Birkkarspitze (2749 m), Ödkarspitzen (max. 2743 m)


Publiziert von gero , 24. September 2010 um 22:14.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:22 September 2010
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-T 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1240 m
Abstieg: 2040 m
Strecke:Karwendelhaus - Schlauchkarsattel - Birkkarspitze - Ödkarspitzen - Brendelsteig (Abstieg) - Karwendelhaus - Karwendeltal - Scharnitz - P an der Bundesgrenze (29,9 km)
Kartennummer:AV 5/1 (Karwendel westl. Blatt), 5/2 (Karwendel Mitte); Freytag & Berndt WK 322 (Wetterstein, Karwendel)

Nachdem ich tags zuvor den langen Marsch von Scharnitz über die Breitgrieskarscharte bis zum Karwendelhaus gegangen war, dachte ich eigentlich, daß ich am nächsten Tag relativ "platt" sein würde - nur noch fähig, den langen Weg das Karwendeltal hinaus nach Scharnitz zu wandern.

Als ich jedoch gegen 6 Uhr aus dem Lager krieche und draußen nochmals die Morgendämmerung eines schönen Spätsommertages gewahre, hält mich nichts mehr. Eine Sünde wäre es, einen solchen Tag nutzlos zu vertändeln! Also Schnell den Rucksack gepackt (auf das Hütten-Frühstück, das erst ab 7 Uhr ausgegeben wird, kann ich verzichten - ich bin ja "autark", habe selbst genug Verpflegung dabei) und hinauf Richtung Birkkarspitze. Ich will den Höchsten des Karwendels mal wieder besteigen, zuletzt war ich am 16. Juni 1973 dort droben.

Kurz vor 7 Uhr verlasse ich die Hütte und folge mit mindestens einer Stunde Vorsprung vor den anderen Besteigungs-Aspiranten dem Steig ab Karwendelhaus (1771 m) hinauf ins Schlauchkar. Eine gute halbe Stunde lang ist die Landschaft recht lieblich, es geht durch Latschen und über spärliche Rasenpolster, bis dann in die Geröllwüste des Schlauchkares beginnt. Vor mir tummeln sich zu früher Morgenstunde etliche Gemsen - da der Wind günstig steht, kommme ich relativ dicht an sie heran, bevor sie fliehen.

Der Steig durch das Schlauchkar wird immer steiler und mühsamer, je höher man hinaufkommt. Er erreicht auf etwa 2300 m Höhe den (harmlosen) Felsriegel, über dessen gebänderte Absätze der höherliegende Bereich des Schlauchkares betreten wird. Gleichzeitig wird die Aussicht immer großartiger - speziell auf die gegenüberliegende Vogelkarspitze und die Östliche Karwendelspitze. Immer noch eine Windung, immer noch ein Absatz muß erklommen werden - aber dann stehe ich kurz nach 9 Uhr auf dem Schlauchkarsattel (2635 m), in dem sich etwas oberhalb des tiefsten Punktes, am Beginn des Westgrates der Birkkarspitze, die Notunterkunft der Birkkarhütte befindet. Sie macht auf mich einen sehr sauberen, gepflegten Eindruck - mit doppelter Tür, im Jahr 2000 renoviert.

Die letzten 100 Hm bis zum Gipfelkreuz sind hier und da drahtseilversichert, aber es gibt keine erwähnenswerten Schwierigkeiten. Nach knapp 20 Minuten (gut 2,5 Std. ab Karwendelhaus) stehe ich droben auf der Birkkarspitze (2749 m) - als Erster des heutigen Tages darft ich die auch hier wieder gewaltige Aussicht genießen: im Osten der Großglockner, im Westen mit dem Hohen Riffler im Verwall ein ebenso weit entfernter Dreitausender, und in der näheren Umgebung natürlich das gesamte Karwendel und das Wetterstein sowie die Zillertaler und Stubaier Berge. Sehr eindrucksvoll auch der Tiefblick ins Schlauchkar - ich habe die Plagerei schon hinter mir, aber andere Bergsteiger mühen sich gerade die steile Flanke herauf.

Über eine Stunde räkele ich mich in der warmen Gipfelsonne, immer wieder die Aussicht genießend. Dann steige ich wieder hinunter zum Schlauchkarsattel - um auch die benachbarte Östliche Ödkarspitze noch mitzunehmen. Sie schaut vom Schlauchkarsattel unzugänglicher aus, als sich das Gelände dort dann erweist - auch hier sind einige wenige Stellen mit Drahtseilen abgesichert, doch mehr als eine gute halbe Stunde brauche ich nicht bis hinauf zur Östlichen Ödkarspitze (2739 m). Nur ein Steinmann ziehrt ihren Gipfel - die benachbarte Mittlere Ödkarspitze ist ja wenige Meter höher und damit der höchste Punkt der 3 Ödkarspitzen.

Also gleich weiter: nach Westen hinab in einen kleinen Sattel, dabei ist zuletzt ein kleines Wandstück im Abstieg zu meistern, das trotz eines kurzen Fixseiles für einen Moment die Zähne zeigt. Nach einigem Herumprobieren habe ich aber die entscheidenden Tritte gefunden, die Sache ist lediglich etwas griffarm, und dann geht es jenseits leicht bis zur Mittleren Ödkarspitze (2743 m) hinauf. Da dies der höchste Punkt der Ödkarspitzen ist (sehr kleines Gipfelkreuz), verweile ich nochmals eine kurze Zeit und überlege, wie ich zum Karwendelhaus absteigen soll. Letztlich gibt es aber nicht viel nachzudenken: den Brendelsteig hinunter, nur 2 Std. sind im DAV-Führer angegeben, und die werde ich auch nur wenig überziehen.

Der Übergang zur unauffälligen Westlichen Ödkarspitze (2711 m) ist kurz und wiederum leicht, dort sind zwei kleine Steinmänner aufgeschichtet. Nochmals kurze Pause, und dann geht es auf der nicht zu übersehenden Spur den Brendelsteig zügig hinab. Ich habe es jetzt allmählich etwas eilig: die Zeit verrinnt, und der Rückweg nach Scharnitz ist noch weit. Zunächst folgt der Steig den weiten Geröllfeldern des oberen Marxenkares; später geht es dann viel weiter drunten um eine markante Ecke, danach kommen einige wenig schwierige Kraxeleinlagen in der Nordflanke des unteren Absatzes des Ödkarspitz-Nordgrates. Man kann aber nie fehlgehen, jede Menge rote Markierungen weisen unmißverständlich den Weg, ab und zu kommt auch mal ein Stück Fixseil - schließlich habe ich den Absatz bei etwa 2000 m erreicht, auf dem ich gestern von der Seekarspitze kommend schon einmal stand. Flugs hinunter und hinüber zum Karwendelhaus - gegen 14 Uhr, ziemlich genau 7 Std. nach dem Aufbruch am Morgen, bin ich wieder zurück.

Die bisher hierher beschriebene Rundtour über die Birkkar- und Ödkarspitzen ist ziemlich exakt 10 km lang und erfordert knapp 1200 Hm Auf- sowie Abstieg.

Noch ein Wort zum Brendelsteig: er weist zwar keine technischen Schwierigkeiten auf, jedoch sind Trittsicherheit und Schwindelfreiheit unerläßlich. Man bewegt sich in hochalpinem Gelände, dementsprechende Erfahrung ist unerläßlich.

Wie geht meine Erzählung zu Ende? Nun, mit der bloßen Erwähnung des laaaangen Hatschers, das Karwendeltal auswärts. Für die ziemlich genau 20 km bis zum Parkplatz an der Bundesgrenze benötige ich exakt 4 Std., dabei gönne ich mir zur Halbzeit des Abstiegs auf der Larchetalm (1174 m) nochmals eine Halbe gegen den Durst des heutigen staubtrockenen Tages.

Und für die vielen herbstlich-bunten Laubbäume, die meinen Weg säumen, finde ich auch noch anerkennende Blicke ... wie auch für die Biker, die in schamloser Weise an mir vorbei zu Tale sausen, ihnen sende ich jedoch mehr Blicke des Neides hinterher.

Tourengänger: gero


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Geodaten
 3571.gpx Umrahmung des Schlauchkares: vom Karwendelhaus auf die Birkkar- und die Ödkarspitzen mit Abstieg über den Brendelsteig.
 3572.gpx Ein langer abstieg: vom Karwendelhaus durch das Karwendeltal nach Scharnitz

Galerie


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Kommentare (7)


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marc1317 hat gesagt:
Gesendet am 25. September 2010 um 02:23
Hallo Gero

Netter Bericht, eine super Tour!

Wollte ich auch schon immer mal gemacht haben, aber leider nie dazu gekommen!

Gruss

Marcel

gero hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2010 um 07:27
Hallo Marcel,

vielen Dank für Dein Interesse und das Kompliment - und dies nachts um halb drei!

Gruß zurück vom Georg

marc1317 hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. September 2010 um 08:13
Du siehst, Bergsteiger sind Nachtaktiv - besonders wenn sie auch noch Nachtschicht haben ;-)

Jackthepot hat gesagt: Lang, lang ist's her..
Gesendet am 25. September 2010 um 12:58
Hallo Gero,
mit Aufmerksamkeit habe ich deine beiden herrlich bebilderten Karwendel-Berichte gelesen. Zu Studienzeiten in M, Mitte der 80er Jahre bin ich mit meinem Kumpel durch die gleichen Kare geschottert, über dieselben, trockenen Gipfel gekraxelt als erste selbständig durchgeführte Bergtour.
Da bekommt man ja fast Tränen in den Augen...
begeisterte Grüße
Harald

gero hat gesagt: RE:Lang, lang ist's her..
Gesendet am 25. September 2010 um 13:20
Lieber Harald,

danke für Deine begeisterten Grüße! Es ist schön, hier bei hikr mit so vielen Freunden unsere wunderbare Bergerlebnisse zu teilen!

Bin selber noch ganz hin und weg von diesen 2 tollen Bergtagen in meinem geliebten Karwendel ! Ein ganz, ganz großes Kino, das wir da vor der Haustür haben.

Grüße zurück, Georg

ju_wi hat gesagt: Gewalttouren
Gesendet am 25. September 2010 um 22:46
Hi Georg,
Dir ist diesen Sommer wja wirklich nach Gewalttouren gewesen. Tja, wer früh startet :-)
Super Tour. Liebend gerne wären wir dies Jahr noch auf die Birkkar hinauf. Hast vielleicht die letzte Sommeroption dies Jahr gezogen. Obwohl wer weiss, letztes Jahr ging dann im Oktober/November noch fast Alles....

Grüße aus dem Dauerregen-Wochenende, Jürgen

Felix hat gesagt: tja, der Georg mit seinen Gewaltstouren ...
Gesendet am 18. November 2010 um 16:09
motiviert mich ja schon, in die beinahe endlosen Kalk-"Wüsten" des Karwendels zu kommen ...
Lieber Georg, du Dauerläufer, das wäre ja dann wirklich auch mal fällig, dass wir diese deine Gegend erkunden, meinst nicht?

Nun, erst mal schonen ...
Vielen Dank und herzliche Grüsse, Felix


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