Rund um die Aareschlucht - Teil 1 (Lautere Schlucht und Finstere Schlauche)


Publiziert von marvel , 16. Dezember 2009 um 01:00.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Oberhasli
Tour Datum:19 Juli 2009
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 1:00
Aufstieg: 100 m
Abstieg: 100 m
Strecke:Meiringen - Innertkirchen
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Aareschlucht Westeingang
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Parkplatz Aareschlucht Osteingang
Unterkunftmöglichkeiten:zahlreiche
Kartennummer:1210

Die folgenden zwei Berichte zur Aareschlucht sind weder als echte Tourenempfehlungen noch als Vorschläge für Familienausflüge zu verstehen. Sie sind vielmehr kleine, historisch interessante Entdeckungsreisen in teilweise etwas unwegsamem Gelände inmitten einer touristisch stark erschlossenen Region, für diejenigen, die an so etwas Freude haben.

In der Aareschlucht durchbricht die Aare das "Kirchet", einen sonst ca. 100m hohen Felsriegel, der Meiringen von Innertkirchen trennt. Schon frühen Touristen war die Aareschlucht ein Begriff, vor allem da man an ihr auf den klassischen Touristenwegen über die Grosse Scheidegg sowie richtung Guttannen vorbeikam.

Damals sahen die Touristen allerdings noch nicht viel von der Schlucht. Von ein paar Punkten aus konnte man von weitem einen Blick in die Schlucht werfen, beispielsweise vom Wylerli oder vom Schluchteingang bei Innertkirchen. Bis zur Aare hinabsteigen konnte man überhaupt nur an einer einzigen Stelle der Schlucht - aber dazu später mehr.

Neben der Aareschlucht (oder "finsteren Schlucht") gibt es noch verschiedene trockene Nebenschluchten, die von Geologen als ehemalige Aareläufe während der Zwischeneiszeiten erklärt werden. Einige davon sind heute vollständig mit Schutt gefüllt, andere können durchwandert werden, so zum Beispiel die Lautere Schlucht. Sie beginnt direkt am Parkplatz beim Aareschlucht-Westeingang.

Von dort führt ein Pfad die Schlucht hinauf. Links und rechts türmen sich ca. 30-40m hohe Felsen. Nach einigen Metern links ein alter Bunker - das Kirchet hatte einst strategische Bedeutung (siehe dazu die Artikel zum Kirchet und zu Willigen auf der Website festung-oberland.ch).

Kurz darauf führt ein Weg rechts hinauf zurück in Richtung Willigen und Sand. Folgt man diesem, und steigt man ungefähr von dessen höchstem Punkt gegen den Parkplatz ab, kommt man zu einer eingerichteten Abseilstelle. Von hier kann man mit zwei 50-Meter-Seilen recht spektakulär (im wahrsten Sinne des Wortes, man wird dabei sicher fotografiert) über die überhängenden Felsen auf den Parkplatz abseilen. Ich hatte einmal auf einem Kletterkurs das Vergnügen. Die ganze Übung ist allerdings potentiell gefährlich für Unbeteiligte, falls versehentlich Steine losgetreten werden.

Zurück beim Bunker, folgt man dem Weg durch die nun flacher und allmählich seichter werdende Schlucht. Die Felsen auf beiden Seiten werden immer weniger markant, und nach gut einem halben Kilometer zweigen mehrere Wege nach links ab. Der erste führt schräg links hinauf auf die breite Anhöhe zwischen der lauteren Schlucht und der Aareschlucht. An deren nördlichem Ende kann man weglos bis nahe an die Felsen der Schlucht heransteigen, um ein paar mehr oder weniger (meist eher weniger) gute Tiefblicke in die Schlucht zu erhaschen. Auch ein zweiter und ein dritter stark mit Gras überwachsenser aber dennoch deutlich sichtbarer Weg führen ein paar Meter weiter nahe an die Abstürze heran, auch hier weglos durchs Gebüsch zu ein paar mässig guten Aussichtspunkten.

Dort wo der Weg durch die lautere Schlucht in einer Haarnadelkurve hinauf zum Steinbruch schwenkt, liegt zur Linken die einzige Stelle, an der man schon vor dem Bau des Stegs durch die Aareschlucht bis zum Wasser hinuntersteigen konnte. Schon allein diese Stelle, die sogenannte "Finstere Schlauche", hinterliess bei vielen Besuchern einen bleibenden Eindruck. Ein paar Textproben aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts:

Johann Rudolf Wyss, Reise in das Berner Oberland, Band 2, 1817 (ab S. 797)
Friedrich Meisner, Kleine Reisen in der Schweiz für die Jugend beschrieben, Band 3, 1823 (ab S. 235)
Johann Georg Kohl, Alpenreisen, 1846

Man sagt, auch Goethe sei bei seiner Reise durchs Oberland 1779 hier hinabgestiegen, Beweise scheinen indes zu fehlen.

Die Aareschlucht selbst wurde 1888 durch einen Steg als Touristenattraktion begehbar gemacht. Der Steg ging zunächst fast ein Jahrzent lang nur vom heutigen Westeingang bis zur finsteren Schlauche, die über einen zu diesem Zweck ausgebauten Weg hinauf zum Lammi den damaligen Ostausgang bildete.

Heute ist das untere Ende der Finsteren Schlauche innerhalb der Aareschlucht noch immer eine besondere Attraktion, der schönen Gletschermühlen wegen. Auch von oben kann man einen Blick in die Schlauche hineinwerfen, indem man von der Haarnadelkurve aus etwas unwegsam durch den Wald hinabsteigt. Es gibt keine Absperrungen hin zum eigentlichen Schluchtbereich, oben wie unten sind lediglich Durchgangsverbotsschilder angebracht, die selbstverständlich zu respektieren sind. Auch der Verlauf des seit 110 Jahren nicht mehr benutzten Ausgangswegs lässt sich noch erahnen.

Von hier aus kann man nun entweder zurück zum Westeingang gehen, oder durch den Steinbruch zum Lammi und weiter zum Ostausgang. So hätte man nun ungefähr die Aareschlucht-Experience eines Touristen im 19. Jahrhundert nachvollzogen.

Für die wesentlich unwegsamere Nordseite der Aareschlucht folgt ein eigener Bericht.

Notiz: Es ist mir nicht gelungen, die genauen Grenzen des Grundbesitzes der Aareschlucht AG in Erfahrung zu bringen. Falls diese Routenbeschreibung ungewollt über Privatgrundbesitz führen sollte, dessen Begehung unerwünscht ist, bitte ich um eine entsprechende Benachrichtigung.


Tourengänger: marvel


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