Hochhus (1924m) über den Südostsporn


Publiziert von Alpin_Rise , 1. Mai 2010 um 15:05. Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:30 April 2010
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-AI   CH-SG   Alpstein 
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Frümsen Der Sattel P. 1815 kann auch von Norden (Stauberen oder Saxerlücke bzw. Brülisau / Hoher Kasten) erreicht werden.
Unterkunftmöglichkeiten:Stauberen, Roslenalp

Als einer der letzten verbliebenen, einigermassen bedeutenden Alpsteingipfel war das Hochhus auf hikr.org bislang pendent. Die Felszinne zwischen zwischen der Saxerlücke und Stauberen ist stachelbewehrt: In der jähen Südflanke ist das wortwörtlich zu verstehen, die steilen, gegliederten Hängen sind mit Legföhren bespickt. Im SAC Führer heisst's zur Südroute "unlohnend und nicht empfehlenswert", was durchaus wörtlich zu nehmen ist.
Nicht besser siehts in der felsigen, 60m hohen Nordwand aus, sie ist schauerlich brüchig und von einer alten Route im 5. Grad durchzogen.
Die Route ist wie andere Anstiege aus dem Rheintal bereits früh oder noch spät im Jahr schneefrei. Nachdem ich einen Hiweis vom Alpsteinkenner Maveric erhalten habe und sich dieser alsbald für einen gemeinsamen Auslug begeistern liess, gings unter kundiger Führung vor dem Schlechtwettereibruch los - vielen Dank für den tollen Tag an dieser Stelle!

Alpinwandersaison eröffnet, rein ins Grün - zu einem herb- kratzigen Naturerlebnis

Wir starten um 8 in Frümsen an der Talstation der Stauberenbahn, eine gute Stunde später geniessen wir die fantastische Lage der Hütten bei Alpeel auf 1400m. Die muntere Plauderei über allerlei Alpsteinprojekte ist spätestens auf auf 1700m vorbei. Von einem Sporn gleich nach der Engstelle des Bergwegs queren wir leicht absteigend in die SO-Flanke hinein bis an den markanten SO-Sporn, welcher hier nicht ersteigbar ist (T5). Unter dem Sporn aufwärts, einige steilere Stüfchen verlangen schon die Hände (bei den letzen Tannen rechts Rucksackdepot). Kurz darauf in die ersten Legföhren, wo schon mal etwas Stimmung aufkommt. Oberhalb eines kleinen Felsfenster kann der Sporn das erste mal betreten werden.
Die Rinne jenseits testen wir kurz an, die obligate T6-Eichung zu Beginn der Saison, trockenes, plattgedrücktes Gras, Ausgesetztheit... Rückzug, denn auf den Sporn selbst beruhigen Legföhren die Nerven. Sobald einem die Sache zu bunt (sprich grün) wird, zeigen sich immer wieder Lücken, die dafür mit brüchigem Fels auftrumpfen. Am wenig ausgeprägten Sporn über zwei Aufschwünge bis zu einem flacheren Stück, wo sich dieser verliert (markanter Vogelbeerenbaum rechts unten). Auf steilem Band kurz ohne Leföhren hoch, bis man den nächsten Sporn steil linkshaltend erreicht. Für kurz haben einen die Stachelbiester wieder; linkshaltend einige Meter in ausnahmsweise festem, holzfreiem Fels, bis der Sporn nach in die mässig steile Gipfelrinne (T4, bei schlechten Grasverhältnissen besser am rechten Rand entlang) verlassen werden kann. Über Gras, zuletzt Erikabüsche zum Hochhusgipfel und dem etwas niedrigeren Punkt mit Steinmann und GIpfelbuch. Ich freute mich schon über das uralte Gipfelbuch, leider scheint es aber verschollen. Das neue zählt gerade mal seinen dritten Lenz und die Einträge kann man an einer Hand abzählen. Der Bleistift fehlte, darum haben wir mit  einem - Überraschung - Legföhrenzweig unsere Begehung eingeritzt - der/die Nächste möge bitte einen, zwei Stifte mitbringen und den Eintrag bitte nachziehen, danke!

Der Abstieg geht dann besser als befürchtet: man gewöhnt sich an den ausgesetzten "Affengarten" und kann die Legföhren bequem von oben überraschen und niederringen, während man beim Aufstieg noch untendurch oder mittig angegriffen hat. Dennoch bleibt der imposante Tiefblick ins Rheintal und das Vertrauen in die erstaunlichen Pflanzen ein Muss.

Zu den Anforderungen: liebt man Legföhren, mag man das Hochhus. Unten sind steilere Schrofenpassagen zu meistern (um T5), die Legföhren weiter oben sind (noch) solide und geben passable Griffe und Tritte für eine Kletterei im II. (Leföhren-)Grad ab, das Gelände ist aber oft um die 60° steil und der Fels unzuverlässig. Stellt doch einige Anforderungen, darum T6. Ohne Legföhren würde ich dort niemals hochgehen!


Edit: Im Spätsommer ist auf der hier beschriebenen Route ein junger, begeisterter Alpinist verunglückt. Es schmerzt, von diesem tragischen Tod zu erfahren. Möge sich jede/r diesem Berg mit dem nötigen Respekt nähern.


Der gemütliche Teil: Zurück bei der Rippe auf 1700m folgen wir dem markierten Weg bis in den Sattel (P. 1815) und entschliessen uns für die Traverse zur Stauberen, eine bequeme Talfahrt lockt. Noch einige harmlose Schneefelder, die steilen, heiklen Stellen sind mehrheitlich Schneefrei oder wie unter der Chanzlen ausgeschaufelt. Kurz auf die hübsche Stauberenchanzlen und den soeben dokumentierten Südabstieg runter. Eine schöne, kurze Kombi zum Abschluss.
Feiner Kuchen und ein netter Schwatz mit dem Stauberenwirt, an der Chanzlen tut sich klettermässig einiges, Infos beim Wirt.
Beschauliche Talfahrt, das Wetter hielt bis zum Schluss mit einem netten Mix aus Schleier- und kleinen Quellwölchen, während der Westen bereits begossen wurde.

Material:
Seilsicherung ist wenig effizient, obwohl tausende Legföhren abgebunden werden könnten. Helm bei mehreren Begehenden. Pickel evtl. bei unteren Grasstufen oder schlechten Verhältnissen , sprich dürrem, rutschigen Altgras wie im Frühling oder Herbst nützlich. Oben in den Legföhren höchstens hinderlich. Langärmliges, strapazierfähiges Outfit.  Wer's verantworten kann, eine Handsäge.. und viel Liebe für die zudringliche Vegetation.

Alternative Routen:
a) Alte Route durch einen Kamin links des Nordsporn: vor allem oben kriminell grossblockig brüchig, eine Stelle im 5. Grad. Über die Route kann jedoch mit der nötigen Vorsicht abgeseilt werden, sanierte Stände vorhanden.
Edit: Bericht von Radivi
b) Die in diesem Dokument erwähnte Kletteroute über den Südgrat tönt sehr interessant und scheint der bequemste Weg auf den Gipfel zu sein; bei Gelegenheit bin ich gerne dabei!
Edit: ich habe die Route ein gutes Jahr später begangen, wobei nicht alles ganz glatt lief...


Fazit:
Alles in allem doch eine "exotische" Tour auf einen sehr einsamen Gipfel, geeignet für Liebhaber bzw. Abonnenten der Legföhren Revue, bisher erschienen:
No° 1 Leistchamm Südwestgrat
No° 2 Mattstock Nordostgrat und Raaberg
No° 3 Gulmen Westrücken,
Exemplare der Legföhren Revue sind direkt bei den jeweiligen Autoren zu beziehen

Tourengänger: Alpin_Rise, Maveric


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Kommentare (11)


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Zwieback hat gesagt:
Gesendet am 1. Mai 2010 um 19:27
Ihr habts also geschafft, Gratuliere! :-)

Das ganze hört sich doch nicht ganz so mühsam an, wie ich aufgrund des Kommentars im Führer befürchtet hatte, aber wohl doch eher eine Tour zum "abhaken".

Ich werd Schreibzeug mitnehmen...

lg

Zwieback

a1 hat gesagt:
Gesendet am 1. Mai 2010 um 21:23
Danke für den tollen Bericht.

Schon lange möchte ich auf das Hochhus, eigtl. wäre die Tour auch für heute geplant gewesen, vielleicht dann halt nächstes WE. Bericht und Fotos sind echt super und sehr informativ. Ihr seid ja gestern hinten auch bei den Hüsern vorbeigegangen. Kannst du mir sagen, wieviel Schnee zwischen Weg und Gipfel dort derzeit liegt? Wie sieht der Aufstieg auf die Hüser aus deiner Sicht momentan aus? Bin vor 2 Jahren um diese Jahreszeit dort umgekehrt.

Schöne Grüsse, a1

Alpin_Rise hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. Mai 2010 um 22:39
Weg in der Nordflanke bis Stauberen problemlos, Hüser sollten gut sein, evt. hats auf den Legföhrendächern noch etwas Schnee - jetzt ändert mit dem Schlechtwetter evtl. nochmals etwas.
G, Rise

MunggaLoch hat gesagt: Endlich...
Gesendet am 2. Mai 2010 um 16:51
...ist das Rennen auf das Hochhus eröffnet! Die Beschreibung der SAC-Seite habe ich auch schon gefunden. Aber mich noch nicht ans Suchen der Einsteigstelle gewagt...
Gratulation!
Und danke, vor allem für das letzte Bild, mit eurer Route!

longo hat gesagt: Hochhus
Gesendet am 3. Mai 2010 um 07:41
Hallo, habe mich bis jetzt gewundert, dass dieser Gipfel von HIKR's vorher noch nicht besucht wurde.
Sorry, für den verlorenen Bleistift, denn dieser war vor 2 Wochen noch vorhanden, als wir den Südgrat kletterten.
Factbox:
Abstieg durch Nordkamin mit 3x20m abseilen relativ problemlos und schnell.
Aufstieg jedoch nicht empfehlenswert.
Lohnendster Aufstieg, sicherlich der Südgrat.
Zustieg ca. T5 jedoch sehr lange und im Zickzack.
Klettern dann 6 Seillängen so ca, 4-5 Grad,komplett eingerichtet, so dass 8 Express und Seil genügt.

AlpinHero hat gesagt: Chapeau
Gesendet am 3. Mai 2010 um 08:41
Hallo Rise

Soso...mal wieder vor "meiner" Haustüre rumgewildert...? :-)
Coole Tour, mit der ich auch schon geliebäugelt habe; wobei ich denke, dass das für mich alleine wohl eine Schuhnummer zu gross wäre...
Nachdem die Tour derart Legföhrenbestückt ist; werde ich das Projekt auf meiner Liste wohl ne ganze Ecke nach unten schieben, da ich mich noch gut an meine letzte Tour dieser Art errinnern kann...

Kompliment und weiter so....; Deine Art in die Berge zu gehen vermag sehr zu gefallen...!

Herzlich Reinhard

longo hat gesagt: Unlohnend
Gesendet am 7. Dezember 2010 um 08:57
Wir haben die Tour am 6.11.2010 zu zweit gemäss Beschreibung wiederholt, um die deponierten persönlichen Sachen von Zwiebach zu holen, welcher in dieser Route verunglückt war.
Die Tour ist meines Erachtens wirklich nicht lohnend, da die Kraxelei durch die übermässig vielen Legföhren nicht ohne ist.
Beim Abstieg über den Nordkamin haben wir die Abseilstellen noch verbessert, so dass nun problemlos mit einem 50m Einfachseil abgeseilt werden kann (3x25m)

dani_ hat gesagt:
Gesendet am 4. September 2011 um 07:24
Ein Stift ist nun beim Gipfelbuch.

LG Daniel

longo hat gesagt: RE:
Gesendet am 14. September 2011 um 16:34
Hoi Dani,
aus dieser Nachricht nehme ich an, dass du doch noch aufs Hochhus geschafft hast.
hast du die Route über die Grasschrofen ostseitig weiterversucht oder eine andere Route genommen ?? Da kein Bericht auf HIKR.
nimmt mich persönlich Wunder, da ich das Hochhus relativ gut kenne.

Gruss Longo

dani_ hat gesagt: RE:
Gesendet am 15. September 2011 um 06:22
Hoi Longo,

Du bist sehr aufmerksam. Ja, ich war auf dem Hochhus und hatte am Tag danach den Kommentar bei Alpin_rise geschrieben. Ich hatte auch mit dem Bericht angefangen. Allerdings habe ich derzeit beruflich viel zu tun und eine Freundin, daher ist der Bericht nun lange im Entwurfsstadium gewesen. Ich bin seit kurz vor fünf dran und schaue, dass ich ihn gleich veröffentliche.

Schon mal vorweg, dass war die sch… Tour, die ich bisher gemacht habe. Es ist mir ja bei anderen Touren passiert, dass ich vom Weg abgekommen bin oder zu optimistisch weglos irgendwo hoch wollte, und es dann sehr unangenehm wurde. Bei all diesen Touren gabs aber auch Momente, die toll waren, wo es Abenteuer im positiven Sinne oder Aussicht gab. Die Tour aufs Hochhus hingegen war in ihrer Gesamtheit der totale Ablöscher. Nicht nur ZSCH, sondern SSCH. Das ist die Tour von all meinen Touren, die ich am wenigsten gern wiederholen würde.

Liebe Grüsse

Daniel

tricky hat gesagt: abgehakt
Gesendet am 31. Juli 2012 um 12:20
Danke für die Infos über die Tour. Werde wohl das Hochhus aus meiner Liste streichen.


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