Durch das obere Müglitztal hinauf zum Haberfeld und weiter zur Harthe - Eine einsame Grenztour


Publiziert von lainari , 1. Mai 2011 um 18:13.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum:17 April 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:45
Aufstieg: 380 m
Abstieg: 380 m
Strecke:19 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Bus Linie 368 Glashütte-Kurort Altenberg bis Fürstenwalde Kratzhammer (verkehrt nicht am Wochenende)
Kartennummer:1:33.000, SK Nr. 03 Osterzgebirge

Eine Dreiecksbeziehung, ein bellendes Reh und Steine die sich verstecken
 
Die Wetterprognose hatte man scheinbar wieder einmal aus dem Kaffeesatz statt aus meteorologischen Daten gewonnen. Für das Wochenende war frühlingshaftes Wetter mit viel Sonne einigen Wolken und angenehmen Temperaturen in Aussicht gestellt. Sonnabend traf dies, wohlwollend betrachtet, denn auch zu. Der Sonntag zeigte sich beim Blick aus dem Fenster bedeckt und trübe. Jetzt hatten dies auch die Experten bemerkt und verkündeten im Radio, dass es erst ab Mittag aufhellen solle. Aber vielleicht war ja gerade dies der würdige Rahmen für meine geplante Runde im Osterzgebirge - alles ein wenig düster. So fuhr ich mit dem Auto nach Liebenau. Der in meiner Karte verzeichnete Parkplatz, bei näherer Betrachtung eine Buswendeschleife, dekoriert mit je einem Park- und Halteverbotsschild. Ein passender Ersatz-Platz für den fahrbaren Untersatz war vor Ort nicht zu finden. Die Fahrt in den Nachbarort - Straße nicht durchführend/Bauarbeiten – nicht möglich. So fuhr ich noch eine Weile hin und her, suchte auf der Karte eine Alternative. In Fürstenwalde-Kratzhammer fand ich dann schräg gegenüber dem Fußballplatz eine günstige Park- und sinnvolle Ausgangsmöglichkeit.
 
Der Zugang zu meiner Route - hinter der Müglitzbrücke nach rechts - war beschildert als gewünschter Wanderweg und als Rundweg, doch bereits nach 200 m die Ernüchterung, eine Weggabelung mit nur dürftigem Hinweis. Laut Karte sollte ich nach unten gehen, dorthin war aber nichts markiert, nach oben zeigte immerhin der Rundweg, den meine Karte nicht kannte. So blieb ich oben, rechnete mit einem späteren Abzweig. Der kam aber nicht, vielmehr wurde aus dem als Rundweg bezeichneten Forstweg nach einem Wendeplatz plötzlich ein fast nicht mehr erkennbarer Pfad, der daran zweifeln ließ, sich überhaupt auf einem Wanderweg zu befinden. Mittlerweile war mir das aber egal, ich wollte Müglitz erreichen, die Talseite machte dabei keinen Unterschied. Nach einem Stück plötzlich ein Holzgeländer am Pfad und es ging über einen Felssporn. Obendrauf befanden sich ein Tisch und eine Bank, wahrscheinlich war dies die in der Karte verzeichnete Müglitzwacht. Im Verlauf wurde der Pfad wieder zum Weg ich kam oberhalb von Müglitz an der Straße heraus. Hinter der Müglitzbrücke bog ich links auf das Sträßchen Richtung Grenze ab und traf dort zunächst auf eine Mühle. Sie war teilweise restauriert, aber scheinbar hatte sich seit Jahren nichts mehr getan, ein hölzernes Baugerüst auf der einen Gebäudeseite drohte gar einzustürzen. Die Mauern um das einstige Mühlrad und eine Turbine waren abgerissen, die Steine verstreut, alles in allem ein recht wüster Anblick. Einige Meter hin standen das alte Zollhaus von Sächsisch Müglitz und die scheinbar nicht mehr in Betrieb befindliche Grenzschänke. Zwischen den Gebäuden war ein kleiner Teich, von dem sich drei Enten entfernten, indem sie vor mir über die Straße und den Parkplatz watschelten. Voran ein Stockenten-Erpel gefolgt von zwei Mandarinenten-Erpeln. Als ich sie fotografieren wollte, flogen sie auf und verzogen sich in die Müglitz. Ich lief auf der Grenze zum Bach hinüber und fand sie oberhalb eines Wehres schwimmend vor. Wieder das gleiche Bild, der Stockenten-Erpel vorn, gefolgt von den beiden Anderen, wechselte er die Richtung folgten sie nach. Scheinbar verwirrt, schaute er sich immer wieder um, was mochte er sich wohl denken? „Was wollen die schrillen Vögel von mir? Wenn es denn Frauen wären, nein aber Kerle…Die Welt ist aus den Fugen!“. Nach einem weiteren Fotoversuch von mir verschwanden sie flussaufwärts.
 
Ich lief zurück und stieg hinter der Grenzschänke direkt an der Grenze hinauf. Über Wiesen gewann ich an Höhe bis ich auf den Schwarzbach traf, der ab hier die Grenze bildete. Ich wechselte das Ufer und versuchte teilweise entlang von Wiesenkanten die Bachschleifen abzukürzen. Manchmal war der Untergrund recht feucht, die Hosen waren durch Spritzwasser später bis zu den Knien durchnässt. Es schmatze mitunter recht stark beim Laufen, aber es war recht tragfähig, die Gefahr des Einsinkens bestand nicht. Ich durchquerte hier die Schwarzen Wiesen, auf tschechischer Seite Černá louka genannt. Dann erreichte ich das Schwarze Kreuz, warum es da steht, ist auf einer Tafel erklärt. Den im Netz abgebildeten alten deutschen Grenzstein, der sich hier befinden sollte, sah ich nicht. Über den Grund will ich jetzt nicht spekulieren. Langsam tauchte ich in den Haberfeldwald ein. Einige Bachschleifen aufwärts, nach einem Schneefeld schimmerte es weißlich unter dem beigen Gras. Mit dem Fuß legte ich den Fund frei, erschrak zunächst, beruhigte mich aber etwas, als ich nach dem herumdrehen die schräg abfallende Stirnpartie und die lange Zahnleiste des Schädels sah…
Der Schwarzbach wurde im Verlauf immer schmaler, das Gelände unwegsamer, ein wahrer Schlängel- und Buckelpistenlauf. Plötzlich sprang aus unmittelbarer Nähe ein Reh unter lautem Bellen davon, es hatte sich ebenso erschrocken wie ich mich auch. Nach einer Weile wurde auf tschechischer Seite eine Wiese sichtbar, hier musste ich landeinwärts abbiegen. Ich fand einen Pfad und wenige Meter weiter den Waldweg. Nach links abgebogen, suchte ich den Leichenstein, ein altes Sühne-oder Mordkreuz. Er war nicht aufzufinden, an einer Kreuzung bestätigte ein verblichenes Schild „Leichensteinweg“, dass ich eigentlich richtig war. Ergebnislos erreichte ich den Waldrand. Kehrt um, Marsch! Vorbei an der Kreuzung laufend, spähte ich angestrengt auf beiden Seiten des Weges ins Unterholz. Zahlreiche im Winter herunter gebrochene Baumwipfel erschwerten dies. Dann, hinter einem umgestürzten Baum ca. 5 m vom Weg entfernt, fand ich ihn. Aus der anderen Richtung kommend, waren es nur 200 m von der Stelle, wo ich erstmals auf den Waldweg getroffen war. Die Sage berichtet hierzu, dass der bünauische Heger Elias Tränker (Bünau war die in Lauenstein sitzende Herrschaft) an diesem Ort vom böhmischen Förster aus Tellnitz und zwei Komplizen erschossen wurde. Von hier aus lief ich weiter durch den schaurigen Wald. Heute war es zwar bewölkt aber dennoch sichtiges Wetter, ich mochte mir gar nicht vorstellen, wie es hier ist, wenn der böhmische Nebel über den Kamm zieht…Am Forsthaus Haberfeld vorbei ging es hinaus auf die freie Fläche, zu den wenigen verbliebenen Häusern von Rudolphsdorf. Die Mehrzahl der Häuser wurde während des Baus der Trinkwassertalsperre Gottleuba abgetragen, weil hier das Wassereinzugsgebiet beginnt. Danach kam das obere Ortsende von Fürstenwalde in den Blick, vor dem ich nach rechts auf die Straße abbog.
 
Ihrem Verlauf folgte ich nun etwa anderthalb Kilometer, Verkehr gab es so gut wie keinen. Unterwegs traf ich auf die Halbmeilensäule Nr. 18, eine kursächsische Postmeilensäule der alten Dresden-Teplitzer-Poststraße. Eine kursächsische Meile = 9.062 m = 2 Stunden, ½ Meile = 4.531 m = 1 Stunde und ¼ Meile = 2.265,50 m. Ein Stück nach der Säule bog ich nach rechts auf eine Wiese und ging zum Schneiderstein hinüber, einem alten Sühne-oder Mordkreuz. Die Sage berichtet dazu, dass ein aus Rudolphsdorf stammender Schneidergeselle hier bei seiner Rückkehr aus der Fremde ermordet wurde. Zur Straße zurückgekehrt, lief ich nur noch wenige Meter an ihr entlang und folgte dann dem Verlauf der alten Dresden-Teplitzer-Poststraße zunächst als Feld- später als Waldweg durch die Harthe. In einer Senke, wo sich mehrere Bächlein zum Nasenbach vereinen, steht am Wegrand die Viertelmeilensäule Nr. 17. Kurios an diesem Stein ist das beidseitig verkehrt herum abgebildete Posthorn. Weiter Richtung Breitenau gehend, würde man noch auf die Meilensäule Nr. 16 treffen. Alle drei Typen haben eine abweichende charakteristische Bauform. Ich bog jedoch nach links ab und nahm einen Wiesenweg nach Liebenau hinüber.
 
Dort ging es ein Stück durch den Ort. Den oberen Dorfteich passierend, verließ ich an einer Stallanlage die Gemeinde und strebte eine Anhöhe hinauf. Oben kreuzte ich auf einer Brücke die Umfahrungsstraße des Rückhaltebeckens Lauenstein und später die Straße ins Müglitztal. Danach weihte ich einen im Bau befindlichen Luxus-Flurweg ein. Auf ca. zwei Kilometern Länge wird hier ein Feldweg befestigt, um scheinbar im Nirgendwo zu enden. Kurz vor dem Nirgendwo lenkte mich dann ein Wegweiser zur Waldkante. Unschlüssig lief ich auf und ab, der weitere Verlauf war nicht auszumachen. Einen schmalen Trampelpfad talwärts probierte ich dann aus, fand irgendwann später die Wegmarkierung wieder, war also richtig. Steil ging es hinunter ans Ufer der Müglitz. Dort stieß ein Fahrweg dazu, jüngst hatte man hier gebaut, der Wegweiser lag abgebrochen im Straßengraben. Ich entschied dem Bachufer zu folgen, der Pfad dort schien einladend. Unterwegs fand ich einen interessanten alten Stolleneingang, aber bereits nach ca. 5 m hatte man dort den Vortrieb aufgegeben. Mein Pfad verschwand danach vollends, kletternd, mich an Wurzeln festhaltend überwand ich einen Rutschungshang. Ich stieg an der Talflanke auf, erreichte einen alten Steig, nach rechts ging es nicht, ein abgezäuntes Grundstück versperrte den Talhang. Also bog ich in die andere Richtung, traf dort die Markierung wieder und musste nun rechts herum noch höher hinauf. Auf fallendem Pfad erreichte ich nun wie vorgesehen Fürstenwalde-Kratzhammer und lief dort zum Auto zurück. Auf der Rückfahrt legte ich in Oelsen einen kurzen Stopp ein und parkte am unteren Ortsende. Nach etwa 500 m an der Straße Richtung Gottleuba gelaufen, bog ich links hinein und besuchte das Naturdenkmal „Hohler Stein“, was ich letztens aus Zeitgründen verschoben hatte. Nach der Besichtigung kehrte ich zum Auto zurück (insgesamt + 1,2 km/20 min) und fuhr heim.

Tourengänger: lainari


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