24 h Wanderung Donzdorf - Burg Teck


Publiziert von oli.m , 22. Juli 2009 um 17:58.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwäbische Alb
Tour Datum: 3 April 2007
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 1000 m
Abstieg: 1000 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Donzdorf bei Göppingen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Bissingen/Teck oder Owen (bei Kirchheim/Teck)
Unterkunftmöglichkeiten:keine benötigt da 24h am Stück gewandert
Kartennummer:Freizeitkarte Schwäbischer Albverein 521

>Dieser Bericht wurde auch veröffentlicht unter: schwaebische-albvereinsjugend



24h – Auf den Spuren eines Tages

 

Es ist Samstag der 03.04.2007 kurz vor 14 Uhr. Zwei einsame Gestalten stehen am Ende der Bergstraße in Donzdorf. Es ist stürmisches, regnerisches Wetter und unser Vorhaben scheint feucht zu werden. Egal, los geht's.......

 

Doch beginnen wir einige Wochen zuvor. Nach einem Kletterabend im Herbst 2006 auf der DAV-Kletteranlage Waldau kam uns, Alex 34 und mir (Oli 39) die Idee doch mal an einer 24 Stunden Wanderung teilzunehmen. Da wir beide schon von solchen Unternehmungen gehört hatten starteten wir eine kurze Internet Recherche.

Das Ergebnis war eher ernüchternd: eine organisierte Schwäbische Alb Tour für ca. 150€ und eine von Hans Kammerlander geführte Alpenwanderung für sage und schreibe 400€ waren zu finden. So wurde die Entscheidung getroffen eine Tour entlang der Schwäbischen-Alb selbst zu planen.

 

In den folgenden Wochen lagen Karten und Wanderführer bereit und nach einer geeigneten Strecke wurde gesucht. Da wir uns im Winter auf den Weg machen wollten, entschieden wir uns für den HW1, da Dieser vom Schwäbischen Albverein gut ausgeschilderte Weg keine größeren Schwierigkeiten bei der Navigation während der Nachtstunden machen sollte.

 

Die grobe Planung schloss natürlich die Streckenlänge mit ein, und nichts war schwieriger wie dies einzuschätzen. Bei durchschnittlich 3km/h könnten wir von Donzdorf aus die Burg Teck oder sogar den Hohen Neuffen erreiche. Was für uns Ziel war da wir auf eine flexible Abholmöglichkeit angewiesen waren und zurück nach Esslingen bzw. Stuttgart mussten.

 

Bei einem weiteren Treffen beschlossen wir, dass wir uns alleine mit den Mitteln aus unserem Tourengepäck verpflegen wollten. Proviant und vor allem Wasser musste mit.

Zudem könnte ein warmer Tee während der 12 Nachtstunden nicht schaden, also noch Kocher und Topf mit ins Gepäck.

 

Dick eingemummt und hochgradig motiviert stehen wir nun also in Donzdorf.

Unser Fahrer Volker, macht ein letztes Foto, und Punkt 14 Uhr geht's los.....

 

14-18 Uhr

 

Im direkten Anstieg geht’s von Donzdorf auf den Messelstein. Der Wind bläst enorm und wir sehen eher wie aufgeblasene Michelin-Männchen als wie Wanderer aus. Laut Wetterbericht soll es Böen bis 80 km/h geben und das glauben wir in diesem Moment! Nach einer halben Stunde sind wir doch ganz froh den bewaldeten Albtrauf verlassen zu könne. Der Blick über Donzdorf ist gigantisch. Die Lichtstimmungen, erzeugt durch das Wechselspiel der Sturmwolken, der immer wieder wolkenbruchartigen Regenfälle und dazwischen strahlender Sonnenschein, sind einmalig. Mal sehen wann wir das erste Mal Nass werden.

Ein horizontal „ausgerichteter“ Windsack am Gleitschirmstartplatz Rötelstein zeigt uns deutlich wie stark der Wind bläst.

 

War es eine gute Idee heute zu starten?

 

Diesen Gedanken ignorierend geht’s weiter und im Abstieg nach Gingen wieder durch ein Waldstück, Welches uns mit stark schwankenden, sich biegenden Bäumen empfängt.

 

Abermals die Frage, war es eine gute Idee heute zu starten?

 

Ohne Probleme erreichen wir Gingen. Nach kurzer Ortsdurchquerung geht es stetig leicht ansteigend zum nächsten Albanstieg. Gegen 17 Uhr machen wir eine kurze Rast. Glücklicherweise liegt nahe am Weg eine Art Heuschober, unter Den wir uns gerade noch vor dem einsetzenden Wolkenbruch retten können. So ein Vesper unter einem (fast) wasserdichten Dach ist schon was Feines. Gestärkt und durch nachlassen des Regens motiviert machen wir und auf den weiteren Weg.

 

18-22 Uhr

 

Kurz vorm Fränkel Horn queren wir noch eine Landstraße und lassen uns von dem Wolkenspiel und der einsetzenden Dämmerung begeistern. Nun entdecken wir auch den hell leuchtenden Vollmond zwischen den Wolken. Wegen dieser Situation haben wir diesen Wochenendtermin gewählt. Der Mond soll unsere Nachtsichtfähigkeit erleichtern und auch beim Navigieren helfen. Manchmal ein Trugschluss wie wir später feststellten.

Im folgenden Waldstück erkennen wir unsere tatsächliche Schwierigkeit bei dieser Tour.

Durch den Regen der letzten Tage stark aufgeweichte, verschlammte und teilweise durch Windbruch und Forstarbeiten blockierte bzw. schwer begehbare Wege.

Mittlerweile mit Stirnlampen ausgerüstet stapfen wir auf dem morastigen Untergrund in Richtung dritten Albaufstieg. Steil führt der Pfad hoch zum Wasserberg.

 

Am Fuchseck überqueren wir, etwas unaufmerksam, eine große Lichtung auf der Hochfläche und finden den ausgeschilderten Weg nicht mehr. Aus Leichtsinn achten wir nicht auf unsere Navigationshilfe den Mond und schlagen eine entgegengesetzte Richtung ein. Erst nach einer Stunde und mit Hilfe des Kompass können wir unseren geplanten Wegverlauf wiederfinden.

 

22-2 Uhr (Bergfest)

 

Unglaublich schön präsentiert sich der Vollmond immer wieder zwischen den Wolkenbändern.

Auch die angekündigte totale Mondfinsternis hat bereits eingesetzt und eine rötliche Sichel erscheint am unteren Rand des Erdtrabanten. Wir hatten viel geplant für diese Tour, doch dass eine „Mofi“ ansteht wurde uns erst wenige Tage zuvor bekannt. Schönere Randbedingungen, abgesehen vom starken Wind, konnten wir uns nicht wünschen.

 

Bereits zum zweiten Mal gehen wir eine Strecke doppelt. Wieder verlaufen, nur diesmal früher bemerkt. Den Kornberg halb umrundet finden wir den Weg zum Abstieg Richtung A8. Der nun folgende parallel zum Hang verlaufende Abstieg erfordert höchst Konzentration. Die schlammige Bodendecke gibt unseren Sohlen nicht unbedingt Halt und die einsetzende Müdigkeit trägt Ihr Übriges dazu bei.

 

Es wird Zeit für eine Rast! Doch der ansteigende Lärm der nun nahen Autobahn, nähe Gruibingen treibt uns voran. Wir bemerken nun wie ruhig die letzten Stunden waren. Fast unbemerkt haben sich die Sturmböen gelegt und nur noch ein leichter Wind begleitet uns. Auch die Wolkendecke ist aufgerissen und zeigt den nun vollständig verfinsterten, rot leuchtenden Mond! Faszinierend!

 

Nach der Überquerung der Autobahn, wieder sind wir 15min in die falsche Richtung gelaufen, geht es leicht Bergan und wir suchen den Brunnen am Schanze.

Die Thermoskannen sind mittlerweile leer und die Wasservorräte stark dezimiert.

 

Am Brunnen angekommen gibt’s die ersehnte Rast. Wir füllen unsere Wasserflaschen und kochen Teewasser ab. Kurz vor 2 Uhr brühen wir uns dann einen Tüten-Cappuccino auf mit dem wir dann unser „Bergfest“ feiern. 12 Stunden, die Hälfte der Tour ist geschafft!

Wir genießen die Ruhe und bemerken wie schön es ist völlig alleine unterwegs zu sein.

Den letzten Wanderer hatten wir irgendwo bei Gingen gesehen.

 

2-6 Uhr

 

Still und ohne viel Kommunikation ziehen sich die Stunden nun doch recht lange hin. Das Gelände ist glücklicherweise sehr Abwechslungsreich. Ein Wegverlauf direkt entlang der Albtraufkante hält unsere Konzentration hoch und uns dadurch wach. Glücklicherweise gibt auch der Mond, der nun wieder in seiner normalen Erscheinung über uns steht, genug Licht um die Landschaft genießen zu können. Mit 2,9°C erreichen wir die tiefste Nachttemperatur.

 

6-10 Uhr

 

Parkplatz Eckhöfe. Wir dachten bereits vor einer halben Stunde, dass die Ruine Reußenstein gleich „ums Eck“ kommen müsste. Nun sind wir doch noch knapp 3 km davon entfernt. Zeit und Entfernung sind in unserem Gefühl nicht mehr vorhanden. Wir stapfen und schlurfen mittlerweile sehr müde über einen nicht enden wollenden Feldweg. Der sich ankündigende Tag mit seinem Morgengrauen trägt nicht gerade dazu bei uns voran zu treiben. Durch das Licht empfinden wir den Weg nur noch endloser und das Ziel in weiter Ferne. Für mich der nun erste wirkliche Tiefpunkt der Tour.

 

Etwas erschöpft erreichen wir den Reußenstein. Die Sonne geht auf und der imposante Blick auf den gegenüber, im Morgenlicht liegenden Kletterfelsen Heimenstein muntert mich auf! Alex ist dagegen an seinem Tiefpunkt angelangt.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir fast immer zur selben Zeit dasselbe Müdigkeitsempfinden.

Ich wechsle bei dieser Rast die Socken und putze mir die Zähne (nicht mit den Socken!). Er versteht die Welt nicht mehr. Tags zuvor sprachen wir noch von Gewichtsverminderung unserer Rucksäcke. Immerhin absolvieren wir unsere Tour ohne Einkehr und nur mit selbst transportiertem Proviant Die Rucksäcke wogen beim Start jeweils stolze 14 kg. Und nun ziehe ich solche Dinge aus der Tasche. Immerhin habe ich im Zuge der Gewichtsreduzierung den Griff meiner Zahnbürste gekürzt.

Wir lachen und brechen wieder auf.

 

Weiter geht’s und entlang des Kletterfelsen Heimenstein. Zwischen Parkplatz Bahnhöfle und Mönchberg erwarten uns wieder, durch Forstfahrzeuge zerstörte, tiefe schlammige Waldwege.

Der HW1, direkt entlang des Albtraufs, ist hier aufgrund Forstarbeiten nicht begehbar und gesperrt. Nach erfolgloser Wegsuche geht’s zurück auf den beschwerlich, tiefen Forstweg.

 

10-14 Uhr

 

Die Sonne erstrahlt nun in Ihrem Glanz und von den Wolken des Vortags sind nur noch vereinzelte Fetzen am Himmel auszumachen. Unsere Regenjacken sind längst im Rucksack verstaut. Die ersten Wandere und Nordic-Walker kommen uns entgegen und das eine oder andere Mal kann man, angesichts unserer Dreck verschmierten Hosen, Ihren verwunderten, fragenden Blick erkennen.

 

Immerhin ist keiner von uns gestürzt, was das eine oder andere Mal auf dem morastigen Boden durchaus möglich gewesen wäre. Und somit reichen die braunen Einfärbungen unserer Berghosen „nur“ bis unters Knie.

 

Vorbei am Randecker Maar stehen wir kurz nach 11 Uhr auf dem Breitenstein. Vor uns ragt nun unser vor wenigen Stunden beschlossenes Tourziel, die Burg Teck auf. Noch 3 Stunden Zeit? Diese Frage steht uns ins Gesicht geschrieben. An „normalen“ Wandertagen geht man den Weg zügig in der halben Zeit. Aber für uns ist dies kein „normalen“ Tag.

 

Durch den Hof der Dipoldsburg und an der Burgruine Rauber absteigend, erreichen wir den Grillplatz am Sattelbogen am südlichen Ende des Teckberg. Unsere letzten Nahrungsmittel kommen auf den Tisch und wir sprechen offen darüber dass doch hier schon der Endpunkt sein könnte. Die kurzen Pausen wurden in den letzten Stunden doch etwas häufiger und auch hier brechen wir erst nach 25 min zum letzten Teilstück auf.

 

Der direkte Anstieg, fast schon etwas Alpin, motiviert uns dermaßen, dass wir bereits kurz nach 13 Uhr im Burghof der Teck stehen. Was ein Schock! Nach der Stille und Einsamkeit der Nacht nun dieser Menschenauflauf mit fotografierenden Asiaten, laut spielenden Kindern, bellenden Hunden und sich teilweise nicht besser verhaltende Sandalentouristen.

 

In diesem Moment entscheiden wir uns dazu unser Vorhaben, die gesamte Tour nur mit eigenem Proviant zu bestreiten, aufzugeben. Und zwar für ein Radler!!!

 

Punkt 14 Uhr gratulieren wir uns am Parkplatz Hörnle wo wir auf unsre Abholung warten.

 

Zu diesem Zeitpunkt ist uns nicht wirklich bewusst was wir in den vergangenen 24h vollbracht haben.

Wir fragen uns nunmehr ob wir es nicht doch zu unserem ursprünglich geplanten Tourziel dem Hohen Neuffen geschafft hätten. Sicher, hätten wir. Doch aufgrund der teilweise extrem schwierigen Wegbedingungen und nicht zuletzt durch den eigen verschuldeten Zeitverlust durch Verlaufen war an diesem Tag nicht mehr drin.

 

Und danach…..?????

 

Tja, was kommt danach? Tags darauf sitzen wir beide wieder vor unseren Computern.

Der Körper läuft noch immer auf Hochtouren und will sich nicht so recht beruhigen. Die Nacht war von unruhigem Schlaf geprägt und der Stoffwechsel beschert mir eine Gewichtsabnahme von über 3kg.

Die Müdigkeit und die zum Glück einzigen Wehwehchen, leicht brennenden Fußsohlen, bemerke ich kaum.

Zu tief sitzt das Gefühl etwas nicht Alltägliches gemacht zu haben. Der Kopf ist völlig entspannt und eine tiefe Zufriedenheit macht sich breit.

 

Eine Woche später sitzen wir wieder da wo alles Begann, in der Kletterhalle bei einem Bier und reden über das Erlebt. Und das eine oder andere mal hört man uns sagen „ich hab da noch ne Idee…..!“

 

Alex / Oli

 

Danke an Heinz und Volker für den perfekten Bring- und Abholservice!


Tourengänger: oli.m, alexz


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