Der Große Katzenkopf 2530m, SW-Grat, eine knackige Tour


Publiziert von kardirk , 13. September 2010 um 19:20.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:11 September 2010
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Unterkunftmöglichkeiten:Möslalm, Wirtshaus zur Amtssäge

Der gr. Katzenkopf, der Name kommt einem irgendwie doch bekannt vor - ach ja, da "beginnt" ja der berühmte Barth-Grat zur Jägerkarspitze. Da der mir zu schwierig ist - immerhin ein IIIer, sollte doch der "kleine" Bruder, der SW-Grat herhalten, nach den lapidaren Ausführungen des AV-Führes ja "nur" passagenweise II. Ja ja diese Angaben im guten alten oder neuen AV-Führer, was für nette Überraschungen hat man da schon überlebt. Aber nach Sichtung in Natura vom H.Gleiersch und der Äußeren Rigalkarspitze aus, sah er bis auf den Abbruch am kl.Katzenkopf doch ganz locker aus.
Doch der Reihe nach.
Zunächst gings wie gehabt von Scharnitz mit dem Radl und einer nicht mehr ganz korrekt funktionierenden Gangschaltung - da war doch was bei der letzten Tour - an diesem endlich mal schönen Sonnentag über die Gleiersche Höhe - wer die in einem Zug durchfährt ist gut beieinand, einen Verschnaufer brauchte ich - zur Amtssäge und dort über den so schönen und bequemen alten Jagdsteig - ja die alten Jagdmeister wußten noch Wege anzulegen!!! - ins Rigelkar. Vorbei am Steinmann der den Abzweig zum Gleiersch markiert weiter auf dem nun etwas zugewachseneren Steig ins innere Rigelkar. Zielpunkt war jetzt jene kaum sichtbare Rinne, die am Ende der W-Abbrüche des SW-Grates und einem latschenbedecktem Rücken zu finden ist, dort wo die Schutthalden weit den Hang hinaufreichen. Laut AV-Führer vermeidet man so die undurchdringlichen Latschenhänge die oberhalb des sogenannten "Stangls" sich befinden und die erst neulich vom Bergkameraden Jacob in "bergundsteigen.de" so nett beschrieben wurden. Der Geröllhang hat es aber auch in sich, komplett lockeres Gestein, alles rutscht, typisch Karwendel. Lediglich die Latschenstreifen bieten etwas Halt. Kurz bevor ich die Rinne dann erreicht hatte, ließ ich mich von einem schönen Gamssteig nach rechts zum latschenbewachsenen Rücken ver-führen. Zunächst gings auch deutlich schneller und angenehmer aufwärts, aber dann wurde das Terrain steil und extrem brüchig, nur die Latschen gaben hier genügend Halt. Als ich dann glücklich auf dem Rücken war, lagen noch 50m dichtes Latschengestrüpp vor mir, bevor ich die ersten Geröllflächen erreichte. Ich kann also nur raten sich über das Geröll bis in die Rinne hochzukämpfen und die Rinne zu benützten.
Jetzt änderte sich der Charakter wieder, steile rutschige Geröll- und Rasenschrofen, fester Fels war noch nicht in Sicht. Aber dann, nach einer kurzen Steilstufe war der eigentliche Grat erreicht. Jetzt wurde es felsiger, aber dafür nicht minder brüchig und beim Überklettern der verschiedenen kleinen Steilstufen muß man schon genau aufpassen, welchem Griff und Tritt man vertraut. Je eher ich dem ersten Gratturm näher kam um so schärfer wurde der Grat und als ich auf seinem Gipfel stand, nach einer nicht ganz unproblematischen Steilstufe, stockte mir erstmal der Atem, nicht nur vor Anstrengung, denn vor mir ging es über zwei plattige Türme hinab in eine Scharte, aus der sich der kl.Katzenkopf mit einer im AV Führer kurz beschriebenen Plattenstelle emporschwingt. Eigentlich wollte ich schon umkehren. Dann erinnerte ich mich aber daran, dass die schwierig aussehenden Stellen im Karwendel aus der Nähe meistens viel leichter sind als aus der Ferne. Also erspähte ich mir eine Abstiegslinie zur Scharte. Das Terrain auf der rechten Seite sah möglich aus. Zunächst stieg ich zu einer in der Flanke kühn aussehenden schmalen Scharte - und dahinter ging es dann tatsächlich  ganz einfach auf Geröllschroffen zu einer weiteren genauso schmalen Scharte im Bergkörper des nächstens Turms.
Diese setzte allerdings mit einem 2-3m hohen senkrechten Kamin zu leichterem Gelände ab. Da ich schon eine Aufstiegslinie durch die Plattenflucht erkannt hatte, stemmte ich mich den Kamin hinunter. Da das Gestein nun immer fester wurde, war das auch problemslos möglich. Bisher hielten sich die Kletterstellen immer im Rahmen des II Schwierigkeitsgrates, die nun anstehende Plattenstelle zeigte sich aber deutlich schwerer (ich denke ein guter III). Es galt ca. 10 - 15m zu einer Plattenrampe zu überwinden, die nach rechts zu den Schuttfelder unter dem kl.Katzenkopf führte.
2 Möglichkeiten zeigten sich: entweder rechts direkt am Grat durch eine schwach ausgeprägte kleine Rinne, oder aber, wie ich dann wählte, direkt über eine glatte Platte an guten aber spärlichen Griffen zu einem bemoosten Einriß und an diesem in schönen Kletterei zu der besagten Rampe, deren Beginn ein Steinmann ziert.
Ab jetzt wurde es deutlich einfacher. Da ich nicht genau wußte, wie der Abstieg vom kl.Katzenkopf sein würde - steiler Gratabbruch aus der Ferne - folgte ich dem breiten Geröll und Rasenschrofen die die Basis der Felsen auf der rechten Seite umgeben. Hier gelangt man einfach an die SO-Flanke des Gipfels und über steile brüchige Schroffen auch auf den Gipfel. Da man über diese auch wieder zurück muß, kann man also auch direkt durch das kleine Schuttkar und den Grat oberhalb der Plattenstelle wie im AV-Führer beschrieben auf den kl.Katztenkopf steigen - vermutlich etwas kürzer.
Von der Scharte hinter dem Katzenkopf steigt der Grat zum Gipfel nochmal ca 100Hm steil an und bietet schöne Kletterei des II Grades im festen Fels (sieht auch von Ferne schwieriger aus). Die Felsnasen oben habe ich dann nach rechts über steile ausgesetzte Bänder umgangen. Ab da wird der Grat dann leichter (I) und flacher  und zieht sich noch weitere 100Hm bis zum Gipfel hin.

6,5 Stunden war ich unterwegs gewesen, 5 gibt der AV-Führer an und jetzzt genoss ich ersteinmal die warme Sonne und den herrlichen Ausblick.

Doch die Tour war noch nicht zu Ende, denn schließlich muß man ja auch noch auf dem Normalweg hinunter. Der Abstieg ist technisch nicht schwierig, erfordert aber nochmals hohe Konzentration, denn die steilen Gras und Schuttschrofen sind extrem brüchig und rutschig und das Gelände wird gegen unten hin recht unübersichtlich, mit vielen steilen Gräben, Schluchten und Abbrüchen. Zunächst gings über die S-Flanke hinab, bis sie sich zum Grat ausbildet, dann links über einen steilen Grasrücken abwärts. Dann muß man schauen so früh wie möglich über diverse Schluchten, Gräben und senkrechte Abbrüche hinweg nach links abwärts ins Kar "In den Flecken"  zu queren. Überall extrem rutschiges Geröll auf teilweise glattegn Platten, echt eklig. Im Kar bleibt man etwas oberhalb der Latschen, bis man nach dem letzten Graben die Steigspuren findet, die über die weiten Brandstellen hinweg zum Felstor des Porten führen. Zuletzt über den Steig ins Jägerkar und hinab zur Fahrstrasse und zurück zur Möslalm und Amtssäge (zieht sich ziemlich), wo ich bei bereits eingebrochener Nacht nach 4,5 Std., laut AV-Führer 3 !!) mein Radl glücklich wiederfand und im Schein der Stirnlampe zum Auto strampelte.

Fazit:
Absolut knackige ernste Karwendeltour von beträchtlicher Länge. Gute Kondition, Orientierungssinn und Trittsicherheit unabdingbar. Weite Stellen I-II, eine Stelle III, viel zu Klettern, Abstieg auch nicht ohne, nahezu alles Weglos, kaum Steinmandl oder Markierungen und sehr sehr einsam, also genau das richtige für den der das mag.

Tourengänger: kardirk


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Kommentare (3)


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bergclaus hat gesagt: Einsames Karwendel
Gesendet am 14. September 2010 um 07:15
Hallo kardirk,
ich habe Deinen Bericht mit Spannung gelesen und musste natürlich auch etwas schmunzeln. Aber so latschendurchsetzt wie von Jakob in bergundsteigen.de beschrieben ist es nun auch wieder nicht. Es gibt immer wieder Spuren oder Gamssteige. Bis zum Einstieg ist ja auch teilweise gut markiert. Aber natürlich ist man schon gefordert. Ich hatte mir die Tour incl. Barthgrat auch mal in den Kopf gesetzt und vor 3 oder 4 Jahren durchgeführt. An den Routenverlauf bis zum Katzenkopf kann ich mich nicht mehr so genau erinnern, ich weiß aber noch sehr gut, dass die Tour von dort zur Jägerkarspitze über den Barthgrat, erst so richtig begann:
Exponiert, brüchig und schwierig. Ich mache ihn jedenfalls nie mehr. Einen Vorteil gab es aber dann doch: Der Abstieg über das Riegelkar geht direkt zum Radl. So konnte ich mir 1-2 Stunden Abstieg ersparen.
Beste Grüße und weiterhin viel Erfolg bei Deinen Touren, bergclaus

kardirk hat gesagt: RE:Einsames Karwendel
Gesendet am 15. September 2010 um 08:14
Hallo bergclaus,

schön das dir mein Bericht gefallen hat. Ja der Barthgrat sieht so verdammt einfach aus, aber nach all den negativen Berichten die ich bisher zu Ohren und Augen bekam, einschließlich des Erstbegehers - ich hab noch niemanden gehört der der Grat nochmals gehen würde - werd ich dann doch wohl lieber drauf verzichten. Gibts ja auch so noch genung zu tun.

Viel Spaß noch in den Bergen, Servus Dirk

heinrich hat gesagt: Barthgrat
Gesendet am 2. Oktober 2011 um 19:08
Wir wollten den Barthgrat machen, sind aber über den Südwestgrat " nur " auf den Katzenkopf gekommen.War eine wunderschöne Tour, jedoch in unserem Gebietsführer mit 4 st viel zu kurz angegeben. Darum setzte es dann beim abstieg ein sehr trockenes Biwak an der Porten. Großartige Bergfahrt !


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