Cap. Basodino - Cap. Cristallina


Publiziert von zounds , 21. September 2011 um 23:11.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:16 September 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Cristallina   Gruppo Pizzo Castello   Gruppo Pizzo San Giacomo   Gruppo Basodino   Gruppo Grieshorn   I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2600 m
Abstieg: 2600 m
Strecke:Cap. Basodino (1865), Randinascia, Lago dei Matörgn (2450), Btta di Val Maggia (2635), San Giacomo (2254), Pizzo Grandinagia (2774), Lagi dei Cavagnöö (2323), Lago Sfundau (2392), Cap. Cristallina (2568)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Bus oder mit dem Auto nach San Carlo am Ende des Bavona-Tals (Locarno-Maggia-Bignasco-Cevio-San Carlo). Von dort mit der Gondel (grosser Parkplatz an der Talstation) hoch zur Cappana Basodino/Lago di Robiei.
Unterkunftmöglichkeiten:Cappana Basodino CAS, Cappana Cristallina CAS

Was für eine Hammer-Tour! Aber der Reihe nach ...

Nach langer und mühevoller Suche nach freien Hüttenplätzen für eine 2 oder 3-Tages-Tour sind wir schliesslich im Tessin gelandet und haben rund um die Capanne Basodino und Cristallina eine «kleine» Tour gebaut. Die gewählte Richtung/Abfolge hat einen wichtigen strategischen Grund: Für den zweiten Tag wollten wir etwas flexibler sein was die Wegstrecke angeht. Die lange Tour mit dem Abstecher nach Italien war gesetzt – und für den Weg von der Cristallina zur Basodino gibt es definitiv mehr Möglichkeiten als umgekehrt. Damit lagen wir perfekt richtig, wie sich noch herausstellen sollte.

Tag 1
Wir sind am Donnerstag angereist, mit der Gondel hoch zur Hütte gefahren uns haben uns in der Capanna Basodino (1856m) einquartiert. Eine schöne alte Hütte, gelegen in dem Kessel am Lago di Robiei (Stausee), umringt von mindestens 2500 Meter hohen Bergen, östlich beherrscht vom Basodino-Gletscher und nach Süden mit einem weiten Blick ins Bavona-Tal. Herrlich. Das Essen war dann leider nicht so herrlich (ziemlich versalzenes Risotto, am Morgen sehr spärliches Frühstück, Kaffee fast ungeniessbar) ...

Am Freitag machen wir uns um 7 Uhr auf den Weg und beginnen gleich mit einem steilen Aufstieg. Durch die Lage der Hütte ist das unumgänglich – egal in welche Richtung man läuft. Der Weg gabelt sich schon nach wenigen hundert Metern, wir wählen die südlichere Route durch die Randinascia Hochebene. Dort in der Morgenstimmung in völliger Einsamkeit durchzulaufen ist auch ein gleich ein erstes Highlight. Jack und Joe, auf der Suche nach dem goldenen See sind in Hochstimmung :-)

Nach etwa 2.5 km geht es rechts auf einen Blau-Weissen Pfad in Richtung Lago dei Matörgn. Nach einer einfachen Kletterstelle stehen wir nach kurzer Zeit auch schon am Wasser, geniessen die Stille und den Duft des Morgens. Der weitere Weg zum Passübergang nach Italien wird immer stärker durch den Gletscher beherrscht, das Grün aus der Ebene weicht immer mehr den vielfältigen Grautönen der Felsen. Kurz vor dem Pass treffen wir auf eine grosse Steinbockfamilie, die sich über den ganzen Hang verteilt. Die Frauen flüchten leider in letzter Sekunde vor uns ... die Männer lassen uns mässig interessiert passieren ... auf dem Pass angekommen treffen wir den einzigen (!) Menschen an diesem ganzen Tag! 

Nach steilem Abstieg nach Italien an den Laghi Boden – Schade um die Höhenmeter – geht es mit herrlichem Blick Richtung Wallis weiter durch die Hochmoorebene bis nach San Giacomo. 20 Minuten Mittagspause ... wir liegen deutlich über der Zeit ... Dann ergibt sich die erste Navigationsschwierigkeit. An der kleinen Kirche müsste eigentlich eine Wegkreuzung sein, der Wegweiser besteht jedoch nur aus drei Tafeln – der Hinweis Richtung Südosten fehlt, ein Pfad ist auch nicht auszumachen ... auch nicht ein paar hundert Meter weiter. Seltsam. Das GPS sagt uns auch nicht anderes: hier muss ein Weg sein. Also laufen wir einfach los ... und siehe da, nach einem halben Kilometer kommt der Weg wieder langsam zum Vorschein. Dieser führt in Richtung der bedrohlichen Nordflanke des Pizzo San Giacomo bis an eine scharfe Abrisskante. Und hier beginnt der lange und beschwerliche Aufstieg zum Passo Grandinagia. Also steil hinab in den Kessel über sehr viel Schotter, über ein Schneefeld und dann immer der Flanke entlang über grossen Felsschutt. Einen Weg gibt es nicht wirklich, doch kann man sich gut an Steinmännern und einigen wenigen Markierungen orientieren. Nur ist uns nicht ganz klar wo genau eigentlich der Passübergang sein soll ... etwa da ganz hinten in dieser steilen Flanke? Unmöglich ...

80 Minuten später wissen wir, dass es durchaus möglich ist. Der Weg hat sich über wieder langsam feiner werdenden Schotter auf den Pass hinaufgeschlängelt. Den kurzen Abstecher auf den Gipfel lassen wir uns dann auch nicht nehmen und erhalten so auf 2775 Metern Höhe einen sagenhaften Rundum-Blick. Das kann man nicht beschreiben ... einfach die Bilder anschauen!

Jetzt geht uns auch noch das Wasser aus. Ganz schlecht. Jack und Joe sind verzweifelt. Sollte das das Ende sein? In einer absolut einsamen, verlassenen Steinwüste auf dem Weg zum Lago dei Cavagnöö stossen sie dann doch auf frisches Wasser. Erleichtert füllen sie ihre Flaschen. Hier herrscht eine ganz eigene Atmosphäre ... wir sind definitiv auf einem fremden Planeten angekommen ...

Dann das zweite Navigationsproblem. Irgendwie scheint der Weg ausgelöscht worden zu sein. Wir treffen zunächst auf grau übermalte Markierungen, dann verliert sich der Weg ganz und wir laufen weglos an dem immer steiler werdenden Hang entlang, der sich zum See hin öffnet. Das Gefälle zieht uns förmlich nach unten und bald merken wir, dass es zu gefährlich wird weglos weiterzugehen. Wieder hilf das GPS und zeigt uns, dass weiter oben der Weg ist, war oder sein sollte. Also mühen wir uns den Hang weiter hoch und ... voilà ... da ist tatsächlich wieder ein sichtbarer Weg. Wirklich schwer zu finden, man sollte sich sobald man den See im Blick hat einfach möglichst weit oben halten, damit man hier den Anschluss nicht verpasst. Im folgenden Abschnitt oberhalb des Sees gibt es noch eine etwas längere aber einfache Kletterstelle (ca. 15 Höhenmeter) zu überwinden, ansonsten ist der Weg hier wieder gut markiert und schön zu gehen.

Wir sind jetzt bereits 9,5 Stunden unterwegs ... unsere Swisstopo Software hat uns das eigentlich als Marschzeit für die ganze Strecke errechnet ... und so langsam waren wir eigentlich gar nicht unterwegs ... trotzdem verbleiben noch einige Kilometer und 500 Meter Aufstieg bis zur Hütte, denn zunächst geht es vom Stausee auf einem kurzen Abschnitt der Zufahrtsstrasse wieder einiges nach unten. 

Also nochmals einen Powerriegel eingeschoben und die letzten Kräfte für den nächsten Abschnitt mobilisiert. Wieder geht es durch eine wunderschöne und wilde Landschaft ... die Verschiedenheit der Felsbeschaffenheiten auf der ganzen Tour ist so unglaublich schön ... wir sind erschöpft, verzaubert, glücklich ... und stehen auch schon bald am Lago Sfundau, der unterhalb der Capanna Cristallina liegt. Wie in Trance legen wir den letzten Anstieg zurück und kommen nach fast 19 Kilometer, 2150 Höhenmeter (Aufstieg) und 11,5 Stunden in der Hütte an.

Die moderne Hütte gefällt. Prächtig wie sich der lange Holzbau dort oben in die Landschaft einfügt. Ausserdem: Guter Service, gutes Essen, super Duschen ... spätestens nach diesen Wohltaten geht es uns wieder besser und wir bestellen doch noch einen halben Liter Merlot ... gleichzeitig beschliessen wir, für den Rückweg am nächsten Tag die kürzeste, direkteste Route zu wählen. Eigentlich wollten wir nochmal knapp 2000 Höhenmeter zurücklegen, doch der Körper sendet eindeutige Signale ...


Tag 2
Am nächsten Tag also auf dem gleich Weg zurück bis zum Stausee Lago die Cavagnöö, dann steil hoch Richtung Pizza dell Arzo und den langen steilen Abstieg wieder hinunter zur Gondelstation. Wie erwähnt gibt es für die Verbindung der beiden Hütten eine breite Auswahl an Routen, man kann hier also ganz nach Leistungsfähigkeit oder auch Wetter disponieren.


Fazit
Die erste Tagesetappe dieser Tour ist sehr lang und anstrengend, die 2150 Meter Steigung auf 19 Kilometer erfordern eine gute Kondition. Doch wer sich darauf einlässt wird fürstlich belohnt! Die rauhe Schönheit dieser Landschaft, die Ausblicke, die Ruhe und Einsamkeit sind einfach unbeschreiblich.

Abschliessend bleibt zu erwähnen, dass die Tour vom ersten Tag in der umgekehrten Richtung wenig empfehlenswert ist. Die Abstiege sind zu lang, zu steil, zu unbequem und die Kletterstellen führen alle abwärts. Da es auf dieser Strecke ausserdem keinerlei Abkürzungsmöglichkeit gibt, unbedingt auf das Wetter achten. Bei Nässe ist diese Route unbedingt zu meiden.

Tour mit Joe ... äh, Daniel.

Tourengänger: zounds


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»