Der Start in unsere Engadin-Ferien war zumindest wetter-mässig nicht gerade geglückt: vom Sonntag bis Mittwoch mehrheitlich Regen, durchsetzt mit ein paar "blauen Störungen", dazu noch tiefe Temperaturen. Als Folge davon hat es einmal auf ca. 2800m hinunter geschneit, das zweite Mal sogar bis ca. 2000m. Natürlich ein kleiner Trost zu wissen, dass auch in der übrigen Schweiz nicht besseres Wetter herrschte ...
Aber dann war zumindest für Donnerstag-Morgen ein kurzes Schönwetter-Fenster angesagt; das wollte genutzt werden. So schloss ich mich einer kleinen Gruppe an, welche den Chapütschin als Tourenziel auserkoren hatte.
Am Mittwoch-Nachmittag fuhr ich also mit dem Bus an die Talstation der Corvatsch-Bahn, mit welcher ich dann bis zur Mittelstation (Murtèl) fuhr.
Kaltes, graues Wetter empfing mich - zudem schneite es leicht. Zügig wanderte ich bei diesem garstigen Wetter zur Fuorcla Surlej hoch, von wo aus man sonst ein herrlicher Blick zur Bernina- und Sella-Gruppe hat. Heute war jedoch alles "zu"; d.h. wolkenverhangen bei Schneetreiben - das sonst so betriebsame Bergrestaurant schien völlig verlassen zu sein.
So ging ich sofort weiter, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, um mich vor dem mittlerweile einsetzenden Schneeregen zu schützen. Kein Wunder, traf ich bei diesen Bedingungen kein Mensch an, wo doch sonst viele Wanderer unterwegs sind.
Jedenfalls war ich froh, als ich die Coaz-Hütte erreichte, welche überraschenderweise voll war. Offensichtlich hofften auch anderer Bergsteiger auf besseres Wetter. Beim feinen Nachtessen lernten wir auch unseren Bergführer Lori kennen, der uns morgen auf den Chapütschin führen sollte. Allerdings war er an diesem Abend noch ziemlich skeptisch - es gab doch einiges an Neuschnee und die Wetter-Aussichten waren weiterhin ziemlich variabel ...
Am nächsten Morgen standen wir um 04.45 Uhr auf, nahmen unser Frühstück ein und sahen zu unserer Freude, dass keine Wolke den Himmel trübte. So zogen wir um 05.45 Uhr los, zuerst auf kurzem Stück auf dem Wanderweg, dann über die Moräne. Schon bald standen wir im tiefen Schnee, sodass wir unsere Steigeisen montierten und uns auch gleich anseilten.
Es war ein unschwieriges, stetes Ansteigen in mässig steilem Gelände. Obwohl ich mich nicht zu den Schnell-Läufern zähle und ich gemässigtes Steigen mehr als schätze, ging's mir doch etwas gar langsam vorwärts. Ich merkte jedoch schnell, dass unser Bergführer keine Lust zum Spuren hatte - dies hat netterweise zuerst ein Aspirant übernommen (von einer 2. Seilschaft), etwas später ein junges Pärchen. Und Spuren braucht halt mehr Zeit und Energie, als nur hinterher zu stapfen ...
Das langsame Gehen hatte natürlich auch sein Gutes; so hatte ich genügend Zeit, immer wieder mal die herrliche Landschaft zu bestaunen und auch zu fotographieren ;-) So erreichten wir nach Überwindung einer kurzen Steilstufe schliesslich die Fourcla, wo wir eine kurze Pause einlegten.
Nun folgte wieder eine gemütliche Passage, bevor wir den Gipfelaufbau erreichten. Die felsige Partie war dann die eigentliche Schlüsselstelle, da man nie genau wusste, was unter dem Schnee lag (Loch oder Stein?). Da unser Bergführer dem vorausgehenden Pärchen die richtigen Tipps gab (quasi als Ausgleich zum Vorspuren ...), wurde auch die letzte Passage problemlos bewältigt und so erreichten wir den Gipfel des Chapütschin nach 3 1/2 Std.
Die Sicht war absolut genial; beinahe wolkenloses Wetter ermöglichte Weitblicke zum Monte Rosa-Gebiet, zu den Glarner Alpen wie auch die näher liegenden Piz Platta, Piz Julier, Piz Linard und natürlich auch das ganze Bernina-Gebiet. Nach ca. 30 Min. Pause machten wir uns wieder an den Abstieg.
Als Seil-Letzter im Aufstieg übernahm ich folgerichtig die Führung im Abstieg, welcher problemlos auf dem Aufstiegsweg verlief. Einzig im unteren Teil war der Schnee bereits derart aufgeweicht, dass das Ganze zu einer mühsamen Stampferei wurde. Wir zogen deshalb unsere Steigeisen aus, sodass wir auf unseren Schuhen besser rutschen konnten ;-)
Wieder bei der Coaz-Hütte, gab's erst mal den verdienten Gipfeltrunk. Danach machten wir uns jedoch auch schon wieder an den Abstieg, denn bereits zogen wieder dunkle Wolken über den Piz Bernina. Die bei der Coaz-Hütte angegebenen 2 1/4 Std. bis zum Bergrest. Roseg sind jedoch ziemlich sportlich. Obwohl wir recht zügig abstiegen und nur ca. 10 Min. Pause einlegten, benötigten wir 2.5 Std. ...
Der Weg vom Bergrest. Roseg bis nach Pontresina ist bekannt langweilig, zumindest zu Fuss. Wenn man also kein Bike dabei hat, bleibt noch die Kutschen-Fahrt. Diese waren jedoch derart gut ausgelastet, dass wir nochmals 1.5 Std. warten mussten. Just als wir die Kutsche bestiegen hatten, begann es wie aus Kübeln zu giessen. So wurde die sonst als gemütlich einzustufende Fahrt zu einem nass-kalten Trip, deren Ende alle herbeisehnten ...
Fazit:
eine weitere, sehr schöne und lohnenswerte Hochtour. Wir hatten das einzige, kurze Schönwetter-Fenster optimal genutzt!
Zeiten:
Murtèl - Surlej - Coaz: 2 1/4 Std.
Coaz (5.45) - Chapütschin (9.15): 3.5 Std.
Chapütschin (9.45) - Coaz (11.30): 1 3/4 Std.
Coaz (12.00) - Roseg (14.30): 2.5 Std.
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