Corni di Nibbio: Traverse


Publiziert von filips , 10. Oktober 2011 um 02:32.

Region: Welt » Italien » Piemont
Tour Datum: 8 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 2700 m
Strecke:Alpe Vercio - Cima Corte Lorenzo - Corni di Nibbio - Bocchetta di Valfredda - P. Proman - Alpe della Colma
Zufahrt zum Ausgangspunkt:SBB + Tren Italia to Mergozzo
Zufahrt zum Ankunftspunkt:SBB + Tren Italia to Premosello
Unterkunftmöglichkeiten:Bivouac at Alpe Vercio (water), Refugio at Alpe della Colma
Kartennummer:1:50'000 #285 Domodossola

Corni die Nibbio: Traverse

Dieser Grat geisterte schon lange in den Tourenideen umher und stand für Assoziationen mit allem, was man am Bergwandern halt so liebt. Jetzt hat's geklappt und es resultierte ein wunderschönes tages-, seelen und geistesfüllendes Programm. Die Corni di Nibbio halten, was sie versprechen!

Eine Routenbeschreibung:
  • Cima Corte Lorenzo: Markierter und gesicherter Aufstieg. T4
  • Pt. 1505: Abstieg von der Cima Corte Lorenzo dem Grat entlang, Schwierigkeiten Vall d'Ossola seitig umgehend bis zu einem Felsschlitz. Dort rüberwechseln auf die Val Grande Seite und steil durch ein Grascouloir runter. Sobald möglich nach links in ein nächstes Grascouloir wechseln, weiter durch dieses hinab und zuletzt an einem Baum durch eine überhängende Verschneidung in die Lücke abseilen. Von dort direkt auf dem Grat (II-III) oder Val Grande seitig hinauf auf den höchsten Punkt. T6, 1h
  • Pt. 1520: Direkt auf dem Grat abklettern (steil, exponiert, II) bis zur nächsten Lücke, dort Val Grande seitig abseilen und entlang der Felswand weiter absteigen. Sobald möglich, wieder hinauf und mehrheitlich alles in der Flanke rauf zum höchsten Punkt.
    Variante: Anstatt abzuseilen lässt sich der Grat wohl auch weiterverfolgen (ca. III, absicherbar), der Zwischenabstieg nach diesem Gratstück sah machbar aus. T6, 40min
  • Torrione di Bèttola: Über einen herrlich griffigen Kraxelgrat weiter zur nächsten Lücke und über einen Grashang, zuletzt einige Felsriegel (II) schnell hinauf auf den nächsten Gipfel. T5, 20min
  • Bocchetta del Lavatta: Rüber zum Vorgipfel (eine kurze Stelle III, nicht exponiert) und direkt auf dem Grat steil hinab (exponiert, II). Weiter auf dem Grat oder Schwierigkeiten Ossola-seitig in steilem Gras umgehend. Den letzten Absatz vor der Bocchetta dann in einem grossen Rechtsbogen in steilem Gras umgehen (abseilen an Bäumen wäre gut möglich) und zuletzt wieder nach links zur Bocchetta zurückqueren. T6, 50min
  • Pizzo delle Tre Croci: Auf dem Grat und in der Flanke auf den Gipfel. T5+, 40min
  • Passo del Tita (gemäss der Beschreibung auf alpi-ticinesi.ch): Auf dem nun leichterem Grat weiter (T4), bis er dann wieder zunehmend felsiger und schmaler wird. Den letzten, sehr steilen Absatz runter zum Passo sind wir abgeseilt. So reduziert sich die Schwierigkeit auf T5, 1h (wesentlich schneller als gedacht)
  • Pizzo del Lesino: Die auf alpi-ticinesi.ch beschriebene Erhebung sind wir Ossola-seitig auf dem besagten Band umgangen, was gut ging (T6). Dann weiter, teils auf dem Grat, teils in der Flanke, durch Erlen und Alpenrosen, rauf zum Lesino. T5, 1h
  • Bocchetta di Valfredda: Rüber zum Nebengipfel und alles direkt auf dem Grat oder wenig daneben runter (steil, exponiert, II). Der Grat macht dann einen Rechtsknick nach Osten und schon von oben erkennt man eine deutliche Lücke im Grat, ca. weitere 40hm tiefer nach dem Knick.
    Diese Lücke erreicht man schnell & leicht, indem man den Grat Val Grande seitig über Gras  und Alpenrosen umgeht. In dieser Lücke befindet sich eine von Menschen aufgeschichtete Trockenmauer.
    Von dieser Lücke zieht ein System aus zwei Couloirs hinab zur Bocchetta di Valfredda, getrennt durch eine Mittelrippe. Das östliche Couloir endet direkt bei dieser Lücke.
    Zuerst durch dieses östliche Couloir runter bis es felsig wird. Über diesen kurzen Felsriegel noch hinab, das Couloir würde jetzt noch felsiger, enger und steiler werden. Ein Einschnitt in der Mittelrippe vermittelt nun den Übergang ins westliche Couloir. In diesem weiter durch steiles Gras hinab und sobald möglich zurück nach rechts auf die Mittelrippe und weiter über diese hinab. Nun wieder zurück zum östlichen, nicht mehr sehr ausgeprägten Couloir und weiter hinab bis zur Abseilstelle  mit Schlinge an einem Felsblock. 50m runter und leicht nach Westen zur Bocchetta traversieren. T6, 1h
  • P. Proman: Nicht mehr schwierig, aber botanisch... Wir sind nur ca. 30hm abgestiegen und dann gleich die erstbeste steile, nur dank den Erlen und Alpenrosen begehbare Rinne hoch (T6). Danach sind wir alles Richtung NW traversiert, über einen Kamm hinaus, mittels Wildwechseln, durch viele, viele Erlen hindurch, bis wir die nördliche Bachseite erreichten. Durch diese Flanke dann schnell und wesentlich weniger grün rauf auf den Nordgrat und über diesen auf den Gipfel. T4, rund 90min
    Wesentlich weniger nerv- und kräfteraubender - und somit auch schneller - ist es wohl, noch ein wenig weiter abzusteigen. Wie auch immer, gibt es hier mehrere Varianten, wobei das Ziel von allen sein wird, möglichst bald die kaum verwachsene Flanke nördlich des Bachs zu erreichen. Es handelt sich hierbei um den auf der Karte erkennbaren Bach, der in jenem Tal verläuft, das sich vom Proman ziemlich genau in Richtung NE niedersenkt.

Einige Bemerkungen:
- Viele Fotos mehr gibt's auf: http://www.kition.net/logbook/traverse-of-corni-di-nibbio
- Höhenmeter von der Cima Corte Lorenzo bis zum P. Proman gemäss meiner Uhr: 1850m - ein ständiges Auf + Ab.
- Die Beschreibung ist zwar länger geworden als ursprünglich angedacht, dennoch erübrigen sich glaub's eingezeichnete Routenverläufe und dergleichen. Die Routenführung ist meist logisch und ein schlauer Weg so gut zu finden. Ansonsten geben wir gerne Auskunft.
- Gestartet sind wir von der Alpe Vercio, welche wir am Vorabend spät mit dem letzten Zug von Mergozzo her erreichten. So ergab sich dann eine 12-stündige Gesamtdauer.
- Die Corni di Nibbio sind wahrlich eine trockene Angelegenheit: ab Alpe Vercio kein Wasser mehr. Wasser gibt's einzig mittels einstündigen und längeren Umwegen, am kürzesten glaub's bei der Bocchetta del Lavatta (mehr auf alpi-ticinesi.ch)
- So eignet sich diese wohl auch als bester Biwakplatz, falls man nicht alles an einem Tag machen will. Ein sehr schöner Ort, bestens geeignet für ein anständiges Lagerfeuer.
- Ausrüstungsmässig: 50m Seil, ein paar Reepschnüre, Klettergurt, Abseilgerät. Beni hat ausserdem das ganze in besseren TrailRunning-Schuhen gemacht.
- Empfehlenswert ist die deutsche Google-Übersetzung der vereinzelten italienischen Begehungsberichten: Da steigt man dann plötzlich mittels Doppelklicks zu Düsen hinab, fährt Ski an steilen Rhododendron-Hängen, nimmt Autobahnausfahrten und erklimmt Schnitzereien in der Nähe von Polizisten - sehr unterhaltsam :-)
- Wer eine Maniküre geplant hat oder nach dem Geburtstag noch einen Gutschein dafür rumliegen hat, soll den Termin ruhig auf nach der Tour legen: es wird nötig sein. In der Alpe della Colma lag das Wort "Handcreme" in der Luft und erst als es der eine auszusprechen wagte, pflichtete der andere schnell bei. Unsere Hände fühlten sich auf jeden Fall eher wie Schleifpapier an, wir sind uns das halt nicht gewohnt ;-)
- Die Schwierigkeit ist für mich noch schwierig einzuschätzen. Zu klettern gibt's nie mehr als eine III, meist II und darunter, zum Teil allerdings brüchig. Häufig ist es schon sehr steil, aber das subjektive Gefühl der Ausgesetztheit kam bei uns nicht so stark auf - die vielen Bäume und Sträucher geben einem ein zweifelhaftes Sicherheitsgefühl. Auf jeden Fall schadet es nicht, wenn man's gerne auch mal ein wenig botanisch hat und sich an herzhaften Grasbüschel, Erlen, Alpenrosen, Wurzel, etc. -Griffen so richtig erfreuen kann. Ein guter Indikator ist der erste Abstieg von der Cima Corte Lorenzo: so geht's den ganzen Tag weiter :-)
- Die Corni di Nibbio lassen sich an langen Sommertagen wohl auch als Tagestour meistern. Wir hatten beide recht schwere Rucksäcke mit Biwakmaterial, viel Mampf und Beni hatte auch noch eine überflüssige Flasche Wein (aber das ist eine andere Geschichte...). Ohne all das und dafür mit viel Wasser wär's möglich.
- Am nächsten Tag sind wir noch auf dem Grat weiter zur P. della Rosolla und der Cima Saler und runter nach Premosello. Ein schöner Abschluss, bereits gut beschrieben von Zaza.

An dieser Stelle möchte ich gerne auch einmal all jenen ganz herzlich danken, von denen ich immer nur schamlos profitiere. Dank zahlreichen von Euch publizierten Berichten durfte ich schon einige schöne Touren machen, auf die ich sonst nie und nimmer gekommen wäre. Manche Berichte ersetzen ja auch glattweg einen Tourenführer. Und Inspirationen gibt es jeden Tag. Vielen Dank für Eure tollen Berichte!

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English:
  • Cima Corte Lorenzo: marked and sometimes secured. T4
  • Pt. 1505: Descent from Cima Corte Lorenzo along the ridge, passing difficulties on the Vall d'Ossola side, to a small slit in the ridge. There over to the Val Grande side and down a grass couloir. As soon as possible to the left to the next grass couloir. Further down and abseil down to the breach. Up over the ridge (II-III) or in the Val Grande flank to the highest point. T6, 1h
  • Pt. 1520: Climb down directly over the ridge (steep, exposed, II) to the next breach. Abseil down to the Val Grande side and follow the rock wall further down. As soon as possible back up to the ridge and to the highest point. T6, 40min
    Alternative: follow directly the ridge from the breach (ca. III, protection possible). The next part seemed feasible.
  • Torrione di Bèttola: Over a nice climbing ridge to the next breach and back up, over some rocks, to the peak. T5, 20min
  • Bocchetta del Lavatta: Down to the secondary peak and directly down the ridge (exposed, II). Further down the ridge or through steep gras on the Ossolla side. Before the last step down to the Bocchetta a big traverse to the right, down through steep grass and lastly back left to the Bocchetta. T6, 50min
  • Pizzo delle Tre Croci: On the ridge or in the flank. T5+, 40min
  • Passo del Tita (see alpi-ticinesi.ch for this part): On the now easier ridge (T4), it then gets again smaller and with more rocks. The last step down to the Passo we abseiled which reduced the difficulty to T5, 1h (a lot faster than thought)
  • Pizzo del Lesino: The bump noted on alpi-ticinesi we passed on the path on the Ossolla side which went quite well (T6). The over alpine roses, through alders and stuff over the ridge or in the flank to Lesino. T5, 1h
  • Bocchetta di Valfredda: Over to the secondary peak and directly down the ridge (steep, exposed, II). When the ridge turns to the right/east one can avoid this part of the ridge on the Val Grande side. Already from the top one can see the breach in the ridge which one has to reach (there's a little human made dry stone wall in this breach).
    From this breach down to the Bocchetta there's a system of two couloirs with a small ridge in the middle of them. The eastern couli ends at this breach.
    Down through this eastern couli until it gets rocky. Down over this short rock barrier (the couli would get even steeper, rockier and narrower) and a easy small passage in the middle ridge gives the possibility to cross over to the wester couli. Down throught this western couli in steep grass and as soon as possible cross back over to the middle ridge. Down this ridge and back to the eastern couli. Furhter down to a spot to abseil, equipped with a sling. 50m down and an easy traverse to the left to the Bocchetta. T6, 1h
  • P. Proman: Not very difficult any more, but very botanical. The aim is to reach to northern flank of the creek that's running through the valley, which descends more or less in NE-direction from P. Proman. To reach this flank, descent from the Bocchetta and try to traverse over to this flank. Up this flank which has a lot less alders to the N ridge and to P. Proman.
1850 height meters from Cima Corte Lorenzo to P. Proman, no water, more photos on www.kition.net, bring your harness, 50m rope and some slings, stuff to abseil, Bocchetta del Lavatta is a good spot for a bivouac (1h round-trip to get water)

Tourengänger: filips, Variabel


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Kommentare (5)


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Zaza hat gesagt: Toll gemacht!
Gesendet am 10. Oktober 2011 um 07:45
...das ist eine alte Traumtour von mir. Ich muss wieder mal Ferruccio beschwatzen, ob er mich mitnimmt!

Gruess und gute Heilung der gebeutelten Hände ;-)

zaza

Alpin_Rise hat gesagt: RE:Toll gemacht!
Gesendet am 10. Oktober 2011 um 10:10
Oder mach den Rais haiss!

Nach so viel nicht veganen Schuttbergen möcht' ich mir gerne mal etwas Vegetarisches unter den Nagel reissen - was hier ja sprichwörtlich zu verstehn ist.

Schöne Tour und gute Doku, danke!
G, Rise

tapio hat gesagt: Einfach aussergewöhnlich!
Gesendet am 10. Oktober 2011 um 14:24
Wie für zaza, ist das eine sehr alte Traumtour von mir.
Aber es ist ein bisschen zu schwierig für mich.
Danke für den Bericht.

Congratulazioni e saluti,

tapio

ABoehlen hat gesagt:
Gesendet am 10. Oktober 2011 um 15:15
Gratulation zu dieser Leistung und merci für den detaillierten Bericht! Diese Bergkette bewundere ich jedes Mal wenn ich in der Gegend weile. Für mich wäre deren Überschreitung allerdings eine Nummer zu gross.

Gruess
Adrian

Schneeluchs hat gesagt: Gratuliere
Gesendet am 28. Oktober 2012 um 14:24
Super Bericht, tolle Tour :)


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