Niesen + 10 Gipfel: Der lange Grat, Speed


Publiziert von Delta Pro , 23. August 2010 um 14:36.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:22 August 2010
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Niesenkette   CH-BE 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1880 m
Abstieg: 3260 m

Niesengrat extended, schnell unterwegs auf "alten" und "neuen" Routen

Prolog: Tags zuvor stand ich mit Alpin_Rise auf dem Aletschhorn, einem der abgelegeneren 4000er der Schweiz. Da wir zügig oben und wieder unten waren, reichte es abends für jede Menge Regeneration, so dass ich mich am Sonntagmorgen mit viel Vorfreude an das lang gehegte Wander-Projekt Niesengrat machen konnte.

Der Niesengrat ist eine klassische Alpinwanderung, die auf Hikr schon diverse Male beschrieben wurde, siehe z.B. Berichte von Aendu, Lugges oder markom. Normalerweise steigt man vom Mäggisserhore nach Frutigen ab. Mein Ziel war es, die Niesengrat-Tour gleich um zwei Komponenten auszuweiten: 1. weiter auf dem Grat bleiben und so ein paar spannende, auf Hikr noch nicht dokumentierte Aufstiege zu begehen; 2. den Niesengrat auf Speed anzugehen. Beides ist gelungen: 2h40min vom Niesen zum Mäggisserhore, und anschliessend weiter bis zum genialen Endpunkt, dem Linterhore (5h vom Niesen). Eine unvergessliche, schöne und schnelle Tour im Berner Oberland - meine erste Voralpenwanderung in dieser Region.

Fromberghore N-Grat (T5+, II)
Unbedingt wollte ich diese "Beispieltour" für T6 einmal kennenlernen. Und schliesse mich in meiner Meinung den anderen Hikrs an. Gerade mit der Entschärfung der Schlüsselstelle (die ich persönlich als nicht richtig empfinde) kann man sicher nicht mehr von einem T6 sprechen. Meine Bewertung oben bezieht sich auf den Grat ohne Benutzung der Aufstiegshilfen. Der Grat an sich ist aber fantastisch! 450 Höhenmeter Aufstieg in steilem, abwechslungsreichem Gelände. Gerade im oberen Teil sind oft etwas schwierigere Varianten mit einigen Kletterzügen nahe der Kante möglich. Der Grat ist teilweise ziemlich ausgesetzt, jedoch nirgends so, dass es unangenehm wird. Es finden sich durchgehend gute Pfadspuren, so dass man sich nie fragen muss, wo es jetzt am besten lang geht. Auch das passt für mich schlecht zum T6.

Drunengalm (T5, fakultativ II)
Der Übergang vom Fromberghore zur Drunegalm war schwieriger als erwartet. Zuerst etwas ausgesetzt zum S-Gipfel des Fromberghore. Von der Scharte kann man zwei Gratbuckel überschreiten oder in der Westflanke umgehen. Die Hauptschwierigkeit, ein rund 30-40m hoher, felsiger Aufschwung, kann direkt an der Kante erklettert werden (gutgriffig und eindrücklich, II, am Anfang senkrecht), oder einfacher in die Westflanke ausholend umgangen werden.

Steinschlaghore-Mäggisserhore (Stellen T5)
Der Grat wird nach der Drunengalm einfacher. Zwischen Standhore und Steinschlaghore gibt es einige T5-Stellen. Ab dem Steinschlaghore folgt man dem blau-weiss markierten Wanderweg zum Mäggisserhore (maximal T4).

Schmelihorn E-Grat (Stellen T6)
Der E-Grat des Schmelihorns weist 3 eindrückliche, senkrechte Abfälle auf. Eigentlich plante ich diese weit unten in der S-Flanke zu umgehen. Deutliche Trittspuren leiten aber direkt unter den ersten Abbruch. Dieser kann ausgesetzt, aber erstaunlich gut direkt an der Kante erklettert werden (T6). In der Mitte geht man einige Schritte auf einem Band nach links und steigt durch eine Rinne aus. Das Gestein ist wenig solide. Den zweiten Aufschwung könnte man wohl auch erklettern (exponiertes III?). Ich bin aber so weit oben wie möglich nach links gequert und dann durch steiles Gras zum Grat zurückgestiegen. Den dritten Aufschwung umgeht man knapp unter der Gratkante.

Hohniesen über den Vorgipfel Pt 2297 (T6)
Auf dem Schmelihorn traf ich einen anderen Aspiranten für den Hohniesen. Gemeinsam machten wir uns auf den Weiterweg über den Grat, was mir etwas Erholung von meiner sonst ziemlich zügigen Gangart einbrachte. Der markante Aufschwung, der auf den Vorgipfel des Hohniesens führt, kann einfach rechts umgangen werden (T3). Die direkte Ersteigung lohnt sich aber, nicht nur wegen der steilen, eindrücklichen Route, sondern auch wegen des Grätchens, das dahinter folgt. Zum Aufstieg auf den Vorgipfel bleibt man alles auf der wenig ausgeprägten Spornkante und weicht den steileren Abbrüchen links aus. Unter der obersten Felswand quert man durch steiles Gras ca. 15m nach links und kehrt dann gegen rechts wieder auf den Grat zurück. Die Schwierigkeiten sind nicht eigentlich hoch, das Gras ist gut gestuft. Dennoch haben einige Passagen wohl eine Steilheit von rund 60°, weshalb das T6 hier gerechtfertigt erscheint. Anschliessend über den lustigen Grat (mehrere Türmchen) bis in den Sattel vor dem Hauptgipfel (T5) und einfach über Gras zum Steinmann (gelbe Markierungen).

Linterhore N-Grat (T6)
Weiter über die Wysse Flue (T2-3). Kurz vor Gipfel bieten sich ein paar Kletterzüge (II) an, die aber nicht nötig sind. Steiler Abstieg in den Chratzchumisattel. Da ich um 15.00 das Postauto im Tal erwischen muss, habe ich mir 13.30 als Deadline  für das Weiterverfolgen des Grates gesetzt. Als ich aber die Aufschwünge des N-Grates zum Linterhore erblicke, gibt es kein Halten mehr! Wieso nur hat so ein Grat auf Hikr noch keine Beschreibung? In wilden Stufen windet sich der Grat steil gegen den felsigen Vorgipfel hinauf. Vor unten gesehen, glaubt man kaum daran, dass er begehbar ist. Doch es ist ein Genuss! Deutliche Trittspuren sind auf dem Grat zu erkennen, wahrscheinlich vorwiegend von Gämsen. Man bleibt anfangs alles direkt auf der Kante. Einige kurze Kraxelstellen (II) sind ausgesetzt und der Fels muss auf die Festigkeit geprüft werden. Im oberen Teil kann ein Aufschwung nach links im Gras umgangen werden. Man kehrt aber so bald wie möglich wieder auf den Grat zurück und steigt bis zur abschliessenden Felswand. Knapp unter dieser quert man auf einem Band nach links auf ein Eck, von dem man einfach in der in Ostabdachung wieder den Grat erreicht. Jetzt auf diesen in wunderschöner, teils luftiger Wanderung zum Gipfel.
Schneller Abstieg übers Linterbärgli. Auf meiner alten Karte sind schöne Wanderwege eingezeichnet, die direkt ins Tal leiten. Nix da. Eine asphalitierte Strasse windet sich endlos langsam nach unten. Endlich finde ich beim Susegge noch einen alten Weg, der mich an die Strasse und rechtzeitig zur Bushaltestelle in Rohrbach bringt. 6 Stunden nach dem Start auf dem Niesen.


Durchgangszeiten:
Niesen: 8.45 
Fromberghore: 9.45
Steinschaghore: 10.50
Mäggisserhore: 11.25
Hohniesen: 12.45
Linterhore: 13.45
Rohrbach: 14.45

Tourengänger: Delta
Communities: T6


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Kommentare (4)


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Ray hat gesagt: Glaub...
Gesendet am 23. August 2010 um 18:29
für sone Touer bräuchte ich 24 Stunden ;(
Echt abartige Kondition Respekt !

Gruß
Ray

Lugges hat gesagt: Ciao Delta
Gesendet am 23. August 2010 um 19:52
Gratuliere zu deiner Hammertour, wirklich beeindruckend. Ich persönlich kenne den Niesengrat bis zum Linterhorn auch, doch soll es anschliessend "erst" richtig spannend werden: Abschnitte Linterhorn-Ladholzhorn, Winterhore-Erbithorn, sowie der von Axi angesprochende Landvogtehore-Aufstieg. Gruess

akka hat gesagt: Hut ab
Gesendet am 23. August 2010 um 20:46
Salut Delta

Wahrlich eine Traumtour und super Leistung, zumal nach dem Aletschhorn.
Glückwunsch und Respekt.

Gruss
Jörg

Tobi hat gesagt: Gratulation...
Gesendet am 26. August 2010 um 21:18
...zu dieser beeindruckenden Tour und vor allem zu der Zeit. Wie viele Leistungskilometer waren das?

Ich nehme an, dass dies nur eine Testtour war, ob der Niesengrat komplett vom Niesen bis Hahnenmoospass an einem Tag überschritten werden kann ;-)

Gruss Tobi



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