Clariden (3267 m) vom Klausenpass


Publiziert von morphine , 30. April 2011 um 15:10.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum: 2 Oktober 1995
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   CH-UR   Claridengruppe   Ortstockgruppe 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Kartennummer:1193 Tödi


Lange Vorgeschichte

Nachdem ich Anfang der 90er den Clariden mehrfach vergeblich zu erreichen versuchte (Sommer 92 bei Nebel u. Regen aufgegeben, Sommer 93 bei Höhensturm am Iswandli umgekehrt, Ende Mai 94 vor dem Skitouren-Massentourismus geflohen), gelang mir die Tour endlich im August 1994. Meine Minox-Kamera versagte ausgerechnet an diesem schwül-heißen Sommertag jedoch ihren Dienst, so dass ich gar keine Bilder machen konnte. Das durfte natürlich nicht wahr sein, und so hab´ ich die Tour im Oktober 1995 nochmal mit meiner neuen Minox im Gepäck wiederholt.


Anstieg

Die Tour vom Klausenpass zum Clariden wurde hier schon vielfach beschrieben. So führte auch meine Route vom Klausenpass auf Steigspuren via Tierälpeligrat zum Iswandli rauf. Die Bedingungen, die ich ab hier vorgefunden habe, waren aber schon echt winterlich. Schuld war der nasskalte September in jenem Jahr, der in den Hochlagen bereits für gut eingeschneite Verhältnisse gesorgt hatte.

Auf der Gletscherstrecke zwischen Iswandli und dem Vorgipfel war der Schnee wie betoniert. Der kurzfristige Temperaturanstieg der vorausgegangenen Tage im Wechsel mit den doch schon recht kalten Nächten hatte seine Wirkung nicht verfehlt. So lief es sich damals fast wie auf Asphalt ohne lästiges kräftezehrendes Einsinken.

Eine Gruppe, die die ganze Zeit vor mir ging, blieb etwas oberhalb vom Chammlijoch plötzlich stehen. Ich überholte, und im Rückblick sah ich, dass die ganze Truppe wieder zurück ins Joch abgestiegen und dann Richtung Hüfifirn verschwunden war.

Kurz Zeit später kam mir ein anderer Bergsteiger entgegen. Ich erkundigte mich nach den Verhältnissen im Schlussaufstieg. Er musste jedoch passen, da er bereits auf dem Vorgipfel umgekehrt war.

Scheinbar wollte heute außer mir niemand auf den Gipfel.

Nachdem ich kurzzeitig aufkommende Zweifel an meiner Unternehmung beiseite geschoben hatte, überschritt ich den Vorgipfel und stand nun vor dem Gipfelaufbau des Clariden. Der viele Schnee in Verbindung mit dem damals noch nicht ganz so arg abgeschmolzenen Eis ließ mich dann eine andere Route im Schlussanstieg wählen als den hier üblicherweise beschriebenen Aufstieg über die Westgratfelsen. So ließ ich die Felsen rechts liegen und bin das sehr steile nordwestlich unter dem Gipfel befindliche Eisfeld zum oberen Westgrat hochgestiegen. Dieses Eisfeld befindet (befand?) sich oberhalb des Ausstiegspunktes aus der Clariden Nordwand (3.178 m). Die Verhältnisse waren sehr gut, so dass die Steigeisen und der Pickel sehr gut griffen und ich fast wie auf Treppenstufen den oberen Westgrat erreichte.
Das Firnfeld ist zwar nicht sehr lang, allerdings hat man in diesem Bereich reichlich Luft unter den Sohlen, denn die Nordwand stürtzt von hier nicht nur optisch ins bodenlose hinab. Fehltritte galt es daher unbedingt zu vermeiden. Ob diese Route wegen der vorangeschrittenen Ausaperung (fehlender Firn) so heute noch empfohlen werden kann, wag´ ich zu bezweifeln. Auch wegen der vorhandenen Kettensicherung (damals hab´ ich keine entdecken können) ist der Felsanstieg über den Grat (II) mittlerweile wohl grundsätzlich zu bevorzugen.

Der obere tief eingeschneite  Westgrat leitete mich dann leicht zum Gipfelkreuz.


Der Gipfel

Das Panorama haute mich schlichtweg um. Der riesige arktisch anmutende  Hüfifirn mit den auffälligen Gipfelpyramiden von Piz Cambrialas und Gross Düssi darüber. Dahinter der Oberalpstock, die Urner und Berner Alpen und ganz weit hinten waren auch noch die Walliser Riesen zu erkenne. Durch die  klare Luft wirkte aber alles ganz nah. Auf der anderen Seite des alles dominierenden Tödi ging der Blick über den Glarner Hauptkamm bis weit zu den schneebedeckten Gebirgszügen Graubündens. Zu meinen Füßen der terassenartige Claridenfirn. Im Norden konnte man über die Voralpen hinweg ins Mittelland schauen. Dank des fehlenden Nebelmeers konnte ich mit meinem Fernglas alle möglichen Details im "Tiefland" ausmachen (Städte, Döfrer, Seen etc.) Die jahrelange "Belagerung" des Claridens hatte sich für mich also mehr als gelohnt.


Abstieg

Nach langem Schauen und Genießen bin ich wieder über die gleiche Route abgestiegen. Die Bedingungen in der steilen Firnflanke waren noch genau so gut wie im Auftstieg und so ergab sich ein problemloser Abstieg über das Iswandli zurück zum Klausenpass.

Ein strahlender Sonnenuntergang bei der Talfahrt Richtung Altdorf rundete diesen perfektenTag  ab.


Auswirkungen

Bestimmte Tage/Unternehmungen in den Bergen wirken  ja noch lange nach. Diese Claridentour sollte für mich zu einer dieser denkwürdigen Tage werden. Ich war vom Gesamteindruck nachhaltig so überwältigt, dass ich seit dieser Tour die meisten  meiner höheren Gipfel nur noch im Herbst angegangen bin. So z.B. bereits wenige Tage später das Sustenhorn. Siehe auch: *Sustenhorn (3503 m) von der Chelenalphütte" rel="nofollow">http://*Sustenhorn (3503 m) von der Chelenalphütte

Tourengänger: morphine


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