"....ich würde gerne eine Bouillon bestellen....haben wir nicht!"


Publiziert von Henrik , 6. August 2011 um 14:38.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum: 1 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI 
Zeitbedarf: 6:00
Abstieg: 480 m
Strecke:San Carlo Ponte - Foroglio - Cavergno
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Postauto mit Zuschlag
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Unterkunftmöglichkeiten:Ostello in Cavergno
Kartennummer:map wanderland

.... unterhalb der Strassenbrücke in Bignasco haben die Ortsväter und Organisatoren des anstehenden 1. August’ einen Scheiterhaufen mitten in der Maggia errichten lassen – so kann man sich die Ortsfeuerwehr teilweise ersparen, trotzdem, ohne sie kann ein solches Fest nicht durchgeführt werden. Hinter der Post wurden gerade die Festbänke und –tische aufgestellt, wurde das Bord mit einem Flammenwerfer gesäubert (...) und erste Harassen zu Türmen aufgebaut. Davor hielten sich Gruppen von Ausflüglern parat, die entweder nach Fusio oder ins Bavonatal  wollten – der Wetterbericht hielt Wolken und Schauer im Angebot, und der entblössten Knien und Ellbogen gab es massenhaft. Zu viele Pfunde auch!
 
 .... das zuschlagspflichtige Poschti nach San Carlo im Val Bavona fährt nur gerade viermal im Tag – nur des sommers. Daher bilden sich bei diesen Postbussen zwingende Schlangen, denn die Gebühr wird handverlesen abgegeben. Später herrscht ein erhebliches Gedränge in diesem Bus, es wird eng, Behinderte finden so nicht mal Sitzplätze – vielleicht muss man auch der Postbus AG eine Reklamation zukommen lassen, diese Kurse zur selben Zeit im Doppel zu führen! Schliesslich sind wir unterwegs – die Pünktlichkeit spielt eine untergeordnete Rolle, in San Carlo fährt die Anschlussseilbahn abgestimmt. Wir verlassen den Bus an der vorletzten Station, setzen uns zuerst mal in das Ristorante Basodino, auf dessen PP gerade mal ein Auto hingestellt ist! Talabwärts hängt Dunst – noch ist nicht Mittag, schwülwarm aber trotzdem.


 .... von hier wandern wir zurück nach Cavergno – ausreichend Zeit vor uns! Daher bestimmt nicht das Tempo unser Ansinnen, sondern die Beschaulichkeit. Zuerst folgen wir dem Sentiero del Fondovalle, später ab Foroglio der Transhumanza. Die alten wrw-Wegmarkierungen sind grösstenteils in den letzten Jahren mit gelben Rhomben übermalt worden, das  wohl im Rahmen der Aufwertung und Bekanntmachung des Steinweges. Wer weder mit Karte umgehen kann und auch nicht so geübt ist im Suchen von Rhomben, kann vom Weg abkommen. Was im ZO durchaus unbeschwert begangen werden kann, hier ist hin und wieder sogar am Talboden Aufmerksamkeit zwingend nötig. Das Faltblatt ist sprichwörtlich zur Hand. In Gannarint wird im Oratorium zurzeit an der Restauration der Fresken gearbeitet. Am nördlichen Dorfausgang von Sonlèrt steht eine Sommer-Zeltstadt. Das Dorf scheint in sich zu ruhen, doch wie weit die Ruhe vorhanden sein kann, wenn der WW mitten hindurch führt? Dieser quert die Bavona auf einem grossen Holzsteg, die Landschaft wirkt sanft, doch die Wassermassen haben auch einen kleinen Steg derart in Mitleidenschaft gezogen und ihn vom WW weggeschoben, der ein paar Meter weiter südlich begangen wird. Zudem ... hier sind keine Markierungen einzusehen .... Seeger wäre das wohl nicht passiert: ich passe und horche, sehe Menschen vor dem Flussbett auf uns zukommen, da haben wir also den Weg wieder! Ich war mir anderswo im Tessin wesentlich sicherer ..ohne permanent mich mit diesen zu beschäftigen....


  .... kurz vor Foroglio eine düstere Wolkenwand, es fällt kein Regen, aber der Wind frischt auf. Es bleibt nicht aus, auch wir setzen uns an einen granitenen Tisch im La Froda (deren Eigenwerbung noch nachhallt: Wenige, dafür aber ausgesuchte und sorgfältig zubereitete Menü stehen auf der Karte und wir unternehmen alles, die Erwartungen unserer Gäste voll zu erfüllen) ... als ich um eine Bouillon bitte, meint der junge Mann vom Service, das gäbe es nicht! Ich bitte ihn in der Küche nachzufragen, denn in Küchen wird Bouillon bei fast allen Speisen implizit verwendet ... und so erhalte ich kurz darauf mein Schale klare Suppe, um meinen Salzpegel wieder aufzufüllen, eben! Edith hat sich Nahrungskarenz verordnet. Statt Wein trinke ich Tee. In der Rechnung schliesslich schlägt die Bouillon mit 8.50 zu Buche....


 .... wir brechen auf zum zweiten Teil: dazu halten wir es wie alle hier – dem mächtigen Tosen über die Fallkante wird Aufmerksamkeit gerecht wie auch ein paar Shootings. Auf der andern Strassenseite geht gerade eine Siegerehrung über die Bühne, für die Teilnehmer des Running-Anlasses von Cavergno nach Foroglio gelaufen zu sein – sozusagen eine 1. August-Einlage im Val Bavona. Danach hat uns die Stille wieder. Gut beschildert, die Percorso della Transhumanza, verbleiben wir bis Sabbione, sehen uns den Splüi der Familie Inselmini an (Faltblatt Punkt 7) und infolge eines Insektenstiches an Ediths Knie, der Kühlung aus Brunnen nötig macht, dann auf der Strasse nach Fontana. Im Grotto di Baloi setzen wir uns nochmals an einen Granittisch – für einen weissen Merlot. Die junge Frau, die uns bedient, kenne ich vom Eco-Cristallina in Coglio – an allen Tischen herrscht Hochbetrieb. Dazu der Kontrast der Landschaft, in der das Grotto liegt: am gegenüberliegenden Hang fällt sanft das Wasser des Ri di Cranzünasc über eine leichte Gefällstufe.


 .... den letzten Abschnitt des Spazierganges, so weit haben wir es nun doch gebracht, sind wir alleine unterwegs. Leider war mein Getrampel zu erschütternd, gerade sehe ich eine dunkel verzierte Schlange davon schlängeln ... schade, die hätte ich Edith gerne gezeigt. Im Gegensatz dazu entdecken wir Smaragd-Eidechsen. Bei Mulini quert der WW die Bavona erneut – die Steinbauten der Kraftwerkbetreiber stammen aus dem Jahre 1953, sozusagen Urgestein. Auch diesem begegnen wir kurze Zeit später analog zu den Felsen von Gannarint, mächtiges Blockgestein, den der WW in Serpentinen durchbricht. Ein alter Schiessstand ist im Uferbereich auszumachen, ein entfesseltes, jetzt trockenes Bachbett zeigt uns die Wucht der Wassermassen und seinem Geschiebe, ein Tohuwabohu. Der Blick wird weit, der Wald zieht sich zurück, wir gelangen zur Ebene, auf der Cavergno liegt – noch gilt es die Bavona erneut zu queren, dies auf einer Hängebrücke. Noch ein paar Meter weiter, wir sind wieder „Zuhause“. Edith meint, wir sollten uns doch noch  zwei Plätze in der  Pizzeria al Torchio reservieren lassen, da wohl die Einheimischen und Gäste des Tales sich vor dem Augustfeuer die Bäuche vollschlagen würden – wie recht sie hatte. Kaum schlug es 21 Uhr, zogen die Festbesucher ab: wir hatten die Pergola für uns.

 .... unbedingt zu empfehlen ist der Besuch der Kirche in Caverngo: einmal der Farbgebung (Pop-Art-mässig) und zweitens wegen des versilberten Sarkophags im Kirchenschiff. Auch der gusseiserne Tor- und Türbogen hat es in sich – reich verziert.

 .... irgendwie hingen unsere Gedanken an diesem Abend in Somalia fest ...während in Bignasco Funken in den Himmel schlugen...  

 
  

Tourengänger: Henrik


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