Passlaufen: über den Kistenpass


Publiziert von rojosuiza , 9. März 2011 um 12:34.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:28 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   CH-GR   Bifertengruppe 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 900 m
Abstieg: 1500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:SBB nach Linthal
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postauto ab Brigels, RhB ab Tavanasa
Unterkunftmöglichkeiten:Muttsee-Hütte, Kistenpass-Hütte, Bifertenhütte

Ich bin Sologänger.

Meine Schwesterlein ist ganz erzürnt über diese Aussage. Sie verdammt das Sologängern nicht etwa, sie will nur festgehalten haben, dass unsere Wanderungen zusammen auch noch da sind. Einmal im Jahr mindestens,immer wenn ich in der Ostschweiz bin, gehen wir zusammen los. Sie ist ein guter Wanderpartner, mit manchmal überraschenden Einfällen. Überraschend wenigstens für mich. Sonst bin ich ja gewöhnt, jede Entscheidung im Gelände rasch und allein zu fällen, und jetzt ist plötzlich sie da. Bei mir heisst das, immer weiter rennen, so lange die Füsse tragen und so lange der Tag vorhält. Mit ihr geht es anders.

Wir wollen eine Passwanderung machen. Mit dem ÖV zum Ausgangspunkt, oben drüber laufen, auf der anderen Seite zum ÖV, und ab, wieder nach Hause. Ich haben die Neigung, das alles in einen Tag zu pressen. Im Notfall, wenn's nicht ganz passt, gibt's ein Biwak. Die Schwester wünscht stattdessen eine bequeme Hüttenübernachtung, eine vergnügliche 2-Tage-Tour.

Wir haben uns den Kistenpass herausgesucht. Ganz hinten im Glarnerland, schwups auf den Berg, und runter auf der Bündner Seite. Der Zug geht bis Linthal. Da muss man noch weiter nach Süden ins Tal hineinrennen, bis man zum Anstieg kommt. - Rennen?  Die Schwester möchte, bitteschön, zuerst einen Kaffee nehmen und dazu etwas Gebäck. Wir finden einen Dorflanden, Annex Kaffee. Es ist eine Art allerartigste jugoslawische Enklave, denn das ist die Sprache, die die Betreiberin mit der einheimischen Besucherin wohl spricht. Danach will die Schwester... die Schwester will mit dem Taxi! Sie hat in fleissiger Vorarbeit das Internet durchforstet und alle Daten hat sie bei sich. Es gibt eine Seilbahn ganz hinten im Tal, die Seilbahn von der Tierfehd. Dazu gibt es das Alpentaxi. Es ist ganz einfach, alles: Das Alpentaxi fährt uns zur Seilbahn, die Seilbahn führt uns zur Bergstation auf 1860 Metern. Damit sind die ersten 1000 Höhenmeter im Kasten!


Es wird kräftig gebaut im ganzen Gebiet. Der Stausee 'Limmerensee' wird weiter ausgebaut, zu einem Speicherpumpwasserkraftwerk. Es gibt normalerweise wohl auch einen Weg durch den Stollen zum Limmerensee. Wir wollen den aber nicht, wir wollen hinauf zum Muttsee und zur Mutsee-Hütte. Es ist eine prachtvolle Wanderung an einem prächtigen Tag. Wir sind recht schnell hinaufgestiegen, es ist mitten am Tag, nicht die Zeit, sich nach einem Nachtlager umzusehen. Die Hütte ist ohnehin voll; die ganzen Arbeiter der Kraftwerkbaustelle sind hier untergebracht. Nach kurzer Saft-Rast gehen wir weiter. Auf der Karte ist der Weg ganz deutlich; das Gelände bestätigt es, hier könnte und müsste der Weg verlaufen. Doch dem Adlerblick entzieht er sich. Selbst mit dem Fernglas kann ich ihn nicht sehen. Erst als wir schon drauf stehen, erkennen wir ihn in den 'Plättli'.  Etwas Steigung, und schon nach kurzer Zeit kommen wir zur Kistenpass-Hütte. Sie klebt hoch am Hang, weit über dem Stausee. Leider ist sie zu. Man würde hier gern bleiben, wegen der ausgesuchten Lage und den Blick auf die andere Seite zu Bifertenstock, Limmerenfirn und Schiben.

In der Ferne lockt ein kleiner Berg mit 'abgehackter' Spitze, das Kistenstöckli. Es steht allein auf dem Kamm, hinter ihm befindet sich die Bifertenstock-Hütte. Wenn dort die Fahne weht, ist sie bewirtschaftet. Sonst rennen wir ins Tal hinuter, denke ich mir. Von weitem ist sie zu sehen, im Abendlicht, auf weiter Ebene um sie herum. Es zieht aber Nebel auf, der das Kistenstöckli magisch einhüllt. Dabei bleibt es, die Hütte bleibt im hellen Licht und man kann 'linea recta' auf sie zu.

Wir sind nicht die ersten. Ein Berggänger ist schon da. Der Hüttenwart hat dieses Jahr seine letzte Saison, und er berichtet vom Gang um die Hütte. Er hat ein Fotobuch gemacht; in ihm spielt das Kistenstöckli eine Hauptrolle. Schwesterlein und ich beschliessen, ihm Morgen einen Besuch abzustatten. 

Ruhige Nacht. Wir sind zu siebt. Es ist noch ein Vater mit seinen Kindern gekommen, als es schon Nacht war. Die Schwester meint am Morgen, als sie den ganzen Sonnenaufgang verschlafen hat, sie habe kein Auge zugetan in der Nacht.

Der erste Berggänger ist schon längst auf und davon, unterwegs zur Erkundung des Bifertenstocks. Wir machen uns zum Kistenstöckli auf. Es steigt kräftig, auf deutlich sichtbarem Weg im Schutt, bis zum Gipfelaufbau. Der Pfad windet sich dort ein bisschen, aber schon sehr bald stehen wir oben. Der Abstecher dauert nicht einmal eine Stunde. Auf dem Kistenstöckli befindet man sich auf einer leicht schiefen Platte. Hunderte von Berggängern haben hier oben ihrer Phantasie den Lauf gelassen: Es gibt Steinmann-Skulpturen in allen Grössen und Formen.

Der Abstieg ist wunderschön, der Blick hinein ins Val Frisal verlockend - da musst du auch einmal hin! - und der Kaffee in der Gartenwirtschaft in Brigels ist erquickend. Wir haben einen Anschlag der autoposta gesehen: Wir fahren nicht mehr, die Saison ist zu Ende, bis zum nächsten Winter! Müssen wir jetzt ganz ins Tal hinunter zu Fuss? Aber Nein, das gilt nur für den Ortsbus. Im Zentrum ist die Haupthaltestelle des Postautos. Das fährt uns vorzüglich und angenehm hinunter ins Tal und zum Zug. Damit kommen wir bald nach Chur, und Chur an einem sonnigen Nachmittag ist an sich schon eine Reise wert. Schwesterlein und Brüderlein sind's zufrieden und wollen bald wieder einmal zusammen wandern gehen.


Wollen wir das nächste Mal das Val Frisal erkunden, Schwesterlein, und da im Biwack übernachten?

Tourengänger: rojosuiza
Communities: Passwanderungen


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