Ortler (3.905 m) über Hintergrat


Publiziert von Mandinka , 11. Juli 2011 um 13:39.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 2 Juli 2011
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2200 m
Abstieg: 2200 m
Strecke:Sulden Seilbahn Talstation - Hintergrathütte - Hintergrat - Ortler - Payer Hütte - Tabarettahütte - Sulden Seilbahn Talstation
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Wir sind über den Fernpass gefahren, direkt nach Sulden und dort durch den Ort bis zu den Parkpätzen an der Talstation der Seilbahn.
Unterkunftmöglichkeiten:Payer-Hütte, Tabarettahütte, Hintergrathütte

Freitag:

Stress! Man ist es ja fast gewohnt, wie üblich, mit allerhand zeitlicher Verzögerung in ein Tourenwochenende zu starten. Ausgemacht war, dass Sascha, der aus München mit dem Auto kam, mich 15:00 in Sonthofen aufsammelt. Da ich aber nun doch bis 16:00 Uhr arbeiten musste, kamen wir nicht vor 17:00 Uhr los. Bis nach Sulden waren es ziemlich genau 3,5 Stunden Autofahrt und diese war (zumindest) als Mitfahrer genau das Richtige vor dem folgenden Aufstieg zur Hintergrathütte...nämlich Entspannung nach einem hektischen Arbeitstag.

Angekommen in Sulden, an der Talstation der Seilbahn (1.915 m), ging es dann auch direkt los. Wir haben uns noch telefonisch in der Hintergrathütte als Spätankommer angemeldet, was auch kein Problem war. Direkt vom Parkplatz beginnt der Wanderweg und zieht sich erst recht sanftmütig, später mäßig steil hinauf. Irgendwann windet sich der Pfad in Serpentinen bis fast zur Hütte...es gab wenig erwähnenswertes und eigentlich haben wir den größten Teil dieses Weges im Halbschlaf hinter uns gebracht. Auf der Hintergrathütte (2.661 m) angekommen haben wir uns direkt ins Bett geschmissen...die Nacht sollte kurz werden. Wir waren nur 7 Personen auf der Hütte, was es sehr angenehm und ruhig machte!


Samstag:

Halb vier ist Wecken auf der Hütte. Wir haben uns mit dem Frühstück Zeit gelassen und haben uns als letzte Seilschaft von dreien gegen 04:30 auf den Weg gemacht. Der erste Teil des Weges gestaltet sich recht eintönig und führt durch ausgedehnte Schuttfelder. Die Wegfindung ist denkbar einfach, so dass wir nicht einmal die aufgesetzten Stirnlampen gebraucht haben. Ziemlich bald führt der Weg rechts hinauf durch ein (zumindest jetzt Anfang Juli) schneebedecktes Geröllfeld. Anschließend leichte Kletterei bis in den unteren II.Grad (3.200 m). Der Helm ist spätestens hier Pflicht, denn unvermeidbar kamen uns von der vorsteigenden Seilschaft immer wieder steinige Grüße entgegen.

Nach einiger Zeit erreichten wir den eigentlichen Hintergrat (3.400m), der sich dem unteren Hintergrat anschließt. Dieser jedoch wird in der Regel nicht begangen...macht einen recht brüchigen und uninteressanten Eindruck. Gleich zu Beginn eine abgespeckte Steilstufe, die aber problemlos übergangen wird. Von hier hat man den gesamten Grat das erste Mal im Blick...jedoch täuscht die Kürze zum Gipfel...jetzt geht es erst richtig los! Am besten findet man den Weg, wenn man den abgespeckten Stellen folgt (aber lange nicht so abgegriffen wie am Tschierfeck auf dem Normalweg). Geröllfelder, Blockkletterei...so geht es im Wechsel dahin, bis man das untere große Schnee-/Firnfeld auf etwa 3.500 m erreicht. Hier erstes großes Durchatmen und Genießen der Morgenstimmung. Königsspitze und Monte Zebru inszenieren ihre Gipfel im goldenen Sonnenlicht und die Luft ist absolut klar. Herrlich!

Weiter geht's über das Firnfeld. Wir haben keine Steigeisen gebraucht, weshalb wir recht schnell am anderen Ende ankamen. Von hier an, kann man sagen, beginnen die eigentlichen Schwierigkeiten, was man schnell an der benötigten Zeit merkt. Der Hintergrat wird zunehmend luftiger und auch die Kletterstellen häufen sich. Irgendwann gelangt man an die markante Gratschneide (etwa 3.700 m), welche man auf linker Seite (SO-Seite) umgeht. Allerdings gingen wir auch erst fünf Meter zu weit und es stockte uns ein wenig der Atem, als wir die Gratschneide vor uns sahen und dachten wir müssten diese übersteigen. Der Blutdruck sank wieder als wir die Umgehung bemerkten (eine alte Drahtversicherung weist den Weg in die Umgehung). Von hier an hatten wir das Seil immer dabei...was viel Zeit kostete, aber die Sicherheit gewährleistet.

Gleich nach der Gratschhneide kommt man an die Schlüsselstelle. Eine kurze Verschneidung (es hängen Haken) im IV.Grad. Dass man sich an dieser ziemlich blöd anstellen kann bemerkten wir schnell...aber letztenendes haben wir das ganze ziemlich umständlich aber immerhin gemeistert. Auf jeden Fall geht es schneller wenn man sich mit den Haken und Schlingen behilft :-)

Es folgen weniger schwierigere Stellen und dann erreicht man das kleine obere Firnfeld, welches bis zu 40 Grad steil ist. Wir sind hier ohne Seil (ja, mit Steigeisen natürlich) gegangen, der Schnee war ziemlich fest gefroren und der Tiefblick ist ziemlich beeindruckend. Irgendwie war ich froh als ich am Ende des Firnfeldes war. Nun kam noch eine etwas höhere Steilstufe, die aber recht einfach zu erklettern war und auch gut mit Haken abgesichert ist. Alles weitere ist einfache Kletterei neben und über die Gratzacken. Alles noch ordentlich ausgesetzt aber problemlos machbar. Und kaum hat man sich versehen standen wir auf dem Ortler-Gipfel (3.905 m)...und es war saukalt und windig dazu...gefühlte Minus 15 Grad!!!

Wir haben verdammte 8 oder 9 Stunden von der Hintergrathütte bis hier zum Gipfel gebraucht...fragt nicht warum, wir wissen es nicht :-) Es war also schon weit nach Mittag, aber dank der eisigen Temperaturen war der Weg über den Gletscher (Normalweg) kein Kunststück. Wir kamen recht schnell voran, haben uns bis zum Tschierfeck am Seil bewegt und dann ging es den mit Eisenketten versicherten Steig hinunter. Wir haben das aus Zeitgründen ungesichert getan...aber mit Sicherung wäre das ganze wohl vernünftiger. Bald danach kamen wir an der recht vollen Payerhütte an. Der Ortler war geschafft...

Wir gönnten uns die Halbpension und schliefen am nächsten Tag bis 08:00 Uhr aus, bevor es nach dem Frühstück auf einfachem Wanderweg wieder zum Ausgangspunkt zurückging.

Kurz gesagt: Der Hintergrat ist eine sehr schöne Tour für die man kein Profi sein muss, aber doch grundsätzliche Hochtouren- und Klettererfahrung haben sollte. Als Sicherungsmaterial hatten wir Schlingen, Exen, einige Keile und Friends dabei...das hat auch völlig gereicht!

Tourengänger: Mandinka


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