Auf die Rotplattenspitze(2399m) - bei sehr schlechten Verhältnissen


Publiziert von trainman , 31. Mai 2011 um 23:20. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Wetterstein-Gebirge und Mieminger Kette
Tour Datum:29 Mai 2011
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   D 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:Reindlau-Lochlehn-Melkstein-Sattele-Kar"Im Flecken"-Breitgrieß-Grat-Gipfel
Zufahrt zum Ausgangspunkt:PKW nach Reindlau; besser aber nach Lochlehn(spart ca. 1 KM Anmarsch)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:siehe oben
Unterkunftmöglichkeiten:Hotels und Gasthöfe im Leutaschtal, z.B. Hotel Hubertushof
Kartennummer:Kompass Nr. 25 Zugspitze-Mieminger Kette oder besser: AV-Karte 4/3 Wetterstein-Mieminger Gebirge 1:25000

Die Rotplattenspitze ist kein freundlicher Berg.

Der Gratübergang von der Oberen Wettersteinspitze ist sehr ausgesetzt und fordert Kletterei im III. Grad und auch der Anstieg von Süden über das Kar "Im Flecken" , der klettertechnisch nur ein Einser ist macht wegen der Brüchigkeit des Gesteins und Hangneigung bis 50° erheblichen Ärger.
Bei günstigen Bedingungen T5-.
Wir haben uns trotzdem für diesen Südaufstieg entschieden, dabei aber den Kaltlufteinbruch vor wenigen Tagen nicht bedacht.
Die dadurch entstandene Schneeauflage machte die Tour zu einer heiklen und nicht ungefährlichen Unternehmung nahe am T6-Bereich.
Für mich war das an der alpinen Leistungsgrenze und dementsprechend mit grösserem Stress verbunden.

Start am Hotel Hubertushof(besser aber gleich von Lochlehn!!) auf einer Forststrasse in Richtung der grossen von weitem sichtbaren Rinne, an deren rechter Seite ein Jagdsteig nach oben führt.
Wegen eines schweren Orientierungsfehlers sind wir zu früh nach links abgebogen und auf der linken Seite der Rinne aufgestiegen.
Zuerst angenehm durch Wald und steile Wiesen nach oben, dann musste nach rechts gequert werden.
Undurchdringliches Gelände zwang uns, noch höher zu steigen , dann schafften wir es nach einem harten Ringkampf gegen die Latschen auf die andere Seite.
Hier weiter auf dem Jagdsteig sehr steil aufwärts.
Ab etwa 1800m erschien mein alter Erzfeind, der Schnee und erzeugte im brüchigen Steilgelände gewaltigen Stress.
Ich war nahe daran aufzugeben, aber nicht mangels Kraft.
600Hm in einer Flanke, wo jeder Fehltritt böse Folgen hätte,das habe ich nicht so gerne.
Auch wenn man hier nicht in tödliche Abgründe stürzen würde , wären ernste Verletzungen nach einem Sturz über einige Meter auf dem rauen Gestein sehr wahrscheinlich.
Es ist schon erstaunlich, wie unangenehm ein "Einser" sein kann, bei geeigneter Wegwahl durch die Rinnen ist es tatsächlich nur I.
Nach langem zähen Kampf erreichten wir den Grat,das letzte Stück auf ihm zum Gipfel war überraschend einfach trotz der Schneeauflage.
Oben hat man eine sehr gute Sicht in alle Richtungen, sehr eindrucksvoll ist der Grat zur Oberen Wettersteinspitze.
Eigentlich war jetzt noch der Übergang zur Wettersteinwand geplant, der Grat dorthin wäre in schneefreiem Zustand auch für mich ohne Weiteres machbar.
Die auch hier vorhandene Schneeauflage auf dem doch teilweise exponierten Grat erleicherte mir den Verzicht auf diesen Gipfel.
Der Abstieg auf demselben Weg war wie erwartet noch unangenehmer als der Aufstieg und dauerte auch eine Ewigkeit, wenigstens war ein Teil des Schnees inzwischen weggeschmolzen.

Fazit: Die Rotplattenspitze ist selbst bei günstigen Bedingungen keine Genusstour. Das äusserst mühsame Gelände kostet enorm viel Kraft, die 1300Hm erfordern ca.die dreifache Zeit, die man auf einem gutem Bergweg bräuchte.
Die Rinnen im oberen Bereich sind außerordentlich steinschlaggefährdet, es sollte hier immer nur eine dicht beisammenbleibende Gruppe unterwegs sein, sonst wird es lebensgefährlich, da ein Lostreten von Steinen kaum vermeidbar ist !!

Tourengänger: ADI, trainman


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Kommentare (13)


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gero hat gesagt: Au weh ....
Gesendet am 1. Juni 2011 um 07:28
.... das schaut wirklich nicht sonderlich einladend aus!

Auch ich, der ich ja eigentlich eher im Firn als im Fels daheim bin, mag solche schneebedeckten Fels- und Graspassagen nicht.

Um es mit unserer naturwissenschaftlichen Sprache auszudrücken:
da ist Mue * N recht klein.
Und wenn Geröll unter den Sohlen ist, muß man sogar den Rollreibungs- anstatt des Gleit- oder Haftreibungskoeefizienten nehmen.

Beim Abstieg wirkt auch noch die Hangabtriebskraft ungünstig.

Mit einem Wort: garstig. Gut, daß Ihr wieder heile runtergekommen seid.

Gruß vom Georg

trainman hat gesagt: RE:Au weh ....
Gesendet am 2. Juni 2011 um 00:37
Hallo Georg
"garstig" ist hier wohl der richtige Begriff,jedenfalls für mich,ich war schon froh,als ich das kritische Gelände hinter mir hatte.ADI fand es nur anregend,aber wer auf die Hochkanzel im Karwendel steigt fürchtet die Rotplattenspitze natürlich nicht.Möglicherweise gibt es für die Wettersteinwand eine etwas angenehmere Alternative über das Berglental,zumindest im AV-Führer wird sie beschrieben.
Beste Grüsse Emil

gero hat gesagt: Nachtrag
Gesendet am 1. Juni 2011 um 07:34
Auch die sommerlichen Fotos von kogos Besteigung sehen nicht wirklich einladend aus.

Fazit: Wettersteinwand und Rotplattenspitze sind wohl nix für mich.

kardirk hat gesagt:
Gesendet am 1. Juni 2011 um 13:50
Gratulation,

bei diesen Verhältnissen sicherlich nicht immer ein Vergnügen, Besonders Schnee auf Gras ist besonders eklig und rutschig. Ansonsten bieten sich ja schöne Überschreitungsmöglichkeiten, allerdings wohl mehr im Herbst, wenn die Sonne nicht so einibruzelt. Das stell ich mir im Hochsommer ziemlich heftig vor.

Weiterhin fröhliches Steigen
Dirk

trainman hat gesagt: RE:
Gesendet am 2. Juni 2011 um 00:56
Hallo Dirk
Ein Vergnügen war es für mich nicht,schon eher für ADI,der mag das heikle Gelände recht gern.Überschreitungen im Wettersteinkamm sind leider ziemlich anspruchsvoll(III und ausgesetzt),nur der Übergang Rotplattenspitze-Wettersteinwand-Berglental dürfte relativ einfach sein.Was die Hitze betrifft,die steigert meine Leistungsfähigkeit eher,kühle Temperaturen dagegen vertrage ich nicht.
Beste Grüsse trainman

to delete hat gesagt: Schafe?
Gesendet am 1. Juni 2011 um 14:24
Zumindest waren meine aufdringlichen Freunde diesmal noch nicht da. Bei meinen beiden Begehungen hatte ich jedes mal meinen "Spaß" mit den Viechern.
1842_aufdringliche_Schafe0707_Schaf

Gruß
kogo

trainman hat gesagt: RE:Schafe?
Gesendet am 1. Juni 2011 um 23:59
Hallo kogo
die lieben Wollknäuel waren noch nicht unterwegs,die lässt man vermutlich erst später auf den Berg.Andere Frage: Du hast "Blockkletterei" unterhalb des Grates erwähnt.Blöcke im eigentlichen Sinne wie z.B. in den Zillertalern habe ich nirgendwo gesehen,schon eher brüchige Steilschrofen.
Beste Grüsse trainman

Gelöschter Kommentar

trainman hat gesagt: RE:Schafe?
Gesendet am 9. Juni 2011 um 17:11
Hallo kogo
Das festere Gestein kurz vor dem Grat bietet tatsächlich Kletterei ähnlich wie in einem Gelände mit grossen Blöcken,auch wenn diese fehlen.In diesem Sinne hast Du recht.Die beiden Bilder beschreiben die Situation sehr gut.
Beste Grüsse trainman

mabon hat gesagt: Schön wars!
Gesendet am 1. Juni 2011 um 19:15
Hallo Emil,

hier der Michael vom Ammersee. Bin ja dann noch mit Ferenc weiter zur Wettersteinwand, was noch mal eine Stunde dauerte. Und trotz des Schnees ging es erstaunlich gut. Wir mussten nur 2-3 mal kurzfristig auf den Südhang ausweichen, weil der Schnee auf dem Grat fast schon Wechtenform annahm. Ansonsten war es der pure Genuss, da beiderseitig die Aussicht grandios war. Und dann haben wir ja auch noch ADIs Gipfelbuch unter dem Gipfelsteinmandl verbuddelt. Wenn ich nur chekcen würde, wie man hier Bilder hochlädt, gäbe es auch noch Wettersteinwandbilder...

Schöne Grüße

Michael

trainman hat gesagt: RE:Schön wars!
Gesendet am 2. Juni 2011 um 00:06
Hallo Michael
Gratuliere zum Gipfelsieg.Ich wäre unter schneefreien Bedingungen auch gerne noch hinübergegangen,der unangenehme Schnee hat aber meine Nerven zu sehr strapaziert.
Beste Grüsse Emil

outdoorfan hat gesagt: super tour
Gesendet am 1. Juni 2011 um 21:36
Hallo Emil,

die Tourbeschreibung ist super - also an sich genau wie die Tour selber. Ich bin jetzt noch mehr begeistert als vorher und glaube, dass mich jetzt noch mehr der Eifer gepackt hat :) Hat mich sehr gefreut mit euch bergzusteigen, hoffentlich kommt das noch öfters vor. Viele Grüße - leider vom öden Schreibtisch :\

Borys

trainman hat gesagt: RE:super tour
Gesendet am 2. Juni 2011 um 00:15
Hallo Borys
Freut mich,dass es Dir gefallen hat.Du bist in diesem chaotischen Gelände sehr gut zurechtgekommen,gratuliere!
Trotzdem ist immer Vorsicht angesagt,Du kennst ja die Begriffe "Haft-bzw.Gleitreibungskoeffizient".
Bis demnächst.
Beste Grüsse Emil


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