NE-Kante am Pizzo del Prevat (Spigolo NE)


Publiziert von Alpin_Rise , 20. Juli 2011 um 23:29.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:15 Juli 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: 5b (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Campolungo   Gruppo Poncione di Vespero 
Aufstieg: 700 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Rodi Colonia Mentlen oder - weniger Postautoverbindungen! cff logo Rodi Posta Seilbahn Lago Tremorgio - Retour 20.-, fährt auf Knopfdruck
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Tremorgio oder Capanna Leit

Wählt man die richtige Perspektive, ist der Übername "Matterhorn der Leventina" nicht ganz aus der Luft gegriffen. Genug von ebendieser Luft bekommt man an der Nordostkante, in acht  Seillängen führt hier eine gut ausgerüstete, klassische Kletterei im fünften Grad zum Gipfel.
Der Berg sieht von weitem steil und unnahbar hoch aus, die Dimensionen schrumpfen aber beim Zustieg zusehends. Dem geübten Alpinwanderer ist der Pizzo del Prévat via Ostgrat zu empfehlen. Etwas Klettererfahrung ist aber nützlich für den entspannten Auf- und vor allem  für den Abstieg!


Wunderbare, fantastisch ausgesetzte Kantenkletterei am Matterhorn der Leventina
 
Nachdem das verhext instabile Sommerwetter 2011 unseren Walliserplänen einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, verschieben wir spontan ins Tessin; der Entscheid wurde mit einem wunderbaren Sonnentag und Ruhe am sonst oft gut besuchten Berg belohnt.
 
Mit der Seilbahn zum Lago Tremorgio ist die Tour gut mit ÖV aus dem Mittelland machbar. Zum Einstieg sind lediglich 500 Höhenmeter über zwei reizvolle Schwemmebenen zu bewältigen, die kuriose Geologie der Gegend lässt kaum Langeweile aufkommen. Am besten läuft man fast bis zum Passo Campolugno, um beim letzten Hochspannungsmast auf Wegspuren zum Einstieg zu queren (T3, eine gute Stunde ab Seilbahn). Hier Materialdepot.
 
Die Nordost-Kante beginnt mit der schwierigsten
 
1.Sl 5b, welche entweder direkt vom Pfeilerfuss (wenig lohnend, Achtung Seilzug!) oder auf einem Band 10m oberhalb (Stand) startet. Hier geht’s gleich zur Sache: ziemlich plattig muss auf Reibungstritten und an Seitgriffen Höhe gewonnen werden. In der Crux eher links halten, wieder nach rechts und hoch zum Stand. Kalte Finger und Flechten machen die Sache auch nicht leichter, dafür stecken die Bohrhaken in den schwierigen Stellen sehr dicht. Wer diese Länge schafft, packt auch den Rest.
2. Sl 4c gleich nach dem Stand in die steile Verschneidung, (einen Stand nach 10m auslassend) danach alles der Kante nach in einfacheres Gelände.
3. Sl 5c Nette, bestens gesicherte Platte zu Beginn, dann einfacher immer der Kante entlang (Schlinge am Kantenkopf für Nachsteiger) und nach links zum Stand
4. Sl 4c Etwas unübersichtliche Routenführung: Über die Platte hoch und danach links absteigen, um die Nase herum (BH) und etwas links der Kante in steilem, gutgriffigem Gelände zum Stand.
5. Sl 5b Hier bieten sich zwei Varianten an: die Originalführe direkt an der Kante oder die Umgehung mit absteigender Traverse nach links in die Ostflanke. Wir wählten die Originalroute und waren begeistert: Erst eine Plattenquerung, dann kräftige Züge auf die schmale Kante und steil hoch, leichter werdenend auf eine Terasse – der Stand besteht aus zwei alten Normalhaken und einem Bohrhaken ohne Plättchen (wer um Himmels Willen demontiert Standhaken?) – links unterhalb lässt sich als Kompensation gut ein Bomber Camalot 1 legen oder der Stift abbinden.
6. Sl 5c: nominell die schwierigste Länge, uns deutlich einfacher als z.B. die 1. Länge gefallen: Erst genau der Kante folgend, danach in steiler, verschwenderisch griffiger Kletterei immer etwas links der Schneide hoch – fantastisch!
7. und 8. Sl, um 3a: entweder direkt auf der Kante (schöner) oder in der linken Flanke im einfachen, gutgriffigen Gelände zum Gipfel. Seillängen können zusammengehängt werden.
 
Die Absicherung ist gut, in den schwierigen Stellen im fünften Grad sehr gut. Es ist kein weiteres Material nötig, höchstens um den kritischen Stand der 5. Seillänge zu verstärken oder im leichteren Gelände zusätzlich abzusichern, gut mit Schlingen möglich. Daneben 50m Seil, 10 Expressen, Helm.
 
Das Topo im Plaisir Süd ist besser als das im (sonst sorgfältig gestalteten) SAC Kletterführer Ticino e Moesano. Bezüglich Pizzo del Prévat ist der SAC-Führer unsorgfältig bzw. schlichtweg falsch recherchiert. Im Plaisir-Topo ist jedoch die Originalroute als Variante deklariert und letztere als „expo“ ausgewiesen – das bezieht sich aber nur auf die Ausgesetztheit, die Absicherung ist tadellos! Ebenfalls ist die Originalroute direkt an der Kante und nicht die Variante. Die Bewertungen im Plaisir, oben fett, sind für meinen Geschmack zu hoch angesiedelt; zieht man einen Buchstaben ab, werden die Schwierigkeiten etwa realistisch – ausser in der 1. Seillänge, die verdient sicher 5b(+).
 
Für den Abstieg folgt man guten Wegspuren in die Ostflanke, die Felsstufen können im 2. Grad an guten Griffen ausgesetzt abgeklettert werden (T6, II). Wir seilten die letzten zwei Absätze bis ins Pässchen, von wo problemlos zum Depot zurückgelangt werden kann (T4).

Tourengänger: Alpin_Rise


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Kommentare (2)


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marc1317 hat gesagt: Nice!
Gesendet am 20. Juli 2011 um 23:34
Ganz nach meinem Geschmack!

Henrik hat gesagt: Zum .....
Gesendet am 20. Juli 2011 um 23:58
Glück hat das Wetter dich wieder mal ins Ticino verschlagen und erst noch mit soviel Genussklettern und anschliessend dinieren dürfen..Wow.


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