Traumtag am Triglav (2864m)


Publiziert von Linard03 , 29. August 2010 um 10:07.

Region: Welt » Slowenien » Julische Alpen
Tour Datum:26 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: SLO 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2014 m
Abstieg: 2014 m
Strecke:Aljazev Dom - Triglavski Dom - Triglav
Zufahrt zum Ausgangspunkt:mit PW via Mojstrana ins Vrata-Tal bis zur Aljazev-Hütte (zahlreiche Parkplätze, 2 EUR für 2 Tage ...). Ca. 1 Std. Autofahrt von Ljubliana bis Aljazev-Hütte

Bereits vor einiger Zeit war das Ziel mit meinem Geschäftskollegen und Gelegenheits-Tourenpartner Markus festgelegt worden: der Triglav sollte es sein! Markus ist ein erfahrener Landes-Höhepunkt-Sammler, und zwar weltweit; erst vor wenigen Wochen war er in derselben Mission in der Mongolei unterwegs.

Um es vorwegzunehmen: trotz der zahlreichen (v.a. einheimischen) Besteigungen ist der Triglav kein einfacher "Wander-Gipfel"; er muss verdient werden! Knapp 1900Hm Aufstieg in der Direttissima sind jedenfalls kein Pappenstiel und auch die vielen Kraxel-Partien sind nicht jedermanns Sache ...


Aber der Reihe nach:

Anreise
Um uns alle Optionen offen zu lassen, sind wir bereits am Vorabend nach Ljubliana geflogen, wo wir auch gleich übernachtet haben. Am nächsten Morgen ging's mit dem Mietauto nach Mojstrana, danach ca. 10km ins Vrata-Tal hinein, mehrheitlich auf Schotter-Piste.

Aufstieg
Kurz vor 10 Uhr sind wir bei der Aljazev-Hütte gestartet, ein Traumtag steht an. Zuerst führt der Weg weiter ins Tal hinein bis zur Abzweigung, wo man entweder zum Luknja-Pass aufsteigen kann oder wie wir, den "Prager Weg" zum Triglav einzuschlagen. Imposant stellt sich die steile Nordwand des Triglav vor uns auf.

Bald schon befanden wir uns im ersten Kamin und somit in der ersten Kraxel-Einlage, von welchen noch einige folgen sollten. Immer gut markiert und mit Eisenstiften versehen, machte diese Kraxelei richtig Spass. Glücklicherweise konnten wir im Schatten aufsteigen, denn ins Schwitzen kamen wir auch ohne Sonne ...
Auf einem Felsband erfolgte eine Querung, während wir immer höher stiegen. Eine kurze Trinkpause war angesagt, kurz bevor es ans "Eingemachte" ging, d.h. wir den ersten auf der Karte eingezeichneten Klettersteig erreichten.

Allerdings war's meiner Meinung nach kein "richtiger" Klettersteig, sondern eher ein gesicherter Steig. Wie auch immer, es ging steil und in gerader Linie die Felswand hinauf; immer den Eisenstiften nach. Es machte richtig Spass! Wir befanden uns nun inmitten der Felswände und der Wanderweg schlängelt sich weiter empor. Ein weiterer Steig ist zu überwinden, dann haben wir die felsigste Partie bald überwunden. Nun folgte ein ziemlich gerölliger und eher unangenehmer Abschnitt, dann haben wir P.2200 erreicht, wo der Weg zu einer weiteren Hütte abzweigt, zur "Dom Valentina Stanica" (2332m).

Plötzlich befanden wir uns inmitten einer grossen Kalkstein-Gebietes, welches stark an Säntis-Gelände erinnerte. Ueberhaupt hatte ich im unteren Abschnitt des Aufstieges immer wieder mal das Gefühl, mich irgendwo im Alpstein zu befinden :-) In diesem Gebiet, auf ca. 2300m hatte ich dann eine kleine Krise; kam gefühlsmässig nicht mehr so schnell voran. Die letzte Nacht, welche "Dank" verspäteter Ankunft in Ljubliana etwas gar kurz ausfiel, die mittlerweile grosse Hitze und wohl nicht zuletzt auch die schon geleisteten 1300m Aufstieg trugen wohl das ihre dazu bei.

Aber wir befanden uns ja bereits ca. 200m unterhalb des Triglav-Hauses, unserem Etappen-Ziel. Also nochmals alles mobilisieren, eine weitere Kraxel-Einlage und dann stand es unmittelbar vor uns, das grosse Triglav-Haus. Ich war jetzt ziemlich platt, erstmal musste eine grössere Pause sein inkl. Verpflegung und viel Flüssigem. Nach ca. 1 Std. Pause waren wir uns aber einig, dass das tolle Wetter genutzt werden soll.

Um 14.40 Uhr brachen wir auf, wohlwissend, dass auch um diese Zeit viele Leute unterwegs sind und die angegebene Aufstiegs-Zeit von 1 Std. sicher benötigt wird. Der Aufstieg von der Hütte zum Gipfel ist ein mehr oder weniger durchgehender Klettersteig. Den Rucksack in der Hütte zurücklassend und nur mit Helm und Klettersteig-Set ausgerüstet wagten wir uns an die unnahbar scheinende Wand heran.
Zügig kamen wir voran, offensichtlich haben wir einen guten "slot" erwischt; d.h. weder Gegenverkehr noch vor uns Gehende. Immer schön den Stahlseilen und Stiften nach; auch Markierungen fehlten nicht. Auch hier eine genussvolle Kraxelei!
Als wir den Vorgipfel erreichten und somit auch den Grat, sahen wir - oh weh - eine grössere Kolonne im Schluss-Aufstieg, welcher steil und auch ausgesetzt ist. Da von Kind bis Grossvater alles unterwegs ist, benötigen einige Personen ziemlich lange für einzelne Stellen. Und weil bei den Slowenen die Triglav-Besteigung oft auch als Familien-Unternehmen begangen wird, trifft man häufig auch Leute, welche sonst wohl eher weniger in den Bergen unterwegs sind ...

Ob wir uns jetzt hinten anstellen und ca. 10 Min. warten sollen? Nachdem erste heikle Passagen hinter uns sind, entscheiden wir uns an einer geeigneten Stelle, auf der linken Seite des Stahlseil's hochzusteigen und an den Leuten vorbeizuziehen, was einiges Erstaunen auslöste ... (die rechte Seite von unten gesehen wird als Auf- und Abstieg benutzt, was das Kreuzen zeitweise schwierig macht).
Dann, nur noch wenige Meter und genau 1 Std. nach Abmarsch von der Hütte erreichen wir um 15.40 Uhr den Gipfel. Wow - was für ein Gefühl! Da der Triglav isoliert steht, hat man wirklich das Gefühl, auf dem Dach der Alpen zu stehen. Im Norden die österreichischen Alpen, im Westen Italien und ganz im Osten ein weiteres slowenisches Gebirge. Nur im Süden ist die Sicht durch viele Wolken verdeckt, was sich später dann aber auch noch auflockerte.

Bei überraschend milden Temperaturen und beinaher Windstille geniessen wir während fast 1 Stunde unser Gipfelglück und können uns am Panorama nicht sattsehen. Um 16.30 Uhr machen wir uns aber wieder an den Abstieg, haben weitgehend wieder Glück in Bezug auf Stau resp. Gegenverkehr und kommen zügig abwärts. Na ja, wohl etwas zu schnell - unerklärlicherweise (wohl noch im Gipfel-Rausch??) verpassen wir auf dem Vorgipfel die Abzweigung und geraten auf den südlichen Ab- bzw. Aufstieg ... Zu spät bemerken wir unseren Verhauer und entschliessen uns nach kurzer Beratung, bis zur Planika-Hütte abzusteigen. Da soll es ein Wanderweg zu "unserer" Hütte geben.

Der Abstieg auf der Südseite ist in der Tat viel einfacher und gemütlicher als derjenige auf der Nordseite. Aber der Rückweg sollte sich in die Länge ziehen; v.a. mussten wir auf diesem Weg viel zu weit absteigen und den Berg umrunden. Schliesslich sahen wir das Triglav-Haus wieder, allerdings ca. 200Hm weiter oben! Im Schatten und mittlerweile auffrischendem Wind hiess es also mit ausgetrocknetem Mund nochmals steil aufsteigen. Ca. 18.10 Uhr erreichten wir dann endlich die Hütte, inzwischen ziemlich erschöpft - der Tag war lang.

Endlich konnten wir das langersehnte und erduldete Bier geniessen, eine kräftigende Gerstensuppe (!) und als Krönung auch noch einen Apfelstrudel :-) Es wurde immer lauter in der ziemlich gut belegten Hütte, und als ein Slowene in die Tasten seiner Handorgel griff, gab's kein Halten mehr ... Wir waren jedoch hundemüde, sodass wir uns bereits um 21 Uhr hinlegten.
Für einmal ausschlafen und so richtig ausruhen, während andere früh aus den Federn mussten - so war der Plan. Nun, normalerweise schlafe ich auch in lauten SAC-Hütten ziemlich gut. Diesmal habe ich jedoch kaum ein Auge zugetan; sei es durch viel "Verkehr" durch die hintereinander liegenden Massenschläge, das ziemlich laute und anhaltende Geschnarche oder auch die Sturmwinde, welche um die Hütte pfiffen ...

Abstieg
Das Frühstück kann man sich selbst zusammenstellen, muss aber auch extra bezahlt werden und ist in der Uebernachtung nicht inbegriffen. Viele ziehen bereits los, während wir gemütlich unseren Tee schlürfen. Es ist nochmals schön und klar heute Morgen, was sich jedoch rasch ändern sollte.

Es würden sich verschiedene Abstiege anbieten; via Luknja-Pass oder auch über den 2. Klettersteig-Weg (Tominskovapot), welcher ebenfalls direkt zur Aljazev dom führt. Markus war eher für den gleichen Weg (pot cez Prag) zurück, nach dem Motto "da weiss man, was man hat"; womit er auch nicht unrecht hatte.

Kurz nach 8 Uhr machen wir uns also auf den Weg. Dann, nur etwa 50Hm unterhalb der Hütte passiert mir ein Missgeschick: irgendwie habe ich es geschafft, an einer eigentlich harmlosen Stelle mit der Fototasche an einem Stahlseil-Ende einzuhängen, sodass die Tasche aufriss und der Apparat herausfiel. Er schlug hart auf Felsen auf, fiel ca. 3m hinunter und einige Teile stoben davon ... Wie durch ein Wunder war die Kamera jedoch noch ganz; nur die Klappe mit dem Akku war offen und ebendieser Akku war weg.
Mist! Aber nach einer erfolglosen, ca. 10 minütigen Suche gaben wir auf, denn schliesslich hatte ich ja noch einen Reserve-Akku. Also weiter absteigen. Als ich dann ca. 100Hm weiter unten dann doch noch die Kamera ausprobieren wollte, stellte ich fest, dass ja auch der Chip rausgesprungen war! Das war dann doch zuviel; dies würde mein Tag definitiv versauen ... Markus wartete auf mich - ich liess meinen Rucksack bei ihm und spurtete nochmals die Felsen hoch zu besagter Stelle.
Nach etwa 20 Min. erfolglosem Suchen wollte ich es bereits aufgeben, da stieg ich vorsichtig 2, 3 Schritte die steile Geröllhalde hinunter und siehe da - da lag er! Mein Tag war gerettet, denn es hätte mich ungemein geärgert, alle Fotos dieser tollen Tour zu verlieren! Mit meiner Suchaktion "verloren" wir zwar genau 1 Stunde, hatten jedoch genügend Zeit - denn der Flieger ging ja erst am Abend.

Der weitere Abstieg verlief dann weit unspektakulärer. Relativ wenig Leute stiegen auf, denn das Wetter verschlechterte sich zusehends; viele Wolken zogen auf. Ein Gipfelerfolg (oder zumindest die Aussicht vom Gipfel) war heute wohl bereits nach 9 Uhr schwierig.
So erreichten wir dann mit mittlerweile brennenden Oberschenkeln genau um 12 Uhr wieder unseren Ausgangspunkt, die Aljazev-Hütte.

Abschluss
Bis zu unserem Abflug war noch reichlich Zeit. Wir kurvten durch die Landschaft und fanden im ländlichen Kokrica (nähe Kranj) die Pizzeria VIVA. Ich hatte immer noch hauptsächlich Durst und musste wohl deshalb selbst bei der "kleinen" Pizza (= Normalgrösse bei uns) bald aufgeben. Für die grosse Pizza muss ein mordsmässiger Hunger mitgebracht werden - jedenfalls habe ich bislang noch nie eine so grosse Pizza gesehen !!

Mit einem Mini-Kultur-sightseeing fand unsere Tour den Abschluss: von Weitem sind uns in der Nähe von Kranj auf zwei Vulkan-artigen Hügeln je ein Gebäude aufgefallen. Das wollten wir uns näher ansehen und statteten der Jostu-Kirche auf 845m Höhe und der Marjeta-Kirche einen Besuch ab. Von beiden Hügeln hat man eine schöne Rundsicht.

Tour mit Markus

Fazit:
eine phantastische Bergtour bei Kaiser-Wetter in einer wunderschönen Landschaft!

Infos / Bemerkungen:
- die Klettersteig-Schwierigkeit vermag ich nicht zu beurteilen; es war mein Erster ... Zudem haben wir unser Klettersteig-Set gar nie eingesetzt; mit Kindern hingegen ein "must".
- ein Helm gehört hier hingegen viel eher zum Pflicht-Utensil; dies v.a., weil durch die vielen Leute ständig Steine ausgelöst werden. Dies gilt insbesondere auch für den gesamten Aufstieg vom Tal aus, nicht nur für die Gipfel-Partie
- durch die vielen Begehungen sind die Felsen/Steine abgelaufen und damit speckig. Bei Nässe würde ich da nie hochsteigen, weder mit- oder ohne Klettersteig-Set! Denn selbst bei perfekten Bedingungen, wie wir sie vorfanden, muss man immer darauf achten, nicht auf den speckigen Felsen auszurutschen
- das Triglav-Haus bietet 200 Plätze an; nimmt zwar keine Reservationen entgegen, "muss" aber jeden aufnehmen, der vorbeikommt und übernachten will ... Trotz viel Betrieb ist das Personal freundlich und man erhält gutes Essen. Die sanitarischen Einrichtungen sind hingegen auch für Hütten-Kenner eher gewöhnungs-bedürftig ...

Zeiten:
Tag 1:
9.55 Aljazev dom - 13.45 Triglav Haus / 14.40 - 15.40 Gipfel-Aufstieg / 16.30 - 18.10 Abstieg mit Umweg über Planika zum Triglav Haus
--> somit Aufstiegszeit = ca. 5 Std.

Tag 2:

08.10 Abmarsch Triglav Haus, 12.00 Aljazev dom (inkl. 1 Std. Chip-Such-Aktion ...)
--> somit Abstiegszeit = ca. 3 Std.

Tourengänger: Linard03


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Kommentare (2)


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maawaa hat gesagt: Super !
Gesendet am 29. August 2010 um 12:13
Vielen Dank für diesen ausführlichen, informativen Bericht! Der Triglav steht wahrscheinlich nächstes Jahr auf meiner Agenda, da wird Dein Bericht sicher gute Dienste leisten! :)

Viele Grüsse,
Marco

Linard03 hat gesagt: RE:Super !
Gesendet am 30. August 2010 um 08:11
Hallo Marco, freut mich, wenn mein Bericht für Deine Tourenplanung hilfreich ist. Genau dafür sind ja Berichte da!
Ich wünsche Dir jetzt schon viel Spass bei der Vorbereitung (falls weitere Infos benötigt, dann gerne via PN)

Viele Grüsse, Richard


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