Wildhuser Schafberg (2373 m) - Dem Föhnsturm getrotzt


Publiziert von marmotta , 29. November 2009 um 21:05.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:29 November 2009
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-SG 
Zeitbedarf: 4:00
Aufstieg: 1283 m
Abstieg: 1283 m
Strecke:Wildhaus - Gamplüt - Schäferhütte (P. 1552) - Mietplätz - Wildhuser Schafberg und retour
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Wildhaus, Post
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Wildhaus, Post
Kartennummer:LK 1115 Säntis (1:25.000)

Der Wildhuser Schafberg (2373 m) ist für mich immer das Verlegenheitsziel, wenn ich (zu) spät von zu Hause wegkomme und/oder die winterlichen Verhältnisse (hoch-)alpine Wander-Ziele nicht mehr zulassen. Dank seines sonnen- und windexponierten, steilen Südwestkamms, der in längeren Phasen ohne ergiebige Schneefälle sehr schnell ausapert,  ist er auch im Hochwinter oft ohne Schneesportgeräte zu besteigen und bietet dank seiner Lage und Höhe bei entsprechendem Wetter doch eine fantastische Aussicht.

Die Meteorologen meldeten seit Tagen für diesen Sonntag heftigen Föhnsturm über den Alpen, die Entscheidung fiel nicht leicht, ob ich mich bei diesen Verhältnissen überhaupt aus dem Haus, geschweige denn in die Berge wagen sollte. Da ich leider am wettertechnisch besseren Samstag keine Zeit für eine grössere Bergtour hatte, zog ich dann -wenn auch etwas verspätet- doch los in "meinen" Alpstein, für weiter entfernte Ziele war es definitiv zu spät. Im Gepäck hatte ich einmal mehr die komplette Hochtourenausrüstung - man weiss ja nie, immerhin musste ich vor Jahren bei ähnlichen Verhältnissen an einem Dezembertag einmal 50 Höhenmeter unter dem Gipfel umkehren, weil der sehr steile Gipfelhang pickelhart gefroren war und ich weder Pickel noch Steigeisen dabei hatte. 

Bereits in Buchs im Rheintal empfing mich eine für die Jahreszeit ungewöhnlich milde Luft, noch war der Wind, der für diese Wärme sorgte, aber nicht unangenehm...

Mit dem Postauto in Wildhaus angekommen, lief ich sogleich zügigen Schrittes Richtung Gamplüt, begleitet von einem gleichgesinnten Wanderer, der ebenfalls im Postauto nach Wildhaus hinaufgefahren war. Soweit man dies von Gamplüt aus überblicken konnte, war die gesamte Südwestflanke des Wildhuser Schafbergs bis unter den Gipfelkopf aper - sollte ich meine "Eisgeräte" etwa wieder den ganzen Tag sinnlos spazierentragen (na ja, andere joggen ja auch mit Bleigewichten...)? Ich sollte nicht - aber dazu später...

An der Schäferhütte (P. 1552) trennte ich mich von meinem "Schatten" - während der vorgenannte Wanderer, der das gleiche Tagesziel hatte, weiter dem markierten Bergweg über die Westflanke zum Sattel (P. 1852) unterhalb der "Mietplätz" (warum heissen die eigentlich so?) folgte, nahm ich -wie immer- die "Direttissima" über steile, aber gut begehbare Grasplanggen hinauf zum Südwestgrat, dem ich ohne Schwierigkeiten bis zum kleinen Sattel unter dem Gipfelkopf folgte. Bis hierhin hatte es auf dem Kamm nur einzelne Schneeflecken, die nicht weiter störten. Am sehr steilen Gipfelhang waren dann auch auf der Westseite nur noch wenige felsige Stellen schneefrei, die Rasenbänder, über die im Sommer aufgestiegen wird, waren mit pickelhart gefrorenem Schnee garniert und die bereits dick mit Schnee bedeckte Ostflanke des Gipfelkopfs komplett vereist. Jetzt zahlte es sich doch noch aus, die Eisausrüstung mit hochgeschleppt zu haben, wenngleich der immer heftiger über die Schneeflanke peitschende Föhnsturm auch so nicht gerade zu einer Gipfelbesteigung einlud. Da ich aber ein Foto von den Schafbergköpfen machen wollte, und diese nur vom Hauptgipfel aus einzusehen sind, stieg ich -noch ohne Steigeisen, aber mit Hilfe des Pickels die letzten steilen Meter zum Vorgipfel mit Blechfahne (mit Schweizerkreuz) hinauf. Da der bereits erwähnte Wanderer und 2 weitere Aspiranten, die vom Sommerweg über den Schafboden(!) herübergekommen waren, angesichts der Verhältnisse kurz unter dem Gipfel umkehrten, hatte ich für einmal den (Vor-)Gipfel ganz für mich alleine (nicht einmal die sonst allgegenwärtigen und gefrässigen Bergdohlen waren zu sehen). Für den Abstieg vom Vorgipfel über die Felsstufe nach Norden zum Hauptgipfel montierte ich nun die Steigeisen. Über die fast senkrechte Felsstufe kann man sich normalerweise an dem an der Gipfelblechfahne verankerten Drahtseil herunterlassen. Da ich aber mit den Handschuhen kein Gefühl für das Drahtseil hatte bzw. mir dieses leicht unter den Handschuhen hätte durchrutschen können, benutzte ich es diesmal nicht, sondern kletterte die ca. 10 m hohe Stufe ab (I+). So sorgte diese im Sommer leicht zu bewältigende Passage -dank schnee- und eisbedeckter Felsen- doch noch für den unerwarteten Nervenkitzel. Angesichts der wirklich sehr unwirtlichen Verhältnisse hielt ich mich auf dem gegenüber dem Vorgipfel 10 m höheren Haupgipfel, auf dem ich noch bis zum Ende des Schneegrats ging, nicht allzu lange auf. Auf dem Rückweg über den Gipfelgrat hatte ich unwahrscheinliches Glück, als mich an einer sehr exponierten Stelle eine Windböe aus dem Gleichgewicht und fast aus dem Stand riss. Es wäre ein relativ langer freier Fall über die Nordwand geworden... :-/

Auf dem Abstieg, der nun -mit den Steigeisen- auch in der vereisten Südostflanke kein Problem war, genoss ich die spezielle Föhnstimmung, während immer wieder gleissende Sonnenstrahlen durch das fast bedrohlich wirkende Wolkengrau hindurch auf den Schnee fielen.

Am Sattel (P. 1852) unterhalb der "Mietplätz" traf ich dann auf einen einzelnen Mann, der eine seltsame, grosse Tasche neben sich stehen hatte. Als ich näherkam, sah ich, dass der Wanderer ein Modell-Segelflugzeug heraufgetragen hatte, um es hier oben in den Föhnturbulenzen durch die Felswände zu steuern. Sachen gibt´s... :-)

Viel zu früh erreichte ich Wildhaus und rundete dort die nette Tour in einem gemütlichen Café mit Kaffee und Kuchen ab.

Mit den prognostizierten Schneefällen nächste Woche und immer weiter zurückgehenden Temperaturen dürfte es das wohl gewesen sein mit Wandertouren auf höhere Gipfel. Obwohl ich da für den Wildhuser Schafberg nie die Hand ins Feuer legen würde... ;-)    

 

Tourengänger: marmotta


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