Großer Rettenstein im Vorwinter


Publiziert von Solanum , 16. November 2010 um 12:08.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Kitzbüheler Alpen
Tour Datum:14 November 2010
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 1220 m
Abstieg: 1220 m
Strecke:Kasplatzl-Schöntalalm-Rettenstein und retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Aschau im Spertental über die Mautstrasse (4€ für PKW) zum Parkplatz an der Grundalm ("Kasplatzl")

Ein letzter Sommertag im November:
Über 20°C hatte der Wetterbericht für heute angekündigt – dem Föhn sei Dank! Zu schön um den Tag nicht zu nutzen. Am nächsten Tag musste ich schon wieder pünktlich in Zürich zur Arbeit erscheinen. Diesen Sonntag war ich aber noch in Tirol. Eine allzu ausgedehnte Tour war also (auch aufgrund der schon schlafbedingten fortgeschrittenen Stunde) nicht möglich. Der große Rettenstein war schon seit Längerem Bestandteil meiner erweiterten To-Do-Liste. Der Reiz dieses Berges liegt in dem scharfen Kontrast zu seiner Umgebung. Als einziger Gipfel der Kitzbühler Alpen, die sonst nur grasige, sanfte Kuppen aufweisen, wird der Rettenstein aus schroffem  Kalkgestein gebildet. Der Gipfelbereich hat daher die Form eines –hierzu benötigt man ein wenig Fantasie- schiefen Backenzahns. Mit etwas mehr als 1200 Höhenmetern ab dem hinteren Spertengrund schien mir die Tour auch als nicht übertrieben lang. Einzig die Nordostexposition der Route machte mir etwas Sorge. Würde dort in den steilen Schrofen Schnee liegen? Um sicherzugehen und für den Fall der Fälle gerüstet zu sein erhöhte ich die Füllmenge meines Rucksacks mit einem Paar Steigeisen und befestigte meinen Steigpickel an der Pickelschlaufe meines Rucksacks. Im hinteren Spertengrund angekommen konnte ich an der schon die recht schneebedeckten Nordflanke des Rettensteins erkennen, daß meine Ausrüstungswahl so schlecht wohl nicht war.  Der hintere Spertengrund ist über eine Mautstraße von Aschau zu erreichen. Jetzt, mitte November ist die Mautstation aber nicht besetzt. Um 10:30 verließ ich den Parkplatz an der hinteren Grundalm („Kasplatzl“). Nach ein paar Metern auf der Straße zurück Richtung Aschau bog ich nach 50 Metern rechts ab auf den Fahrweg zu den Almen aufwärts. Eines der Stadeln wird wohl derzeit als Ferienhaus benutzt. Vom Dachfirst weht einem eine recht große bayrische (!) Landesfahne entgegen. Ob das lange gut geht? Hinter den Hütten verlässt der Weg das Sträßchen und ich folge dem Wanderweg nach links auf die Weiden und steige in Richtung Waldrand. Im Wald wird es nun etwas steiler. Nach einer monotonen halben Stunde neigt sich der Hang zurück und ich steige durch eine flache Waldlichtung. Es ist immer noch recht kühl, da der Pfad im November hier den ganzen Tag im Schatten liegt, und so sehne ich die Sonne herbei. Nach etwa einer Stunde erreiche ich die Schöntalalm, die, endlich in der Sonne, in einem breiten Hochtal liegt. Nun steht mir die Sonne genau im Gesicht. Hinzu kommt das Schmelzwasser auf dem Steig, das das Licht gleißend reflektiert. Man kann es mir wohl auch nicht recht machen.
Ich folge dem flachen Steig nun weiter nach Süden bis zur Schöntalscherm. Bevor sich der Berg hier wieder aufsteilt, steht hier noch ein letztes, idyllisches Almhüttchen am Rande eines lichten Lärchenwaldes. Nun geht es wieder etwas steiler rechts haltend aufwärts hinter einen schwach ausgeprägten Grat. Hier ist derzeit die Schneegrenze.  Unter dem Grat querend gelange ich nun in die eigentliche Gipfelflanke. Etwa auf der Höhe einer Quelle („Schöntalquelle“) wird es nun steil. In Serpentinen zieht der Pfad sich bergan. Zum Glück kann ich ab hier den Spuren von anderen Berggängern folgen, die heute auch auf den Rettenstein steigen. An einer Wegverzweigung lege ich die Steigeisen an und hole schon einmal prophylaktisch den Pickel heraus. Wozu habe ich das schwere Eisenzeug den sonst herauf geschleppt? Nun wird der Steig auch etwas ausgesetzter und ich bin froh die Eisen unter den Füßen zu haben. Schließlich gewinnt der Steig einen kleinen Gratabsatz in Aufstiegsrichtung rechts. Hier kommen mir zwei Gruppen entgegen - beide ohne Steigeisen. Ich erkundige mich nach den Verhältnissen im Gipfelbereich. Die erste Gruppe ist wegen eines schneebrettgefährdeten Hanges umgedreht, die zweite Gruppe war jedoch oben. Die Gefahr sei nicht sehr groß und mit meiner Ausrüstung sei ich ja auch gut gegen ein Ausrutschen ausgerüstet. Ich steige weiter und erreiche nach einer Querung schließlich den steileren Hang unter dem Gipfel. Hier liegt etwa einen halben Meter hoch guter Trittschnee. Ich folge vorsichtig den Spuren meiner Vorgänger. Zuletzt folgen noch zwei kurzer Felsstufen, die ganz leicht zu erklettern sind, und stehe schließlich am Gipfelgrat und endlich wieder in der Sonne. Ein paar Schritte noch und ich stehe am Kreuz mit Sitzbank. Das Gipfelbuch ist restlos vollgeschrieben. Vielleicht erbarmt sich jemand und bringt ein neues Buch herauf. Die Aussicht ist fantastisch. Der Kaiser und das Alpenvorland im Norden, die Steinberge und der Hochkönig im Osten, die Stubaier Alpen und das Karwendel im Westen. Die Aussicht nach Süden übertrifft dies aber alles. In der klaren Föhnluft liegt der Großvenediger unmittelbar vor einem. Der Großglockner steht als alles überragende Pyramide über den mächtigen Firnen der Hohen Tauern. Hier herrscht schon der Winter. Ich genieße noch ein paar Minuten die letzten Sonnenstrahlen und muss dann doch wieder in den Schatten steigen. Vorsichtig bewältige ich die steilen, oberen Hänge und erreiche bald wieder flacheres Gelände. Obwohl es erst früher Nachmittag ist, liegt das Schöntal schon komplett im Schatten. Um 3 Uhr erreiche ich schließlich wieder den Parkplatz. Schnell noch etwas trinken und schon geht es durch zahllose Tunnel und drei Dialektzonen in Richtung Zürich.

Tourengänger: Solanum


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