Ein imposanter Felszacken über der Plauener Hütte - Rainbachköpfl (2690m)


Publiziert von Kris , 22. August 2011 um 15:08.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Zillertaler Alpen
Tour Datum: 6 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 900 m
Strecke:Adlerhorst - Zillergründl Stausee - Sonntaglahnerkopf - Plauener Hütte - Rainbachköpfl (&retour) 10,3km
Kartennummer:DAV Zillertal Ost

Der Wetterbericht für meinen letzten Aufenthaltstag im Zillertal verhieß erstmal nichts gutes - der eigentliche Plan lautete noch mindestens einen weiteren 3000er zu besteigen, was mich allerdings in Anbetracht der lächerlich kurzen Zeitspanne des Fahrbetriebs der öffentlichen Verkehrsmittel und des Wetters dieses Ziel vorläufig von der Liste streichen ließ. Als ich morgens aus dem Fenster sah war das allerdings alles Andere als schlecht - fast Kaiserwetter.

Zillergründl - Plauener Hütte über Sonntaglahnerkopf (T3- ,1-1 1/2h)

Planmäßig fuhr ich also erst einmal mit dem ersten Bus in Richtung Zillergründl (Ankunft knapp vor 10 Uhr - nicht gerade die bergsteigerfreundlichste Einstiegzeit, betrachtet man, dass etwas mehr als 7 Stunden später der letzte fährt.) Ich hielt mir zumindest das Hintertürchen offen, die Richterspitze (3052m) zu besteigen, je nachdem wie die Tour verläuft, was die Zeit sagt - das Klettersteigset für den neu eingerichteten Anstieg zur Richterspitze war eingepackt.

Startpunkt der Tour ist direkt an der Staumauer des Zillergründls, etwas über 1850m über Normalnull. Steht man dort erst einmal bei gutem Wetter, staunt man über das schöne Panorama - die hohen Berge - die meisten entweder knapp unter 3000 oder deutlich darüber, rahmen alle den malerischen Stausee ein, der wohl kaum blauer sein könnte. Nadelwälder über dessen Ufer verstärkt den Eindruck hier wohl eher in Kanada, als in Österreich, in der Nähe zur Grenze nach Südtirol zu sein.

Die ersten paar Hundert Meter legt man in einem beleuchteten Tunnel zurück, der durch die Südflanke des Plattkopfs (2574m) führt - danach wird der erste Kilometer der Tour auf einer meistens absteigend begangenen Fahrstraße begangen.(10-15min) Dort gelangt man an die Abzweigung zur Plauener Hütte, die man nehmen sollte ( es gibt auch eine zweite, allerdings zuvor mit deutlich mehr Fahrstraßenhatsch).

Der Weg ab der ersten Abzweigung führt eher mäßig ansteigend, teilweise über kurze Metall/Holzbrücken und ein paar Schrofen - immer mit tollem Blick auf das Zillergründl. Bald steigt man wieder etwas ab und gelangt in den Talkessel unterhalb der Reichenspitzgruppe. Von hier aus hat man einen perfekten Blick auf beide mögliche Tourenziele - Richterspitze und Rainbachköpfl - sowie die Hütte und den restlichen Aufstieg zu dieser. Nach der Überquerung einer Brücke über den Keesbach folgt der Schlussaufstieg zur Plauener Hütte - dieser ist teilweise drahtseilversichert (nicht notwendig) und bietet leichtes Schrofengelände (keine Hände notwendig) - bis man an eine Abzweigung gelangt, an der beide Wege zur Plauener Hütte führen. Hier sollte man den rechten, oberen nehmen, anstatt dem linken, über den die Schar der Hüttenbesucher aufsteigen. Also ab dann ein paar Minuten einsamer und vor allem auch mit einem Gipfelerfolg im Vorbeilaufen - dem Sonntagslahnerkopf (2314m) als Aussichtsloge par excellence auf das Zillergründl. Das man den Gipfel erreicht hat, ist unschwer an dem kleinen Kreuz und der Bank zu erkennen, in die auch der Name des Gipfels eingeschnitzt ist.


Plauener Hütte - Rainbachköpfl (T4, II, Hin und Zurück: 2h)

Von hier aus sind es nur ein paar Minuten bis zur Hütte - mittlerweile hatte ich mich entschieden, nur das Rainbachköpfl zu machen - das war mir lieber, da es zeitlich auf jeden Fall passen würde, als mich an der Richterspitze abzuhetzen, und schlussendlich den Gipfel doch nicht zu erreichen. Der Einstieg zum Rainbachköpfl ist etwas schwer zu finden - es ist nicht ausgeschildert.(wahrscheinlich um arglose Hüttenbesucher von einer Besteigung abzuhalten) Steht rechts an der Hüttenterrasse ein Wegweiser zur Zillerplattenscharte und zum Heilig Geistjöchl und links an der Hütte ein Wegweiser zur Richterspitze und Reichenspitzgruppe, liegt der Einstieg dazwischen. Am besten an den linken Wegweiser gehen und direkt an einem kleinen Nebenhäuschen hinter der Hütte auf verwitterte rote Markierungen und Pfadspuren achten. Nach etwa 100 Metern werden aus den verwitterten roten Markierungen, deutlich sichtbare weiß-rot-weiße.

Diesen kann man dann einfach und beruhigt folgen, bis zur rechts neben dem imposanten Rainbachköpfl gelegenen Scharte, es gibt es keine Orientierunsgsschwierigkeiten. Das Gelände besteht fast ausschließlich aus Schutt und Blockgelände, welches unschwierig an einem Felsriegel vorbei und immer näher an die Scharte führt. Immer im Blick die unnahbaren Felsabbrüche des Rainbachköpfls, kommt man da wirklich so ohne weiteres herauf, frage ich mich. Doch dann erspähe ich zwei Gestalten, die auf dem Gipfel stehen. Also bin ich doch nicht der Einzige, der sich daran versucht - immerhin. Es werden wohl außer mir die beiden einzigen Aspiranten an diesem Tag bleiben.  Kurz bevor man die Scharte erreicht, steilt das Gelände zunehmend auf. Es wird ein wenig rutschig, brüchig, die Hände kommen mal zum Einsatz, ein Drahtseil erleichtert den Schlussaufstieg. Aber alles noch kein Thema, im Vergleich zu dem, was nach der Scharte kommt - wer sich hier unwohl fühlt, sollte wohl besser gleich umdrehen.

Ab der Scharte führt auf der Rückseite des Rainbachköpfls durchgehend ein Drahtseil zum puristischen Gipfelkreuz. Was die Schwierigkeiten angeht bin ich mir nicht sicher, ja definitiv ist das kein I. Grad mehr, aber es hat ja ein Drahtseil (wenn auch keine Steighilfen. Ja es ist exponiert und sehr steil, die Kletterpassagen teilweise länger an einem Stück. Ist es nun T5, I oder T4, II oder etwas ganz anderes? Ich bin mir nicht sicher, bin für Vorschläge gern offen. Fakt ist, dass Ungeübte hier nichts verloren haben (was mir die Vermutung für den Grund dafür, dass es nicht ausgeschildert ist zu bestätigen scheint)
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Anfangs noch einfach die Flanke querend, häufen sich die Kletterstellen schnell. Erst im ersten Grad bauen sich vor dem Gipfel allerdings zwei Schlüsselstellen auf - beide mit einem labbrigen, dünnen und teils rostigen Drahtseil gesichert. Die erste Schlüsselstelle teilt sich in zwei Steilstufen auf - die erste unangenehm, aber wohl erster Grad. Vor der zweiten Steilstufe stand ich dann erst einmal recht ratlos, ein überhängender glatter Block und dazwischen auch viel "nichts" sprich Zwischenräume im Fels - perfekt Vorrichtungen um sich etwas auszurenken oder zu brechen, sollte man den Halt am Fels nicht sofort finden. Die Gedanken ans Umkehren, vlt 25 Höhenmeter vorm Gipfel schießen in den Kopf - doch, Halt - nach rechts sehe ich leichte Pfadspuren, kann man dort etwa hinausqueren? Ja , man kann - und dort über deutlich leichteres Schrofengelände aufsteigen (I) - das lose Drahtseil kann dabei sogar als Aufstiegshilfe mitgenommen werden!

Nach kurzem Gehgelände folgt dann auch sofort die zweite Schlüsselstelle, diese ist deutlich länger (etwa die besagten 25 Höhenmeter), teilweise wenig gutgriffig kann man sich da am Seil hochwuchten. Die Hände bloß fürs Gleichgewicht? Auf keinen Fall, waschechter II. Grad und ordentlich steil. Da kann man nur hoffen, das das etwas alt aussehende Drahtseil seinen Dienste tut.
Teils am Fels und manchmal erdige Tritte findend, geht es die Steilstufe hinauf. Nochmals volle Konzentration angesagt - kurz vor dem Gipfel wartet eine kurze, erdige Querung und dann steht man oben. Der Blick öffnet sich wieder hinunter zur Hütte, zum Stausee, dem Magnermassiv und vor allem steht man im Angesicht der Reichenspitzgruppe hautnah da. Toller Aussichtspunkt. Im Gipfelbuch rühmen sich teilweise Profilneurotiker mit ihren arrogant aufgeschriebenen Bestzeiten - ich bin froh, heil oben zu stehen. Viel besucht ist der Gipfel nicht, die Chancen stehen sehr, sehr gut, allein das Panorama genießen zu können.

Aber den Berg bezwungen hat man bekanntlich erst, wenn man heil wieder runter gekommen ist - also im Aufstieg nochmal Vorsicht. Teilweise ist man wirklich auf das Drahtseil angewiesen, die Tritte weit auseinander und klein. Langsam taste ich mich erst die zweite Schlüsselstelle hinunter, dann folgt die erste - wieder nehme ich das Drahtseil mit und wähle die einfache Schrofenvariante - die untere Steilstufe geht dann. Die anderen paar Kletterstellen sind dagegen recht einfach und so steht man recht schnell wieder an der Scharte, ab der im oberen Teil ein rutschiger Abstieg wartet. Ist man erstmal wieder im gewohnten Blockgelände, muss man nur noch auf die Markierungen achten (von oben  etwas schwieriger)


An der Hütte angekommen trinke ich mein obligatorisches Bergsteigergetränk, esse eine Backerbsensuppe und mache mich an den Abstieg, der sich doch noch ordentlich hinzieht - aber der fast stete Ausblick aufs Zillergründl entschädigt dafür in jedweder Weise.

Letztendlich bin ich 2 Stunden vor dem letzten Bus da - seis drum, das Rainbachköpfl war definitiv eine schöne und herausfordernde Tour - ein Berg, den nicht jeder in seinem Tourenbuch vermerken kann. Allerdings muss man eben anmerken, dass man den Schlussaufstieg an der Scharte nicht unterschätzen sollte - nur für Erfahrene geeignet!
Was die Schwierigkeitseinteilung angeht, bin ich wie gesagt für alle Vorschläge offen, da ich nicht recht weiß, wie man die Kletterstellen mit Fixseilen einstufen sollte.


Tour im Alleingang.


 KONDITION 2.5/5
ORIENTIERUNG 2.5/5
TECHNIK 3/5
EXPONIERTHEIT 3/5



Empfohlene Ausrüstung: unbedingt Bergschuhe, Trekking-Stöcke sind von Vorteil. Ein Klettersteigset hilft bei dem losen Drahtseil nicht wirklich - wenn dann nur zur psychischen Unterstützung. Schwache geher definitiv ans kurze Seil!


Tourengänger: Kris
Communities: Unbekannte Touren


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