Vom Wert eines Wurzelgriffes und eines Kreuzbisses
Die vorliegende Site ist nebst einem Hort der gepflegten Diskussionskultur (Klick, Klack) auch eine Fundgrube für interessante Tourenideen. So hatte ABoehlen vor einiger Zeit in Berichten und Kommentaren die tief eingefressenen Bachläufe und die alten Pfade der Luzernischen Seite des Napfgebietes gepriesen (z.B. hier). Und Alpin_Rise hatte mir am letzten Samstag die kuriose Geschichte vom Zahnhwehkreuz erzählt. Also beschaffte ich mir ein paar Infos und ältere Landkarten und zimmerte im Zug nach Schüpfheim eine Wanderung zusammen, die letztlich zu einem Mix aus Wegsuche, Gewaltmarsch und Lokalkolorit werden sollte.
Von Schüpfheim ging es zunächst auf Pfaden und einer Fahrstrasse über die Schüpfegg und dann ins Fontannental. Der erste interessante Pfad (auf neuen LK nicht mehr drauf) führte von unter Nollen nach Pilgeregg. Er ist in bescheidenem Zustand, bei den letzten Metern ins Tobel bzw. wieder raus leisten Wurzelgriffe gute Dienste. Danach ging es nach Bramboden, Unter Seebli und zu P. 836. Hier kommen mehrere wilde Nagelfluhbäche zusammen, ein sehr schöner Ort. Der Pfad, der steil aufwärts über den Rücken zwischen Engelshorn- und Tämpelgraben führt, ist sehr interessant und in passablem Zustand. Es finden sich auch künstliche Tritte im Nagelfluhgestein. Wesentlich mühseliger war dann die Zusatzschlaufe auf der nächsten Rippe westlich wieder abwärts, dann oberhalb des Engelhorngrabens zu P. 914 und wieder aufwärts zum Chnubel. Hier sind die Wege praktisch völlig verschwunden bzw. überwuchert.
Vom Chnubel folgte ich dem markierten Pfad zur Änzilegi und dann runter nach Gustiweid. Hier verlässt man das Blatt 1169 und tritt ins 1149 ein. Wichtig: Die Äquidistanz der Höhenkurven wechselt von 20 m auf 10 m; man sollte also die Steilheit der Napf-Nordseite nicht überschätzen. Der Pfad von Chliweidli nach Änziloch ist in gutem Zustand (rote Zeichen), einzig die Brücke ist bedenklich morsch. Von Änziloch kann man direkt auf der Rippe rauf (Pfadspur) und dann auf einer Fahrstrasse nach Hapfig. Hier staunte ich nicht schlecht, als zeitweise kräftiger Hagel- und Schneefall einsetze, hatte doch der Wetterbericht trockenes Wetter versprochen. Nun querte ich zum Rücken, auf dem die Chrotthütte steht und stieg dann auf dem schönen, steilen Weg mit schönen Tiefblicken zum Hengst hinauf (Gipfelbuch). Bei guten Verhältnissen dürfte es übrigens im Winter sehr interessant sein, mit Pickel(n) und Steigeisen durch die steile Rinne westlich des Hengst aufzusteigen (weiss jemand, ob das gebräuchlich ist?).
Das nächste Ziel war das Berghaus Napf - zuerst war dort gründliches Händewaschen angesagt. Nicht etwa wegen der Schweinegrippe, sondern weil nebst Schuhen und Hosen inzwischen auch die Hände ziemlich dreckig waren. Mit der heissen Schoggi in der warmen Stube endete der abenteuerliche Teil der Tour, nun ging es nordwärts steil runter zur Fluhhütte und weiter im T1-Gelände (sprich: langweilig, aber immerhin mit schöner Aussicht) nordwärts bis Birchbüel.
Hier steht am Waldrand ein Kreuz, zu dem Al Imfeld eine schöne Geschichte erzählt (im Band "Wenn Fledermäuse aufschrecken, liegt etwas in der Luft, das kein Mensch zu ändern vermag"): Einst stand hier ein Baum, in dessen Stamm die Leute bissen, weil es hiess, dass dadurch Zahnschmerzen geheilt würden. Dieser Volksglaube musste der Kirche missfallen und nach einigem Hin und Her liess sie den Baum fällen und ein Kreuz hinstellen. Nun übernahm das Kreuz die Rolle des Baumes. Das Originalkreuz ist nicht mehr da, so konnte ich es auch nicht auf Bissspuren überprüfen. Heute steht da ein Kreuz mit Baujahr 2000 - trotzdem biss ich präventiv mal leicht zu; ein schmerzfreies Gebiss ist ja immer gut.
Inzwischen begann es schon fast einzunachten und da kamen die schönen Aufhellungen dann doch noch daher. So war der letzte Abstieg bis Zell (wobei man an einem Hof mit den Namen "Jammertal" vorbei kommt) immerhin stimmungsvoll.
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