Sonnenberggrat (1622 m) mit Kofel (1342 m)


Publiziert von ju_wi , 29. Mai 2010 um 23:09.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum:24 Mai 2010
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettersteig Schwierigkeit: K1 (L)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 7:15
Aufstieg: 1230 m
Abstieg: 1230 m
Strecke:20,3 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:P Kolbenlift
Kartennummer:BayLV UK L 3

Am Pfingstmontag ist endlich mal wieder Kaiserwetter in den Nordalpen. Der Schnee ist zumindest bis 1600 m geschmolzen und so nutzen wir den Traumtag für eine Traumwanderung, die wir schon lange im Sinn haben: Die möglichst gratnahe Überschreitung des gesamten Sonnberggrates.

Während der Weg zum Kofel und zur Sonnenspitze durch vielbegangene Steige gut erschlossen und an schmalen Stellen mit Drahtseilen gesichert ist (T3), ist der Abschnitt vom Kofel bis Zahnmassiv - oder gar dessen Überschreitung - eine ernstzunehmende alpine Tour mit stellenweise durchaus schwieriger Orientierung. Den schwierigsten Teil vom Brunnberg über den Zahn mit etlichen II-er Kletterstellen lassen wir dabei aber heute auch aus und passieren hier in der N-Flanke. Nimmt man dies auch noch mit, so ist ein langer Sommertag wirklich ausgefüllt. Schon so kommen wir auf 7:15 h reine Gehzeit.

Für unsere Verhältnisse in letzter Zeit relativ früh (Start um 9:55 Uhr - also wenn Gero wieder am Auto zurück ist :-)) starten wir vom Parkplatz an den Kobenliften bei Oberammergau. Zunächst queren wir die Talstation und wandern ein kurzes Stück nett an einem Bach entlang aufwärts Richtung Kolbenalm. An einer Lichtung biegen wir von dieser Wegführung dann aber gleich wieder ab, wandern ein Stück bergab und biegen rechts in den Weg Richtung Kofel, der sich diesem Felsklotz, das das Wahrzeichen von Oberammergau darstellt, von N her nähert. Durch ein schönes Waldstück mit vielen schönen Blumen kommen wir direkt unter die N-Wand des Kofels und umrunden diesen ost-seitig. Wo der Weg sich nach W auf eine Wiese wendet, beginnt der Aufstieg zum Kofelsattel, der in sehr vielen Serpentinen mit eher gemächlicher Steigung und langer Wegstrecke erreicht wird. Eine bunte Mischung von Wandertouristen überholen wir auf diesem Stück am späten Vormittag bei bestem Wetter. Die Hälfte der Leute sind Familien mit kleinen Kindern, die andere Hälfte größtenteils Amerikaner, die in Oberammergau einen Stützpunkt haben.

Vom Kofelsattel geht es nach rechts zunächst noch ein Stück auf normalem Wanderweg bevor eine steile Schrofenflanke mit Drahtseilen zu queren ist. Sofort regnet es in dem frequentierten Felsgelände die ersten Steine. Ein Wunder, wenn hier nicht jeden Sommertag jemand getroffen wird... Gut gesichert aber auch mal etwas ausgesetzt um eine Ecke kommt man zur Schlüsselpassage - einer vielleicht 20 m hohen geneigten Felsrinne, die - wenn nicht speckig - und ohne Drahtseil schöne I-er-Kletterei wäre. Am Ende dieser ist man schon auf dem Gipfelplateau. Vor lauter Leuten vergessen wir völlig uns das schöne Kreuz auf dem Kofel (1342 m) anzuschauen -geschweige denn zu fotografieren.

Auf gleichem Weg steigen wir den geröll-reichen Aufstiegspfad wieder ab und beeilen uns, schnell aus der Steinschlagzone zu gelangen. Zurück am Kofelsattel bleiben wir nur wenige Meter auf dem markierten Königsteig. Stattdessen folgen wir links einem kaum erkennbaren und völlig unscheinbaren Pfad, der schnell nach oben zu einer grasigen Lichtung führt. Auf dieser sind gar keine Tritte mehr erkennbar, aber beim Übergang in den Wald lassen sich mit viel Aufmerksamkeit wieder Tritte erkennen. Vermutlich geht hier so jede Woche mal jemand her. Das Gelände wird zunehmend steiler und es sind außerdem sehr mühsam viele umgestürzte Bäume zu überklettern. Es gelingt uns aber einer Trittspur zu folgen - zumal hier immer mal wieder auch uralte rote Markierungspunkte zu finden sind. Wir sind inzwischen in Gratnähe des schmalen Vorderen Rappenkopfes. Die Schlüsselstelle auf diesem Stück ist die Querung vom felsigen Steilhang auf den dann etwas breiteren Grat, wo eine nur 3 bis 4 m lange Fuß-breite und talabschüssige erdige Querung über einer mind. 10 m hohen Felsstufe umrundet werden muss. Auf dem Grat geht es dann wieder angenehmer aber nach wie vor steil auf den winzigen Gipfel des bewaldeten Vorderen Rappenkopfes (1408 m).

Der weitere Wegverlauf ist sehr schön und verlangt ebenfalls Trittsicherheit. Einer zunächst hier gut erkennbaren Spur folgt man nahe einer Felskante, die nach N einige Meter abbricht. Es geht wieder ein Stück hinab in einen Sattel zwischen den Rappenköpfen. Dann gilt es in der S-Flanke wieder gut auf die Spur zu achten - hier müssen wir einige Male etwas suchen. Steil hinauf - zuletzt sehr steil über Gras und ein paar Schrofen gelangen wir so auf den Hinteren Rappenkopf (1413 m). Oben angekommen wird das Gelände deutlich flacher und einfacher und schon bald kommen wir an eine Unterstand-artige Holzverbauung. Das Stück vom Kofelsattel bis hier war - mit Ausnahme der erwähnten schmalen und ausgesetzten kurzen Querung - nie technisch anspruchsvoll. Dennoch erfordert es in dem praktisch unbegangenen Steilgelände - wenn man nicht weiss, was einen auf den kommenden Metern erwartet  - eine gute Portion Psysche - zumal ich es mir im Abstieg doch deutlich unangenehmer vorstelle. Daher die Bewertung T4.

Vom Hinteren Rappenkopf wird nun die Trittspur - vermutlich auch wegen des Unterstandes - deutlich besser gangbar. Der Weg verzweigt sich in die N-Flanke. Wir bleiben jedoch zunächst am Grat und wenden uns Richtung Brunnberg. Der Brunnberg wird ein gutes Stück später dann auch über eine erneute Steilgrasflanke und ein paar Schrofen zum Schluss erreicht. Nach W hin fällt dieser dann aber in einer Felsstufe tief ab. Wir sehen hier keine Fortsetzung, was mich im Nachhinein bei Studium von Karten und AV-Führer etwas erstaunt. Vielleicht haben wir nicht genügend gesucht. Jedenfalls wenden wir uns vom Brunnberg-Gipfel (1529 m) wieder zurück. Statt die Steilgrasflanke weiter abzusteigen, beschließen wir nun, durch die hier gangbare N-Flanke auf den Pfad hinabzusteigen, der ein gutes Stück zuvor in die N-Flanke verzweigte und der auch auf unserer Karte eingezeichnet ist. Vorsichtig rutschen wir in dem steilen Hang und finden ein erstaunlich weites Stück tiefer erst die schmale Trittspur, die wir gesucht haben. Sicher einen Kilometer folgen wir diesem winzigen Pfad, der aber fast immer gut erkennbar ist und recht anregend durch den steilen N-Hang und auch immer wieder mal kurz über eine Felsstufe führt. Dann auf einmal hören wir vor uns Stimmen und sehen die Menschenmassen vor uns auf dem Wanderweg Kolbensattel - Sonnenspitze auf den wir an einem Baum mit Beschilderung stoßen.

Das Abenteuer liegt hinter uns - ein bißchen Adrenalin haben wir auch schon gelassen. So genießen wir jetzt den schönen und unschweren Gratweg, der bei immer noch schönstem Wetter zunächst wieder mehr als 100 Hm hinaufführt in den Bereich des Zahnmassivs. Hier finden wir den Abzweig nach links in Form einer kleinen Trittspur, der hinauf zum Zahn O-Gipfel führt und von dem aus man die Zahnüberschreitung zur Sonnenspitze starten kann. Wir haben für dieses recht anspruchsvolle Wegstück mit II-er Passagen aber wie erwähnt nicht mehr die Energie und verbleiben auf dem Gratweg, der mit wenigen Drahtsicherungen und eher einfach aber in sehr schöner Felsumgebung weiter Richtung Sonnenspitze hinaufführt. An dieser angekommen ist der Abzweig zum Gipfel kaum zu übersehen, da deutlich mit Trittspuren erkennbar (wenn auch nicht extra markiert oder ausgewiesen). Nochmal steil geht es durch eine bei uns erdig-feuchte Schrofenrinne auf einen kleinen Sattel und nach rechts auf den schmalen Gipfelgrat mit schönem Schmiede-Kreuz der Sonnenspitze (1622 m). Wir sind hier auf dem höchsten Punkt des Grates zwischen Kofel und Pürschling - wobei er nur 3 m höher als der höchste der 4 Zahntürme ist. Die Aussicht ist aber gigantisch. Nach N ins Alpenvorland, nach S über das Elmautal mit Rotmoosalm durch die Ammergauer auf Wetterstein und Mieminger, nach O zum Estergebirge, nach W zu den hohen Ammergauern mit Kreuzspitze und Geierköpfen. Einfach ein fantatischer Ort.

Statt die Rinne wieder abzusteigen, folgen wir dem Grat hinab, der in einer Kehre mit sehr schmaler, ausgesetzter Querung und einigen gerölligen Schrofen etwas schwieriger als der Anstieg auf der anderen Seite uns wieder hinab auf den Gratweg bringt. Noch ein gutes Stück - meist abwärts - geht es durch die N-Flanke, bevor der Weg über den Grat in die vom Gelände noch deutlich steilere S-Flanke ausweicht. Entsprechend schmal ist hier die Trittspur und wohl das für den Gratabschnitt Pürschling-Sonnenberg-Kolbensattel aufregendste Teilstück. Nach kurzer Zeit wird aber schon wieder der Grat erreicht, es geht nochmal kurz in die N-Flanke bevor man auf die geteerte Bergautobahn von Unterammergau zum Pürschlinghaus hinabkommt. Mit dieser steigen wir nun wieder etwas hinauf zu diesem und kehren auf ein verdientes Getränk ein. Auf dem Weg zurück biege ich kurz unterhalb des Hauses nach rechts ab und steige über einen Grashang und ein paar Schrofen noch auf einen Felshang hinauf. Ich vermute, dass dies der häufig beschriebene Aussichtsfelsen des Pürschling ist. Wirklich genial ist der Blick hinab von hier.

Beim Abstieg treffen wir auf die Bauers aus Bad Kohlgrub, die auch auf unserer Einweihungsparty waren und quatschen uns noch ne Zeit fest. Nach einigen Hm Abstieg biegen wir von dem breiten Weg ab in den sogenannten Kofelsteig, der praktisch horizontal den Höhenlinien des N-Hanges folgt und so ein gutes Stück unterhalb des Grates wieder Richtung Oberammergau zurückführt. Der Steig ist landschaftlich sehr schön. Wir passieren nach einiger Zeit die Kolbensattelhütte und steigen auf kleinem Steig dann weiter hinab, bis wir zur Kolbenalm und später auf einen Wiesenhang an den Liften stoßen. Den Wiesenhang hinab haben wir unsere Schleife gezogen und kommen wieder an den Bach, der uns zum Parkplatz zurückführt.

Der Blick schweift von hier immer wieder zum Grat und wir versuchen die einzelnen Gipfel auszumachen. Eine echte Traumtour liegt hinter uns - die erste echte Sommertour in 2010.

Tourengänger: ju_wi


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Geodaten
 2510.gpx Sonnberggrat

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Kommentare (2)


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gero hat gesagt: Der 24.Mai
Gesendet am 30. Mai 2010 um 03:55
war wirklich ein alpenweiter Traumtag - auch ich hab ihn genossen, in angenehmer Begleitung unserer hikr-Kameraden Felix und Ursula, und zwar in ihren grandiosen Berner Alpen auf dem Niesen.

Um 9:55 Uhr waren wir aber nicht beim Auto drunten, sondern ein wenig später - schon, weil wir mindestens 2 Std. auf dem Gipfel rasten mußten, um das sagenhafte Panorama "aufzusaugen".

:-))

Euch beiden beste Grüße, Georg

ju_wi hat gesagt: RE:Der 24.Mai
Gesendet am 30. Mai 2010 um 10:18
Hi Georg,
ja habe mit die Niesen-Tour jetzt auch angeschaut. Es ist dort doch etwas wärmer - scheint mir - auf 2360 m würde ich hier deutlich mehr Schnee erwarten...

Beste Grüße, Jürgen


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