Schweizerhalle...die kulinarische Seite!


Publiziert von Henrik , 12. Dezember 2009 um 23:39.

Region: Welt » Schweiz » Freiburg
Tour Datum:12 Dezember 2009
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-FR 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 100 m
Abstieg: 100 m
Strecke:Kantonsmetropole des Kt. Freiburg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV

....als ich das Taxi bestellte, das mich zum Bahnhof bringen soll, meinte die etwas müde gewordene Stimme am Telefon...“sie freue sich gar nicht auf den Heimweg bei diesem Hudelwetter...“ – ich wünschte einen guten Schlaf. Als ich nach draussen trat, goss es; der Sitz war geheizt. Im COOP Pronto entfernte das Personal gerade die Alkoholeinschränkungstafeln an den Kühlregalen und auf der Passarelle grölten die vermeintlichen Freitags-Heros langen Beinen nach – der Samstag war gerade mal sechs Stunden alt, als der ICE sich lautlos aus dem Basler Bahnhof schob, nach Zürich.

Am Treffpunkt Zürich HB warte ich auf Regula, kurz nach sieben Uhr 20. Ich habe im Köcher einen kulturhistorischen Tagesausflug in eine unterschätzte Kantonsmetropole – die mittelalterliche Hauptstadt Freiburg ist multikulturelle Universitätsstadt, Kunst- und Kulturperle, Hochburg der Gastronomie. Durch die so genannte "Röstigrabenbrücke" verbindet sie den deutschen und französischen Sprach- und Kulturraum. Freiburg, Perle der gotischen Epoche. Die Stadt wurde 1157 von Berthold IV von Zähringen erbaut und avancierte durch die Universität zur Stadt der Bildung und der Kunst, aber auch zu einem beliebten Kongressort.
 
Keine zwei Stunden später empfängt uns Schneeregen, eine zünftige Bise weht uns ins Gesicht, und sogleich fällt uns die andere Sprache auf und auch die Atmosphäre, eine gewisse Leichtigkeit. Wir setzten uns in ein Café am Boulevard de Pérolles ( "the best coffee in town" verhiess die kleine Karte) und wärmten uns hier auf für den ersten Teil der geplanten Stadtwanderung. Im Vorfeld liess ich Regula wissen, dass keine Wanderschuhe nötig seien, ich ging allerdings von einem Schönwetterprogramm aus – der Weg hinunter an die Saane war wurzelbestockt und durch nasses Laub ziemlich glitschig, wir schafften das ohne Sturz in den Lehm! Wechselten die Uferseite an der Barrage de la Maigrauge hin zum gleichnamigen Couvent – unserm ersten Ziel: dem Kloster, das seit über 750 Jahren von Zisterzienserinnen bewohnt wird – öffentlich zugänglich ist lediglich die Abteikirche, in der gerade zwei Schwestern den Sandsteinboden schrubbten, vom Orgelgestühl war Musik zu vernehmen, wir lauschten berührt zu. Die Klosterkirche der Kapuzinerinnen (Couvent de Montorge) ist auch hier die einzig zugängliche – Commençons par le très bel orgue d'Aloys Mooser (1810) au monastère de Montorge, quartier de Fribourg, dominant la Sarine et offrant une vue inoubliable sur la cité médiévale fribourgeoise. Als wir der Strasse Chemin de Loretta (deren Pflästerung wie schon zwischen den beiden Klöstern aus unförmigen behauenen Sandsteinpflastersteinen bestand) in den untern Ortsteil folgten, um eine weitere Kirche aufzusuchen, die Eglise Saint-Jean, melden sich die kalten Füsse und die Blase – ohnehin drängt sich eine erneute Pause auf, auch um die Eindrücke mit einem Espresso setzen zu lassen. Hernach wechseln wir erneut das Ufer: über die Karrbrücke gelangen wir in die Unterstadt (Quartier Auge), sehen von dort eine gedeckte Holzbrücke (Seeger) – die Pont du Berne, über die der Stadtbus (Linie 4) ohne Einschränkungen zügig drüber fährt! Wir nehmen noch einen Blick und ein paar Schritte hinzu, um an der Balmgasse die Sandsteinformation einer nähern Betrachtung zu unterziehen und sehen von dort einen Teil der imposanten Stadtmauer (gedeckt). Eine Strassenzugsnennung liest sich als Chemin de Gotteron – Eishockey kommt mir da in den Sinn. Wir spazieren durch die Goltgasse (das t steht nicht etwa fälschlicherweise) und ist identisch mit der Rue d’Or! Die Eglise St.-Maurice (Augustinerorden), deren Kloster 1842 aufgegeben und danach als Gefängnis genutzt wurde, hat ein reiches Mobiliar aus Holz aus dem 17. Jhd. Eine steile Gasse, Rue de Stalden, führt hinauf nach Bourg, wo sich der Monumentalbau, die Kathedrale Saint Nicolas befindet à la croisée des chemins européens des arts, die das äussere Wahrzeichen Freiburgs darstellt – unübersehbar, wuchtig, seit 1930 wird hier dauerrenoviert – als wir hier eintreten, räumt ein gerade zu Ende gekommener Chor das Feld, es sind Männer und Knaben. Einer Legende nach ist ihr 74 Meter hoher Glockenturm unvollendet, weil es an Geld mangelte. Die zwischen 1283 und 1490 erbaute Kathedrale ist ein Schmuckstück der Gotik. Ihr Hauptportal schmückt ein Basrelief mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts. Hier wie auch noch später sind wir erstaunt über die vielen Menschen, die die Sakralbauten an diesem Samstagnachmittag besuchten! Liegt es daran, dass Weihnachten vor der Türe steht – abgesehen von übenden Chören und dem gemeinsamen Singen verschiedener Schulklassen in der Kirche St. Michel?
 
Es ist Mittag, auf eine Empfehlung von Zaza suchen wir das Restaurant und Café Gothard an der Pont-Mure 16, das für sein Fondue bekannt zu sein scheint – im Lokal reihen sich die Gäste ein, um einen Platz zu erhalten. Wir entscheiden uns für ein anderes Lokal. Gerade biegen wir um die Ecke zur Grand’Rue, als die letzten Marktstände zusammen-gepackt werden – wir staunen über die opulente Blumenpracht auf den Balkonen des Hotel de Ville und rätseln kurz, was das für Blumen sein könnten: Regula meint, das sind Astern! An der Ecke der Rue des Epouses und der Grand’Rue etwas unscheinbar der graue Sandsteinbau des Café Schweizerhalle, das nicht geöffnet wirkt, doch wir treten ein und fühlen uns sogleich wohl – ein Tisch ist noch frei. An den Wänden kleine Plakate aus den 90er-Jahren, die für Museen werben, für Lesungen und Ausstellungen...auch Zeichnungen finden sich darunter, ein wenig Honoré Daumier scheint durch den Raum zu wehen. Wir entscheiden uns für einen fleischlosen Mittag – eingangs eine Kürbissuppe (die allerdings nicht mithalten konnte mit der von vergangenen Mittwoch in Carona!), danach Tortellini und Nudeln, zwar bestellte ich die Sauce mit Hirschleber – serviert wurden Trüffeln, der Preis blieb der gleiche. Wir tranken einen aromatischen Vully und ohne um darum zu bitten, wurde Hahnenwasser gereicht – das unterscheidet eben schon das Essen und die Bedürfniswahrnehmung in der Romandie von der Deutschschweiz...zum Schluss folgte dessertfrei ein Espresso. Draussen sehen wir grosse Schneeflocken fallen, wir treten hinaus auf die Rue des Epouses, die geradewegs auf die Kathedrale Saint Nicolas zuhält und wenden uns den nächsten Sakralbauten zu: Basilisque de Notre Dame - ursprünglich romanischer Bau aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, die auch dauerrenoviert und dunkel wirkt, erneut viele Menschen in sich versunken, Stille und Antworten suchend, eigentümlich erscheint die helle, kerzenscheinerleuchtete tiefer gelegene Kapelle. Einen Steinwurf entfernt das Gutenberg-Museum, das seit 2000 hier eingerichtet ist – wir haben es nicht aufgesucht. Ein weiterer Steinwurf ein nächster Raum, das Espace de Jean Tinguely – frühere Bauverwendung als Tramdepot (zwischen zwei Kirchen!) Wir drücken unsere kalten Nasen an die Rund-um-Verglasung und gehen weiter...Die Eglise des Cordeliers (Franziskaner Kloster mit ältestes vollständig erhaltenem Chorgestühl der Schweiz, Nelkenmeister-Altar (1480), Furno-Altar (1509-13), einer der bedeutendsten Schnitzaltäre unseres Landes) mit ihrem leicht geneigten Kirchenboden (dieses Gefälle habe ich hier am stärksten empfunden – übrigens in vielen Kirchenbauten immer wieder zu begegnen) scheint endlos hoch, die Vorhänge im Chorraum sind gezogen, in einer andern Ecke wird soeben eine Weihnachtskrippe gebaut, Menschen stehen Schlange, um zu beichten, das Murmeln ist nicht zu überhören. Nebenan das banal wirkende Wohngebäude der Franziskaner mit einem wenig spektakulären Innenhof, aber der Klostergang scheint unlängst aufwändigst renoviert geworden zu sein, ein wuchtiges Freskenband hängt an dessen Ostseite. Wir queren die vielbefahrene Rue de Morat, steigen die Treppen zum Place du Marché aux Poissons hinauf, finden das enge Gässchen Ruelle des Maçons, danach den gedeckten Wehrgang (nur Treppen) hinauf zum weitläufigen Privat-Gelände des Collège Saint Michel (ehemaliges Kollegium der Jesuiten) mit Aussichtsterrasse, doch es schneit nach wie vor und ist Grau-in-Grau! An der Rue du Saint-Canisius liegt eine der prächtigsten Rokoko-Kirchen der Schweiz, die Jesuitenkirche St. Michael, die erst unlängst eine Totalrenovation zusammen mit der Orgel erfahren durfte – eigentlich wollten wir hier etwas länger verweilen, aber um halb vier würde das gemeinsame Singen beginnen, zu dem deutschsprachige Primarschulklassen aus der Umgebung geladen haben. Und wieder finden wir eine kleine Gasse, die Ruelle de Saint-Canisius, sie endet in der Rue de Lausanne, hier pulsiert die Fussgängercity. Dem Kaufrausch entsagen und ein wenig Ruhe finden, hier liegt die Eglise des Ursulines – wir stossen die Türe auf...wir sind allein, es ist wohlig warm und still. Zum Abschluss möchte Regula noch die Uni kurz durcheilen, am Bürgerspital (heute Kommunalverwaltung) vorbei, zwischenzeitlich ist der Schnee zum Regen geworden, meint sie, die Uni in Basel bzw. Zürich seien baulich wesentlich schöner – dem pflichte ich bei. Der Bahnhof ist nur wenige Meter entfernt, durch den Busbahnhof hindurch, die digitale Abfahrtabelle kurz konsultiert, nehmen wir um 16.04 den Zug zurück nach Zürich. Freiburg im Uechtland muss sich nicht verstecken! Sogar ein 1899 in Betrieb genommenes Funi gibt es hier.....

Die besuchten Stätten im Internet – eine Auswahl
 
 
 
§         http://www.fribourgtourisme.ch/de/welcome.cfm offizielle Site
 
 
§         http://www.orgues-et-vitraux.ch/default.asp/2-0-26-11-6-1/ Namhafte Orgelbauer und Kirchengeschichte wie z. B. die besuchte Kirche der Kapuzinerinnen Montorge
 
 
§         http://www.maigrauge.ch/
 
§         http://www.hls-dhs-dss.ch/ wer historische Kontexte dazu braucht, liegt hier richtig
 

Tourengänger: Henrik
Communities: Touren und Tafeln


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (8)


Kommentar hinzufügen

Seeger hat gesagt: Pont du Berne
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 09:57
Ciao Henrik
Hier noch die Angaben über die Pont du Berne, die letzte der drei gedeckten Brücken von Fribourg über die Saane: Baujahr 1683
Länge 40,8m, Spannweiten 21.8/17.1 m, Zulässige Breite 4.95 m!!!, Zulässige Höhe 4 m.
http://www.swiss-timber-bridges.ch/map/images/504?lat=46.7967&lon=7.1605&type=Karte&zoom=13#
Dein Bericht ist wieder super.
Gruss
Andreas

Lukas71 hat gesagt: Titel...?
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 12:58
Hallo Henrik

Hatte ich in Geographie einen Fensterplatz...?
Ich dachte die Schweizerhalle liegt am Rhein, nördlich von Muttenz und Pratteln...????
....Oder hast du evtl. einen falschen Titel angegeben...?

Grüsse Lukas

Henrik hat gesagt: ...du hast gut aufgepasst!
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 13:09
Nun, es gibt ja auch Orte, die anderswo den gleichen Namen tragen...im Bericht kommt ein Café Schweizerhalle vor, in dem wir mega gut gespeist haben...in Freiburg im Uechtland! Was liegt also näher, dem Begriff eine freundliche Wendug zu geben - Sprache macht das möglich.

...und da ich gerne schreibe und mit manchmal verklausulierten Begriffen spiele, ist ein Wortspiel entstanden, der dem Titel m. E. durchaus gerecht wird oder darüber nachdenken lässt.

> andeutungsweise | Art: Adjektiv - hintenherum, verhüllt, vage, ungesagt, durch die Blume, unartikuliert, verkappt, diffus, indirekt, verblümt, in Andeutungen, unausgesprochen, verschleiert, latent

Danke für deine Aufmerksamkeit.

Gruss

Henrik




Lukas71 hat gesagt: RE:...du hast gut aufgepasst!
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 14:37
Hallo Henrik

Entschuldigung...Das habe ich wirkich übersehen.
Da das Resaurant Schweizerhalle heisst, ist es erstaunlich dass das Essen nicht versalzen war...; hat doch das Wort "Halle" immer etwas mit Salz zu tun...

Grüsse Lukas

Henrik hat gesagt: ...oder mit einem umweltmässigen
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 14:42
Desaster...von 1986...und das war die Gedankenbrücke oder das Eselsohr...

...mit Andeutungen, durch die Blume, diffus, nachdenklich machen...die Sprache anklingen lassen, denn Berge werden mit Sprache erobert bzw. deren NIederschrift

Ciao

Henrik

nadirazur hat gesagt: Mit einem GA ...
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 21:17
... kannst Du noch einmal nach Fribourg fahren: Du bist nämlich an einem der BESTEN !!! (grossgeschrieben, weil ich es besser weiss ... zwinker zwinker) Restaurants in Town vorbeigelaufen ... dem hier 15 Punkte im Gault-Millau ... Ins Gotthard hätte ich Dich auch übrigens auch geschickt ...

Und wenn Du das ULTIMATIVE willst, dann geht's hier hin ... 17 Punkte Gault-Millau ... Ein Tipp: telefonisch anfragen, ob es das Spezialmenu noch gibt. Spezial, weil man für einen reduzierten Preis doch das Menü bekommt, nur nicht im Speisesaal, sondern mit den Angestellten zusammen ... :))

Lg, Noemi

Henrik hat gesagt: RE:Mit einem GA ...
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 21:31
...du als Ex-Freiburgerin (ha...woher weiss der das wieder!) ...Danke für die Tipps...ich weiss, nach Fribourg ist eine weitere Reise beinahe schon zwingend..noch mehr Kirchen und Klöster, aber auch noch mehr Hausfassaden und Holztische und dem Flair des Honoré Daumier!
Das Restaurant-Hotel-de-Ville mit seinen opulenten Astern auf den Balkonen wirkte nicht einladend bzw. sah aus, als wäre es geschlossen gewesen...Pérolles klingt natürlich noch besser (Nachbarn?), aber am frühen Vormittag stand dieses noch gar nicht auf meiner Liste.
Wir wollten in der Tat ins Café de Gothard (Tipp von Zaza)...es war gestossen voll. Das Midi auch...Schweizerhalle passte ja schon der Andeutungen wegen prima ins Programm.

Danke für die Aufmerksamkeit und kulinarische Findungs-Unterstützung.

Lieben Gruss

silberquäki

nadirazur hat gesagt: RE:Mit einem GA ...
Gesendet am 13. Dezember 2009 um 22:00
Auso ... wenn Du mal was ganz Spezielles suchst, dann musst Du hier gucken ... Im Trois Canards im Gottérontal (schöner Spaziergang, übrigens) werden Normal-Sterbliche einmal pro Monat zu Starköchen, und man(n) isst wirklich gut, in eimaligem Rahmen, das ist was ganz spezielles ... auch für Regentage geeignet :)) ... Aber wie im Gothard, reservieren muss man ;)

Lg, Noemi


Kommentar hinzufügen»