Mont Ventoux - als Rennvelofahrer(in) muss man da einfach mal hoch


Publiziert von Pfaelzer , 28. April 2011 um 23:12.

Region: Welt » Frankreich » Provence
Tour Datum:24 April 2011
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 1622 m
Abstieg: 1622 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Kostenloser Parkplatz in Bedoin
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Kostenloser Parkplatz in Bedoin
Unterkunftmöglichkeiten:Diverse Hotels in der Umgebung. Wir logierten für drei Tage im "Le Comtadin" in Carpentras.

Schon länger ins Auge gefasst, konnten wir (d.h. vor allem Silvia, ich war früher schon mehrmals mit dem Rennvelo oben) im Rahmen unserer kurzen Osterferien in Südfrankreich diesen Aufstieg in Angriff nehmen.

Die klassische Auffahrt führt an der Südseite von Bedoin aus über das Chalet Reynard hoch. Im Sommer während der Tour de France herrscht dort in der Regel eine richtige Bruthitze, was diesen an sich durch seine stetige Steilheit sehr schwer zu fahrenden Berg noch schwieriger macht.

Aber wir waren ja über Ostern dort, hatten also schon ein Problem weniger, es war im Gipfelbereich eher zu kühl.
Von unserem Hotel in Carpentras, die Stadt ist etwa 18KM entfernt, fuhren wir mit dem Auto nach Bedoin um von dort aus zu starten. 
Mitten im Ort hat es einen grossen kostenlosen Parkplatz, die meisten die dort parken sind auch Velofahrer und Ventoux-Aspiranten.

Velos aus dem Auto, zusammenbauen, Rucksack packen (heute war es wichtig genügend warme Kleidung für die Abfahrt mitzunehmen) und es kann los gehen.

Silvia hatte doch etwas Respekt, aber wir sind vor zwei Tagen mit dem Auto hochgefahren und sie wusste in etwa was auf sie zukommen würde. 

Es ist ja auch zu einem grossen Teil Kopfsache.
Wenn man über die nötige Grundkondition verfügt.

 Es geht ein wenig hoch durch den Ort und dann nach rechts ab, noch ziemlich flach und bald kommt auch schon der erste Kilometerstein, der die momentane Höhe, die Steilheit des nächsten Kilometers und die Distanz zum Gipfel anzeigt.

Es warten jetzt 22Km und 1622HM.

Und man hangelt sich quasi von Kilometerstein zu Kilometerstein.
Anfänglich noch moderate Steigungen, die ersten knapp 3KM sind gut zu bewältigen, doch dann, ab dem Ort St. Estève geht es los!

Es geht in den Wald, lange steile Rampen, viele Kurven (keine Haarnadelkurven sonder enge steile Kehren) und immer im Schnitt über 9% steil.
Es hat viele Velofahrer, teilweise sehr ambitioniert, teilweise sehr sehr langsam, mit MTB und völlig untersetzt, die brauchen 5h .

Was immer wieder auffallend ist: die meisten fahren viel zu schnell los, unterschätzen den Berg und büssen diesen dann irgendwann. wir haben einige die uns unten in Lance Armstrong-Manier überholt haben wieder aufgefahren, vielen sieht man das auch beim Überholen an, ich habe Silvia prophezeit dass die wieder zurückkommen werden und das traf dann auch ein.

Und was auch witzig ist: die Männer haben immer Probleme wenn eine Frau schneller ist. Die meisten steigen dann ab und machen als hätten sie Probleme mit dem Velo, mit der Schaltung etc.
Wirklich köstlich....

Aber grundsätzlich gilt: dieser Berg tut weh!

Aber Respekt, Silvia hat sich das super eingeteilt, sie hatte sich vorgenommen mindestens bis zum Chalet Reynard durchzufahren und frühestens dort eine kleine Pause zu machen und das hat sie auch durchgezogen. Und das ist auch der schlimmste Teil dieses Berges.
Es muss wirklich jeder Meter hart erkämpft werden, es gibt bis dorthin keinen flachen Meter.

Die Pause fiel relativ kurz aus, man ist dort aus dem Wald draussen und es wurde doch zunehmend kühler. Gemütlich eine Banane verdrücken, noch eine dünne Schicht an Bekleidung anlegen und weiter geht's.
Ab jetzt findet man sich in der für den Berg charakteristischen Mondlandschaft wieder. Diese letzten 500HM windet sich die Strasse durch das völlig verkarstete Kalkschotterfeld, man kann sich richtig vorstellen wie die Sonne im Juli auf die Radprofis brennt. 

Bei uns wurde es aber eher ungemütlich, wir konnten den Gipfel noch gar nicht sehen, er war im Nebel verborgen und aus diesem Nebel kam zunehmend Feuchtigkeit auf uns herunter, sie ging über in richtigen Regen.
Das machte die Sache natürlich nicht einfacher, zum Glück beträgt hier die Steigung "nur" durchschnittlich 7%... Wobei es dann die letzten anderthalb Kilometer doch noch mal in sich haben, es sind dann wieder 10%
Aua!
Aber dann, als hätten wir es so bestellt, auf den letzten 200m verschwand der Nebel und sogar die Sonne liess sich ein wenig blicken.
Genial.
Der letzte sicher 13-14% steile Aufschwung und oben waren wir.
Jeder kann sich vorstellen wie froh und stolz man dann ist, vor allem natürlich Silvia, es war ja doch eine Herausforderung.
Für ein paar Minuten wärmte uns die Sonne und dann war sie auch schon wieder weg und so galt es sich nicht zu lange oben aufzuhalten und auszukühlen sondern die ganzen mitgeschleppten Sachen anzuziehen und die Abfahrt in Angriff zu nehmen.

Auch das war eine Herausforderung, es regnete wieder, die Strasse war nass und glitschig und natürlich waren wir trotz der warmen Kleidung am Frösteln.

Im Chalet Reynard machten wir noch einen Stopp für ein Sandwich einen Eistee und einen Kaffee und nahmen dann noch die restlichen 16Km der Abfahrt unter die Räder. 
Zum Glück wurde es auch bald wieder wärmer und die letzten 12KM waren dann auch ein Abfahrtsgenuss.

Wieder alles im Auto verstauen, mit einem Supergefühl zurück ins Hotel, duschen und dann schön in ein provencalisches Restaurant zum Abendessen.

Ein geiler Ferientag!

Tourengänger: Pfaelzer, Steinlaus


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Kommentare (12)


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kopfsalat hat gesagt:
Gesendet am 29. April 2011 um 09:16
> Aber grundsätzlich gilt: dieser Berg tut weh!

tolle leistung, gratuliere. mir tut der rücken nur schon beim betrachten der fotos weh. und das ganze dann noch mit rucksack. wär wohl gar nichts für mich.

Baldy und Conny hat gesagt: heimlich
Gesendet am 29. April 2011 um 09:30
trainiert wird da also, während wir uns die Bäuche über Ostern vollschlagen.
Gratuliere und bis morgen
Angelo und Conny

eugen hat gesagt: Eindrücklich ...
Gesendet am 29. April 2011 um 11:51
... wie Ihr beide Euch da hochgewuchtet habt. Es war interessant, wieder einmal etwas von alten Bekannten zu lesen. Und Touren tut Ihr nicht mehr? Ein kleines Manko hat Dein Bericht schon: es steht gar nichts darin über das, was Ihr am Schluss gegessen habt. Nicht einmal ein Foto des "plat du jour", wie man das sonst gewohnt ist. Wünsche noch schöne Rad- und andere Touren.

Gruss aus dem Wallis
Eugen

Alpin_Rise hat gesagt: Das Matterhorn der Cyclisten
Gesendet am 29. April 2011 um 12:20
Ciao Pfälzer,

toller Quälberg ;-)

Als Stadvelofahrer frage ich mich immer, ob man per Rennvelo oder zu Fuss mehr Höhenmeter pro Stunde (bei gleicher Fitness) absolvieren kann.
Ebenso hab ich behauptet, dass die kleine Zürichseerunde (Seedamm) in zwei Stunden relativ locker möglich ist...
Was meinst du da als Experte?

G, Rise

Pfaelzer hat gesagt: RE:Das Matterhorn der Cyclisten
Gesendet am 29. April 2011 um 21:18
Hi Alpin_Rise,

hier die ultimative Expertenmeinung :-)) :

Mit den Höhenmetern ist das so eine Sache. Ab einer gewissen Steilheit ist das Velofahren extrem langsam, bzw. dann nicht mehr möglich. Da ist man zu Fuss sicher schneller.
Und mit dem Rennvelo fährt man ja normalerweise auf Strassen und die sind im Schnitt ja selten steiler als 10 oder 11%. Das ergibt dann ja eine ziemliche Streckenlänge wenn man möglichst viele Höhenmeter "vernichten" will. Da ist man natürlich mit dem Rennvelo schneller.
Würde so eine Strasse schön in regelmässigen Kehren an einer Bergflanke hoch führen und könnte man zu Fuss den direkten Weg nach oben gehen, so wäre man zu Fuss ganz sicher schneller.
Was man auch noch beachten muss: Fitness zu Fuss berghoch und Fitness auf dem Rennvelo berghoch lassen sich nur bedingt vergleichen.

Zur kleinen Zürichseerunde (die mache ich immer mindestens einmal im Jahr): Die zwei Stunden würden ohne weiteres drin liegen, wären da nicht die verkehrstechnischen Hindernisse. Verschiedene Ortsdurchfahrten und die vielen Ampeln senken den Schnitt doch erheblich.

Viele Grüsse,
Wolfgang

Zaza hat gesagt: RE:Das Matterhorn der Cyclisten
Gesendet am 29. April 2011 um 21:40
Hi Rise,

beim Niesentreppenlauf ist der Rekord für ca. 1650 hm bei 52 Minuten (31.5 m/Min), bei der Alpe d'Huez ist der Rekord von Pantani bei 37.5 Minuten (29 m/Min).

Wenn man bedenkt, dass die Treppe mehr Höhenmeter hat und Pantani mutmasslich gedopt war, dann scheint das ein Indiz dafür zu sein, dass man bei idealer Neigung zu Fuss etwas schneller sein kann.

Gruss, zaza

Pfaelzer hat gesagt: RE:Das Matterhorn der Cyclisten
Gesendet am 29. April 2011 um 22:39
Hi Zaza,

Alpe d'Huez sind aber auch "nur" 1130 HM
Bei vergleichbaren 1650 HM würden dann die 29m/Min vermutlich nicht mehr zu halten sein.

Gruss,
Wolfgang

dabuesse hat gesagt: RE:Das Matterhorn der Cyclisten
Gesendet am 29. April 2011 um 22:36
Hey Wolfgang

Gratuliere dir und Silvia zur Besteigung des Mont Ventoux. Recht habt ihr, jeder eingefleischte Radfahrer sollte ihn mal gemacht haben (ich darf mich leider "noch" nicht zu dieser Sorte zählen). Scheint mit 1600hm noch recht lange zu sein. Auch die Bilder machen einem richtig gluschtig, mit dem Rennvelo über die Steigungen und Pässe zu flitzen.

@Alpine-Rise: Das Thema ist sehr interessant und könnte vielleicht mal in der Bike+Hike Community diskutiert werden. Mancher Bike+Hike Genosse wird sich da zwangsläufig seine Gedanken machen.
Das Thema ist sehr komplex und die Antwort hängt wie von Pfälzer erwähnt von vielen Faktoren ab. Was aber sicher ist, bei der Entscheidung zu Fuss oder (auch Teilstrecke) mit Velo, ist, dass man man dem Velo viel schneller, mit weniger Energieaufwand, mit viel mehr Spass und viel bessereren Beinen wieder runter kommt.
ein Tipp zur Züriseeumrundung: Die Strecke Zürich-Rapperswil gegen Süden fahren, denn dann hat man viel weniger Lichtsignale (denn die sind meistens bei Einmündungen von Strassen, die vom Berg herkommen)

gruss David

ps. Ich gehöre glücklicherweise momentan zur Sorte Vollzeitradfahrer, aber nicht denen ala Lance Armstrong, sondern zu denen mit 25kg Gepäck :)

joe hat gesagt: Rennvelo fahren
Gesendet am 1. Mai 2011 um 20:39
ist für mich DIE Art Kondition für Bergtouren aufzubauen. Daher fahre ich auch täglich (12 Monate abzüglich Urlaub) mit dem MTB oder Rennvelo (Sommer) zur Arbeit. Das macht dann 40 km am Tag.

Um sich zu quälen langt mir bereits das Bänkerjoch bei Aarau. Aber bitte nur von Süden rauf fahren (17%).

Trotzdem fehlen mir (noch) Alpe d'Huez und Mont Ventoux in der Sammlung.

Gratulation zur Tour und den eindrücklichen Bildern.

Pfaelzer hat gesagt: RE:Rennvelo fahren
Gesendet am 1. Mai 2011 um 23:06
Vielen Dank.

Bei mir ist es so, dass ich meistens nach der Arbeit auf den Üetliberg fahre, so im Schnitt 3-4 mal pro Woche, allerdings nur von März bis Oktober. Komme dabei so auf 120 bis 130 Fahrten im Jahr.
Allerdings habe ich wirklich die Erfahrung gemacht, dass schnell einen Berg hochfahren und schnell hoch steigen zwei paar Schuhe sind. Mit dem Velo geht es doch mehr in den Kraftausdauerbereich.
Vielleicht hast du ja mal Lust, die eine oder andere Runde mit dem Rennvelo zu drehen...

Gruss,
Wolfgang

joe hat gesagt: RE:Rennvelo fahren
Gesendet am 2. Mai 2011 um 22:25
ich schicke Dir eine PM.

Gruss.

Joe

CarpeDiem hat gesagt:
Gesendet am 3. Mai 2011 um 22:17
Félicitations!!! Ist ja eine Mordsleistung. Ich hoffe, dass ich dort auch mal mit dem Rad raufkomme. Der Frühling scheint ideal zu sein punkto Temperaturen.

LG
Anne-Catherine


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