Von der Römersiedlung entlang der wilden Aarelandschaft zum Gäbelbach


Publiziert von ABoehlen , 25. Mai 2010 um 20:20.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Bern Mittelland
Tour Datum:23 Mai 2010
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 6:30
Aufstieg: 360 m
Abstieg: 310 m
Strecke:Worblaufen - Römisches Bad - Zehndermätteli - Felsenau - ARA Neubrügg - Drakau - Glasbrunne - Eymatt - Gäbelbach - Räbmatt - Riedbach, 19 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:S7, S8 oder S9 nach cff logo Worblaufen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:S52 nach cff logo Riedbach
Unterkunftmöglichkeiten:Gasthof Tiefenau in Worblaufen, direkt beim RBS-Bahnhof
Kartennummer:1166 Bern

Im Norden der Stadt Bern holt die Aare in mächtige Bögen aus und hat sich dabei tief ins Molassegestein eingegraben. Die dadurch entstandene abwechslungsreiche Topografie erlaubt interessante und teils durchaus anspruchsvolle Touren, direkt vor den Toren der Bundesstadt. Zugleich begibt man sich dabei ins Gebiet der ältesten Siedlung von Bern, wo während der Latène- und Römerzeit jahrhundertelang Menschen lebten.

Diese Siedlung lag innerhalb einer Aareschleife, allerdings nicht auf derselben, auf der sich die heutige Stadt Bern befindet, sondern auf der Engehalbinsel. Topografisch war diese optimal geeignet, denn das Plateau fällt durchwegs sehr steil zur Aare ab und bot so eine sehr sichere Lage. Zudem ist die Halbinsel an der schmalsten Stelle nur gerade 600 Meter breit, was einen vergleichsweise geringen Aufwand zum Bau künstlicher Sicherungsanlagen bedeutete.

Über die Tiefenaubrücke, parallel zu den RBS-Geleisen erreichen wir bald die Halbinsel, wo wir auf den Archäologiepfad treffen, der eben erst für 70'000 Franken vom Archäologischen Dienst des Kantons Bern erneuert wurde, wie in der BZ vom 20. Mai 2010 zu lesen war. Auf interessanten Hinweistafeln erfährt der Wanderer von zahlreichen Ausgrabungen, die im Verlauf der letzten Jahrzehnte hier gemacht wurden, und Zeichnungen erläutern unter anderem, wie man sich eine Römische Siedlung etwa vorstellen kann. Diese Dörfer, Vicus genannt, bestanden im wesentlichen aus einer Hauptstrasse, an der entlang die Häuser aneinander gereiht waren, welche zur Strasse hin einen überdachten Laubengang, Portikus, aufwiesen. Mit diesen "Lauben" bot das antike "Bern" einen durchaus vertrauten Anblick! Das Geheimnis um den Namen der Siedlung wurde übrigens erst 1984 gelüftet, als ein Zinktäfelchen mit der Inschrift Brenodor Nantaror gefunden wurde, was mit "Brenodurum im Aaretal" übersetzt werden kann. Ob sich das spätere "Bern" allerdings aus "Brenodurum" abgeleitet hat, ist nicht sicher, daher bleibt der Ursprung des Namens "Bern" nach wie vor ungeklärt.

Mitten im Wald stossen wir auf das auch in der Landeskarte verzeichnete Römische Bad, den Vicusthermen. Teile davon wurden rekonstruiert und zahlreiche Informationstafeln erläutern, wessen Zwecken die einzelnen Komponenten dieses Gebäudes dienten. Man staunt über die ausgeklügelte Technik, welche bereits vor 2000 Jahren unter anderem eine Unterbodenheizung ermöglichte. Auch die Namensgebung ist bemerkenswert, so wurde der noch heute gebräuchliche italienische Begriff Piscina durch die Römer begründet, welche damit ihr Kaltwasserbecken bezeichneten.

Wir verlassen nun den Archäologiepfad, werden aber später wieder auf ihn stossen. Zuvor begeben wir uns ganz in den Norden der Engehalbinsel, wo sich jenseits der Aare der Ort Reichenbach befindet. Ein guter Weg führt uns dem Fuss des Steilhanges entlang wieder südwärts, bis dieser an einer lauschigen Stelle am Aareufer endet. Dort folgen wir einem wenig ausgeprägten Pfad, der sich bald hoch über der Aare ziemlich ausgesetzt durch den ruppigen Abhang hinzieht. Er endet an einem befestigten Fussweg, der sehr steil zu einer Fischerhütte hinunter führt. Wir gehen aber in die andere Richtung und erreichen, ebenso steil, bei einer Blockhütte wieder das Plateau. Wem diese Kraxelei (T2) zu viel ist, folgt bei den nördlichen Schutzwällen einfach dem Weg auf dem Plateau, oder benützt den Archäologiepfad, welcher ebenfalls hier, vom Römischen Bad her kommend, wieder einmündet.

Südwärts geht es nun dem Rand des Plateaus entlang, wo sich durch das Geäst teils schöne Tiefblicke zur Aare bieten, bis wir an einer scharfen Linkskurve dem Fussweg hinunter ins Zehndermätteli folgen. Auch hier finden sich ausgedehnte Schutzwälle aus der Zeit der ersten Siedlung in Bern. Deren Ende wurde vermutlich mit dem Eindringen der Alemannen im 3. Jahrhundert eingeläutet. Die Häuser zerfielen, über die Ruinen wuchs Gras, Gebüsch und Wald und die Stadt geriet in Vergessenheit. Jahrhunderte später, 1191, wurde auf der von einem Bach durchflossenen Halbinsel weiter südlich, durch Herzog Berchtold V von Zähringen die "neue" Stadt Bern begründet. Der Rest ist Geschichte...

Von der Fähre Zehndermätteli führt der Wanderweg mitten durch die Gartenwirtschaft des gleichnamigen, bereits über 100-jährigen Restaurants, und steigt bald wieder gegen das Plateau hin an. Wir verlassen ihn jedoch bald und folgen einem interessanten Hangweg, der durch die sehr steile Flanke gegenüber der Kirche von Bremgarten in die Felsenau hinein führt. Die Hauptstrasse querend durchschreiten wir anschliessend das ausgedehnte Gelände des Gewerbeparks, welches bis 1975 das Werk Bern der Spinnerei Gugelmann in Roggwil war. Für die Transporte existierte sogar ein 600 m langes Anschlussgleis von der Station Felsenau zum Fabrikareal, auf welchem Güterwagen im Rollschemelbetrieb verkehrten; etwas was heute, in Anbetracht des dichten Zugverkehrs zwischen Bern und Worblaufen nicht mehr vorstellbar ist. Der "Plan 74", die Verlegung der einspurigen Bahntrasse weg von der Tiefenaustrasse auf ein tiefer liegendes Eigentrasse in Doppelspur, plus Integration der Worblentallinie, setzte dem Güterverkehr auf diesem Abschnitt schliesslich ein Ende.

Durch ruhige Quartiersträsschen erreichen wir beim Seftausteg wieder die Aare. Hier befindet sich das Kraftwerk Felsenau, wo das Wasser, welches 9 km flussaufwärts (aber nur rund 500 Meter Luftlinie entfernt), beim Stauwehr Engehalde zwecks Stromproduktion gefasst wird und anschliessend wieder der Aare zufliesst. Dahinter endet jedoch der Weg, zumindest, wenn man nach der Beschilderung geht. Nach dieser zufolge ist die Begehung des Wanderweges zur ARA Neubrügg wegen Felssturzgefahr verboten. Wir setzen uns jedoch über dieses Verbot hinweg, aber eigentlich müsste man diese Stelle über den Seftausteg und den Aareuferweg am rechten Ufer umgehen...

Es ist offensichtlich, dass dieser Weg nicht nur vorübergehend gesperrt ist, sondern wohl dereinst ganz aufgegeben wird, jedenfalls ist er bereits in einem relativ schlechten Zustand. Der Grund dafür ist offensichtlich: Der äusserst steile Hang der Rabbenfluh, der hier über knapp 100 Höhenmeter abfällt, ist instabil und diverse grobe Nagelfluhbrocken sind bereits abgestürzt und bedecken den Weg. Durch das an verschiedenen Stellen austretende Wasser ist es darüber hinaus ziemlich schlammig.

Nach dieser kritischen Stelle und der Umgehung der Anlagen der ARA Neubrügg, tauchen wir in den Grossen Bremgartenwald ein, den "Bremer", wie die Berner sagen. Ein schöner Wanderweg führt uns hier knapp unterhalb der imposanten Halenbrücke hindurch, die 1912/13 als eine der ersten Hochbrücken in Betonbauweise erstellt wurde. Durch einen kleinen Graben erreichen wir bald den deutlich ausgeprägteren Glasgraben, durch den ein munterer Bach talwärts rauscht. Stetig aufwärts, diesem Gewässer entlang, ist es nun nicht mehr weit zum beliebten Picknickplatz am Glasbrunnen.

An diesem prächtigen, steinernen Brunnen löschen nicht nur Wanderer ihren Durst, auch viele Stadtberner, vor allem wohl aus dem angrenzenden Länggassquartier, beziehen dort ihr Trinkwasser, indem sie mit Rucksäcken voller PET-Getränkeflaschen beladen, mit dem Velo hierher fahren. Der Grund dafür sei, wie ich erfahre, dass das Wasser, welches zuhause der Leitung entströmt, aufgrund der starken Verkalkung behandelt werde und einfach nicht so gut schmecke, wie jenes hier aus diesem Waldbrunnen. Auch wir füllen unsere Flaschen wieder auf, denn wir haben noch einen langen Weg vor uns.

Dazu bleiben wir im Bremgartenwald, der sich als grösstes zusammenhängendes Waldgebiet von Bern über eine Fläche von mehr als 600 Hektaren erstreckt und wo von 1934 - 1939 und 1947 - 1954 auf einem 7280 m langen Rundkurs die Automobilrennen zum Grossen Preis der Schweiz stattfanden. Bei der Eymatt, wo sich ein ausgedehnter Campingplatz befindet, kreuzen wir die Hauptstrasse Bern - Aarberg und tauchen bald in den reizvollen Waldgraben des Gäbelbaches ein. Beim Anblick dieses stattlichen Baches, der kaum verbaut talwärts strömt, wird sich vielleicht mancher in ein Voralpental versetzt fühlen, aber man befindet sich nach wie vor unmittelbar am Stadtrand von Bern, was einem sofort wieder bewusst wird, wenn man den kleinen Tierpark beim Pt. 509 erreicht und über sich die mächtigen Häuserblöcke von Gäbelbach aufragen sieht. Die Talwanderung ist hier aber noch nicht zu Ende. Eine Weile begleiten uns Häuser auf der gegnüberliegenden Seite, aber bald sind wir wieder mitten in die unberührte Natur eingetaucht. Die Ruhe hier unten wird nur vom gleichmässigen Rauschen der Autobahn gestört, der wir uns allmählich nähern. Bald erblicken wir die Betonbrücke, auf welcher die Autofahrer mit Tempo 120 über das Tal hinweg brausen, nichtsahnend von der reizvollen Landschaft hier unten.

Nach oben hin öffnet sich das bisher relativ enge Tal allmählich und wir treten aus dem Wald an die strahlende Sonne dieses Pfingstsonntages heraus. Unser Tagesziel, das Dorf Riedbach, liegt nun ganz nahe und bald stehen wir am Bahnhof, wo auf schnurgerader Strecke die Schnellzüge vorbeirasen und stündlich eine S-Bahn ins nahe Bern fährt. Einmal mehr hat gezeigt, dass die Hektik der Stadt und die Ruhe der Natur in Bern ganz nahe beieinander liegen.

Tourengänger: ABoehlen, Stini


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