Auf Abwegen zum Napf


Publiziert von Zaza , 7. November 2009 um 16:24.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum: 6 November 2009
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   Napf   CH-LU 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2150 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo schüpfheim
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo zell
Kartennummer:1169, 1149, 1148, 1128

Vom Wert eines Wurzelgriffes und eines Kreuzbisses

Die vorliegende Site ist nebst einem Hort der gepflegten Diskussionskultur (Klick, Klack) auch eine Fundgrube für interessante Tourenideen. So hatte ABoehlen vor einiger Zeit in Berichten und Kommentaren die tief eingefressenen Bachläufe und die alten Pfade der Luzernischen Seite des Napfgebietes gepriesen (z.B. hier). Und Alpin_Rise hatte mir am letzten Samstag die kuriose Geschichte vom Zahnhwehkreuz erzählt. Also beschaffte ich mir ein paar Infos und ältere Landkarten und zimmerte im Zug nach Schüpfheim eine Wanderung zusammen, die letztlich zu einem Mix aus Wegsuche, Gewaltmarsch und Lokalkolorit werden sollte.

Von Schüpfheim ging es zunächst auf Pfaden und einer Fahrstrasse über die Schüpfegg und dann ins Fontannental. Der erste interessante Pfad (auf neuen LK nicht mehr drauf) führte von unter Nollen nach Pilgeregg. Er ist in bescheidenem Zustand, bei den letzten Metern ins Tobel bzw. wieder raus leisten Wurzelgriffe gute Dienste. Danach ging es nach Bramboden, Unter Seebli und zu P. 836. Hier kommen mehrere wilde Nagelfluhbäche zusammen, ein sehr schöner Ort. Der Pfad, der steil aufwärts über den Rücken zwischen Engelshorn- und Tämpelgraben führt, ist sehr interessant und in passablem Zustand. Es finden sich auch künstliche Tritte im Nagelfluhgestein. Wesentlich mühseliger war dann die Zusatzschlaufe auf der nächsten Rippe westlich wieder abwärts, dann oberhalb des Engelhorngrabens zu P. 914 und wieder aufwärts zum Chnubel. Hier sind die Wege praktisch völlig verschwunden bzw. überwuchert.

Vom Chnubel folgte ich dem markierten Pfad zur Änzilegi und dann runter nach Gustiweid. Hier verlässt man das Blatt 1169 und tritt ins 1149 ein. Wichtig: Die Äquidistanz der Höhenkurven wechselt von 20 m auf 10 m; man sollte also die Steilheit der Napf-Nordseite nicht überschätzen. Der Pfad von Chliweidli nach Änziloch ist in gutem Zustand (rote Zeichen), einzig die Brücke ist bedenklich morsch. Von Änziloch kann man direkt auf der Rippe rauf (Pfadspur) und dann auf einer Fahrstrasse nach Hapfig. Hier staunte ich nicht schlecht, als zeitweise kräftiger Hagel- und Schneefall einsetze, hatte doch der Wetterbericht trockenes Wetter versprochen. Nun querte ich zum Rücken, auf dem die Chrotthütte steht und stieg dann auf dem schönen, steilen Weg mit schönen Tiefblicken zum Hengst hinauf (Gipfelbuch). Bei guten Verhältnissen dürfte es übrigens im Winter sehr interessant sein, mit Pickel(n) und Steigeisen durch die steile Rinne westlich des Hengst aufzusteigen (weiss jemand, ob das gebräuchlich ist?).
 
Das nächste Ziel war das Berghaus Napf - zuerst war dort gründliches Händewaschen angesagt. Nicht etwa wegen der Schweinegrippe, sondern weil nebst Schuhen und Hosen inzwischen auch die Hände ziemlich dreckig waren. Mit der heissen Schoggi in der warmen Stube endete der abenteuerliche Teil der Tour, nun ging es nordwärts steil runter zur Fluhhütte und weiter im T1-Gelände (sprich: langweilig, aber immerhin mit schöner Aussicht) nordwärts bis Birchbüel.

Hier steht am Waldrand ein Kreuz, zu dem Al Imfeld eine schöne Geschichte erzählt (im Band "Wenn Fledermäuse aufschrecken, liegt etwas in der Luft, das kein Mensch zu ändern vermag"): Einst stand hier ein Baum, in dessen Stamm die Leute bissen, weil es hiess, dass dadurch Zahnschmerzen geheilt würden. Dieser Volksglaube musste der Kirche missfallen und nach einigem Hin und Her liess sie den Baum fällen und ein Kreuz hinstellen. Nun übernahm das Kreuz die Rolle des Baumes. Das Originalkreuz ist nicht mehr da, so konnte ich es auch nicht auf Bissspuren überprüfen. Heute steht da ein Kreuz mit Baujahr 2000 - trotzdem biss ich präventiv mal leicht zu; ein schmerzfreies Gebiss ist ja immer gut.

Inzwischen begann es schon fast einzunachten und da kamen die schönen Aufhellungen dann doch noch daher. So war der letzte Abstieg bis Zell (wobei man an einem Hof mit den Namen "Jammertal" vorbei kommt) immerhin stimmungsvoll.

 


Tourengänger: Zaza


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Kommentare (4)


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Henrik hat gesagt: Beinahe endlos lange Tour..
Gesendet am 7. November 2009 um 18:45
wie du am Telefon schon berichtest: Beeindruckende Landschaft, die ja auch bewohnt und bearbeitet wird, davon zeugen die unzähligen Höfe und Wohnstätten...mit oder ohne Leben?
Schon Fenek stellte in seinem Titel vom 18. Oktober
die selbe Frage! Ein Flecken Land inmitten der Schweiz und wohl trotz Napf wahrscheinlich eher unbekannt...deine Tour weckt Gelüste. Danke.

Apropos Länge....drei 25000er durchwandert ergeben wieviele KM?

LG

Henrik

Zaza hat gesagt: RE:Beinahe endlos lange Tour..
Gesendet am 8. November 2009 um 16:39
Ciao Henrik,

danke! Luftlinie Schüpfheim - Zell ist knapp 25 km, mit der gewählten Route waren's wohl noch ein paar mehr.

Gruess, Manuel

ABoehlen hat gesagt:
Gesendet am 8. November 2009 um 15:28
Herrlicher Bericht und beeindruckende Leistung, herzliche Gratulation!

Einige Anmerkungen:
-Die bedenklich morsche Brücke im Änziloch habe ich letztmals 1995 passiert. Schon damals erschien mir die Passage als ziemliche Mutprobe. Umso mehr erstaunt es mich, dass dieses Ding immer noch steht!

-Der Gipfel mit dem Gipfelbuch ist nicht die Napfflue, sondern der Hengst (Pt. 1372, Wegpunkt existiert bereits). Die Napfflue findet sich dagegen weiter westlich, bereits auf dem Kartenblatt 1148. Ich habe diesen Gipfel 2007 besucht und beschrieben (siehe hier .

Beste Grüsse
Adrian

Zaza hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. November 2009 um 16:42
Salut Adrian,

merci für den Hinweis, ich hab's korrigiert! Und vielen Dank auch für deine Berichte und Kommentare, die mich auf die Idee brachten!

Falls du das genannte Buch von Al Imfeld nicht schon kennst, solltest du es mal anschauen. Es enthält nette Geschichten und Anekdoten aus dem Luzernischen Napfbergland.

Gruess, Manuel


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