Über Weifberg, Tanečnice (Tanzplan) und Wachberg (Schweizerkrone)


Publiziert von lainari , 9. Juni 2011 um 21:30.

Region: Welt » Tschechien » Šluknovská pahorkatina
Tour Datum: 5 Juni 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   CZ 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 520 m
Abstieg: 520 m
Strecke:18 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto, Bus Linie 241 Pirna-Bad Schandau-Hinterhermsdorf und Linie 268 Sebnitz-Hinterhermsdorf (ÖV freilich nur zur christlichen Zeiten)
Unterkunftmöglichkeiten:Hotel und Gasthof „Erbgericht“, Hotel „Sonnenhof“, Pension und Gasthaus „Zur Hoffnung“ alle in Hinterhermsdorf
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 90 Sebnitz und Umgebung

Ergreifend schön und ein Ende zum Weinen
 
Nach schwülem und gewittrigem Vorabend und wenig erholsamer Nachtruhe, ließ ich den Wecker sehr (sehr) zeitig klingeln. Ein kurzer Imbiss, die Sachen geschnappt und schon gegen 4 Uhr stellte ich das Auto in Hinterhermsdorf auf dem zentralen Parkplatz ab. Im Halbdunkel lief ich in der lauen Luft der ausklingenden Sommernacht zum Weifberg hinauf und erklomm den 37 m hohen, hölzernen Aussichtsturm. Am Horizont dämmerte es langsam und ein zaghaftes Rot ließ vermuten, dass der Sonnenaufgang zwischen dem Hrazený (Pirschken) und dem Plešný (Plissen) stattfinden würde. Die Wartezeit war mit Beobachtungen gefüllt. Fledermäuse umkreisten den Turm. Bis auf ein vom strammen Wind im Gebälk verursachtes Heulen war es total still. Mit zunehmender Helligkeit änderte sich dies. Zunächst gurrten Tauben, die irgendwo über mir auf dem Turmdach saßen. Dann schwoll unterhalb im Wald ein vielstimmiges Vogelkonzert an. Langsam schob sich der gleißende Ball der Sonne am Horizont empor. Durch eine flache Wolke wurde seine Gestalt zunächst geteilt, ein ergreifend schöner Anblick. Rasch gewann die Sonne an Höhe und sandte durch den Dunst ein milchiges Licht herab. Ich genoss noch einmal ringsherum das Panorama, stieg dann ab und setzte anschließend meinen Weg fort.
 
Nach einigen Metern überquerte ich die tschechische Grenze und lief durch den Wald bergan. Nach Überschreiten eines Höhenzuges wurde das Gelände offener und durch Wiesen fiel der Weg nach Mikulášovice (Nixdorf) hin ab. Zunächst passierte ich das Bad und überquerte die Bahnstrecke, die einst zu k.u.k.-Zeiten als Nordböhmische Industriebahn Niedernixdorf-Rumburg gebaut wurde. Heute soll sie nur noch an Wochenenden einen spärlichen Personenverkehr aufweisen, die Gleise jedenfalls waren blankgefahren. Dann ging es ein Stück in den Ort hinein. Einige alte Villen kündeten von vergangenem Wohlstand. Sie sind jedoch, genau wie die noch vorhandenen Fabrikanlagen, vom Verfall gezeichnet. Nixdorf war früher für seine Messer und Stahlwaren als nordböhmisches Solingen bekannt. Des Weiteren gab es eine bedeutende Woll- und Strickwarenherstellung, auch Kurzwaren und Kunstblumen wurden produziert. Nach Kriegsende und Vertreibung begann der Niedergang, die öffentliche Infrastruktur die noch zu sozialistischen Zeiten in recht passablem Zustand gehalten wurde, erhält jetzt nur noch wenig Pflege. Der gesamte entlegene Landesteil des Schluckenauer Zipfels scheint in Prag und anderswo ein wenig aus dem Blick geraten zu sein.
Nach links abgebogen, gelangte ich wieder zur Bahnstrecke und verließ dahinter den Ort.
 
Auf einem Asphaltsträßchen ging es Richtung Tomášov. Kurz davor bog ich rechts auf einen Fahrweg ab, der durch den Thomaswald zum Tanečnice (Tanzplan) hin anstieg. Ich beglückwünschte mich für den frühen Tourenstart, blieb doch so die Temperatur jetzt noch im erträglichen Bereich. Oben auf dem Gipfel befinden sich ein Bergrestaurant und ein Aussichtsturm. Normalerweise sollen diese nur gemeinsam geöffnet sein, am Restaurant stand etwas von 10 Uhr. Ich aber hatte Glück, die Tür zum Turm stand einladend offen, so dass ich sogleich hinaufstieg. Der Ausblick vom Turm war nach zwei Seiten von Dunst getrübt und es war recht windig, so dass ich mich nicht allzu lange aufhielt. Wieder abgestiegen, ging ich den Zugangsweg hinunter bis zum Abzweig zurück und kam in der Folge nach Tomášov (Thomasdorf). Hier befindet sich ein ehemaliges Ferienobjekt, das offenbar auch noch genutzt wird. Die Blechdächer der Gebäude sind in auffälligem Türkis gehalten, was mir schon vorher bei Google-Maps aufgefallen war, wo ich zunächst nicht einordnen konnte, was dies denn sei. An der kleinen Kapelle vorbei lief ich talwärts und überquerte wenig später die Grenze zurück nach Deutschland.
 
An der Waldkante lud eine Bank mit Blick nach Hertigswalde zu einer Frühstücksrast ein. Weitergewandert erreichte ich das Waldhaus Hertigswalde, früher Gasthaus und Pension, mittlerweile scheint es schon einige Zeit geschlossen zu sein. An der Straße bog ich nach links und folgte dem Straßenrand ein kleines Stück, bevor ich nach links auf einen Feldweg abbiegen konnte. Der Dr.-Alfred-Meiche-Weg genannte Wanderpfad verlief idyllisch am Waldrand entlang und bot einige schöne Ausblicke auf die Hintere Sächsische Schweiz. Am Ende eines kleinen Wiesentales trat der Weg in den Wald ein und stieg nun als Wurzelpfad ruppig zum Wachberg hin an. Trotz des Schattens im Wald, setzte mir die mittlerweile angestiegene Temperatur ganz schön zu. Eine Sitzgruppe war ein willkommener Ort, die Zeit bis 10 Uhr, zur Öffnung der Wachbergbaude zu überbrücken. Kurz vor Zehn nahm ich die letzten Meter zum Wachberg und seinem Gasthaus unter die Füße. Ob der schönen Aussicht wurde der Berg früher auch Schweizerkrone genannt. Ich suchte mir einen Platz auf dem Freisitz, orderte ein kühles Getränk und einen Kaffee und entschädigte mich mit einem Schokoeisbecher für den anstrengenden Aufstieg. So gestärkt ging es auf die letzte Etappe.
 
Zunächst stieg ich etwas hinunter und folgte nach links wiederum dem Dr.-Alfred-Meiche-Weg am Waldsaum entlang. Nach einem Stück im Wald kam ich gegenüber dem Weifbergturm heraus. Ab da nutzte ich den morgendlichen Zugangsweg um nach Hinterhermsdorf zurück zu laufen. Ich genoss noch das grandiose Panorama und machte unbeschwert einige Fotos als Ungemach drohte. Zunächst nahm ich es gar nicht als Bedrohung war, der böige Sommerwind trieb große graue Schwaden von Roggenpollen heran, denen ich nur schwerlich ausweichen konnte. Obwohl ich eigentlich nicht allergisch bin, setzte nach einigen Minuten heftiges Brennen und Tränen der Augen ein, ähnlich der Wirkung von Reizgas. In Ermangelung einer geeigneten Möglichkeit zum Ausspülen der Augen begleiteten mich die unangenehmen Folgen auf dem gesamten Heimweg.
Eine schöne Tour mit einem Ende zum Weinen…

Gesamtzeit: 7 ½ h
Gehzeit: 5 h (inkl. einer Pause)

Tourengänger: lainari


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