Chirel-Trilogie

Am Ende des langen Chireltales im Diemtigtal finden sich einige schöne, steile Winterrouten, auf die ich schon lange mal ein Auge geworfen hatte. Aber wie kommt man bloss ohne Auto dort hin? Autostopp ist eine Option, eine andere ist der Einstieg durchs Estrichfenster, und die wählte ich heute. Das Engstligental zwischen Frutigen und Adelboden ist nämlich punkto öV sehr gut bedient.

Erfreulich ist's, wenn man bei Kaiserwetter und geringer Lawinengefahr noch ein paar Ferientage vom Vorjahr beziehen kann. Einzig Schneemenge und -qualität sind stellenweise etwas dürftig, aber man kann ja nicht alles haben.

So starte ich kurz nach 7 in Rohrbach und steige zunächst mit der Stirnlampe auf dem sehr steilen, nicht mehr unterhaltenen Waldweg zu den untersten Hütten von Chratzere. Auf einer dünnen Schneedecke geht es dank einer Fussspur effizient bis zur obersten Hütte (1683 m), dann weiter aufwärts bis etwa auf 1900 m und nun mit einer ansteigenden Querung oberhalb der Alp Chratzchummi in den Chratzchummisattel (P. 2083). Der Südgrat der Wyssi Flue weist einige apere Stellen auf und der Schnee ist ziemlich hart, so dass es bequemer ist, zu Fuss aufzusteigen. Auf dem Gipfel sehe ich, dass es nicht nur die erwarteten Skispuren am Winterhorn hat, sondern dass auch die Nordcouloirs des Ladholzhorns bereits begangen wurden. Also wird die ursprüngliche Planung (rauf zum Winterhorn, runter nach Achseten) gleich umgekrempelt.

Nach einem kurzen Abstieg über den S-Grat gehe ich rechts ein steiles Couloir runter (auf der LK gut zu erkennen), bis ich auf etwa 1900 m hinüber zum Auslauf des Couloirs queren kann. Dank der Aufstiegsspur (3 im Aufstieg, 2 Abfahrten, 1 Abfahrtsspur im noch steileren Couli nebenan) ist das stotzige Ding (um 42 Grad) gut zu ersteigen und bald bin ich wieder an der Sonne auf dem Ladholzhorn.

Nun geht es ein paar Schritte auf dem SW-Grat runter, dann links in einen steilen Hang und sobald möglich quere ich hinüber zum Ladholzsattel. Hier kommt eine gute Skispur von Achseten daher, die sich bald mit der Aufstiegsspur aus dem Chirel vereinigt und so erreiche ich problemlos den aussichtsreichen Gipfel des Winterhorns. Menschenleer ist es weit und breit, auch auf der klassischen Route der Männliflue...der Dienstag scheint ein guter Tourentag zu sein! Einzig einen Berggänger beobachte ich, der gerade vom Bütschisattel aus die Männliflue erklimmt.

Der Abstieg durch den breiten, steilen, von Couloirs zerfurchten Nordhang ist ein pulvriger Spass und der Hang ist noch nicht allzu sehr zerfahren. Auf etwa 1900 m bieten sich zwei Wege an: Rechts in ein steiles Couloir und dann direkt runter (wäre wohl heute die bessere Wahl gewesen) oder links, etwas queren und dann durch ein steiles W-E-Couloir runter. In diesem Couli, aus dem eine Aufstiegsspur kommt, stosse ich auf eine heftig vereiste Steilstelle. Zum Glück habe ich Pickel und Steigeisen dabei, so lässt sich die Sache gut meistern.

Nun bleibt noch der lange Ausmarsch nach Horboden, aber ich habe Glück und kurz vor der Chirelsäge, wo man heute wieder in den Hochnebel eindringt, kommt ein netter Tourenskifahrer, der mich gleich mit dem Auto nach Bern mitnimmt. Danke vielmals!

Hinweise:

• Wer mehr Energie hat, der kann nach dem Winterhorn (Abfahrt Richtung West, sehr steil, felsdurchsetztes Gelände) noch die Männliflue anhängen und dann via Gurbs nach Schwenden runter (oder gar noch das Cheibehorn mitnehmen).
• Es lagen zwei interessante Abfahrtsspuren vom Cheibehorn nach Nordosten (Chirelschafberg), eine ungewöhnliche Abfahrt!