ständig breche ich durch eine oder mehrere dieser Schichten durch. 
 
Am Gipfelhang des Piz Posta Biala versuche ich es zuerst mit Klettern. Das geht gut, bis mir praktisch am Grat oben eine griffarme Platte den Weg versperrt. Also zurück und Versuch, mit Steigeisen ein steiles, schneegefülltes Couloir zu begehen. Das geht leidlich, manchmal ist der Schnee vereist, manchmal breche ich durch. Doch als ich den Grat erreiche, sehe ich, dass ich zu weit östlich bin. Ein Turm verstellt mir den Weg zum Gipfelkreuz. Ich versuche eher halbherzig, diesen zu übersteigen. Im Sommer wäre das geschenkt (weiter unten hätte es auch gute Bänder), doch mit all dem Schnee, Eis und Wind ist es mir zu heikel und ich lasse es bleiben, ich war ja schon 1994 und 2003 mal dort (ab Puntegliashütte).
 
Der Abstieg durchs Couloir geht noch einigermassen gut, doch die nächsten paar Stunden sind der blanke Horror. Wie üblich bei Erkundigungstouren hatte ich für den Abstieg eine andere Route als für den Aufstieg vorgesehen. Nämlich direkt in der (sanften) "Falllinie" hinunter und dann den Hang zurück Richtung Trun queren. 
Nur war jetzt der Schnee weicher und hat nicht mehr getragen. Ich weiss nicht, wie oft ich in ein Loch zwischen Felsblöcken eingebrochen bin und wie oft ich mir dabei an einem Stein entweder ein Schienbein oder ein Knie zerschunden habe. Und da ich zu weit Richtung Alp da Glivers abgestiegen war, durfte ich zu guter Letzt noch eine Querung durch wirklich steile Hänge im Val Biala anhängen ..
 
Doch irgendwann sass ich in Trun vor einem Bier, da war meine Welt schon wieder in Ordnung.
 
Neben den zwei "ganzen" (Muot da Munt und Piz Tgietschen) und zwei "halben" (Fuorcla Posta Biala und Piz Posta Biala) HIKR-Erstbegehungen konnte ich die drei Granit-Zacken Piz Ner, Piz Scantschala und Piz Curtin einmal aus der Nähe betrachten. Meine erste Analyse: kein Gelände für Alleingänger. Und vor allem keines, wo es bei der Begehung Schnee in den Flanken haben darf. 
Zwischen Scantschala und Curtin ist der grosskristalline Punteglias-Granit im Schutt und im Anstehenden zu sehen, sonst dominiert zwischen Muot da Munt und Piz Posta Biala eher ein feinkristalliner Granit (Aptit?). Dieser ist kreuz und quer mit hellen Adern und Gängen durchzogen, der Fels muss also schon einiges mitgemacht haben - was auch Kristallfunde in der Umgebung belegen.
Und einmal mehr: Die obere Surselva verdiente mehr Aufmerksamkeit!

Tourengänger: PStraub


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Kommentare (2)


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ma90in94 hat gesagt: Ner und Scantschala
Gesendet am 1. November 2011 um 16:08
Hallo Peter
Piz Ner und Piz Scantschala gehören zu den Problembergen für normal tüchtige Einzelgänger.
Ich hab mich mal 2003 von der Punteglias Seite an beiden versucht, bin aber gescheitert.
Die unteren Hänge der Valetta Largia enden in einer Wandstufe über den Schutthängen. Ich fand keinen leichten Durchstieg, den ich auch sicher im Abstieg wieder meistern könnte. Typ plattig, grasig.
Noch schlimmer war der Einstieg in die Felsen des Piz Scantschala aus der Valetta Stretga ca. 2650 m über die Nordostroute. Sehr unangenehmes Gelände, brüchig, feucht und erdig. Dazu durchgehend steil und unübersichtlich, man weiß gar nicht so recht wohin steuern.
Ich war froh, dass ich den Versuch abbrechen musste, da bereits schon gegen 12 Uhr von Westen dicke Donnerwolken heranzogen. Heute ging der Hitzesommer 2003 zu Ende. Schon in der Rinne erwischte mich der erste Guss, wo ich aber noch gut unterstehen konnte. In der folgenden Regenpause schaffte ich es dann bis zur Hütte. Außer dem Wirt war die Hütte leer.
Er hatte mich beobachtet und seine wilden Kommentare und Vorwürfe waren schlimmer als das Unwetter vor der Hütte. Für Leute wie mich müssen die Retter ihr Leben riskieren.

Auf einem Deiner Fotos von der Piz Avat Tour sieht die breite Schuttrine zum Nordgrat bzw. Flanke des Piz Ner gut gangbar aus. Das wäre dann mal meine nächste Hoffnung.
Mittels der Schuttrinne kann auch ein Versuch am Scantschala erfolgen. Bin aber nicht sehr zuversichtlich.
Gruß Günter

PStraub hat gesagt: RE:Ner und Scantschala
Gesendet am 1. November 2011 um 17:49
Danke für die Mitteilung. Es gibt also doch Versuche an diesen Gipfeln.
Ich denke, man müsste die richtig ernsthaft "untersuchen", dann fänden sich Routen dort. Halt wie es seinerzeit der Vermesser Weber gemacht hatte. - Ich werde die Fotos mal gründlicher analysieren.
Ungefähr zur gleichen Zeit wie du, am 16. und 17.09.2003, war ich ebenfalls in der Punteglias-Hütte. - Und, ja, der gute Fridli Freuler kann schon mal ausrufen. Aber das geht meist schnell vorbei.


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