Niwärch - Gmeiwärch


Publiziert von laponia41 , 22. Mai 2011 um 11:43. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Mittelwallis
Tour Datum:21 Mai 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Ausserberg

Wahrscheinlich wurde 1311 nach einem grossen Unglück am "Chänilwasser" mit dem Bau des Niwärchs begonnen. Urkundlich erwähnt wird das Niwärch erstmals 1381.

Zu jener Zeit konnte man ein solches Projekt nicht einfach durch eine Generalunternehmung ausführen lassen. Die Dorfbewohner führten einen harten Existenzkampf. Jedes neue Wärch wurde im Gmeiwärch erstellt, jeder Dorfbewohner hatte seinen Beitrag zu leisten, nicht mit Geld, sondern mit Leib und Leben. Im Gmeiwärch wurden die Suonen durch die Jahrhunderte hindurch  unterhalten.

Es sollen ja auch die Werte, die mit den Suonen verbunden sind, erhalten werden. Aus dieser Sicht ist das jährliche Gmeiwärch zur Inbetriebnahme des historischen Niwärchs ein aussergewöhnlicher Anlass. Ich persönlich bin sehr glücklich, dass mich bidi35 zusammen mit gerberj dazu eingeladen hat und ich nun darüber berichten darf.

Es war die SAC Sektion Blüemlisalp, die nach der Einweihung des Stollens die Initiative zur Erhaltung des historischen Niwärchs ergriff. Sie organisiert nun zusammen mit der Ortsgruppe Ausserberg und den Verantwortlichen für das Niwärch das jährliche Gmeiwärch.  Die während des Winters entstandenen Schäden werden behoben, Tretschborde und Holzkännel erstellt, die Suone auf der ganzen Länge gereinigt. Eine besondere Knacknuss war diesmal die Schöpfe, die nach einem Unwetter im August 2010 meterhoch mit Geschiebe zugedeckt wurde. Mit einem Helikopter wurde ein kleiner Bagger eingeflogen, und dank diesem technischen Hilfsmittel war es möglich, das Wasser termingerecht anzuschlagen.

Ablauf des Tages
- Ankunft in Ausserberg um 08.09 Uhr
- Anschliessend Kaffee und Gipfeli im Hotel Sonnhalde
- Transfer zur Choruderri
- Werkzeug fassen (Schaufel, Wässerbeil usw.)
- Niwärch Gebet
- Kurze Information, wer auf welchem Abschnitt was zu machen hat
- Verteilung der Leute auf die Suone
- Arbeiten bei der Schöpfe durch Spezialisten (Wasserhüter)
- Abschluss der Arbeiten vor 12.00 Uhr
- Picknick bei Ze Steinu
- Warten, bis der Chef Niwärch das OK zum Wasseranschlagen gibt
- Mit dem angeschlagenen Wasser zurück zur Choruderri (dauert ca. zwei Stunden)
- Raclette beim Stolleneingang

Das historische Niwärch-Gebet
Gott, allmächtiger Vater!
Breite schützend Deine gütigen Vaterhände über den heutigen Tag.
Lass uns diesen Tag gestalten zu deiner Ehre, zum Wohl der Menschen und der dürstenden Natur.
Segne unserer Hände Arbeit!
Unglück und Schaden halte von uns fern, das erbitten wir durch Christus unsern Herrn.


Zusatz bidi35:

Nach dem Anschlagen des Wassers, beginnt ein weiterer wichtiger Teil der Arbeit. Während die Meisten bereits beim abschliessenden Raclette sind, entfernen Einige (vor allem der frühere Hüttenchef Hansueli) während des ca. 2stündigen "Zdurfürefliessen" des Wassers, das noch angeschwemmte Laub und die Äste mit Mistgabeln (!), damit die zahlreichen Rohre unterwegs nicht verstopft werden (die schlecht geputzten Stellen lassen grüssen!!).

Ich pflege jeweils so ziemlich als Letzter vorne beim Raclette einzutreffen, wenn es meist kein "gelbliches Wasser" mehr hat!

Dieses Jahr erklärte mir Damian sehr ausführlich das Zusammenspiel der verschiedenen Suonen der Gegend (Niwärch, Mittla, Undra, Wiigartneri) und bemerkte, dass in nächster Zeit verschiedene stillgelegte Teilstücke renaturiert werden.

Zusatz gerberj

Traditionelles Wässern am Niwärch
Da heute meist mit Beregungsanlagen bewässert wird, muss man schon Glück haben, einmal beim traditionellen Bewässern zuschauen zu können. Kurz nachdem unsere Arbeit zu Ende und das Raclette verspeist war, konnte Sepp Punkt 16 Uhr (gemäss Turnus) sein Wasserrecht in Anspruch nehmen.
Direkt beim Stolleneingang leitete er mit Hilfe eines Schiebers das Wasser um. Die sonst nur spärlich durchflossenen Gräben direkt unterhalb des Stollens füllten sich mit Wasser. Eine Metallplatte, quer in die Suone geschlagen, brachte das Wasser zum Überfliessen. Mit Hilfe des Wässerbeils lenkte es Sepp an die richtigen Stellen. Zum Plaudern blieb dazwichen nicht viel Zeit - schon nach kurzer Zeit musste der Graben an einer anderen Stelle unterbrochen werden. Die Wassermenge muss - um Erdrutsche zu vermeiden - gut dosiert werden.
Nachdem die obersten Matten genügend Wasser erhalten hatten, konnten die Beregnungsanlagen für die tiefer liegenden Grundstücke in Betrieb gehen. Nach einigem Fauchen und Spucken erwachten diese zum Leben.

So war der Tag perfekt abgerundet: Begonnen hat er mit einer trockenen, reparaturbedürftigen Suone; nach den erfolgreichen Instandstellungsarbeiten konnte schliesslich das dürstende Land bewässert werden...

Tourengänger: laponia41, gerberj, bidi35
Communities: Suonen / Bisses


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Geodaten
 6032.xol Niwärch 1. Teil und Stollen

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Kommentare (5)


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muscat hat gesagt: Merci für die Büez!
Gesendet am 22. Mai 2011 um 13:16
Und danke für die spannende Reportage, die uns daran erinnert, dass die Suonen kein Funpark sind, sondern auch viel Arbeit machen. Ich verstehe, dass die Walliser da und dort Tunnels gebaut haben, auch wenn es schade ist. Toll, dass der SAC das Original-Niwärch in Schuss hält.

Zwei Fragen möchte ich noch loswerden. Du schreibst: «Tretschborde und Holzkännel wurden erstellt...» – das Tretschbord sah ich auf den Fotos, aber wo wurde denn ein neuer Holzkännel erstellt, und warum? Wurde ein Kännel von einer Lawine weggerissen? Und warum musste das Tretschbord neu gemacht werden – ist es abgerutscht?

Herzliche Grüsse
Andreas

laponia41 hat gesagt: RE:Merci für die Büez!
Gesendet am 22. Mai 2011 um 15:45
Zu deinen beiden Fragen:
1. Das Tretschbord musste ausgebessert und verstärkt werden.
2. Ich habe mich da unpräzis ausgedrückt. Holzkännel ersetzen ist eine der Aufgaben des Gmeiwärchs, war aber dieses Jahr nicht nötig.

Herzliche Grüsse
Peter

bidi35 hat gesagt: du hast unser traditionelles Gmeiwärch...
Gesendet am 22. Mai 2011 um 18:31
...am Niwärch sehr präzis und interessant geschildert und mit eindrücklichen Fotos dokumentiert.

Herzlichen dank Peter.

Meine Fotos sind leider nicht so gut herausgekommen. Werde trotzdem versuchen, das eine oder andere Bild beizufügen.
Vor allem der Autor fehlt natürlich...

Hoffe auch, dass gerberj noch etwas beifügen kann. Vor allem natürlich ein paar Bilder des traditionellen Wässerns um 1600 Uhr.

Ich habe den Tag genossen:-)))

Wissensdurstige müssen halt diesen Bericht dann später nochmals anklicken.

LG Heinz

Baldy und Conny hat gesagt: sehr interessant
Gesendet am 22. Mai 2011 um 20:51
Danke Euch für die interessanten Bilder. Es ist auch mal wichtig zu sehen was es alles braucht damit wir wieder unsere schönen Suonenwanderungen geniessen können...

LG Conny und Angelo

Felix hat gesagt: grandios ...
Gesendet am 28. Mai 2011 um 19:52
der Bericht ...
eure Arbeit!

Vielen Dank euch allen - mit liebem Gruss

Felix


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