Trettachspitze 2595m Überschreitung


Publiziert von bnsndn , 29. September 2009 um 14:48.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:27 September 2009
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 8:30
Aufstieg: 1640 m
Abstieg: 1640 m
Strecke:Birgsau-Einödsbach-Waltenberger Haus-Trettachspitze-Hintere Einödsbachalpe-Birgsau
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bus vom Hbf Oberstdorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bus zum Hbf Oberstdorf
Unterkunftmöglichkeiten:Waltenberger Haus

Hermann von Barth, der große Erschließer der Nördlichen Kalkalpen, zeigte sich einst von der Trettachspitze beeindruckt: "Wenn eine Spitze unersteigbar ist, so muss es diese sein!" Auch wenn inzwischen sämtliche Wände durchstiegen sind, versetzt einen der Anblick dieses kühnen Felshorns dennoch in Staunen. Nicht umsonst wird es auch als das "Allgäuer Matterhorn" bezeichnet.
 


Die Trettachspitze hatte ich mir schon lange vorgenommen. Am Sonntag, den 27. September 2009 war es dann so weit. Da ich kurzfristig keinen Mitgeher für diese Tour fand, beschloss ich den Berg im Alleingang zu bezwingen. Mit dem Bus kam ich gegen 9 Uhr in Birgsau an, wo ich zügig Richtung Einödsbach marschierte. Von dort aus ging es dann flott weiter auf dem Weg zum Waltenberger Haus. Dieser verläuft zuerst wenig ansteigend entlang des Bacherlochs nach Osten und dann nach Süden. Im weiteren Verlauf geht es über Geröll und eine kurze gesicherte Passage (max. I-) links hinauf, wo man das Waltenberger Haus erblickt. Dort angekommen schaute ich auf die Uhr und stellte fest, dass ich bis hier weniger als zwei Stunden benötigte, und das ohne Frühstück. Deswegen verschlang ich auch gleich eine ganze Seele und löschte meinen Durst mit einem Liter Wasser, nachdem ich mich kurz hinter dem Wegweiser „Trettach“ zur Rast gesetzt hatte.
Der weitere Verlauf des Weges machte den Anschein eines Höhenweges. Bald ging es jedoch sogar wieder bergab durch steile Gras- und Geröllhalden, die wegen ihrer Nässe nicht ganz ungefährlich waren. Die gewaltige Trettachspitze war nun zu sehen. Unten im Mädelekar hielten sich noch Altschneereste und ab hier war die genaue Wegführung nicht immer ersichtlich. Beeindruckend waren hier die steilen Wände der Trettachspitze-Westwand. Jetzt ging es wieder bergauf durch die Wiese und am linken Felsblock vorbei, um den der Weg dann entlang nach Osten führt. Schließlich kam ich an eine Stelle mit einem Kreuz, die nach einer Wegabzweigung aussah. Deswegen schlug ich den Weg Richtung Trettachspitze-Nordwand ein, der jedoch so ausgesetzt wurde, dass ich dachte, hier nicht richtig zu sein. Aus dieser Perspektive konnte ich auch den weiteren Wegverlauf im Geröllfeld unter der Nordwand nicht sehen. Aus diesem Grund lief ich wieder zur Weggabelung und bildete mir ein, Wegspuren zu erkennen, die weiter nach Osten führten. Plötzlich war vor mir ein Abgrund, der mich dazu veranlasste auf den Kamm in nördlicher Richtung zu klettern (I+), der den Anschein machte in den NO-Grat der Trettachspitze überzugehen. Mittlerweise war mir klar, dass ich mich hier nicht mehr auf einem Weg befand und dann fing es auch noch an zu regnen. Das Ärgerlichste war aber, dass ich kurze Zeit später vor einem weiteren senkrechten Abgrund stand, der mir zum hinunterklettern zu heikel war. Es half ja nichts, ich kehrte kurz um und stieg dann links durch schön zerklüfteten Fels zum Geröllfeld hinab (I+), wo ich auf den Weg stieß. Zum Glück hörte es wieder auf zu regnen, so dass ich mich entschloss die Tour auf den Gipfel durchzuziehen.
In etwas Abstand links neben dem Schneefeld, das sehr zusammengeschmolzen war, begab ich mich mit Helm in den Einstieg und wunderte mich anfangs noch, wie leicht es doch losging (I). Bald wurde das Gelände jedoch immer steiler und kleingriffiger, was mich zum Zweifeln brachte, ob ich hier noch richtig wäre. Mitten im dritten Schwierigkeitsgrad war ein Absteigen unmöglich geworden und ich kam an eine Stelle, wo ich vor der Entscheidung stand: links oder rechts weiter. Da es rechts um einiges leichter aussah, stieg ich zuerst hier weiter, kehrte nach wenigen Metern aber um, um dann den linken „Weg“ zu nehmen, der früher auf den NO-Grat, meine Rettung, führte. Ich konnte mich erinnern in einer Beschreibung gelesen zu haben, dass man sich links einer Wasserrinne halten solle und ebenso links eines Schneefeldes, das aber abgeschmolzen war. Wahrscheinlich kletterte ich zu weit rechts, wohl auch aus dem Grund, da bereits mein Einstiegsort in die Wand aufgrund des geschrumpften Schneefeldes als Bezugspunkt suboptimal war. Nun war ich aber auf dem Grat und ab hier kraxelte ich in schöner IIer-Kletterei den Grat hinauf bis zum Überhang am Blodigkessel, den man auf zwei Varianten umgehen kann. Ich wählte die linke Verschneidung, bei der es sich zwar auch um den dritten Grad handeln soll, die aber nichts im Vergleich zu der vorherigen Herausforderung in der Nordwand war.
Jetzt, um 14.10Uhr war ich auf dem Gipfel und erst einmal froh, wieder waagrechten Boden unter den Füßen zu haben. Ein wenig nachdenklich machte mich nur schon die ganze Zeit, wie ich hier wieder herunterkommen sollte. Ich wusste, dass der selbe Rückweg ausgeschlossen war und der Abstieg über den NW-Grat eine senkrechte IIIer-Stelle aufweist, an der man sich mittels eines angebrachten Hakens abseilen konnte. Ein Seil hatte ich aber nicht dabei. Voller Spannung begab ich mich auf den zuerst noch breiten NW-Grat, wo man fast noch laufen konnte (I). Zunehmend wurde es aber schwieriger und steiler. Rote Markierungen wiesen den Weg und plötzlich wurde es wieder flacher, was für mich hieß, dass ich die senkrechte Stelle, die mir höchstens wie II+ vorkam, gemeistert hatte. Über gutgriffige, mäßig geneigte Platten ging es nun wieder dem Geröllfeld entgegen und dann über den richtigen Weg zum Abzweig, den ich vorher missachtete. Ich konnte mir nicht erklären, wieso ich dem Weg nicht gefolgt war, denn in umgekehrter Richtung kam er mir nicht ausgesetzt vor.
Als Abstieg ins Tal kam für mich nur der schnellste Weg in Betracht, nämlich der unterhalb des Wildengundkopfs (nördliche Richtung) und über die hintere Einödsbachalpe nach Birgsau. Die letzten paar hundert Höhenmeter waren grausam für die Beine, weil ich ohne Stöcke unterwegs war und der Weg ununterbrochen steil bergab ging, teilweise durch Schlamm, den die Kühe verursacht hatten. Um halb sechs war ich dann erschöpft aber glücklich wieder an der Bushaltestelle Birgsau. Ingesamt benötigte ich für die Tour also 8,5h, allerdings mit dem Umweg, der etwas Zeit kostete.

Fazit:
Eine schöne, genussvolle Tagestour, bei der Ausdauer, Schwindelfreiheit, Trittsicherheit und etwas Klettererfahrung unbedingt erforderlich sind, da ein falscher Tritt einen längeren freien Fall bedeuten kann. Der Fels ist, für Hauptdolomit untypisch, relativ wenig brüchig. Dennoch ist ein Helm empfehlenswert, vor allem wenn man nicht der Einzige am Berg ist.

Tourengänger: bnsndn


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Kommentare (1)


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DHM123 hat gesagt: Klasse-Tour
Gesendet am 2. Juni 2012 um 23:14
Respekt, grandiose Tour.
Möchte ich auch gerne machen.
Topo werder ich vielleicht verwenden :)
Vielen Dank und viele Grüße aus M


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